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Urteilskopf

93 II 272


38. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Juli 1967 i.S. Widmer gegen Rymann AG.

Regeste

Art. 1 Abs. 1 UWG.
Pflicht des Unternehmers zur Geheimhaltung der ihm vom Besteller anvertrauten Konstruktionsidee. Grundsatz von Treu und Glauben (Erw. 2 bis 4).
Gemeinfreiheit des Erzeugnisses als grundsätzlicher Beendigungsgrund des Nachahmungsverbots (Erw. 5).
Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG.
Beschränkung dieser Vorschrift auf den Ausstattungsschutz eines Erzeugnisses. (Erw. 6).

Sachverhalt ab Seite 272

BGE 93 II 272 S. 272

A.- Viktor Widmer, früherer Metzgermeister, handelt mit metzgereitechnischen Maschinen und Apparaten. Er entschloss sich im Jahre 1956, eine eigene Kuttelreinigungsmaschine auf den Markt zu bringen. Auf der Suche nach einem Fabrikanten, der die Maschine technisch richtig fertigentwickeln und für ihn herstellen sollte, kam er mit der Rymann AG. in Verbindung, die eine Maschinenfabrik betreibt und sich insbesondere mit der Herstellung von Zentrifugen befasst. Der erste auf den Markt gebrachte Typ der Maschine hatte äusserlich weitgehend
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das Aussehen einer Wäschezentrifuge; die oben offene, die rotierende Scheibe enthaltende Wandung war auf einem niedrigen Fuss aufgesetzt. In einer ersten Serie wurde der mechanische Teil nach der üblichen Art hergestellt; diese hatte den Nachteil, dass sich das Reinigungsgut im Spalt zwischen rotierendem Boden und fester Bottichwand verfing und dabei riss. Bei einer spätern Ausführung wurde dieser Mangel dadurch behoben, dass einerseits der Durchmesser des rotierenden Bodens etwas verkleinert, anderseits die Bottichwand im untern Teil horizontal abgewinkelt und nach innen fast fugenlos bis an den Boden herangezogen wurde, wobei dieser horizontale Teil der Wand mit Löchern versehen wurde, durch die das Schmutzwasser abfloss. Widmer erblickt den Vorteil dieser Konstruktion in erster Linie darin, dass sich das Reinigungsgut nicht mehr verfangen und reissen kann.
Die Rymann AG. stellte in den Jahren 1957 bis 1962 für Widmer etwas über siebzig solcher Kuttelreinigungsmaschinen her und lieferte sie ihm. Im Laufe dieser Jahre wurde auch die Ausstattung dieser Maschine umgestaltet. Der Bottich wurde durch einen Deckel, eine seitliche Türe und einen Ablaufstutzen ergänzt; ausserdem wurde der niedrige Fuss durch einen mit Rippen versehenen Ständer ersetzt.
In den Jahren 1961/62 stellte die Rymann AG. für Widmer den Prototyp einer Darmreinigungsmaschine her, der jedoch nicht voll befriedigte.
Die Parteien brachen im Oktober 1962 ihre geschäftlichen Beziehungen ab, nachdem die Rymann AG. eine Erhöhung ihres Werklohnes für die Kuttelreinigungsmaschine verlangt hatte. Ab November 1962 belieferte sie A. Maichle in St. Gallen mit Kuttelreinigungsmaschinen.
Eine von der Rymann AG. auf den 31. Oktober 1961 erstellte Abrechnung schloss mit einem Saldo von Fr. 14'607.15 zu ihren Gunsten. Sie übertrug diesen Saldo auf ihren Rechnungsauszug vom 18. Juni 1963, der die fällige Schuld des Beklagten auf Fr. 9'216.30 bezifferte.

B.- Die Rymann AG. klagte am 30. Januar 1964 beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen Widmer auf Zahlung von Fr. 9'216.30 zuzüglich 5% Zins seit 12. September 1963 und Fr. 12.30 Zahlungsbefehlskosten.
Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen und stellte dem von ihm grundsätzlich anerkannten Teilbetrag von Fr.
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2'476.95 eine Gegenforderung im gleichen Betrag zur Verrechnung gegenüber. Widerklageweise verlangte er, der Klägerin sei die Herstellung und der Verkauf von Kuttelreinigungsmaschinen zu verbieten und sie sei zu verpflichten, ihm Fr. 52'523.05 nebst Zins zu bezahlen.
Das Handelsgericht des Kantons Zürich hiess am 12. Dezember 1966 die Hauptklage im Betrage von Fr. 8'463.75 nebst 5% Zins seit 12. September 1963 und Betreibungskosten von Fr. 12.30 gut und wies die Widerklage ab.
Das Handelsgericht stellt fest, der Beklagte habe den Beweis für seine Behauptung, die Klägerin habe sich verpflichtet, für Dritte keine Kuttelreinigungsmaschinen herzustellen und ihm ein ausschliessliches Bezugsrecht einzuräumen, nicht erbracht. Dagegen sei anzunehmen, dass zwischen den Parteien eine stillschweigende Abmachung des Inhalts bestanden habe, dass dem Beklagten solange ein ausschliessliches Bezugsrecht zustehe, als er von der Klägerin regelmässig Maschinen kaufe. Daraus könne aber nicht ohne weiteres geschlossen werden, es sei der Klägerin auch nach Abbruch der Geschäftsbeziehungen verwehrt gewesen, die Maschine an Dritte zu verkaufen.
Unbegründet ist nach Auffassung der Vorinstanz der Vorwurf des Beklagten, die Klägerin verletze durch den Verkauf der Kuttelreinigungsmaschine an Dritte eine Treuepflicht und verstosse gegen Treu und Glauben im Sinne von Art. 1 Abs. 1 UWG, indem sie Kenntnisse, die sie auf Grund des Vertragsverhältnisses mit dem Beklagten erworben habe, für ihre eigenen Zwecke verwende.
Die Vorinstanz stellt mit Bezug auf die Treuepflicht fest, die Kuttelreinigungsmaschine beruhe auf dem Prinzip der Schleuderwirkung, welches die Klägerin bei der Herstellung von Zentrifugen seit jeher angewendet habe. Die dem Beklagten zuzuschreibende Verbesserung habe darin bestanden, dass der Spalt zwischen Bottichwand und Laufplatte vom Rand weg gegen das Innere des Behälters verlegt wurde, was die Schädigung des Reinigungsgutes durch Klemmen verhinderte. Diese Konstruktionsidee habe von der Klägerin auf Grund der vertraglichen Treuepflicht auf jeden Fall während der Dauer der Geschäftsbeziehungen nicht ausgewertet werden dürfen. In der Folge sei jedoch die Klägerin wie jedermann befugt gewesen, die weder patent- noch modellrechtlich geschützte Maschine nachzuahmen und auf den Markt zu bringen.
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Die Vorinstanz erblickt auch darin keinen unlautern Wettbewerb, dass die Klägerin ein Erzeugnis herstellt, das mit dem des Beklagten verwechselt werden kann. Sie stellt mit Bezug auf die äussere Gestalt der Maschinen fest, dass das Modell "Juni 1965" der Klägerin eine für den Kaufsinteressenten leicht erkennbare Weiterentwicklung der Maschine des Beklagten sei. Der Beklagte sei im Sinne von § 99 zürch. ZPO darauf hingewiesen worden, dass sein Modell nachgeahmt werden dürfe, soweit dem nicht der Ausstattungsschutz entgegenstehe. Dies sei nur dann der Fall, wenn die Gestalt der Maschine nicht technisch oder durch den Gebrauchszweck bedingt sei. Der Beklagte habe jedoch weder behauptet noch dargetan, dass die Formgebung und Ausgestaltung der nachgeahmten Maschine sich nicht ausschliesslich oder zur Hauptsache aus Herstellungsweise oder Gebrauchszweck ergeben, sondern auf Überlegungen ästhetischer Natur zurückzuführen seien, und dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, die Gestalt ihres Erzeugnisses zu den bisherigen oder doch nur mit unerheblich höheren Kosten abzuändern.

C.- Der Beklagte hat die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Er ficht das vorinstanzliche Urteil in dem Umfang, als es die Hauptklage gutheisst, nicht an, lässt das mit der Widerklage gestellte Unterlassungsbegehren fallen und beantragt, die Klägerin zur Zahlung von Fr. 55'000.-- als Schadenersatz zu verpflichten, abzüglich die von der Vorinstanz im Betrage von Fr. 8'463.75 nebst Zins geschützte Klageforderung.
Die Klägerin beantragt, die Berufung abzuweisen.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Wie die Vorinstanz verbindlich feststellt, hat der Beklagte den Beweis dafür nicht erbracht, dass beim Abschluss des Werkvertrages die Klägerin sich verpflichtete, Dritte nicht zu beliefern. Der Beklagte greift mit der Berufung diesen Punkt wieder auf und hält dafür, das Gericht habe sich darüber schlüssig zu werden, wie die vertragliche Treuepflicht gelautet hätte, wenn die Parteien bei Vertragsschluss daran gedacht hätten, dass die Klägerin den Beklagten nach Beendigung der Geschäftsbeziehungen konkurrenzieren werde.
Entscheidend ist, dass die Parteien für den vom Beklagten in Betracht gezogenen Fall nichts vorgesehen haben. Es ist nicht Sache des Richters, den Vertrag durch ein zufälliges
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Element zu ergänzen, das er nicht enthält, sondern er hat ihn so auszulegen, wie er ist, unter Berücksichtigung der im Gesetz vorgesehenen Regeln über die Vertragsergänzung und des Grundsatzes von Treu und Glauben.

3. Es steht fest, dass die in Frage stehende Maschine nach Beschaffenheit den Zentrifugen gleichzusetzen ist und in dieser Beziehung keine Besonderheiten aufweist. Mit der zweiten Fabrikationsserie wurde, wie erwähnt, der Spalt zwischen Bottichwand und Laufplatte vom Rand weg gegen das Innere des Behälters verlegt, was die Schädigung des Reinigungsgutes durch Klemmen verhinderte. Die Vorinstanz stellt fest, dass die von der Klägerin nach Beendigung der Geschäftsbeziehungen mit dem Beklagten hergestellten und verkauften Maschinen sich nur unwesentlich vom Modell 1962/63 des Beklagten unterscheiden und vom Käufer als ein und dasselbe, jedoch leicht verbesserte Erzeugnis angesehen werden.
Indem die Klägerin nach Abbruch der Geschäftsbeziehungen ähnliche Maschinen wie der Beklagte herstellte und verkaufte, machte sie sich Gedankengut des Beklagten und damit eine Erfindung desselben zunutze.
Ob die Erfindung des patentrechtlichen Schutzes fähig war, ist nicht entscheidend. Massgebend ist bloss, dass sie nicht geschützt war. Durch den jahrelangen Verkauf der Maschinen in der Schweiz wurde die Erfindung gemeinfrei und durfte daher von jedermann nachgeahmt werden. Demnach hätte sich auch Maichle - ein ehemaliger Kunde und späterer Konkurrent des Beklagten - dem die Klägerin die neuen Maschinen zur Hauptsache verkauft, an irgend einen Hersteller wenden und von diesem die gleichen Maschinen beziehen dürfen.
Die Frage des Schadenersatzes stellt sich daher nur unter dem Gesichtspunkt einer vertraglichen Pflicht.

4. Wie das angefochtene Urteil mit Recht hervorhebt, haben sich die Rechtsbeziehungen der Parteien nicht in Werkverträgen über einzelne oder mehrere Maschinen erschöpft. Die sich über mehrere Jahre (1957-1962) erstreckenden Geschäftsbeziehungen der Parteien, ihre enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Herstellung und Verbesserung der Maschine hatten die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses und damit eine entsprechende Treuepflicht zur Folge. Diese bestand vor allem darin, dass während der Dauer der Geschäftsbeziehungen dem Beklagten ein ausschliessliches Bezugsrecht
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zustand und dass die Klägerin ihre Tätigkeit ausschliesslich in den Dienst des Beklagten stellte. Zwar konnte der Beklagte den Nachweis dafür, dass eine solche Treuepflicht vereinbart wurde, nicht erbringen. Sie ergibt sich aber aus dem von den Vertragspartnern zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben.
Es fragt sich anderseits, ob die Klägerin auch nach Abbruch der Geschäftsbeziehungen mit dem Beklagten an eine solche Treuepflicht gebunden war.
Die Vorinstanz stellt in Übereinstimmung mit den Parteien fest, dass die Parteien im Oktober 1962 ihre Geschäftsbeziehungen deshalb abgebrochen haben, weil die Klägerin für die Herstellung der Maschine einen höhern Preis gefordert hatte. Der Beklagte behauptet nicht, die Vorinstanz habe zu diesem Punkt Beweisanträge zurückgewiesen und damit Art. 8 ZGB verletzt. Seine Aktenwidrigkeitsrüge bezieht sich auf Behauptungen im Prozess, womit er das Verhalten der Klägerin beanstandet, und nicht auf Beweisurkunden, die von der Vorinstanz nicht berücksichtigt worden seien.
Die Parteien waren demnach ab Oktober 1962 in der Gestaltung ihrer Geschäftsbeziehungen grundsätzlich frei.

5. Der Beklagte beruft sich zur Begründung seiner Schadenersatzforderung aufBGE 77 II 263. In diesem Entscheid ging es darum, dass ein Handwerker mit der Herstellung eines Prototyps für einen in verschiedener Hinsicht verbesserten Strassenhobel beauftragt wurde. Der Bedarf an solchen Strassenhobeln soll in der Schweiz nicht gross sein. Der Erfinder hatte nie die Absicht, das Gerät patentieren zu lassen. Während er den Prototyp Interessenten vorführte, bediente sich der Unternehmer der ihm anvertrauten Konstruktionsidee, stellte ähnliche Maschinen für den Verkauf her und kam dem Besteller bei der Auswertung der Erfindung zuvor. Das Bundesgericht schützte die vom Besteller angehobene Klage auf Untersagung der weitern Herstellung und des Verkaufs des Strassenhobels; es stellte sich auf den Standpunkt, die Geheimhaltungspflicht des Handwerkers sei stillschweigend vereinbart gewesen.
Das Bundesgericht liess sich im zitierten Entscheid insbesondere von der Überlegung leiten, dass der Besteller die dem Unternehmer bekannte Absicht hatte, die Erfindung geheim zu halten und später ohne patentrechtlichen Schutz wirtschaftlich auszuwerten. Das Geheimnis sei nicht schon durch die
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Vorführung des Prototyps bei Strassenfachmännern gelüftet worden. Auch sei unerheblich, ob diese Vorführungen im Sinne von Art. 4 PatG neuheitszerstörend gewesen seien. Der Unternehmer hat sich nach diesem Entscheid die praktisch noch nicht verbreitete Erfindungsidee des Bestellers angeeignet, um diesem bei der Auswertung derselben zeitlich zuvorzukommen. Indem der Unternehmer in Verletzung einer vertraglichen Treuepflicht Gedankengut eines andern verwendete, machte er sich des unlautern Wettbewerbs schuldig.
Diesem Entscheid ist zunächst zu entnehmen, dass beim Werkvertrag unter Umständen der Unternehmer nach Treu und Glauben verpflichtet ist, ein ihm geoffenbartes Fabrikationsgeheimnis weder Dritten gegenüber zu enthüllen noch für sich selber zum Nachteil des Bestellers auszuwerten. Daraus folgt also eine Pflicht des Unternehmers, ein ihm anvertrautes Fabrikationsgeheimnis zu bewahren. Diese Pflicht zur Geheimhaltung ergibt sich ihrerseits aus der werkvertraglichen Treuepflicht.
Der zitierte Entscheid besagt auch, dass die Pflicht zur Geheimhaltung des Fabrikationsgeheimnisses des Bestellers nach Beendigung des Werkvertrages weiter besteht. Damit wird der Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass die vertraglich begründete Schweigepflicht auch nach Aufhebung des Vertragsverhältnisses andauert. Die Pflicht zur Geheimhaltung wäre sonst sinnlos, da sich der Vertragspartner ihrer durch Kündigung des Vertrages entschlagen könnte. Das gilt auch mit Bezug auf die dem Unternehmer nach Treu und Glauben obliegende Pflicht, die geheim gebliebene Konstruktionsidee des Bestellers nicht zum eigenen Vorteil auszunutzen.
Die Geheimhaltungspflicht besteht nach dem in Frage stehenden Entscheid nach Beendigung des Vertragsverhältnisses solange, als die Konstruktionsidee nicht verbreitet und den Konkurrenten zugänglich gemacht worden ist. Der Entscheid legt besonderes Gewicht auf den Willen des Bestellers zur Geheimhaltung des Geheimnisses sowie auf den Umstand, dass das Geheimnis gegenüber möglichen Konkurrenten trotz der Vorführung des Prototyps bei Strassenfachmännern gewahrt blieb. Der Unternehmer habe dadurch gegen Treu und Glauben verstossen, dass er Gedankengut des Bestellers verwendet und damit diesen in der Auswertung der Erfindung überflügelt habe. Der Entscheid wirft in einem unveröffentlichten Teil auch die Frage auf, ob der Unternehmer berechtigt sei, das allgemein
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bekanntgewordene Erzeugnis frei nachzuahmen und auf eigene Rechnung herzustellen. Dieses Recht stehe dem Unternehmer von dem Augenblick an zu, da ohne sein Zutun ein anderer Fabrikant einen gleichen Apparat auf den Markt bringe (vgl. JdT 1952 S. 208).
Dass die Pflicht zur Geheimhaltung eines Geheimnisses mit der Preisgabe desselben gegenstandslos wird, versteht sich von selber. Die vertragliche Pflicht, die Erfindungsidee als persönliches Gut des Bestellers geheimzuhalten, besteht nicht mehr, wenn die Idee gemeinfrei geworden ist. Sie kann daher von jedermann nachgeahmt werden und gehört sowohl dem Besteller als auch dem Unternehmer. Eine Treuepflicht des Unternehmers ist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nur dann anzunehmen, wenn der Besteller hiefür ein rechtliches Interesse nachzuweisen imstande ist. Das ist dann der Fall, wenn der Unternehmer die noch dem Besteller gehörende Idee zu eigenem Nutzen verwendet. Fehlt es aber an einer solchen Voraussetzung, so ist fraglich, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt der Besteller seinem früheren Vertragspartner ein Verhalten untersagen lassen kann, das er von jedermann dulden muss. Sicherlich hat er ein Interesse daran, von seinem frühern Konstrukteur nicht konkurrenziert zu werden. Dieses Interesse ist aber, weil tatsächlicher Art, unbeachtlich.
Die auf dem Grundsatz von Treu und Glauben aufgebaute Treuepflicht des Unternehmers führt zu einer weitherzigen Fassung der gesetzlichen Pflichten des Unternehmers. Sie rechtfertigt sich einerseits zur Hauptsache aus der Pflicht, eine dem Besteller gehörende Konstruktionsidee nicht auszunutzen und anderseits, wenn die Idee gemeinsames Gut geworden ist, aus den fortgesetzten Rechtsbeziehungen der Parteien, die durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gekennzeichnet sind, bei der die beiden Partner die Anstrengungen zur Verbesserung des Erzeugnisses vereinen. Wenn aber keines dieser beiden Momente bestehen bleibt, die Idee gemeinfrei geworden ist und die Zusammenarbeit aufgehört hat, ist der Treuepflicht der Boden entzogen. Sie zu bejahen, hiesse ihren Inhalt entsprechend den Umständen, die zum Vertragsbruch geführt haben, abstufen. Sie wäre beispielsweise in einem Fall zu verneinen, da der Besteller einen jahrelang von ihm vollbeschäftigten bescheidenen Handwerker im Stiche lässt, die Fabrikation einer besser eingerichteten Firma überträgt und damit seinen frühern Vertragspartner
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in Schwierigkeiten bringt. Demnach hängt die Tragweite der Treuepflicht ausschliesslich von den einzelnen Bestimmungen des Werkvertrages ab, sowie vom Verhalten, das die Grundsätze von Treu und Glauben bei der Erfüllung des Vertrages verlangen. Sie kann nicht von Umständen, die dem Werkvertrag fremd und nach Beendigung des Vertragsverhältnisses eingetreten sind, abhängig gemacht werden.
Die Rechtsprechung hat sich Zurückhaltung aufzuerlegen, wenn es eine Partei unterlassen hat, die vom Gesetz vorgesehenen Schutzvorkehren in Anspruch zu nehmen. Der Beklagte hätte die Konkurrenz der Klägerin entweder durch Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes oder bei einer schutzfähigen Erfindung durch Einreichung eines Patentgesuches vermeiden können. Wenn der Beklagte unterliess, die ihm zur Verfügung stehenden Schutzmassnahmen zu treffen, oder darauf verzichtete, weil er ein Patentgesuch als wenig aussichtsreich erachtete, so steht es ihm schlecht an, ein Recht gegen die Klägerin anzurufen und auf dem Wege der Vertragsauslegung Befugnisse zu beanspruchen, von denen nicht feststeht, dass die Parteien bei Vertragsabschluss daran gedacht haben.
Der Beklagte beruft sich schliesslich auf BGE 90 II 51. Diesem umstrittenen Entscheid liegt ein ganz anderer als der hier zu beurteilende Sachverhalt zugrunde. Dort hatte die Beklagte das Vertrauen einer Firma missbraucht, indem sie die im Hinblick auf einen Kauf bestellten Stoffmuster nachahmte.
Der Beklagte kann sich, wie dargetan, nicht auf eine vertragliche Pflicht der Klägerin berufen, die es ihr verbietet, die streitige Maschine nach Beendigung des Vertragsverhältnisses herzustellen.

6. Der Beklagte stützt seine Klage auch auf Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG. Er macht geltend, die Klägerin stelle ein Erzeugnis her, das nach der äussern Gestalt mit dem seinen verwechselt werden könne.
Nach der angerufenen Bestimmung verstösst gegen Treu und Glauben und begeht somit unlautern Wettbewerb, wer Massnahmen trifft, die bestimmt oder geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines andern herbeizuführen. Diese Vorschrift bezieht sich nach der Rechtsprechung nur auf die Ausstattung einer Ware, also auf die äussere Form, die Aufmachung, wie Farbe und dergleichen,
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nicht dagegen auch auf die technische Konstruktion eines Erzeugnisses. Ist die technische Konstruktion nicht geschützt - sei es weil mangels Erfindungscharakter ein Patentschutz überhaupt nicht in Betracht kam, sei es weil der Erfinder sich um den Schutz nicht beworben hat - oder ist sie wegen Ablaufs der vom Gesetz festgelegten Schutzdauer nicht mehr geschützt, so darf sie von jedem Dritten ausgeführt und selbst sklavisch nachgebaut werden, ohne dass darin ein unlauterer Wettbewerb zu erblicken wäre; denn die Konstruktion ist gemeinfrei, steht jedermann zur Verfügung und darf von jedermann benützt werden. Die Übernahme einer Ausstattung kann nur dann als unlauter angesehen werden, wenn ohne Änderung der technischen Konstruktion und ohne Beeinträchtigung des Gebrauchszweckes die Wahl einer andern Gestaltung möglich und auch zumutbar gewesen wäre, aber vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen worden ist. Von einem Konkurrenten kann nicht verlangt werden, dass er auf eine nach Herstellungsweise und Gebrauchszweck naheliegende und zweckmässige Ausstattung verzichte und an ihrer Stelle eine weniger praktische, weniger solide oder mit grössern Herstellungskosten verbundene Ausführung wähle und damit die Konkurrenzfähigkeit seines Erzeugnisses herabmindere (vgl.BGE 79 II 319, BGE 83 II 157, BGE 84 II 581).
Das Handelsgericht ist der Auffassung, es bestehe eine Verwechslungsgefahr, weil die von der Klägerin vertriebene Maschine von der aus Metzgern und nicht aus Technikern bestehenden Kundschaft als verbessertes Modell 1962 des Beklagten betrachtet werden könne. Entscheidend ist aber nach verbindlicher Feststellung des Handelsgerichts die Tatsache, dass die von der Klägerin gewählte Ausgestaltung der Maschine technisch bedingt war. Der Beklagte hat zu diesem Problem, obwohl in der Referentenaudienz im Sinne von § 94 zürch. ZPO daraufaufmerksam gemacht, nicht Stellung genommen, sondern sich mit dem Hinweis auf die Verwechslungsgefahr und auf angebliche Machenschaften der Klägerin begnügt. Er hat in keiner Weise darzulegen versucht, inwiefern die Maschine der Klägerin eine freie, nicht technisch bedingte Nachahmung darstellt. Ebensowenig behauptet er, die Klägerin hätte eine Maschine herstellen können, die sich von der seinen genügend unterschieden hätte. Da der Beklagte den Beweis dafür, dass die
BGE 93 II 272 S. 282
Voraussetzungen nach Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG erfüllt sind, nicht erbracht hat, ist die Klage auch unter diesem Gesichtspunkt abzuweisen.
Der Beklagte wendet schliesslich ein, den von der Vorinstanz angeführten Entscheiden lägen Wettbewerbsverhältnisse zwischen Konkurrenten ohne vertragliche Bindung zugrunde, während im vorliegenden Fall die Klägerin durch ein "nach Treu und Glauben gebundenes Vertragsverhältnis" die Erfindungsidee des Beklagten wahrgenommen und ausgenutzt habe. Damit verkennt der Beklagte, dass er sich wieder auf den Boden der vertraglichen Haftung stellt, die aus den angeführten Gründen zu verneinen ist.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 12. Dezember 1966 bestätigt.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 2 3 4 5 6

Dispositiv

Referenzen

BGE: 90 II 51, 83 II 157, 84 II 581

Artikel: Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG, Art. 1 Abs. 1 UWG, Art. 8 ZGB, Art. 4 PatG