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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4D_38/2022  
 
 
Urteil vom 9. September 2022  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Kiss, Niquille, 
Gerichtsschreiber Stähle. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, Inhaber des Einzelunternehmens B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Hugo Feuz, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Friedensrichteramt U.________, 
Beschwerdegegner 
 
C.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Sven Oliver Dogwiler. 
 
Gegenstand 
Urteilsvorschlag; Zustellung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 21. Juni 2022 (RU220032-O/U). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. C.________ (Klägerin) gelangte mit Schlichtungsbegehren vom 1. September 2021 an das Friedensrichteramt U.________. Darin verlangte sie von A.________ (Beklagter, Beschwerdeführer) die Wandlung eines Kaufvertrags.  
Die erste Vorladung zur Schlichtungsverhandlung vom 24. September 2021 konnte dem Beklagten auf dem Postweg nicht zugestellt werden, worauf die Verhandlung neu auf den 22. Oktober 2021, 10:00 Uhr, angesetzt wurde. Die entsprechende Vorladung wurde dem Beklagten unter Beizug der Kantonspolizei Bern zugestellt. 
 
1.2. Am 21. Oktober 2021, 18:39 Uhr, ging beim Friedensrichteramt ein im Namen des Beklagten von Rechtsanwalt Hugo Feuz unterzeichnetes Dispensationsgesuch ein. Eine Vollmacht wurde nicht eingereicht. Mit E-Mail vom gleichen Tag wies das Friedensrichteramt das Dispensationsgesuch ab.  
Der Beklagte erschien an der Schlichtungsverhandlung vom 22. Oktober 2021 nicht, worauf das Friedensrichteramt angesichts des Streitwerts von Fr. 5'000.-- einen Urteilsvorschlag erliess. Dieser wurde dem Beklagten am 4. November 2021 persönlich zugestellt. 
 
1.3. Mit Schreiben vom 24. November 2021 gelangte Rechtsanwalt Hugo Feuz an das Friedensrichteramt und verlangte eine "gehörige Eröffnung" des Urteilsvorschlags an ihn als Rechtsvertreter des Beklagten. Das Friedensrichteramt erklärte daraufhin, dass ihr noch kein Vertretungsverhältnis angezeigt worden sei, worauf Rechtsanwalt Hugo Feuz eine ihn legitimierende Vollmacht nachreichte. Das Friedensrichteramt teilte in der Folge mit, dass das Vertretungsverhältnis erst nach dem Versand des Urteilsvorschlags bekannt gemacht worden und das Verfahren bereits abgeschlossen sei.  
Mit Eingabe vom 21. Januar 2021 erhob der Beklagte Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich und verlangte die Aufhebung des Urteilsvorschlags, eventualiter die Anweisung an das Friedensrichteramt, den Urteilsvorschlag dem Rechtsvertreter des Beklagten zu eröffnen. Mit Beschluss vom 15. Februar 2022 trat das Obergericht nicht auf die Beschwerde ein. 
 
1.4. Mit Schreiben vom 25. Februar 2022 gelangte der Beklagte erneut an das Friedensrichteramt und ersuchte dieses, den Urteilsvorschlag seinem Anwalt entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zuzustellen. Das Friedensrichteramt verwies auf den Beschluss des Obergerichts vom 15. Februar 2022 und verzichtete auf eine weitere Stellungnahme.  
Am 24. März 2022 erhob der Beklagte wiederum Beschwerde an das Obergericht und stellte folgende Anträge: 
 
"1. Es sei festzustellen, dass die Verweigerung, das Verhandlungsergebnis der Schlichtungsverhandlung vom 22.10.2021 an den Rechtsvertreter der vertretenen Partei zuzustellen, eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. 
 
2. Das Friedensrichteramt U.________ sei anzuweisen, den Urteilsvorschlag vom 22.10.2021 dem Anwalt der vertretenen Partei zu eröffnen." 
 
Mit Urteil vom 21. Juni 2022 wies das Obergericht die Beschwerde ab. 
 
1.5. Der Beklagte verlangt mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.  
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
2.  
 
2.1. Angefochten ist ein Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, mit dem der gegen das Friedensrichteramt U.________ erhobene Vorwurf der Rechtsverweigerung als unbegründet erachtet worden ist. Da der Streitwert in der Sache den Mindestbetrag von Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG nicht erreicht, steht die vom Beschwerdeführer erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen (siehe Art. 113 BGG).  
 
2.2. Der Beschwerdeführer stellt in seiner dem Bundesgericht eingereichten Rechtsmittelschrift keinen materiellen Antrag, wiewohl ein solcher nach Art. 42 Abs. 1 BGG grundsätzlich erforderlich ist. Wie es sich damit verhält (insbesondere mit Blick auf die vom Beschwerdeführer formulierte Gehörsrüge [Erwägung 3.3]), kann dahingestellt bleiben, da die Beschwerde ohnehin als offensichtlich unbegründet abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann.  
 
3.  
Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Diesbezüglich gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Die Verletzung von Grundrechten prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 117 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG). Dies bedeutet, dass klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 135 III 232 E. 1.2; 134 I 83 E. 3.2; je mit weiteren Hinweisen). 
 
Macht die beschwerdeführende Partei eine Verletzung des Willkürverbots geltend, genügt es nicht, wenn sie einfach behauptet, der angefochtene Entscheid sei willkürlich (BGE 134 II 349 E. 3; 133 I 1 E. 5.5). Willkür liegt nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen wäre, sondern bloss, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 141 III 564 E. 4.1; 140 III 16 E. 2.1; je mit Hinweisen). 
 
4.  
 
4.1. Ist eine Partei vertreten, so erfolgt die Zustellung gerichtlicher Urkunden an die Vertretung (Art. 137 ZPO).  
Der Urteilsvorschlag einer Schlichtungsbehörde gilt als angenommen und hat die Wirkungen eines rechtskräftigen Entscheids, wenn ihn keine Partei innert 20 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung ablehnt (Art. 211 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 
 
4.2. Der Beschwerdeführer brachte vor Obergericht vor, der Urteilsvorschlag sei zwar ihm persönlich (am 4. November 2021), nicht aber seinem Rechtsvertreter und folglich nicht rechtswirksam zugestellt worden. Indem es das Friedensrichteramt ablehne, dieses Versäumnis nachzuholen und den Urteilsvorschlag dem Rechtsvertreter (doch noch) zuzustellen, verweigere es Recht.  
Das Obergericht erwog, es erscheine bereits fraglich, ob dem Friedensrichteramt das Vertretungsverhältnis (rechtsgenüglich und rechtzeitig) bekanntgegeben worden sei und der Urteilsvorschlag damit - wie dies der Beschwerdeführer behaupte - seinem Rechtsvertreter hätte zugestellt werden müssen. Dies sei vorliegend aber ohne Bedeutung: Denn es sei erstellt, dass der Urteilsvorschlag dem Rechtsvertreter spätestens seit dem 24. November 2021 vorliege. Der Beschwerdeführer - respektive sein Rechtsvertreter - hätte seine Rechte somit hinreichend wahren und den Urteilsvorschlag (innert 20 Tagen [Art. 211 Abs. 1 Satz 1 ZPO] seit Kenntnisnahme durch den Rechtsvertreter) ablehnen können. Ein Rechtsnachteil sei ihm nicht entstanden. Die Berufung auf den (angeblichen) Formmangel erweise sich als rechtsmissbräuchlich. 
 
4.3. Der Beschwerdeführer moniert eine Verletzung des Rechtsverweigerungsverbots und seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 1 und 2 BV), weil sich das Obergericht mit seinen Rügen "gar nicht auseinandersetzt". Die Vorinstanz habe ausser Acht gelassen, dass mit Blick auf das "rechtsgenügend angezeigt[e] Mandatsverhältnis" nach Art. 137 ZPO "der Urteilsvorschlag dem beauftragtem Anwalt zu eröffnen" gewesen wäre. Dies sei "nicht geschehen".  
Die Vorinstanz hat diesen "entscheidenden Punkt" (so der Beschwerdeführer) nicht übergangen, sondern ausdrücklich erwogen, dass es im vorliegenden Fall nicht darauf ankomme. Selbst wenn der diesbezüglichen Argumentation des Beschwerdeführers gefolgt würde - so das Obergericht -, wäre die Beschwerde abzuweisen gewesen, da der Rechtsvertreter zu einem späteren Zeitpunkt (spätestens am 24. November 2021) Kenntnis vom Urteilsvorschlag erlangt habe und diesen anschliessend hätte ablehnen können, der Urteilsvorschlag mithin im Ergebnis rechtswirksam zugestellt worden sei. 
Die Kritik des Beschwerdeführers ist offensichtlich unbegründet. 
 
4.4. Der Beschwerdeführer beanstandet sodann Willkür (Art. 9 BV).  
Er macht geltend, das angefochtene Urteil sei "gesetzeswidrig" und widerspreche "der Praxis des Obergerichts, welche die Einhaltung zivilprozessualer Fristen ansonsten sehr genau" nehme. Die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen sei "eine der tragenden Säulen des Rechts". 
Dies stellt keine hinreichend begründete Willkürrüge dar (siehe Erwägung 2.3). Insoweit kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. 
 
5.  
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet und im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 117 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten gemäss Art. 66 Abs. 1 BGG dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, und C.________ schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. September 2022 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Hohl 
 
Der Gerichtsschreiber: Stähle