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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_550/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 6. Dezember 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, Zusatzleistungen zur AHV/IV, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
 A.________, 
vertreten durch Furttal Treuhand AG, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ergänzungsleistung zur AHV/IV 
(Berechnung des Leistungsanspruchs), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 21. Juni 2017 (ZL.2016.00066). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit Verfügungen vom 24. September und 23. Dezember 2015 sprach die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, Zusatzleistungen zur AHV/IV, A.________ für die Monate Juli bis Dezember 2015 sowie ab 1. Januar 2016 Ergänzungsleistungen zur Altersrente der AHV zu. Der Anspruchsberechnung hatte sie ein Verzichtsvermögen von Fr. 222'000.- bzw. Fr. 212'000.- zugrunde gelegt. Daran hielt sie mit Einspracheentscheiden vom 28. April 2016 fest. 
 
B.   
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde der A.________ hob das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 21. Juni 2017 die beiden Einspracheentscheide auf und wies die Sache mit der Feststellung, dass von einem Verzichtsvermögen von Fr. 72'000.- für 2015 und Fr. 62'000.- für 2016 auszugehen sei, an die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, Zusatzleistungen zur AHV/IV, zurück, damit sie die Ergänzungsleistungen für die betreffenden Jahre neu berechne und darüber neu verfüge (Dispositiv-    Ziffer 1). 
 
C.   
Die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, Zusatzleistungen zur AHV/IV, führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 21. Juni 2017 sei aufzuheben und die Einspracheentscheide vom 28. April 2016 seien zu bestätigen. 
 
A.________ beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei; subeventualiter sei die Vorinstanz anzuweisen, eine Liegenschaftsschätzung einzuholen und den Ergänzungsleistungsanspruch neu festzusetzen, unter Befreiung von der Bezahlung von Gerichtskosten. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der angefochtene Entscheid verpflichtet die Beschwerdeführerin, die Ergänzungsleistungen für die Jahre 2015 und 2016 neu zu berechnen, wobei von einem Verzichtsvermögen nach Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG von Fr. 72'000.- bzw. Fr. 62'000.- auszugehen ist, und darüber neu zu verfügen. Dabei handelt es sich - materiell - um einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG (Urteil 9C_396/2013 vom 15. Oktober 2013 E. 3 mit Hinweis). 
 
2.   
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann u.a. wegen Verletzung von Bundesrecht erhoben werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). 
 
3.   
Bei der entgeltlichen oder unentgeltlichen Entäusserung eines Grundstückes ist der Verkehrswert für die Prüfung, ob ein Vermögensverzicht im Sinne von Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe g ELG vorliegt, massgebend (Art. 17 Abs. 5 Satz 1 ELV). Nach der Rechtsprechung ist unter dem Verkehrswert einer Liegenschaft im Sinne dieser Bestimmung der Verkaufswert zu verstehen, den sie im normalen Geschäftsverkehr besitzt (Urteil 9C_396/2013 vom 15. Oktober 2013    E. 7.1.1 mit Hinweis). Der so ermittelte Verkehrswert setzt eine konkrete und aktuelle Liegenschaftsschätzung voraus, was in der Regel nicht praktikabel ist, namentlich wenn sie auf Jahre zurück zu erfolgen hat. Es sind daher soweit möglich und sinnvoll andere geeignete Schätzungen heranzuziehen (Urteil 8C_849/2008 vom 16. Juni 2009 E. 6.3.4 mit Hinweisen). 
 
3.1.  
 
3.1.1. Es steht fest (E. 2), dass die Beschwerdegegnerin im Juni 2004 die in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft in B.________ ihrem Sohn schenkte, gegen Einräumung eines lebenslänglichen Wohnrechts. Die Vorinstanz hat den damaligen Verkehrswert des Grundstückes der Summe aus dem steuerlichen Zeitbauwert des Gebäudes von Fr. 326'480.- und dem auf statistischer Grundlage ermittelten Landpreis von Fr. 72'540.- bzw. Fr. 73'800.- (180 m2 x Fr. 403.- oder Fr. 410.-/m2) gleichgesetzt, was gerundet Fr. 400'000.- ergab. Nach Abzug der Hypothekarschuld von Fr. 78'000.- und des kapitalisierten Wohnrechts von Fr. 150'000.- resultierte unter Berücksichtigung der Amortisation nach Art. 17a ELV (10 bzw. 11 x Fr. 10'000.-) ein Verzichtsvermögen von Fr. 72'000.- am 1. Januar 2015 und Fr. 62'000.- am 1. Januar 2016.  
 
3.1.2. Demgegenüber war die Beschwerdeführerin bei der Berechnung des Verkehrswertes der Liegenschaft in B.________ im Zeitpunkt der Entäusserung im Juni 2004 vom steuerlichen Verkehrswert von Gebäude und Land von Fr. 385'000.- ausgegangen. Diese Summe erhöhte sie um den Faktor '10/7' auf Fr. 550'000.-, gemäss ihren Vorbringen aufgrund der "Tatsache, dass der amtliche Steuerwert vielfach nur bei 70 % des durchschnittlichen Verkehrswertes liegt". Daraus ergab sich nach Abzug von Hypothekarschuld und kapitalisiertem Wohnrecht (Fr. 228'000.-) ein amortisiertes Verzichtsvermögen von Fr. 222'000.- am 1. Januar 2015 und Fr. 212'000.- am 1. Januar 2016.  
 
3.2.  
 
3.2.1. Die Beschwerdeführerin bringt richtig vor, dass im Urteil 9C_396/2013 vom 15. Oktober 2013 E. 7.1.2 ihre Verkehrswertberechnung nicht gleichsam als unzulässig bezeichnet wurde. Die   Bewertungsmethode, nach der der Verkehrswert mit zehn Siebtel des Steuerwertes gleichgesetzt wird, stand damals denn auch nicht zur Diskussion. Das Bundesgericht verwies jedoch auf die Erläuterungen des BSV zu dem im Rahmen der Änderung der ELV vom 16. September 1998 neu in Art. 17 eingefügten Absatz 6 (AHI 1998 S. 274 f.). Danach ist die Ermittlung des Verkehrswertes eines entgeltlich oder unentgeltlich entäusserten Grundstückes den Kantonen überlassen. Unter den anschliessend aufgezählten unterschiedlichen Lösungen, welche bis dahin von der Rechtsprechung geschützt worden waren, figuriert die von der Beschwerdeführerin hier angewendete Bewertungsmethode nicht. Dies spricht zwar nicht zwingend gegen die Zulässigkeit der von der Beschwerdeführerin angewendeten Bewertungsmethode. Wie sie indessen selber vorbringt, beruhte ihre Schätzung auf der Tatsache, dass der amtliche Steuerwert "vielfach nur bei 70 % des durchschnittlichen Verkehrswertes" liege. Dabei handelt es sich um eine nicht weiter belegte Behauptung, auf welche jedenfalls bezüglich der konkret 2004 verschenkten Liegenschaft in B.________ nicht abgestellt werden kann.  
 
3.2.2. Die Verkehrswertberechnung des kantonalen Sozialversicherungsgerichts durch Addition des Zeitwerts des auf dem Grundstück gelegenen Gebäudes und des Marktwerts des Bodens entspricht im Grundsatz der im Urteil 9C_396/2013 vom 15. Oktober 2013 E. 7.1.2 angewendeten Bewertungsmethode. In diesem ebenfalls den Kanton Zürich betreffenden Fall stellte das Bundesgericht auf den vom Steueramt geschätzten 'Zeitbauwert Gebäude' und den (mit der Grundstücksfläche zu multiplizierenden) Quadratmeterpreis gemäss der Statistik für Wohnlandpreise des statistischen Amtes ab (vgl. auch Urteil 9F_15/2013 vom 24. März 2014 E. 2.2, wonach die Frage der Anwendbarkeit einer Statistik wie auch deren [richtige] Handhabung im Einzelfall eine Rechtsfrage ist). Gemäss Beschwerdeführerin entspricht der steuerliche Zeitbauwert (Fr. 326'480.-; E. 3.1.1) einem schematischen Formelwert, der klar unter dem effektiven Verkehrswert liegen dürfte. Es kann offenbleiben, ob diese ohnehin als blosse Vermutung formulierte Tatsachenbehauptung zutrifft. Wie die Beschwerdeführerin unwidersprochen vorbringt, betrug derselbe Wert am 31. Dezember 2009 Fr. 371'000.-. Unter diesen Umständen stellt der Zeitbauwert, welcher definitionsgemäss mit zunehmender Zeit abnimmt, im vorliegenden Fall keine verlässliche Grösse dar.  
 
Beim Landwert ist die Vorinstanz sodann nicht vom statistischen Durchschnittspreis des Quadratmeters (Fr. 453.-) ausgegangen. Vielmehr hat sie aufgrund der Besonderheit des betreffenden Grundstücks hinsichtlich Lage und Grösse der im unteren Quartil liegenden Preis (Fr. 410.- im Modell, Fr. 403.- effektiv) herangezogen. Demgegenüber rechtfertigt nach Auffassung der Beschwerdeführerin die Nähe zur Quartierstrasse, was darauf hinweise, dass sich die Liegenschaft in einer ruhigen Lage befinde, aber doch verkehrstechnisch angeschlossen sei, kein Abweichen vom Durchschnittspreis. Diese ganz unterschiedlichen Sichtweisen, auf welche hier nicht weiter einzugehen ist, zeigen, dass im Rahmen der von der Vorinstanz angewendeten Bewertungsmethode bei Absehen von einer konkreten Schätzung des Landwertes nicht ohne Not vom statistischen Durchschnitt abgewichen werden sollte. Das gilt namentlich mit Blick auf eine anzustrebende möglichst einheitliche Praxis (AHI 1998 S. 275). 
 
3.3. Nach dem Gesagten rechtfertigt es sich im vorliegenden Fall auf den von der Praxis anerkannten Mittelwert zwischen Steuerwert und Gebäudeversicherungswert abzustellen (Urteil 8C_849/2008 vom 16. Juni 2009 E. 6.3.4 mit Hinweisen; AHI 1998 S. 275). Daraus ergibt sich ein Verzichtsvermögen nach Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG von Fr. 202'100.- (1/2 x [Fr. 385'000.- + Fr. 475'200.-] - [Fr. 78'000.- + Fr. 150'000.-]; E. 3.1.1) am 1. Januar 2005 bzw. unter Berücksichtigung der Amortisation nach Art. 17a ELV (10 bzw. 11 x Fr. 10'000.-) von Fr. 102'100.- am 1. Januar 2015 und Fr. 92'100.- am 1. Januar 2016.  
 
Die Beschwerde ist im Eventualstandpunkt begründet. 
 
4.   
Die Parteien haben die Gerichtskosten nach Massgabe ihres Unterliegens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch der Beschwerdegegnerin um Befreiung von der Bezahlung von Gerichtskosten kann entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG; BGE 125 V 201 E. 4a       S. 202). Es wird indessen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat Anspruch auf eine reduzierte Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG; Art. 9 des Reglements vom 31. März 2006 über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht; Urteil 9C_396/2013 vom 15. Oktober 2013 E. 13). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Dispositiv-Ziffer 1 des Entscheids des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 21. Juni 2017 wird dahingehend abgeändert, dass von einem Verzichtsvermögen von Fr. 102'100.- für 2015 und Fr. 92'100.- für 2016 auszugehen ist. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.   
Von den Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin Fr. 400.- und der Beschwerdegegnerin Fr. 100.- auferlegt, welcher Betrag einstweilen auf die Bundesgerichtskasse genommen wird. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 400.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 6. Dezember 2017 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler