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Urteilskopf

111 IV 159


40. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 13. August 1985 i.S. J. und I. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)

Regeste

Art. 303 und 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.
1. Wer sich auf die an den unbekannten Lenker eines bestimmten Fahrzeugs gerichtete Vorladung hin bei der Polizei meldet und sich wahrheitswidrig als Fahrzeuglenker ausgibt, erfüllt den Tatbestand der falschen Selbstbeschuldigung (Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) auch dann, wenn er die angezeigte Verkehrsregelverletzung in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht bestreitet. Massgebend ist die fälschliche Übernahme der Angeschuldigtenrolle (E. 1).
2. Der Fahrzeuglenker, der zusammen mit dem Beifahrer beschliesst, dass sich letzterer auf die an den unbekannten Fahrzeugführer gerichtete Vorladung hin bei der Polizei melden und sich wahrheitswidrig als Lenker ausgeben soll, macht sich nicht der falschen Anschuldigung (Art. 303 StGB) oder der Mittäterschaft an falscher Selbstbeschuldigung, sondern der Teilnahme (Anstiftung oder Gehilfenschaft) zu falscher Selbstbeschuldigung schuldig (E. 2).

Erwägungen ab Seite 160

BGE 111 IV 159 S. 160
Aus den Erwägungen:

1. Gemäss Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB wird wegen Irreführung der Rechtspflege mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer sich selbst fälschlicherweise bei der Behörde einer strafbaren Handlung beschuldigt.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe den Behörden gegenüber lediglich angegeben, dass sie am 19. Juni 1983 den Pw Pontiac gesteuert habe; sie habe aber stets ihre Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass sie sich bei den fraglichen Überholmanövern etc. absolut verkehrsgerecht verhalten habe, und sie habe sich damit gerade nicht vorsätzlich einer strafbaren Handlung beschuldigt.
Die Beschwerdeführerin wusste bereits bei ihrer Einvernahme durch die Kantonspolizei Binningen vom 7. Juli 1983, was dem Lenker des Pw Pontiac zur Last gelegt wurde. Es stellt sich die Frage, ob sie dadurch, dass sie sich auf die an die Fa. I. bzw. den Lenker des Pw X. gerichtete Vorladung hin bei der Polizei meldete und als Fahrzeuglenkerin ausgab, auch dann den Tatbestand der falschen Selbstbeschuldigung (Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) erfüllte, wenn sie zugleich bestritt, dass sich der Vorfall so zugetragen habe, wie er in der Anzeige beschrieben wurde, und wenn sie statt dessen behauptete, sie habe sich absolut verkehrsgerecht verhalten.
BGE 111 IV 159 S. 161
Der Wortlaut von Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB mag auf den ersten Blick für die Ansicht der Beschwerdeführerin sprechen. Dieser Standpunkt ist indessen aus folgenden Gründen verfehlt.
a) Vorerst ist darauf hinzuweisen, dass derjenige, welcher selbst die Behörde aufsucht und sich fälschlicherweise bei dieser einer strafbaren Handlung beschuldigt (celui qui se sera faussement accusé auprès de l'autorité d'avoir commis une infraction; chiunque falsamente incolpa, presso l'autorità, sé medesimo di un atto punibile), nicht demjenigen gleichzustellen ist, der sich fälschlicherweise einer ihm von der Behörde vorgeworfenen strafbaren Handlung für schuldig erklärt, der also ein falsches Geständnis ablegt. Nach der zutreffenden Auffassung namhafter Autoren erfüllt das falsche Geständnis des von der Behörde Angeschuldigten den Tatbestand von Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB nicht (SCHULTZ, Falsche Anschuldigung und falsches Zeugnis, ZStrR 73/1958, S. 241, HANS WALDER, Die Vernehmung des Beschuldigten, S. 93/94; GEORG MESSMER, Der strafrechtliche Schutz der Rechtspflege vor Irreführung, Sonderdruck aus Kriminalistik, Ausgabe August bis Oktober 1965; die letzten beiden Autoren mit Hinweis auf ein Urteil des Zürcher Obergerichts vom 23. März 1962 i.S. G.; ferner SJZ 68/1972 S. 217 Nr. 92). BGE 86 IV 184 steht dieser Auffassung nicht entgegen. Jenes Urteil betraf einen Täter, der "bereits wegen einer andern Strafhandlung verfolgt" wurde und im Verlauf dieser Strafuntersuchung eine andere Tat, die überhaupt nicht verübt worden war, gestand. Ob in jenem Fall richtigerweise Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 statt Abs. 2 StGB hätte angewendet werden müssen, kann hier dahingestellt bleiben. In jenem Urteil wurde jedenfalls nicht entschieden, dass der Angeschuldigte, der die ihm von der Behörde zur Last gelegte Tat fälschlicherweise gesteht, nach Art. 304 StGB zu verurteilen ist. Wenn aber das falsche Geständnis des von der Behörde Angeschuldigten, dass er die ihm zur Last gelegte, in Wahrheit von einem andern verübte Tat begangen habe, den Tatbestand der Irreführung der Rechtspflege nicht erfüllt, dann ist konsequenterweise auch das falsche Geständnis dessen, der sich selbst bei der Behörde als Täter meldet, nicht massgebend. Wer sich bei der Behörde meldet und ihr gegenüber eine strafbare Handlung gesteht, die in Tat und Wahrheit von einem andern verübt wurde, macht sich mit andern Worten nicht wegen des falschen Geständnisses, sondern weil er fälschlicherweise die Rolle des Angeschuldigten übernimmt, sich mithin selbst "beschuldigt" (s'accuse), nach Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB strafbar.
BGE 111 IV 159 S. 162
b) Dass die fälschliche Übernahme der Angeschuldigtenrolle, die falsche "Selbstanzeige", nicht das falsche Geständnis massgebend ist, ergibt sich klarerweise aus dem Sinn von Art. 304 StGB. Diese Bestimmung schützt den ordnungsgemässen Gang der Rechtspflege. Die Rechtspflege soll vor unnützen Umtrieben, falschen Anzeigen und vor Irreführung geschützt werden (Sten.Bull. Sonderausgabe, NR, S. 495 Votum des Berichterstatters Logoz, S. 499 Votum Seiler; StR, S. 230 Votum des Berichterstatters Baumann); das "frevle Spiel mit dem Strafrichter" soll geahndet werden (Botschaft des Bundesrates, BBl 1918, Bd. IV, S. 63). Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB will verhindern, dass aufgrund falscher Angaben die Strafverfolgungsbehörden tätig werden, wo in Tat und Wahrheit überhaupt keine strafbare Handlung verübt wurde. Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB dagegen will verhindern, dass aufgrund unrichtiger Angaben die Strafverfolgungsbehörden gegen eine falsche Person tätig und dadurch von der Verfolgung des wahren Täters abgehalten werden. Diese Bestimmung betrifft auch denjenigen, welcher fälschlicherweise die Rolle des Angeschuldigten übernimmt; denn infolge der Übernahme der Rolle des Angeschuldigten durch eine Person, welche die angezeigte Tat nicht begangen hat, werden die Behörden zu unnützen Umtrieben veranlasst. Der ordnungsgemässe Gang der Rechtspflege wird gestört, gleichgültig ob die die Rolle des Angeschuldigten übernehmende Person den angezeigten Sachverhalt und/oder dessen rechtliche Subsumtion durch die Strafverfolgungsbehörden anerkennt oder bestreitet. In beiden Fällen werden die Strafverfolgungsbehörden vom wahren Täter abgelenkt und in die Irre geführt. Es kann daher nach dem Sinn des Gesetzes und in Anbetracht des durch Art. 304 StGB geschützten Rechtsgutes nicht darauf ankommen, wie der fälschlicherweise die Rolle des Angeschuldigten Übernehmende zur angezeigten bzw. eingeklagten Tat Stellung nimmt, ob er diese anerkennt oder in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht bestreitet. Durch das Bestreiten des angezeigten bzw. eingeklagten Sachverhalts wird das unnütze Verfahren gegen die falsche Person wegen der allfälligen Notwendigkeit weiterer Beweismassnahmen unter Umständen sogar noch verlängert und der Gang der Rechtspflege damit in noch stärkerem Masse gestört.
Die Tatbestandsvariante von Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB ist somit dann erfüllt, wenn jemand fälschlicherweise die Rolle des Angeschuldigten übernimmt; ob er geständig ist oder aber die
BGE 111 IV 159 S. 163
angezeigte bzw. eingeklagte Tat in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht bestreitet, ist unerheblich.
c) Die Beschwerdeführerin wusste, dass durch die angezeigte Fahrweise verschiedene Verkehrsregeln verletzt wurden und dass sie in bezug auf diese strafbaren Handlungen nicht Angeschuldigte sein konnte, da sie den Pw Pontiac nicht gesteuert hatte. Der Vorsatz ist daher gegeben.
Die Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen Irreführung der Rechtspflege durch falsche Selbstbeschuldigung (Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) verstösst demnach nicht gegen Bundesrecht.

2. Gemäss Art. 303 StGB wird wegen falscher Anschuldigung mit Zuchthaus oder mit Gefängnis bestraft,
"wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen, wer in anderer Weise arglistige Veranstaltungen trifft, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen einen Nichtschuldigen herbeizuführen. Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Gefängnis oder Busse."
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe seine Freundin J. gerade nicht wider besseres Wissen eines Verbrechens, Vergehens oder einer Übertretung beschuldigt, sondern im Gegenteil anlässlich seiner drei Einvernahmen vom 18. Oktober 1983, 7. Februar 1984 und vom 26. Juni 1984 als Auskunftsperson ausgesagt, dass J. korrekt gefahren sei. Er weist sodann darauf hin, dass J. im Zeitpunkt, als er sie gegenüber der Behörde als Fahrzeuglenkerin bezeichnete, bereits Angeschuldigte war und dass er daher gar nicht die Absicht gehabt haben konnte, eine Strafverfolgung gegen sie herbeizuführen.
a) Der Tatbestand von Art. 303 StGB ist nur dann erfüllt, wenn der Täter in der Absicht handelte, eine Strafverfolgung gegen einen Nichtschuldigen herbeizuführen; die Absicht, eine bereits laufende Strafuntersuchung fortdauern zu lassen, genügt nicht (BGE 102 IV 107 mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien sowie SCHULTZ, ZStrR 73/1958, S. 235). Die Vorinstanz hat denn auch unter Hinweis auf BGE 102 IV 107 erkannt, dass der Beschwerdeführer bei seinen Aussagen gegenüber der Behörde nicht die Absicht gehabt haben konnte, eine Strafverfolgung gegen seine Freundin J. herbeizuführen, da schon zur Zeit seiner ersten Einvernahme, am 18. Oktober 1983, die Strafverfolgung gegen J. bereits eröffnet war, und dass er somit durch seine unwahre Behauptung
BGE 111 IV 159 S. 164
betreffend die Person des Fahrzeuglenkers den Tatbestand von Art. 303 StGB nicht erfüllte.
Die Vorinstanz gelangte dennoch zu einer Verurteilung des Beschwerdeführers wegen falscher Anschuldigung. Nach den Ausführungen im angefochtenen Entscheid fassten der Beschwerdeführer und seine Freundin J. gemeinsam den Entschluss, dass letztere sich auf die Vorladung der Polizei hin bei der Behörde melden und als Fahrzeuglenkerin bezeichnen sollte. Der Beschwerdeführer war nach Ansicht des Obergerichts an der Beschlussfassung massgeblich beteiligt und wirkte auch an der Verwirklichung des Beschlusses mit, indem er die Angaben von J. anlässlich seiner Einvernahmen bestätigte. Während die 1. Instanz (Gerichtspräsident I von Burgdorf) diese Tatbeiträge des Beschwerdeführers als "arglistige Veranstaltungen" im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB qualifizierte, wird diese Tatbestandsvariante im angefochtenen Urteil nicht mehr erwähnt; das Obergericht qualifiziert den Beschwerdeführer als Mittäter, der über Tatherrschaft verfügte.
b) Vorerst ist darauf hinzuweisen, dass die Aussagen des Beschwerdeführers bei der Behörde nicht zur Begründung einer Verurteilung wegen falscher Anschuldigung (sei es nach Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1, sei es nach Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) herangezogen werden können, da die in beiden Tatbestandsvarianten vorausgesetzte Absicht, eine Strafverfolgung gegen einen Nichtschuldigen herbeizuführen, nicht gegeben sein kann, weil die Strafverfolgung gegen J. schon im Zeitpunkt der ersten Aussage des Beschwerdeführers gegenüber der Behörde bereits im Gange war.
c) Die Mitwirkung des Beschwerdeführers am Beschluss, dass sich seine Freundin J. bei der Polizei melden und als Fahrzeuglenkerin ausgeben sollte, ist entgegen der Ansicht der 1. Instanz keine "arglistige Veranstaltung" im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. Zwar sollte nach HAFTER, den die 1. Instanz zitiert, derjenige, welcher die wahren Verhältnisse kennt und sofort aufklären könnte und dennoch schweigt, um die Verfolgung eines Unschuldigen herbeizuführen, wegen "arglistiger Veranstaltung" im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB zur Rechenschaft gezogen werden können (HAFTER, BT, S. 793). Diese Auslegung des Begriffs der "arglistigen Veranstaltung" im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, deren Richtigkeit Hafter angesichts des französischen Gesetzestextes ("machinations astucieuses") selber bezweifelt (a.a.O., S. 793 Fn. 2), wird von der herrschenden Lehre mit Recht abgelehnt (STRATENWERTH, BT II, 3. Aufl., S. 304;
BGE 111 IV 159 S. 165
SCHULTZ, op.cit., S. 235, LOGOZ, Code pénal, Partie spéciale, S. 711; MESSMER, op.cit.).
d) Indem der Beschwerdeführer am Beschluss, dass seine Freundin J. sich als Fahrzeuglenkerin melden sollte, mitwirkte, hat er diese nicht "bei der Behörde ... beschuldigt", mithin diese Tatbestandsmerkmale von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB nicht erfüllt. Er könnte daher nur dann - und zwar als Mittäter - wegen falscher Anschuldigung gemäss Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB verurteilt werden, wenn eine andere Person alle Merkmale dieses Tatbestandes erfüllt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Dadurch, dass J. aufgrund eines zusammen mit dem Beschwerdeführer gefassten Beschlusses sich selbst bei der Behörde meldete und als Fahrzeuglenkerin ausgab, erfüllte sie nicht den Tatbestand der falschen Anschuldigung im Sinne von Art. 303 StGB, sondern den Tatbestand der Irreführung der Rechtspflege durch falsche Selbstbeschuldigung im Sinne von Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. Die Mitwirkung des Beschwerdeführers an der Beschlussfassung zu dieser Tat kann daher entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht falsche Anschuldigung gemäss Art. 303 StGB, dessen Tatbestandsmerkmale weder der Beschwerdeführer noch J. nach dem Gesagten erfüllten, sondern nur eine Beteiligung an falscher Selbstbeschuldigung im Sinne von Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB sein, dessen Tatbestandsmerkmale J. erfüllte. Diese Beteiligung kann nur als Teilnahme (Anstiftung oder Gehilfenschaft) an der falschen Selbstbeschuldigung qualifiziert werden; Mittäterschaft fällt ausser Betracht, weil Täter nach Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB nur sein kann, wer sich selbst beschuldigt, diese Tat somit von einem Dritten gar nicht verübt werden könnte. Die Vorinstanz wird zu prüfen haben, ob die Mitwirkung des Beschwerdeführers am Beschluss, dass sich J. auf die Vorladung hin bei der Behörde melden und als Fahrzeuglenkerin ausgeben sollte, als Anstiftung (Art. 24 StGB) oder als Gehilfenschaft (Art. 25 StGB) zu qualifizieren sei.
e) J. machte sich dadurch, dass sie sich als Fahrzeuglenkerin ausgab, unbestrittenermassen der Begünstigung (Art. 305 StGB) schuldig. Die kantonalen Instanzen prüften nicht, ob sich der Beschwerdeführer als Begünstigter durch seine Mitwirkung am Beschluss, dass sich J. als Fahrzeuglenkerin ausgeben sollte, und allenfalls auch durch seine falschen Aussagen gegenüber dem Gerichtspräsidenten, in denen er die Angaben seiner Freundin betreffend die Person des Fahrzeugführers bestätigte, der Teilnahme - Anstiftung oder Gehilfenschaft - an der Begünstigung schuldig gemacht
BGE 111 IV 159 S. 166
habe. Aus dem angefochtenen Entscheid geht nicht hervor, ob das Obergericht die Teilnahme des Begünstigten an der Begünstigung prinzipiell als straflos erachtet habe oder ob nach seiner Ansicht die an sich strafbare Teilnahme (Anstiftung oder Gehilfenschaft) des Begünstigten an der Begünstigung im vorliegenden Fall durch die Verurteilung des Beschwerdeführers konsumiert wird.
Der Begünstigte kann unbestrittenermassen nicht Mittäter in bezug auf die ihn betreffende Begünstigung sein. Gemäss BGE 73 IV 237 ff. kann aber der Begünstigte, der einen andern bestimmt hat, ihn zu begünstigen, wegen Anstiftung zu Begünstigung verurteilt werden, wobei die Möglichkeit besteht, in Anwendung von Art. 305 Abs. 2 StGB von Bestrafung Umgang zu nehmen. Ob der Begünstigte auch wegen Gehilfenschaft zu Begünstigung verurteilt werden kann, wurde im zitierten Entscheid offen- gelassen (S. 239), aber letztlich doch eher verneint (S. 240).
Ob die Vorinstanz zu Recht den Beschwerdeführer aus diesem oder jenem Grunde nicht auch wegen Teilnahme (Anstiftung oder Gehilfenschaft) an der Begünstigung verurteilte, kann der Kassationshof wegen des Verbots der reformatio in peius nicht prüfen. Daran ändert nichts, dass der Kassationshof die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen falscher Anschuldigung gemäss Art. 303 Ziff. 1 StGB (ein Verbrechen) aufhebt und die Sache zur Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Anstiftung oder Gehilfenschaft zur Irreführung der Rechtspflege durch falsche Selbstbeschuldigung (Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, ein Vergehen) an die Vorinstanz zurückweist. Die Antwort auf die Frage, ob der Beschwerdeführer als Begünstigter auch wegen Anstiftung oder Gehilfenschaft zu Begünstigung zu verurteilen sei, hängt nicht davon ab, ob sein Verhalten darüber hinaus als falsche Anschuldigung (so die Vorinstanz) oder als Teilnahme an falscher Selbstbeschuldigung (so gemäss vorliegendem Urteil) qualifiziert wird. Die Frage stellt sich in beiden Fällen in gleicher Weise. Der Kassationshof könnte die Frage der Anwendbarkeit von Art. 305 StGB nur dann prüfen, wenn sie sich gerade erst infolge der Aufhebung der Verurteilung des Beschwerdeführers wegen falscher Anschuldigung stellte. Das ist jedoch nicht der Fall.
Die Sache ist daher an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie den Beschwerdeführer vom Vorwurf der falschen Anschuldigung (Art. 303 StGB) freispreche und ihn statt dessen wegen Anstiftung oder Gehilfenschaft zu falscher Selbstbeschuldigung (Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) verurteile.

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Erwägungen 1 2

Referenzen

BGE: 102 IV 107, 86 IV 184

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