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Urteilskopf

116 Ib 400


50. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 31. Oktober 1990 i.S. SBB, Kreisdirektion III, gegen Stadt Zürich und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Regeste

Art. 18 und Art. 18a Eisenbahngesetz; bundesrechtliches Plangenehmigungs- oder kantonalrechtliches Baubewilligungsverfahren für Bahnhof-Läden?
Ob ein eisenbahnrechtliches Plangenehmigungsverfahren gemäss Art. 18 Abs. 1 EBG oder im Sinne von Art. 18a Abs. 1 EBG ein kantonales Baubewilligungsverfahren durchzuführen sei, entscheidet im Streitfall nach Art. 40 Abs. 1 lit. a EBG erstinstanzlich das Bundesamt für Verkehr (E. 3).
Die Frage der Anwendbarkeit des eidgenössischen oder kantonalen formellen Baupolizeirechts beantwortet sich allein aufgrund von Art. 18/18a EBG und nicht gestützt auf Art. 39 EBG (E. 4).
Bewilligungsverfahren für gemischte Bauten, die teils dem Bahnbetrieb, teils betriebsfremden Zwecken dienen (E. 5):
- Misch-Bauten sind im bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren zu bewilligen, soweit sie überwiegend dem Bahnbetrieb dienen (E. 5a).
- Was als "Baute" im Sinne von Art. 18 Abs. 1/Art. 18a Abs. 1 EBG gilt, ist fallweise aufgrund der konkreten Gegebenheiten festzulegen. Wird ein ganzer Baukubus erstellt, so ist dieser in der Regel in einem einzigen Verfahren zu bewilligen (E. 5b).
Die Erteilung einer städtischen Konzession für die Benützung öffentlichen Grundes an die SBB fällt nur in Betracht, soweit die SBB diesen Boden nicht auf dem Enteignungsweg erwerben können (E. 6).

Sachverhalt ab Seite 401

BGE 116 Ib 400 S. 401
Auf Gesuch der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), Kreisdirektion III, wurde im August 1983 das Enteignungsverfahren für den Bau der S-Bahn auf dem Zürcher Stadtgebiet, Abschnitt Museumstrasse - Neptunstrasse, eröffnet. Auf diesem Abschnitt führt die S-Bahn durch den Bahnhof Stadelhofen, der seinerzeit beim Bau der rechtsufrigen Zürichseebahn errichtet worden war und heute auf den Grundstücken Kat. Nrn. 1370 und 1331 der SBB steht. Zwischen diesen beiden Eisenbahnparzellen liegt die zum öffentlichen Grund der Stadt Zürich gehörende Parzelle Nr. 2495, auf welcher die Schanzengrabenbrücke quer über die
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Gleisanlagen führt. Da nach dem ursprünglichen Projekt die Strassenparzelle Kat. Nr. 2495 für den Bau der S-Bahn nicht beansprucht werden sollte, war sie - was sich aus den Akten des bundesgerichtlichen Verfahrens E 25/90 i.S. Stadt Zürich gegen SBB betreffend S-Bahnhof Museumstrasse (BGE 116 Ib 241 ff.) ergibt - in den Enteignungsplänen und in der Grunderwerbstabelle nicht verzeichnet. Später wurde jedoch beschlossen, auch den Bahnhof Stadelhofen zu erweitern und unter den Gleisanlagen ein Fussgängergeschoss mit Zugängen zu den Bahnsteigen sowie mit Ladenflächen von rund 2000 m2 zu erstellen, von denen ein kleiner Teil (ca. 40 m2) unterirdisch in die Strassenparzelle Nr. 2495 hineinragen soll.
Mit Verfügung vom 31. Mai 1985 genehmigte das Bundesamt für Verkehr die städtebauliche Gestaltung des Bahnhofes Stadelhofen von km 101.467 bis km 101.743 gemäss den vorgelegten Plänen, zu welchen auch ein Grundriss-Plan des Ladengeschosses gehört. In den einleitenden Feststellungen zu dieser Verfügung wird bemerkt, dass u.a. die "Läden im Untergeschoss, welche nicht den spezifischen Bedürfnissen der Bahnreisenden dienen (Art. 39 EBG Bahnnebenbetriebe)" nicht Gegenstand der Prüfung und der Genehmigung seien.
Im September 1986 ersuchten die SBB - offenbar auf Aufforderung der städtischen Baupolizei - die Stadt Zürich um Erteilung der Bewilligung für den Innenausbau von vier Ladeneinheiten im Untergeschoss des Bahnhofes Stadelhofen. Die Bausektion II des Stadtrates gab diesem Gesuch am 22. Mai 1987 u.a. unter folgender Bedingung statt:
"1. Vor Baubeginn hat die Bauherrschaft
a) bei der Bausektion I des Stadtrats über das Tiefbauamt, Abteilung
Landerwerb und Konzessionen, eine Konzession für die Inanspruchnahme
öffentlichen Grundes gemäss Erwägung lit. g sowie für allfällige weitere
Beanspruchungen (Erdanker, Rühlwände usw.) einzuholen und hierüber der
Baupolizei ein Zeugnis des Tiefbauamtes beizubringen. Die Erteilung der
Konzession bleibt ausdrücklich vorbehalten;
..."
In der erwähnten Erwägung lit. g wird bemerkt, durch die Ladenlokale werde der öffentliche Grund der Schanzengasse in Anspruch genommen, was konzessionspflichtig sei. Im übrigen brachte die städtische Behörde in ihrer Bewilligung den Vorbehalt an, dass auch für allfällige weitere "nicht dem Nebenbetriebsstatus
BGE 116 Ib 400 S. 403
unterstellte Flächen" noch eine kommunale Baubewilligung eingeholt werden müsse. Dementsprechend ersuchte die Bausektion II am 27. Mai 1987 das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement um einen Entscheid über die rechtliche Natur der geplanten Läden als Nebenbetriebe im Sinne von Art. 39 Abs. 1 und 3 oder Abs. 4 des Eisenbahngesetzes. Dieses Gesuch wurde in der Folge dem Bundesamt für Verkehr überwiesen.
Die SBB fochten den Beschluss der Bausektion II vom 22. Mai 1987 bei der kantonalen Baurekurskommission I an und verlangten die Aufhebung der an die Baubewilligung geknüpften Bedingung, nach welcher vor Baubeginn eine Konzession für die Inanspruchnahme des öffentlichen Grundes einzuholen sei. Die Baurekurskommission I wies den Rekurs am 24. Juni 1988 ab, worauf sich die SBB an das kantonale Verwaltungsgericht wandten. Dieses wies die Beschwerde der SBB mit Entscheid vom 28. Februar 1989 seinerseits ab.
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes haben die SBB Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit folgendem Antrag erhoben:
"1. Es sei festzustellen, dass zur baupolizeilichen Bewilligung der
Ladenbauten im Untergeschoss des Bahnhofs Stadelhofen das Bundesamt für
Verkehr (BAV) zuständige Baubewilligungsbehörde ist und das
Beschwerdeverfahren sei als gegenstandslos geworden abzuschreiben.
2. Eventualiter sei in Gutheissung der Beschwerde Dispositiv-Ziffer I,
lit. B, Ziff. 1 lit. a soweit aufzuheben, als die baupolizeiliche
Bewilligung unter der Bedingung erteilt wird, dass die
Beschwerdeführerinnen vor Baubeginn eine Konzession für die
Inanspruchnahme öffentlichen Grundes einholen. Die baupolizeiliche
Bewilligung sei ohne diese Bedingung zu erteilen."
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde im Hauptpunkte gut.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. Umstritten ist hier in erster Linie, ob die Bundes- oder die kantonalen Behörden für die Bewilligung der fraglichen Ladenbauten zuständig seien, mit anderen Worten ob es um die Erstellung von Bauten gehe, die im Sinne von Art. 18 Abs. 1 EBG "ganz oder überwiegend dem Bahnbetrieb dienen", oder ob es sich um "andere Bauten" handle, die nach Art. 18a Abs. 1 EBG dem kantonalen Recht unterstehen. Nun werden gemäss Art. 40 Abs. 1 lit. a EBG Anstände über "die Bedürfnisse des Bahnbaues und
BGE 116 Ib 400 S. 404
-betriebes (Art. 18)" unter Vorbehalt der Beschwerde von der Aufsichtsbehörde beurteilt. Über die Frage, ob ein eisenbahnrechtliches Plangenehmigungsverfahren oder ein kantonales Baubewilligungsverfahren durchzuführen sei, hat daher das Bundesamt für Verkehr zu entscheiden, dessen Verfügung beim Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement und schliesslich - da es um die Abgrenzung von kantonalem und Bundesrecht geht - mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden kann (BGE 116 Ib 249). Zwar wird in Art. 40 Abs. 1 lit. a EBG nur auf die Vorschrift von Art. 18, dagegen nicht auf Art. 18a EBG hingewiesen und liesse sich daraus schliessen, die Aufsichtsbehörde habe allein Streitigkeiten über die Berücksichtigung der kantonalrechtlichen Anträge im bundesrechtlichen Genehmigungsverfahren (Art. 18 Abs. 3 EBG) und nicht auch die das eidgenössische und kantonale Verfahrensrecht betreffenden Abgrenzungsfragen zu beurteilen. Die Anpassung von Art. 40 Abs. 1 lit. a EBG ist jedoch bei der Teilrevision des Eisenbahngesetzes vom 8. Oktober 1982, bei der die bis anhin in Art. 18 enthaltene Regelung über die Baubewilligung auf zwei Bestimmungen - Art. 18 und Art. 18a - aufgeteilt worden ist, offensichtlich nur aus Versehen unterblieben. Demnach hätte die vorliegende Streitsache dem Bundesamt für Verkehr unterbreitet werden müssen und ist das Zürcher Verwaltungsgericht lediglich befugt gewesen, vorfrageweise über den Geltungsbereich des kantonalrechtlichen Baubewilligungsverfahrens bzw. des eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsverfahrens zu befinden. Aus prozessökonomischen Gründen ist jedoch davon abzusehen, die Parteien auf das sog. Anstandsverfahren gemäss Art. 40 Abs. 1 lit. a EBG zu verweisen, da wie erwähnt auch in diesem letztinstanzlich das Bundesgericht zu entscheiden hat.

4. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ergibt sich die Notwendigkeit der Durchführung eines kantonalen Baubewilligungsverfahrens nicht nur aus den Vorschriften von Art. 18 und 18a EBG, sondern auch aus Art. 39 Abs. 4 EBG, nach welchem Einrichtung und Betrieb der bahnbetriebsfremden, auf Erwerb ausgerichteten Nebennutzungen auf Bahngebiet der ordentlichen Gesetzgebung des Bundes und der Kantone unterstehen. In dieser Hinsicht ist jedoch klarzustellen, dass die Baubewilligungsfrage ausschliesslich in den Art. 18 und 18a EBG geregelt wird, während Art. 39 EBG von der Befugnis der Bahnen handelt, Nebenbetriebe zu führen und andere kommerzielle Nutzungen auf Bahngebiet
BGE 116 Ib 400 S. 405
einzurichten. Art. 39 EBG bestand in seiner ursprünglichen Fassung vom 20. Dezember 1957 nur aus den ersten drei Absätzen, in denen von den eigentlichen, den Bedürfnissen des Bahnbetriebes und des Verkehrs dienenden Nebenbetrieben und deren Unterstellung unter das Gewerbe-, Gesundheits- und Wirtschaftspolizeirecht sowie das Arbeitsrecht gesprochen wird. Diese Bestimmungen scheinen - wie der Bundesrat in seiner Botschaft zur Änderung des Eisenbahngesetzes vom 1. Dezember 1980 ausgeführt hat (BBl 1981 I S. 336) - in der Praxis oft so ausgelegt worden zu sein, dass die Bahnen auf ihrem Areal nur kommerziell tätig werden dürften, wenn dafür ein Bedürfnis des Bahnbetriebes oder des Verkehrs bestehe. Mit dem neuen Absatz 4 sollte deshalb lediglich präzisiert werden, dass sich die Bahnen auch wie Dritte wirtschaftlich betätigen dürften und in diesem Fall wie Dritte zu behandeln seien (vgl. auch Amtl.Bull. 1981 N S. 1463 Votum Huggenberger). Der die "Einrichtung und den Betrieb" der kommerziellen Nutzungen betreffende Art. 39 Abs. 4 EBG vermag daher zur Lösung des Problems des anwendbaren baupolizeilichen Verfahrensrechts direkt nichts beizutragen, wenn sich auch die Frage, ob ein kantonales Baubewilligungsverfahren durchzuführen sei, vor allem im Zusammenhang mit solchen Nebennutzungen stellt. Insbesondere kann im vorliegenden Fall die Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts nicht vom Ausgang des gemäss Art. 40 Abs. 1 lit. g EBG für die Läden im Bahnhof-Untergeschoss eingeleiteten Anstandsverfahrens bzw. davon abhängig gemacht werden, ob in den vier umstrittenen Ladenlokalen Nebenbetriebe im Sinne von Art. 39 Abs. 1 bis 3 eingerichtet worden seien oder ob sie kommerziellen Nutzungen im Sinne von Art. 39 Abs. 4 EBG Platz böten.

5. Im Zusammenhang mit dem Bau der S-Bahn ist in Stadelhofen das Bahnhofgebäude renoviert und sind die Gleis- und Perronanlagen erweitert und ausgebaut worden. Über dem bergseits erstellten zusätzlichen Gleis ist eine neue Überdachung mit öffentlicher Promenade errichtet worden. Als Zugang zu den Gleisen 2 und 3 dient die ebenfalls neue unterirdische Fussgängerpassage, welche von Läden, darunter die vier hier umstrittenen, umsäumt wird. Die Ladenflächen sind von der Fussgängerpassage baulich nur durch Stützpfeiler getrennt. Die Rückwände der Läden bilden zugleich die Aussenmauern des unterirdischen Geschosses, die Ladendecken liegen unmittelbar unter den Bahnsteigen bzw. den Gleisen. Die zwei- bis dreistöckige Konstruktion bildet demnach eine sog. gemischte Baute, die teils dem Bahnbetrieb,
BGE 116 Ib 400 S. 406
teils betriebsfremden Zwecken dient. Es stellt sich somit die Frage nach der Art des für solche Misch-Bauten durchzuführenden Baubewilligungsverfahrens.
a) Art. 18 EBG bestimmte in seiner ursprünglichen Fassung vom 20. Dezember 1957 einzig, dass die Pläne für die dem Bahnbetrieb dienenden Anlagen und Fahrzeuge von der Aufsichtsbehörde zu genehmigen seien, erwähnte dagegen - abgesehen von den Bauvorhaben Dritter auf Bahngrundstücken - die betriebsfremden Bauten oder Bauteile nicht. Aus dieser Regelung ist, wie in BGE BGE 115 Ib 169 ff. aufgezeigt, in Lehre und Rechtsprechung geschlossen worden, betriebsfremde Bauten und betriebsfremd genutztes Bahnareal unterstünden formell und materiell dem kantonalen Baurecht, während für gemischte Bauten neben dem eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsverfahren auch ein kantonales Baubewilligungsverfahren durchzuführen sei, sofern eine getrennte Behandlung der verschiedenen Bauteile möglich sei (vgl. BGE 115 Ib 170 f. und dort zitierte Literatur und Rechtsprechung, insbesondere JEAN-PIERRE KÄLIN, Das Eisenbahn-Baupolizeirecht, Diss. Zürich 1976, S. 66 ff., 106).
Bei der Teilrevision des Eisenbahngesetzes von 1982 ist die bis anhin in Art. 18 geordnete Materie eingehender geregelt und auf zwei Bestimmungen - Art. 18 und 18a - aufgeteilt worden (vgl. BGE 115 Ib 171 ff. E. 3b). Nach dem heute geltenden Gesetzestext sind nicht nur die Bauten und Anlagen, die ausschliesslich dem Bahnbetrieb dienen, sondern auch jene, die "überwiegend" diesem dienen, im bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren zu bewilligen (Art. 18 Abs. 1). Immerhin sind in diesem Verfahren die auf kantonales Recht gestützten Anträge nicht mehr wie früher nur dann zu berücksichtigen, wenn sie mit den Bedürfnissen des Eisenbahnbetriebes vereinbar sind, sondern schon, wenn dadurch die Bahn in der Erfüllung ihrer Aufgaben nicht unverhältnismässig eingeschränkt wird (Art. 18 Abs. 3). Alle "anderen" Bauten unterstehen, wie nun in Art. 18a Abs. 1 festgehalten wird, dem kantonalen Recht.
Die Misch-Bauten werden somit auch in den heutigen Bestimmungen nicht genannt, doch ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1, dass sie allein von der eisenbahnrechtlichen Aufsichtsbehörde zu genehmigen sind, falls sie überwiegend dem Bahnbetrieb dienen. Was dagegen für gemischte Bauten und Anlagen gilt, die überwiegend für betriebsfremde Zwecke bestimmt sind - ob sie als "andere" Bauten und Anlagen im Sinne von Art. 18a zu betrachten und ausschliesslich dem kantonalen Recht zu unterstellen seien oder ob für sie allenfalls
BGE 116 Ib 400 S. 407
zwei, sowohl ein kantonales als auch ein bundesrechtliches, Verfahren durchgeführt werden müssten - wird im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Nach Auffassung des Bundesrates ist auf Bauvorhaben, die weder ausschliesslich "noch zur Hauptsache" für den Bahnbetrieb bestimmt sind, (nur) das Baupolizeirecht der Kantone anwendbar (BBl 1981 I S 332). In den eidgenössischen Räten ist allerdings unterstrichen worden, dass mit den neuen Bestimmungen keine Kompetenzverschiebung, sondern nur eine Klärung der schon bisher geltenden Rechtslage vorgenommen werde (Amtl.Bull. N 1981 S. 1465 Votum Weber-Arbon, S 1982 S. 341 Votum Gerber, S. 346 Votum Schlumpf). Es ist daher wohl anzunehmen, dass auch für gemischte Bauten zwar in der Regel nur ein Baubewilligungsverfahren, entweder das kantonale oder das eisenbahnrechtliche, stattfinden soll, aber nicht ausgeschlossen ist, dass unter Umständen wie bisher auch zwei Verfahren nebeneinander durchzuführen sind. Die Frage braucht hier jedoch, wie sich im folgenden zeigt, nicht abschliessend behandelt zu werden.
b) Bei der Prüfung, ob eine Baute überwiegend dem Bahnbetrieb diene und daher nach Art. 18 Abs. 1 EBG dem bundesrechtlichen Genehmigungsverfahren unterstehe oder nicht, stellt sich insbesondere bei Grossüberbauungen vorweg die Frage, was als solche Baute zu betrachten sei, ob das Gesamtbauwerk überwiegend dem Bahnbetrieb dienen müsse oder ob und unter welchen Voraussetzungen auch einzelne Teile eines Gebäudes gesondert auf ihre Zweckbestimmung hin untersucht werden könnten. Diese Frage ist nicht leicht zu beurteilen und kann nur aufgrund der konkreten Gegebenheiten beantwortet werden.
Im vorliegenden Fall hat das Zürcher Verwaltungsgericht argumentiert, dass das Untergeschoss, würden die vier fraglichen Ladeneinbauten weggelassen, seine bahnbetriebliche Aufgabe als unterirdischer Gleiszugang ohne jede Beeinträchtigung nach wie vor zu erfüllen vermöchte; da die vier Läden somit konstruktiv selbständig seien und weder dem Bahnbetrieb dienten noch auch nur als Nebenbetriebe im Sinne von Art. 39 Abs. 1 bis 3 EBG betrachtet werden könnten, hätten sie von der Genehmigung des Bundesamtes für Verkehr ausgenommen werden dürfen. Für die Frage des anwendbaren Baubewilligungsverfahrens kann aber wie dargelegt (E. 3) nicht ausschlaggebend sein, in welchen der Läden Nebenbetriebe gemäss Art. 39 Abs. 1 bis 3 EBG eingerichtet und welche anderen kommerziellen Nutzungen zugeführt werden bzw. worden sind. Einer derartigen Betrachtungsweise stünden schon
BGE 116 Ib 400 S. 408
Gründe der Praktikabilität entgegen, ist doch in der Regel bei Grossprojekten im Zeitpunkt des Baubewilligungsverfahrens noch gar nicht bekannt, wer die Ladenflächen mieten wird und welche Waren in den einzelnen Läden angeboten werden sollen, ganz abgesehen davon, dass Mieter und Warenangebot wechseln können. Hinzu kommt, dass hier weder die einzelne Ladeneinheit noch eine Ladengruppe noch die ganze Ladenfläche als selbständiger Gebäudeteil betrachtet werden kann, der einer gesonderten Behandlung im Baubewilligungsverfahren unterzogen werden könnte. Wie geschildert bildet das Untergeschoss, das abgesehen von den Aufzügen und WC-Anlagen aus der Fussgängerpassage und den Ladenlokalen besteht, eine konstruktive Einheit; die Läden könnten wohl weggelassen werden, sie könnten aber ohne die Fussgängerpassage auch nicht bestehen. Nun dient die Fussgängerpassage in erster Linie als Zugang zum Zwischenperron, das nur auf diesem Weg erreicht werden kann. Das Untergeschoss steht somit nicht nur baulich, sondern auch funktionell und betrieblich in engem Zusammenhang mit der Gleis- und Perronanlage und wäre ohne diese nicht erstellt worden. Es drängt sich daher auf, wenn nicht den ganzen Bahnhof - wie die SBB verlangen - so doch die einen einheitlichen Baukubus bildende Gleis- und Perronanlage mit dem dazugehörenden Untergeschoss als Baute im Sinne von Art. 18 Abs. 1 oder Art. 18a Abs. 1 EBG zu betrachten, welche im selben, entweder bundes- oder kantonalrechtlichen Verfahren bewilligt werden muss. Nun nehmen die Ladenflächen insgesamt zwar etwa die Hälfte des Untergeschosses in Anspruch, bilden aber - selbst wenn unberücksichtigt bleibt, dass auch einzelne Läden den Bedürfnissen des Bahnbetriebes dienen - nur den kleineren Teil des in Betracht zu ziehenden zwei- bis dreistöckigen Bauwerkes, dessen Zweckbestimmung als Bahnbetriebsanlage eindeutig im Vordergrund steht. Dient die neue Baute demnach überwiegend dem Bahnbetrieb, ist sie allein vom Bundesamt für Verkehr im eisenbahnrechtlichen Verfahren zu genehmigen. Die zürcherischen Behörden sind daher zur Erteilung oder Verweigerung einer Baubewilligung für die Läden im Fussgänger-Untergeschoss des Bahnhofs Stadelhofen nicht zuständig. Das heisst allerdings nicht, dass das kantonale Recht im - wenn auch hier verspätet - noch durchzuführenden Genehmigungsverfahren materiell nicht zum Zuge käme und die kantonalen und städtischen Behörden zum Zuschauen verurteilt wären. Wird den auf kantonales Recht gestützten Anträgen im eisenbahnrechtlichen
BGE 116 Ib 400 S. 409
Genehmigungsverfahren nicht stattgegeben, können der Kanton und die betroffene Gemeinde unter Berufung auf Art. 18 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 40 Abs. 1 lit. a EBG die Plangenehmigungsverfügung anfechten.

6. Im angefochtenen Entscheid hält das Verwaltungsgericht im weiteren fest, selbst wenn die vier umstrittenen Läden der bundesrechtlichen Genehmigung unterstünden, bedürften sie, soweit sie den Untergrund der öffentlichen Schanzengasse beanspruchen, einer städtischen Konzession. Dem stehe auch Art. 25 EBG nicht entgegen, da diese Bestimmung nur die Benützung von Grund und Boden bei Kreuzungen zwischen Bahn und Strasse als unentgeltlich erkläre, dagegen keine Regelung für andere Sondernutzungen treffe. Das Verwaltungsgericht übersieht jedoch bei seinen Ausführungen - was übrigens verständlich ist, hat doch keine der Parteien auf diesen Umstand hingewiesen -, dass für den Bau der S-Bahn auf dem Gebiet der Stadtgemeinde Zürich ein Enteignungsverfahren eröffnet worden ist, die Stadt als Eigentümerin öffentlichen Grundes in dieses einbezogen worden ist und gegen die Expropriation insoweit Einsprache erhoben hat, als die neuen Anlagen der SBB kommerziellen Zwecken dienen sollen. Zwar betraf das im Jahre 1983 eingeleitete Enteignungsverfahren, da ursprünglich der Ausbau des Bahnhofes Stadelhofen nicht vorgesehen war, die Schanzengasse zunächst noch nicht, doch sind inzwischen - auf ausdrückliches Begehren der Stadt Zürich hin - die formellen Voraussetzungen für den Einbezug der Strassenparzelle Nr. 2495 und der weiteren beanspruchten Grundstücke in das Verfahren geschaffen worden. Es wird deshalb, wie das Bundesgericht schon in BGE 116 Ib 241 ff. betreffend den S-Bahnhof Museumstrasse festgestellt hat, Sache der Einsprachebehörde bzw. des Enteignungsrichters sein, im Einspracheverfahren darüber zu entscheiden, inwieweit trotz der Legalservitut von Art. 25 EBG vom Enteignungsrecht Gebrauch gemacht werden müsse, in welchem Umfang dieses ausgeübt werden dürfe und wie die auf die Enteignerinnen zu übertragenden Rechte auszugestalten seien. Nur wenn die Enteignung öffentlichen Grundes für gewisse Zwecke ausgeschlossen würde, könnte sich insoweit die Frage einer Konzessionierung stellen. Das Verwaltungsgericht war deshalb auch nicht befugt, sich im vorliegenden Verfahren über die Konzessionspflicht auszusprechen. Der angefochtene Entscheid ist daher in Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde in vollem Umfang aufzuheben.

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Sachverhalt

Erwägungen 3 4 5 6

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