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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_134/2021  
 
 
Urteil vom 9. Juni 2021  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, nebenamtliche Bundesrichterin Bechaalany, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse des Kantons Bern, Abteilung Ergänzungsleistungen, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ergänzungsleistung zur AHV/IV, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 15. Januar 2021 (200 20 753 EL). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1953 geborene A.________ bezieht seit Juni 2018 Ergänzungsleistungen (EL) zu seiner Rente der Alters- und Hinterlassenversicherung. Mit Verfügung vom 10. Juli 2020 und Einspracheentscheid vom 28. September 2020 reduzierte die Ausgleichskasse des Kantons Bern diese Leistungen mit Wirkung ab Februar 2021, da es der Ehefrau des EL-Bezügers nunmehr zumutbar sei, ein Einkommen von mindestens Fr. 36'000.- pro Jahr zu erzielen. 
 
B.  
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 15. Januar 2021 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, ihm seien unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides die Ergänzungsleistungen in der bisherigen Höhe weiterhin auszuzahlen. Zudem seien bereits während der Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens die Ergänzungsleistungen provisorisch in der bisherigen Höhe auszurichten. Weiter stellt A.________ ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne einer Befreiung von den Gerichtskosten. 
Da A.________ parallel zur Beschwerde ans Bundesgericht ein Revisionsgesuch beim kantonalen Gericht eingereicht hatte, setzte das Bundesgericht sein Verfahren für die Dauer der Hängigkeit dieses Revisionsgesuchs vor kantonalem Gericht aus; mit Urteil vom 15. April 2021 schrieb das kantonale Gericht das Revisionsverfahren ab. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, als es den Einspracheentscheid der Ausgleichskasse, vom 28. September 2020 bestätigte, wonach der Betrag der Ergänzungsleistungen ab Februar 2021 aufgrund einer nunmehr zumutbaren Erwerbstätigkeit der Ehefrau des Beschwerdeführers reduziert wird. 
 
3.  
 
3.1. Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat nach Art. 30 Abs. 1 BV Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Diese Bestimmung verleiht dem Einzelnen Anspruch auf richtige Besetzung des Gerichts und Einhaltung der jeweils geltenden staatlichen Zuständigkeitsordnung (SVR 2015 EL Nr. 13 S. 37, 9C_585/2014 E. 3.1 mit weiteren Hinweisen). Die Garantie des verfassungsmässigen Richters ist demgegenüber verletzt, wenn bei objektiver Betrachtungsweise Gegebenheiten vorliegen, die den Anschein der Befangenheit oder die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen (BGE 135 I 14 E. 2; 131 I 113 E. 3.4).  
 
3.2. In formeller Hinsicht rügt der Beschwerdeführer zunächst, der angefochtene Entscheid sei zu Unrecht im einzelrichterlichen Verfahren ergangen. Gemäss der einschlägigen kantonalen Verfahrensordnung behandeln die Mitglieder des Verwaltungsgerichts unter anderem Beschwerden, deren Streitwert einen Betrag von Fr. 20'000.- nicht erreicht, als Einzelrichterinnen oder Einzelrichter (Art. 57 Abs. 1 GSOG/BE). Nach der schlüssigen Berechnung des kantonalen Gerichts betrug der Streitwert vor kantonalem Gericht Fr. 19'680.65; nicht nachvollziehbar begründet ist demgegenüber der vom Beschwerdeführer letztinstanzlich geltend gemachte höhere Streitwert. Somit hat das kantonale Gericht kein Bundesrecht verletzt, als es die Sache im einzelrichterlichen Verfahren erledigt hat.  
 
3.3. Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers begründet der Umstand, dass die vorinstanzliche Einzelrichterin schon seit über zwanzig Jahren Mitglied des kantonalen Gerichts ist, objektiv betrachtet keinen Anschein der Befangenheit. Einen solchen kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass sie in ihrer Urteilsbegründung nicht der Argumentation des Beschwerdeführers, sondern jener der Beschwerdegegnerin gefolgt ist. Daran vermögen auch einzelne pointierte Formulierungen - welche vom Beschwerdeführer als abwertend und kränkend empfunden wurden - in den Erwägungen des angefochtenen Entscheides nichts zu ändern; auch wenn die Formulierung: "So erweist es sich als blanker Hohn,..." als grenzwertig erscheint, stellt sie noch nicht einen hinreichenden Grund dar, um den ganzen Entscheid aufzuheben.  
 
4.  
Materiell ist zu prüfen, ob das kantonale Gericht bei der Berücksichtigung eines Verzichtseinkommens der Ehefrau des Beschwerdeführers gegen Bundesrecht verstossen hat. 
 
4.1. Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben insbesondere Personen mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz, wenn sie eine Altersrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) beziehen (Art. 4 Abs. 1 lit. a ELG). Anrechenbare Einnahmen sind u.a. Einkünfte, auf die verzichtet worden ist (Art. 11 Abs. 1 lit. g aELG bzw. Art. 11a Abs. 1 ELG). Unter dem Titel des Verzichtseinkommens ist auch ein hypothetisches Einkommen der Ehegattin eines EL-Ansprechers anzurechnen (vgl. Art. 9 Abs. 2 ELG), sofern sie auf eine zumutbare Erwerbstätigkeit oder deren zumutbare Ausdehnung verzichtet (BGE 117 V 287 E. 3b; AHI 2001 S. 133, P 18/99 E. 1b). Bei der Ermittlung der zumutbaren Erwerbstätigkeit der Ehefrau oder des Ehemannes ist der konkrete Einzelfall unter Anwendung familienrechtlicher Grundsätze (vgl. Art. 163 ZGB) zu berücksichtigen. Dementsprechend ist auf das Alter, den Gesundheitszustand, die Sprachkenntnisse, die Ausbildung, die bisherige Tätigkeit, die konkrete Arbeitsmarktlage sowie gegebenenfalls auf die Dauer der Abwesenheit vom Berufsleben abzustellen (BGE 134 V 53 E. 4.1; SVR 2007 EL Nr. 1 S. 1, P 40/03 E. 2; AHI 2001 S. 132, P 18/99 E. 1b). Bemüht sich der Ehegatte trotz (teilweiser) Arbeitsfähigkeit nicht oder nur ungenügend um eine Stelle, verletzt er die ihm obliegende Schadenminderungspflicht (SZS 2010 S. 48, 9C_184/2009 E. 2.2; Urteile 9C_103/2015 vom 8. April 2015 E. 2.2; 9C_539/2009 vom 9. Februar 2010 E. 4.1).  
Eine fehlende Verwertbarkeit der (Rest-) Arbeitsfähigkeit kann nur angenommen werden, wenn sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 353 E. 5b) feststeht (vgl. Urteile 9C_723/2010 vom 25. November 2010 E. 2.5 und 8C_489/2007 vom 28. Dezember 2007 E. 4.1, je mit Hinweisen). Bei der Feststellung des Sachverhalts hat der Leistungsansprecher trotz Geltung des Untersuchungsgrundsatzes (vgl. Art. 43 Abs. 1 resp. Art. 61 lit. c ATSG) mitzuwirken (Art. 28 ATSG; Urteil 9C_946/2011 vom 16. April 2012 E. 3.2). 
 
4.2. Es steht fest und ist unbestritten, dass die Ehefrau des EL-Bezügers keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Das kantonale Gericht hat erwogen, dem Beschwerdeführer sei der ihm obliegende Nachweis, dass seitens der Ehefrau diesbezüglich kein Einkommensverzicht vorliegt, nicht gelungen. Insbesondere sei nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit belegt, dass sie ihre Arbeitsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht verwerten könne. Die im Wesentlichen appellatorischen und damit den Anforderungen an die Beschwerdebegründung (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht genügenden Vorbringen des EL-Bezügers zu diesen Erwägungen vermögen sie nicht als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Soweit er sinngemäss eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) rügt, ist der Beschwerdeführer an seine Mitwirkungspflicht zu erinnern (vgl. E. 4.1 hievor). Da seine Ehefrau gemäss unbestritten gebliebener Feststellung des kantonalen Gerichts nicht bereit ist, die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, ist nicht ersichtlich, durch welche Beweismassnahmen das kantonale Gericht zu einer andẹren Beurteilung ihres Gesundheitszustandes gelangen könnte. Damit ist der Untersuchungsgrundsatz nicht verletzt; die Beschwerde des EL-Bezügers ist abzuweisen.  
 
5.  
 
5.1. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten ist stattzugeben, da die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist.  
 
5.2. Mit diesem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen gegenstandslos.  
 
 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 9. Juni 2021 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold