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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1C_184/2020  
 
 
Urteil vom 9. Juli 2020  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Müller, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Steininger, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, Bereich Administrativmassnahmen. 
 
Gegenstand 
Entzug des Führerausweises, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, Einzelrichter, vom 11. Februar 2020 (VB.2019.00607). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 14. Oktober 2018 fuhren A.________ als Lenker und B.________ als Soziusfahrerin mit dem Motorrad auf der Sustenpassstrasse von Wassen herkommend Richtung Passhöhe. In einer Linkskurfe rutschte das Hinterrad weg, worauf der Lenker die Kontrolle über das Motorrad verlor und beide Personen vom Fahrzeug stürzten. Das Motorrad rutschte auf die Gegenfahrbahn und stiess mit der rechten Front eines talwärtsfahrenden Fahrzeugs (PKW) zusammen. Mit Strafbefehl vom 19. November 2018 bestrafte die Staatsanwaltschaft Uri A.________ wegen einfacher Verkehrsregelverletzung durch Nichtbeherrschen des Fahrzeugs mit einer Busse von Fr. 300.-; dieser Strafbefehl blieb unangefochten. Zudem entzog ihm das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich mit Verfügung vom 21. Januar 2019 den Führerausweis für die Dauer von vier Monaten und untersagte ihm das Führen von Motorfahrzeugen aller Kategorien. Eine gegen diese Verfügung erhobenen Rekurs wies die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich mit Entscheid vom 20. August 2019 ab. 
 
B.   
Die von A.________ gegen diesen Rekursentscheid erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 11. Februar 2020 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, es sei unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheide von einem Entzug des Führerausweises abzusehen, eventuell sei die Entzugsdauer auf einen Monat zu beschränken. 
 
Das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der Beschwerde. 
 
Mit Verfügung vom 5. Mai 2020 erkannte das Bundesgericht der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sind grundsätzlich gegeben (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, es sei denn, die rechtlichen Mängel lägen geradezu auf der Hand. Die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem Recht) prüft es dagegen lediglich insoweit, als eine entsprechende Rüge in der Beschwerde vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 99 E. 1.7.2 und 1.7.2 S. 106 mit Hinweisen).  
 
1.3. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss substanziiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen wäre; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18 mit Hinweisen). 
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzt hat, als es einen viermonatige Warnungsentzug des Führerscheins bestätigt hat. 
 
3.   
 
3.1. Nach Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz vom 24. Juni 1970 ausgeschlossen ist, wird gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG der Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen. Das Gesetz unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen der leichten, mittelschweren und schweren Widerhandlung (Art. 16a-c SVG).  
 
3.1.1. Gemäss Art. 16a SVG begeht eine leichte Widerhandlung, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine geringe Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft, sofern ihn dabei nur ein leichtes Verschulden trifft (Art. 16a Abs. 1 lit. a SVG). In besonders leichten Fällen wird auf jegliche Massnahme verzichtet (Art. 16a Abs. 4 SVG).  
 
3.1.2. Eine schwere Widerhandlung begeht insbesondere, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt (Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG); nach einer schweren Widerhandlung wird der Führerausweis für mindestens drei Monate entzogen (Art. 16c Abs. 2 lit. a SVG).  
 
3.1.3. Eine mittelschwere Widerhandlung begeht, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt (Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG). Nach einer mittelschweren Widerhandlung wird der Führerausweis für mindestens einen Monat entzogen (Art. 16b Abs. 2 lit. a SVG); wenn in den vorangegangenen zwei Jahren der Ausweis einmal wegen einer schweren oder mittelschweren Widerhandlung entzogen war, beträgt die mindeste Entzugsdauer vier Monate (Art. 16b Abs. 2 lit. b SVG).  
 
3.1.4. Die mittelschwere Widerhandlung nach Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG stellt einen Auffangtatbestand dar. Sie liegt vor, wenn nicht alle privilegierenden Elemente einer leichten Widerhandlung nach Art. 16a Abs. 1 lit. a SVG und nicht alle qualifizierenden Elemente einer schweren Widerhandlung nach Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG gegeben sind. Die Annahme einer schweren Widerhandlung setzt kumulativ eine qualifizierte objektive Gefährdung und ein qualifiziertes Verschulden voraus. Ist die Gefährdung gering, aber das Verschulden hoch, oder umgekehrt die Gefährdung hoch und das Verschulden gering, liegt eine mittelschwere Widerhandlung vor (vgl. zum Ganzen: BGE 136 II 447 E. 3.2 S. 452; Urteil 1C_453/2018 vom 22. August 2019 E. 3.1; je mit Hinweisen). Gleiches gilt bei einer mittelgrossen Gefährdung und einem mittelschweren oder schweren Verschulden (vgl. Urteil 1C_334/2019 vom 11. Februar 2020 E. 3.1). Eine Gefahr für die Sicherheit anderer im Sinne von Art. 16a-c SVG ist bei einer konkreten oder auch bei einer erhöhten abstrakten Gefährdung zu bejahen. Eine erhöhte abstrakte Gefahr besteht, wenn die Möglichkeit einer konkreten Gefährdung oder Verletzung naheliegt. Ob eine solche Gefährdung vorliegt, ist anhand der jeweiligen Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen (Urteil 1C_421/2019 vom 20. Dezember 2019 E. 2.1 mit Hinweis).  
 
3.2. Ein Strafurteil vermag die Verwaltungsbehörde grundsätzlich nicht zu binden. Allerdings gebietet der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung, widersprüchliche Entscheide im Rahmen des Möglichen zu vermeiden, weshalb die Verwaltungsbehörde beim Entscheid über die Massnahme von den tatsächlichen Feststellungen des Strafrichters nur abweichen darf, wenn sie Tatsachen feststellt und ihrem Entscheid zugrunde legt, die dem Strafrichter unbekannt waren, wenn sie zusätzliche Beweise erhebt oder wenn der Strafrichter bei der Rechtsanwendung auf den Sachverhalt nicht alle Rechtsfragen abgeklärt hat (vgl. BGE 139 II 95 E. 3.2 S. 101 f. mit Hinweisen). In der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts - namentlich auch des Verschuldens - ist die Verwaltungsbehörde demgegenüber frei, ausser die rechtliche Qualifikation hängt stark von der Würdigung von Tatsachen ab, die der Strafrichter besser kennt, etwa weil er die beschuldigte Person persönlich einvernommen hat. Auch in diesem Zusammenhang hat sie jedoch den eingangs genannten Grundsatz, widersprüchliche Urteile zu vermeiden, gebührend zu berücksichtigen (vgl. BGE 136 II 447 E. 3.1 S. 451; Urteil 1C_421/2019 vom 20. Dezember 2019 E. 3.1; je mit Hinweisen).  
 
3.3. Bei der Festsetzung der Dauer des Entzugs sind gemäss Art. 16 Abs. 3 Satz 1 SVG die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, namentlich die Gefährdung der Verkehrssicherheit, das Verschulden, der Leumund als Motorfahrzeugführer sowie die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen. Die Mindestentzugsdauer darf jedoch, von der hier nicht interessierenden Ausnahme für Vorfälle auf Dienstfahrten gemäss Art. 100 Ziff. 4 SVG abgesehen, nicht unterschritten werden (Art. 16 Abs. 3 Satz 2 SVG).  
 
4.   
 
4.1. Vorinstanz und Verwaltung qualifizierten das Verhalten des Beschwerdeführers beim Motorradsturz am 14. Oktober 2018 als mittel-schwere Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz (Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG). Demgegenüber rügt der Beschwerdeführer unter Berufung auf das Urteil 1C_382/2011 vom 12. Dezember 2011, es rechtfertige sich lediglich eine Qualifikation als leichte Widerhandlung im Sinne von Art. 16a Abs. 1 lit. a SVG. Zu Recht unbestritten ist, dass sich beide Qualifikationen ohne Weiteres mit seiner Verurteilung wegen einfacher Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG vereinbaren lassen, werden doch von dieser Strafnorm sowohl leichte als auch mittelschwere Widerhandlungen gegen das SVG erfasst (vgl. BGE 135 II 138 E. 2.4 S. 143 f. mit Hinweisen).  
 
4.2. Die Qualifikation der Schwere einer Verkehrsregelverletzung hängt neben dem Verschulden des Fahrzeuglenkers namentlich davon ab, wie stark er andere durch diese Verletzung abstrakt oder konkret gefährdet (vgl. E. 3.1 hievor). Das kantonale Gericht erwog, der Beschwerdeführer habe durch die Verkehrsregelverletzung die Sicherheit seiner Beifahrerin konkret gefährdet; der zu beurteilende Sachverhalt unterscheide sich in diesem Punkt wesentlich von jenem, welchem dem vom Beschwerdeführer angerufenen Urteil 1C_382/2011 vom 12. Dezember 2011 zu Grunde lag. Entgegen der Ausführungen des Beschwerdeführers verstösst der Einbezug der Gefährdung der Beifahrerin in die vorinstanzliche Würdigung nicht gegen Bundesrecht. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, weshalb es nicht angängig sein sollte, das Nichtbeherrschen eines Motorrads regelmässig als mittelschwere Widerhandlung zu qualifizieren, sobald ein Beifahrer involviert ist. Vielmehr erscheint eine strengere Beurteilung des Verhaltens von Motorradlenkern, die mit einem Beifahrer unterwegs sind, als Ausfluss der erhöhten Verantwortung, welche ein Fahrzeuglenker übernimmt, indem er einen Beifahrer transportiert. Ebenfalls nicht bundesrechtswidrig ist die Erwägung der Vorinstanz, wonach es für die Beurteilung der Schwere der Verkehrsregelverletzung unerheblich ist, ob sich die durch den Kontrollverlust geschaffene Gefahr in einem Personenschaden realisierte. Der Beschwerdeführer räumt selber ein, dass einem Motorradsturz bereits bei wesentlich geringerer als der von ihm gefahrenen Geschwindigkeit (gemäss eigenen Angaben: 70 km/h) die Gefahr schwerer Verletzungen eigen ist. Beim Sturz hat er seine Beifahrerin in mehr als bloss geringem Masse konkret gefährdet, so dass die Qualifikation der Regelverletzung als mittelschwere Verletzung nicht zu beanstanden ist.  
 
4.3. Da dem Beschwerdeführer in den zwei dem Unfall vorangegangenen Jahren der Führerausweis bereits wegen einer schweren Widerhandlung entzogen war, beträgt die Mindestdauer für einen erneuten Entzug wegen einer mittelschweren Widerhandlung vier Monate (Art. 16b Abs. 2 lit. b SVG; vgl. E. 3.1.3). Die von Vorinstanz und Verwaltung auf das gesetzliche Minimum festgesetzte Entzugsdauer erweist sich demnach auch unter Berücksichtigung der vom Motorradlenker geltend gemachten besonderen Massnahmeempfindlichkeit als bundesrechtskonform. Entsprechend ist seine Beschwerde abzuweisen.  
 
5.   
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, Bereich Administrativmassnahmen, und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. Juli 2020 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold