Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_353/2021  
 
 
Urteil vom 12. Juli 2021  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichterin Jametti, Bundesrichter Merz, 
Gerichtsschreiber Baur. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, 
Postfach 157, 4502 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Verlängerung der Sicherheitshaft, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts 
des Kantons Solothurn, Strafkammer, Einzelrichter, 
vom 21. Mai 2021 (STBER.2021.8). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn führte gegen A.________ seit November/Dezember 2018 eine Strafuntersuchung wegen Verdachts auf verschiedene Sexualstraftaten gegen Kinder sowie Pornografie. Er wurde am 20. November 2018 verhaftet und befand sich in der Folge zunächst in Untersuchungshaft und, nach der Anklageerhebung beim Amtsgericht Olten-Gösgen, in Sicherheitshaft. 
 
B.  
Mit Urteil vom 10. Dezember 2020 sprach das Amtsgericht A.________ der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern, der mehrfachen Schändung, der mehrfachen Pornografie sowie der sexuellen Belästigung gemäss den Anklage-Ziff. 1.2, 1.3, 4.2, 4.3, 5 und 6.2 schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen à Fr. 10.-- und einer Busse von Fr. 200.--. Von den Vorwürfen der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern, der sexuellen Nötigung, der Schändung und der sexuellen Belästigung gemäss den Anklage-Ziff. 1.1, 2.1, 2.2, 3, 4.1 und 6.1 sprach es ihn dagegen frei. 
Den Antrag der Staatsanwaltschaft auf originäre Verwahrung wies das Amtsgericht ab. Dasselbe tat es mit den beiden Anträgen auf nachträgliche Verwahrung des Departements des Innern des Kantons Solothurn, Amt für Justizvollzug, im Nachverfahren bezüglich Verwahrung, das es bereits zu einem früheren Zeitpunkt mit dem Hauptverfahren vereinigt hatte. Dieses Nachverfahren steht im Zusammenhang mit der früheren Verurteilung von A.________ wegen Vergewaltigung und sexueller Handlungen mit einem Kind (Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 14. April 2010) und betrifft die Frage, ob anstelle der im damaligen Urteil des Obergerichts angeordneten, im Jahr 2016 von diesem (Beschwerdekammer) nicht verlängerten und vom Departement zufolge Aussichtslosigkeit aufgehobenen stationären therapeutischen Massnahme bzw. der anlässlich der Nichtverlängerung dieser Massnahme vom Obergericht (Beschwerdekammer) verfügten und vom Departement 2018 ebenfalls wegen Aussichtslosigkeit aufgehobenen ambulanten Massnahme eine Verwahrung anzuordnen sei. 
Das Amtsgericht verbot A.________ im Weiteren lebenslänglich jede berufliche und jede organisierte ausserberufliche Tätigkeit, die einen regelmässigen Kontakt zu Minderjährigen umfasst. Zudem auferlegte es ihm für die Dauer von fünf Jahren ein Kontaktverbot gegenüber Kindern unter 16 Jahren. Es hob ferner auch selber die erwähnte ambulante Massnahme auf. Die Sicherheitshaft verlängerte es bis zum Eintritt der Rechtskraft seines Urteils, längstens aber bis zum 9. März 2021. 
 
C.  
Gegen das Urteil des Amtsgerichts gelangten unter anderem A.________ und die Staatsanwaltschaft mit Berufung an das Obergericht. Letztere erhob bei diesem zudem Beschwerde und verlangte insbesondere die Anordnung der Verwahrung gestützt auf die Anträge des Departements. Am 9. März 2021 stellte A.________ im Berufungsverfahren einen Antrag auf unverzügliche Haftentlassung, da die richterlich festgesetzte Haftdauer abgelaufen sei, worauf der Instruktionsrichter der Strafkammer des Obergerichts gleichentags die Sicherheitshaft provisorisch bis Freitag, 12. März 2021, 12 Uhr, verlängerte. Am Morgen des 12. März 2021 wies der Instruktionsrichter mit Verfügung den Antrag von A.________ auf sofortige Haftentlassung ab und verlängerte die Sicherheitshaft für das weitere Berufungsverfahren bis zur Urteilseröffnung (21. Mai 2021). Das Bundesgericht hiess die dagegen erhobene Beschwerde von A.________ mit Urteil 1B_189/2021 vom 12. Mai 2021 teilweise gut und ergänzte das Dispositiv der Verfügung vom 12. März 2021 mit der Feststellung, dass die Sicherheitshaft zwischen dem 10. März (00.00 Uhr) und dem 12. März 2021 (09.12 Uhr) mangels formgültigen Hafttitels rechtswidrig war. 
Mit Beschluss vom 18. März 2021 liess die Strafkammer des Obergerichts auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine Anklageänderung (bzw. -ergänzung) bezüglich der Anklagepunkte 1.1, 2.1, 2.2, 3 und 4.1 zu, hinsichtlich welcher das Amtsgericht zu einem Freispruch gelangt war. Eine zweite von der Staatsanwaltschaft beantragte Anklageänderung lehnte sie dagegen ab. Im gleichen Beschluss hielt sie fest, das Berufungsgericht werde eine umfassende Überprüfung des Urteils des Amtsgerichts vornehmen, mithin auch, soweit dieses über die Anträge auf Verwahrung im Nachverfahren entschieden habe. In der Folge schrieb die Beschwerdekammer des Obergerichts das bei ihr hängige Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 30. März 2021 ab. Dagegen gelangten sowohl A.________ als auch die Staatsanwaltschaft an das Bundesgericht (Verfahrens-Nrn. 6B_554/2021 und 6B_610/2021). Diese Verfahren sind hängig. 
Am 7. Mai 2021 setzte der Instruktionsrichter der Strafkammer des Obergerichts die für den 18. Mai 2021 vorgesehene Hauptverhandlung vor Berufungsgericht ab, weil zunächst dessen (vor Bundesgericht strittige) sachliche Zuständigkeit im Massnahmenrecht geklärt werden müsse. Mit Verfügung vom 21. Mai 2021 verlängerte er nach durchgeführtem Haftprüfungsverfahren die Sicherheitshaft von A.________ über den 21. Mai 2021 hinaus bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens (bis zur Urteilseröffnung nach Abschluss der Berufungsverhandlung). 
 
D.  
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 21. Juni 2021 an das Bundesgericht beantragt A.________, den Haftverlängerungsentscheid aufzuheben und ihn umgehend auf freien Fuss zu setzen. Zudem sei ihm für die seit 21. Mai 2021 erstandene Überhaft eine angemessene Genugtuung auszurichten. 
Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht schliessen auf Abweisung der Beschwerde. A.________ hat am 7. Juli 2021 eine weitere Stellungnahme eingereicht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über die Verlängerung von Sicherheitshaft durch die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG offen. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Er befindet sich weiterhin in Sicherheitshaft und hat ein aktuelles, rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Er ist somit nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde befugt. Auch sonst steht einem Eintreten auf diese nichts entgegen. 
 
2.  
Mit der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, welche die beschwerdeführende Partei geltend macht und begründet (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 144 V 388 E. 2). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten namentlich, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil weiter den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich (vgl. dazu BGE 137 I 58 E. 4.1.2), ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht. Erforderlich ist zudem, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (vgl. Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 16 E. 1.3.1; 140 III 264 E. 2.3). 
 
3.  
 
3.1. Nach Art. 221 Abs. 1 StPO ist Sicherheitshaft unter anderem zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig (allgemeiner Haftgrund) und ernsthaft zu befürchten ist, sie gefährde durch schwere Verbrechen oder Vergehen die Sicherheit anderer erheblich, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat (lit. c; besonderer Haftgrund der Wiederholungsgefahr). Anstelle der Haft sind eine oder mehrere mildere Massnahmen anzuordnen, wenn diese den gleichen Zweck erfüllen (Art. 237 Abs. 1 StPO). Auch sonst muss die Haft verhältnismässig sein (Art. 197 Abs. 1 lit. c und d StPO). Insbesondere darf sie nicht länger dauern als die zu erwartende Freiheitsstrafe (Art. 212 Abs. 3 StPO).  
 
3.2. Vorliegend sind der dringende Tatverdacht im Sinne von Art. 221 Abs. 1 StPO und der besondere Haftgrund der Wiederholungsgefahr unbestritten, wobei die Vorinstanz hinsichtlich des dringenden Tatverdachts auf die erstinstanzlichen Schuldsprüche wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern, mehrfacher Schändung und Pornographie verweist. Im Zusammenhang mit der Frage der Wiederholungsgefahr hat sie insbesondere auf die ungünstige Legal- bzw. Rückfallprognose und die diesbezüglichen Ausführungen des Gutachters hingewiesen, wozu sie sich im Haftverlängerungsentscheid vom 12. März 2021 näher geäussert hat. Gemäss der Einschätzung des Gutachters liege beim Beschwerdeführer eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und dissozialen sowie ausgeprägten psychopathischen Anteilen und eine pädophile Störung vom nicht ausschliesslichen Typ vor. Das statistisch feststellbare Rückfallrisiko verbleibe im Hochrisikobereich. Es sei ein ausgeprägtes Risikoprofil für sexuelle Übergriffe auf Kinder zu erkennen, wobei nicht nur mittel- und langfristig von einem erhöhten Risiko für erneute solche Übergriffe auszugehen sei, sondern bereits kurzfristig (im Sinne weniger Monate).  
Umstritten ist, ob die Vorinstanz Art. 212 Abs. 3 StPO verletzt hat, indem sie die gegen den Beschwerdeführer angeordnete Sicherheitshaft über den 21. Mai 2021 hinaus bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens (bis zur Urteilseröffnung nach Abschluss der Berufungsverhandlung) verlängert hat, bzw. ob diese Haftverlängerung unverhältnismässig ist. Darauf ist nachfolgend im Einzelnen einzugehen. 
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid festgehalten, der Beschwerdeführer werde die von der Erstinstanz ausgefällte Freiheitsstrafe von 30 Monaten zufolge Anrechnung der seit dem 20. November 2018 erstandenen Haft bereits im Mai 2021 vollständig verbüsst haben. Damit stehe fest, dass bei einer Fortsetzung der Haft über den 21. Mai 2021 hinaus die Dauer der erstinstanzlichen Freiheitsstrafe überschritten werde. Diese bilde indes keine fixe Obergrenze, auch wenn sie gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein gewichtiges Indiz für die tatsächlich zu verbüssende Strafe darstelle. Vielmehr seien summarisch die Erfolgsaussichten im Berufungsverfahren zu prüfen. Die Staatsanwaltschaft beantrage hinsichtlich der Vorhalte gemäss Anklage-Ziff. 1.1, 2.1, 2.2, 3 und 4.1 - bezüglich welcher die Erstinstanz zu einem Freispruch gekommen ist - weitere Schuldsprüche wegen mehrerer Verbrechen und als Folge davon eine deutlich höhere Freiheitsstrafe, wobei sie vor erster Instanz eine Freiheitsstrafe von 78 Monaten gefordert habe. Der erstinstanzliche Freispruch hinsichtlich dieser Anklagepunkte fusse darauf, dass die Anklageschrift ausschliesslich auf den 28. Juli 2018 bzw. auf den Lebenssachverhalt der Hochzeitsvorbereitungen Bezug nehme, aufgrund der Beweislage jedoch nicht davon ausgegangen werden könne, die dem Beschwerdeführer vorgehaltenen Ereignisse hätten sich an diesem Tag abgespielt. Wegen der mit Beschluss vom 18. März 2021 zugelassenen Anklageänderung werde sich die Berufungsinstanz mit diesen Vorhalten materiell befassen müssen. Sollte es dabei ganz oder teilweise zu einem Schuldspruch kommen, sei mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit einer Erhöhung des erstinstanzlichen Strafmasses zu rechnen.  
Hinzu komme - so die Vorinstanz weiter -, dass die Staatsanwaltschaft im Berufungsverfahren auch die (originäre) Anordnung der Verwahrung beantrage. Die Erstinstanz sei in dieser Hinsicht zum Schluss gekommen, die von ihr festgestellten Anlasstaten aus dem Jahr 2018 (mehrfache Schändung und mehrfache sexuelle Handlungen mit Kindern) erreichten den von Art. 64 Abs. 1 StGB vorausgesetzten Schweregrad nicht. Dieser Punkt werde - unter Einbezug auch der Vorhalte gemäss Anklage-Ziff. 1.1, 2.1, 2.2, 3 und 4.1 - zu überprüfen sein. Die Erstinstanz habe sich ferner aus formellen Gründen und in dezidierter Ablehnung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch gegen die nachträgliche Anordnung der Verwahrung ausgesprochen. Die Staatsanwaltschaft habe ihre andere Rechtsauffassung vor der ersten Instanz einlässlich und unter Bezugnahme auf diverse höchstrichterliche Entscheide erörtert und in der begründeten Beschwerde an die Beschwerdekammer weitere Ausführungen gemacht. Im Weiteren stehe fest, dass eine stationäre Massnahme zufolge Aussichtslosigkeit rechtskräftig aufgehoben worden sei. In Anbetracht dieser konkreten Ausgangslage erweise sich die Fortsetzung der Sicherheitshaft auch mit Blick auf den ausstehenden Massnahmenentscheid nicht als übermässig. Die zeitliche Nähe der Hauptverhandlung lasse die Verlängerung der Sicherheitshaft ebenfalls als verhältnismässig erscheinen. 
 
4.2. Der Beschwerdeführer wendet ein, die Zulassung der erwähnten Anklageänderung sei nicht rechtens. Eine Anklagerückweisung gestützt auf Art. 329 Abs. 2 StPO komme nur im Bereich bereits eingeklagter Lebenssachverhalte in Frage. Die Tatzeit sei jedoch Teil eines Lebenssachverhalts. Zwar sei der entsprechende Entscheid der Vorinstanz grundsätzlich nicht anfechtbar. Die evidente Verletzung strafprozessualer Verfahrensrechte, gegen die er sich erst mit dem Rechtsmittel gegen den Endentscheid wehren könne, dürfe ihm bei der Verhältnismässigkeitsprüfung der Haft jedoch nicht zum Nachteil gereichen. Selbst wenn die Unzulässigkeit der Anklageänderung verneint würde, stehe weiter fest, dass es sich um eine rechtliche Streitfrage handle, mit der sich die Vorinstanz auseinandersetzen müsse. Damit bestehe eine erhebliche formelle Unsicherheit in Bezug auf die Zulässigkeit der ergänzten Anklagevorwürfe. Zusätzlich müsste die Vorinstanz noch eine materielle Würdigung vornehmen. Insgesamt sei die Frage eines höheren Strafmasses mit derart vielen Unsicherheiten behaftet, dass nicht von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit gesprochen werden könne, zumal die Vorinstanz selber festhalte, der Grad der Wahrscheinlichkeit eines höheren Strafmasses könne nicht abgeschätzt werden.  
Ein erstinstanzliches Urteil, das den staatsanwaltlichen Antrag auf Anordnung einer freiheitsentziehenden Massnahme abweise, stelle sodann ebenfalls ein gewichtiges Indiz für den tatsächlich zu erwartenden Freiheitsentzug dar. Die Vorinstanz mache keinerlei Umstände geltend, die darauf schliessen liessen, dass es sich beim Entscheid der Erstinstanz, für die Taten aus dem Jahr 2018 keine (originäre) Verwahrung anzuordnen, um ein Fehlurteil handle, das mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Berufungsverfahren aufgehoben werde. Solche Umstände seien auch nicht ersichtlich. Die Frage der nachträglichen Anordnung einer Verwahrung betreffe im Weiteren ein anderes Verfahren. Die angeblich drohende Verwahrung in einem anderen Verfahren könne nicht zur Begründung der Verhältnismässigkeit der Sicherheitshaft im Berufungsverfahren herangezogen werden. Für die Verhältnismässigkeitsprüfung sei somit (einzig) auf das erstinstanzlich ausgesprochene Strafmass als gewichtiges Indiz für die Dauer eines möglichen Freiheitsentzugs abzustellen, womit die auf unbestimmte Zeit vorgenommene Verlängerung der Sicherheitshaft unverhältnismässig sei. 
 
4.3. Gemäss Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK hat eine in strafprozessualer Haft gehaltene Person Anspruch darauf, innerhalb einer angemessenen Frist richterlich abgeurteilt oder während des Strafverfahrens aus der Haft entlassen zu werden. Eine übermässige Haftdauer stellt eine unverhältnismässige Beschränkung des Grundrechts auf persönliche Freiheit dar. Sie liegt dann vor, wenn die Haftfrist die mutmassliche Dauer der zu erwartenden freiheitsentziehenden Sanktion übersteigt (vgl. auch Art. 212 Abs. 3 StPO). Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit der Haftdauer ist namentlich der Schwere der fraglichen Straftaten Rechnung zu tragen. Der Richter darf die Haft nur so lange erstrecken, als sie nicht in grosse zeitliche Nähe der zu erwartenden Dauer der freiheitsentziehenden Sanktion rückt (BGE 145 IV 179 E. 3.1; 143 IV 168 E. 5.1; 133 I 270 E. 3.4.2). Ob eine Haftdauer als übermässig bezeichnet werden muss, ist aufgrund der konkreten Verhältnisse des einzelnen Falls zu beurteilen (BGE 145 IV 179 E. 3.5; 133 I 168 E. 4.1 mit Hinweisen). Obwohl sich Art. 212 Abs. 3 StPO nur auf die zu erwartende Freiheitsstrafe bezieht, sind auch freiheitsentziehende Massnahmen zu berücksichtigen, namentlich die Verwahrung nach Art. 64 StGB (BGE 126 I 172 E. 5).  
Liegt bereits ein richterlicher Entscheid über das Strafmass vor, stellt dieser ein wichtiges Indiz für die mutmassliche Dauer der tatsächlich zu verbüssenden Strafe dar. Bei der Beurteilung der Verhältnismässigkeit der Haft ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Staatsanwaltschaft mit der Berufung eine Strafverschärfung verlangt. Die blosse Tatsache, dass aufgrund eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft eine Sanktionsverschärfung möglich erscheint, genügt aber nicht; ansonsten hätte es die Staatsanwaltschaft in der Hand, mit der blossen Ergreifung eines Rechtsmittels den Ausgang des Haftprüfungsverfahrens zu präjudizieren. Andererseits müssen die Erfolgsaussichten des hängigen Rechtsmittels aber auch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegeben sein. In Anlehnung an den dringenden Tatverdacht von Art. 221 Abs. 1 StPO muss aber verlangt werden, dass aufgrund der gesamten Umstände prima facie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Verschärfung der von der Vorinstanz ausgefällten und nun angefochtenen Sanktion erwartet werden kann (zum Ganzen: BGE 143 IV 160 E. 4.1; 139 IV 270 E. 3.1). 
 
4.4.  
 
4.4.1. Die Staatsanwaltschaft hat dem Beschwerdeführer vor der Erstinstanz in den Anklagepunkten 1.1, 1.2, 2.2, 3 und 4.1 vorgeworfen, er habe am 28. Juli 2018 zwei Buben (Brüder mit Jahrgang 2011 und 2013) die Hosen heruntergezogen und deren Penis geleckt. Jedes Kind sei aufgrund der Anwesenheit im selben Wohnzimmer jeweils auch Zeuge der am Bruder vorgenommenen sexuellen Handlungen geworden, mithin in diese einbezogen worden. Die Eltern hätten sich währenddessen in einem anderen Raum der Wohnung befunden. Der Beschwerdeführer habe das ältere Kind unter Anwendung von Gewalt - er habe es beim Versuch, davonzulaufen, am Bein gepackt und mit Kraftaufwand gehindert, die Hosen wieder heraufzuziehen - zur Duldung der sexuellen Handlung genötigt. Beim jüngeren Kind habe er die sexuelle Handlung im Wissen um dessen Urteils- und Widerstandsunfähigkeit vorgenommen. Dieses sei aufgrund seines kindlichen Alters und Entwicklungsstandes seelisch nicht in der Lage gewesen, sich gegen die sexuellen Handlungen zu wehren. Mit seinen Handlungen habe sich der Beschwerdeführer der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern, der sexuellen Nötigung und der Schändung schuldig gemacht.  
 
4.4.2. Die Erstinstanz hat in ihrem Urteil festgehalten, die Art und Weise, wie sich das ältere Kind in der Befragung ausgedrückt habe, was es gesagt und wie es sich dabei verhalten habe, liessen an sich keine Zweifel offen, dass sich ein solcher Vorfall zugetragen habe, bei welchem der Beschwerdeführer die beiden Kinder am Penis geleckt habe. Der Vorfall könne sich jedoch nicht am 28. Juli 2018 ereignet haben. Da die Anklageschrift ausschliesslich auf diesen Tag und den Lebenssachverhalt der Hochzeitsvorbereitungen Bezug nehme, sei der angeklagte Sachverhalt daher nicht erstellt und der Beschwerdeführer von den erwähnten Tatvorwürfen freizusprechen.  
Die Erstinstanz hat somit den Freispruch aus rein formellen Gründen ausgesprochen, ohne der Staatsanwaltschaft gestützt auf Art. 329 Abs. 2 StPO die Möglichkeit zur Anklageänderung bzw. -ergänzung einzuräumen. Der Freispruch erfolgte, obschon sie gestützt auf die durchgeführte Beweiswürdigung zum Schluss gekommen war, der den betreffenden Anklagevorwürfen zugrunde liegende Vorfall habe sich zugetragen. Ihr Freispruch hinsichtlich dieser Anklagevorwürfe unterscheidet sich damit vom (vollumfänglichen) erstinstanzlichen Freispruch, der Gegenstand des Urteils 1B_171/2015 vom 27. Mai 2015 und des dieses betreffenden Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) I.S. gegen Schweiz vom 6. Oktober 2020 bildete, in dem dieser zum Schluss kam, die Verlängerung der Sicherheitshaft sei aufgrund des erfolgten Freispruchs mit Art. 5 Ziff. 1 EMRK unvereinbar gewesen (vgl. §§ 46 ff. des Urteils). Dasselbe gilt hinsichtlich des erstinstanzlichen Freispruchs, der im Fall ergangen war, den das Bundesgericht mit Urteil 1B_45/2021 vom 2. März 2021 entschied, in dem es unter Bezugnahme auf den erwähnten Entscheid des EGMR zum Schuss kam, die weitere Belassung des damaligen Beschwerdeführers in Sicherheitshaft widerspräche Art. 5 Abs. 1 lit. a-c EMRK (vgl. E. 3.4 des Urteils). In beiden Fällen war die Erstinstanz gestützt auf eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Beweislage zum Freispruch gelangt (vgl. § 49 des EGMR-Urteils; E. 3.4 des bundesgerichtlichen Urteils). 
 
4.4.3. In der von der Vorinstanz mit Beschluss vom 18. März 2021 zugelassenen abgeänderten bzw. ergänzten Anklageschrift führt die Staatsanwaltschaft nunmehr zusätzlich aus, eventuell habe sich der erwähnte Vorfall nicht am 28. Juli 2018 (und folglich nicht am Tag des Hochzeitsfestes), sondern zu einem anderen Zeitpunkt im Jahr 2018 ereignet, beispielsweise am 3. August 2018 (Geburtstag des jüngeren Kindes) oder an jenem Tag, an dem der Beschwerdeführer seine Wäsche am Domizil der betroffenen Familie habe waschen dürfen und sich eine gewisse Zeit mit den beiden Kindern allein im Wohnzimmer aufgehalten habe, während die zufolge Ferienabwesenheit der Eltern für die Kinderbetreuung zuständige Tante der Kinder in der Küche (oder anderswo) beschäftigt gewesen sei. Damit ist die rein formelle Argumentation der Erstinstanz hinfällig; die Vorinstanz wird sich grundsätzlich materiell mit den erwähnten Anklagevorwürfen zu befassen haben.  
Mit der Zulassung der Anklageergänzung hat die Vorinstanz zu erkennen gegeben, dass sie den formell begründeten erstinstanzlichen Freispruch in Bezug auf diese Anklagepunkte als fehlerhaft und letztlich als "irrtümlich" beurteilt (vgl. Urteil des EGMR I.S. gegen Schweiz vom 6. Oktober 2020 §§ 52 ff.; Urteil 1B_45/2021 vom 2. März 2021 E. 3.3 f.). Die vorliegende Angelegenheit ist daher mit den Fällen, die Gegenstand des erwähnten Urteils des EGMR I.S. gegen Schweiz vom 6. Oktober 2020 und des Urteils 1B_45/2021 vom 2. März 2021 bildeten, auch insoweit nicht vergleichbar (vgl. die vorstehenden Zitate). Auf diese Entscheide und deren Bedeutung für den vorliegenden Fall ist daher nicht weiter einzugehen, zumal sich der Beschwerdeführer nicht dazu äussert und die Wiederholungsgefahr unbestritten ist (vgl. § 55 des EGMR-Urteils; E. 3.3 des bundesgerichtlichen Urteils). 
Die Vorinstanz hat die Zulassung der Anklageänderung bzw. -ergänzung im Beschluss vom 18. März 2021 im Weiteren einlässlich begründet. Dass ihr Entscheid aus den vom Beschwerdeführer genannten Gründen eine evidente Verletzung strafprozessualer Verfahrensrechte wäre, wie dieser geltend macht, ist nicht ersichtlich (vgl. etwa Urteil 6B_997/2019 vom 8. Januar 2020 E. 2.3). Andere Gründe, die gegen die Zulässigkeit der Anklageänderung bzw. -ergänzung sprechen würden, bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Das Vorgehen der Vorinstanz erscheint auch sonst nicht als offenkundig unzulässig. Damit muss es im Rahmen des Haftprüfungsverfahrens sein Bewenden haben, obliegt der abschliessende Entscheid über die Zulässigkeit der Anklageänderung doch nicht dem Haftgericht, sondern dem Sachgericht. 
 
4.4.4. Bei den von der Vorinstanz grundsätzlich materiell zu beurteilenden Anklagepunkten der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern (Art. 187 Ziff. 1 StGB), der sexuellen Nötigung (Art. 189 Abs. 1 StGB) und der Schändung (Art. 191 StGB) gemäss Anklage-Ziff. 1.1, 1.2, 2.2, 3 und 4.1 handelt es sich um Verbrechen. Sowohl für sexuelle Nötigung nach Art. 189 Abs. 1 StGB als auch für Schändung wird dabei abstrakt Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren angedroht. Zahlenmässig werden mit den erwähnten Anklagepunkten die gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe der Sexualverbrechen zum Nachteil von Kindern mehr als verdoppelt. Im Zusammenhang mit dem Anklagepunkt der sexuellen Nötigung wird dem Beschwerdeführer zudem vorgeworfen, er habe Gewalt angewendet. Ein Teil der erwähnten Anklagepunkte betrifft ferner ein Kind (den jüngeren Knaben), das teilweise auch von den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Straftaten betroffen war, hinsichtlich welcher die Erstinstanz zu einem Schuldspruch gelangt ist. Der Beschwerdeführer soll dabei auch in letzterem Zusammenhang am Glied dieses Knaben geleckt haben, was die Erstinstanz entgegen der Staatsanwaltschaft, die darin Oralverkehr und deshalb unter Verweis auf das zur Publikation vorgesehene Urteil 6B_82/2021 vom 1. April 2021 einen schwerwiegenden Übergriff erblickt (vgl. E. 4.4.2 des Urteils), lediglich als von leichter objektiver Tatschwere beurteilt hat. Die Erstinstanz ist im Weiteren gestützt auf ihre Beweiswürdigung zum Schluss gekommen, der den erwähnten Anklagevorwürfen zugrunde liegende Vorfall habe sich zugetragen.  
In Anbetracht der genannten Umstände besteht prima facie eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass es im Berufungsverfahren hinsichtlich der erwähnten Anklagepunkte neu zu Schuldsprüchen kommen wird und der Beschwerdeführer zu einer deutlich höheren Freiheitsstrafe verurteilt werden könnte, welche die Dauer der Sicherheitshaft auch bei deren Verlängerung bis zum auf den 15. November 2021 angesetzten Abschluss des Berufungsverfahrens (Datum der mündlichen Urteilseröffnung) noch nicht in grosse Nähe der zu erwartenden Freiheitsstrafe rücken lässt. Daran ändert nichts, dass die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid die Frage offen gelassen hat, ob es zu Schuldsprüchen in den erwähnten Anklagepunkten und zu einer Straferhöhung kommen werde, und sie sich zum möglichen Umfang einer allfälligen Straferhöhung nicht weiter geäussert hat. Sie hat dies offenkundig im nachvollziehbaren Bestreben getan, die Ergebnisoffenheit des Berufungsverfahrens nicht in Frage zu stellen bzw. keinen Ausstandsgrund zu setzen. Ihre Zurückhaltung kann ihr daher nicht zum Nachteil gereichen. 
 
4.4.5. Die Dauer der verlängerten Sicherheitshaft erscheint somit in Berücksichtigung des auf Mitte November 2021 angesetzten Abschlusses des Berufungsverfahrens unter den gegebenen Umständen bereits mit Blick auf die zu erwartende Straferhöhung als noch verhältnismässig. Auf die Vorbringen der Parteien zur Verwahrung ist daher nicht weiter einzugehen. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen eine Haftverlängerung auf "unbestimmte Zeit" richtet, ist darauf hinzuweisen, dass das Berufungsgericht mangels Verweises in den Art. 231 f. StPO auf Art. 227 Abs. 7 StPO Sicherheitshaft bis zum Berufungsurteil anordnen darf. Die inhaftierte Person kann gestützt auf Art. 233 StPO jederzeit ein Haftentlassungsgesuch stellen (BGE 139 IV 186 E. 2.2.3; Urteile 1B_96/2021 vom 25. März 2021 E. 5.1; 1B_461/2020 vom 14. Oktober 2020 E. 7). Im Weiteren wurde der Abschluss des Berufungsverfahrens bereits auf Mitte November 2021 angesetzt. Die Beschwerde erweist sich somit auch insoweit und damit insgesamt als unbegründet.  
 
5.  
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens würde der Beschwerdeführer an sich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er stellt indessen ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Da seine Bedürftigkeit erstellt scheint und seine Beschwerde nicht aussichtslos war, ist dem Gesuch stattzugeben (Art. 64 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
 
2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
2.2. Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth wird für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt.  
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. Juli 2021 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Baur