Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_577/2022  
 
 
Urteil vom 18. August 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Hartmann, 
Bundesrichterin Ryter, 
Gerichtsschreiber Marti. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Migrationsamt des Kantons Zürich, Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
2. Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 25. Mai 2022 (VB.2021.00853). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1958) stammt aus Bosnien und Herzegowina. Er reiste am 10. November 1992 in die Schweiz ein und erhielt im Rahmen der humanitären Aktion Bosnien und Herzegowina eine Kurzaufenthaltsbewilligung, die mehrfach verlängert wurde. Am 27. März 1996 erhielt A.________ eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner in der Schweiz aufenthaltsberechtigten Ehefrau. Ein Gesuch um Niederlassungsbewilligung lehnte das Migrationsamt des Kantons Zürich am 19. Dezember 2005 wegen eingeleiteter bzw. offener Betreibungen und Konkursandrohungen ab. Seit dem 1. August 1998 ist A.________ selbständig erwerbstätig mit der im Handelsregister eingetragenen Einzelfirma B.________ mit Sitz in U.________.  
 
1.2. Am 22. September 2010 schied das Bezirksgericht Uster die Ehe von A.________. Gemäss Auskunft des Betreibungsamts U.________ vom 23. November 2012 ergingen gegen ihn zwischen dem 23. November 2007 und dem 23. November 2012 weitere Betreibungen, unter anderem der Kranken- und Unfallversicherung, der Sozialversicherungsanstalt (SVA), der Alimentenhilfe und des Staats Zürich bzw. der Stadt U.________. Mit Strafbefehl vom 21. März 2011 wurde er zudem wegen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer mit einer Geldstrafe von 75 Tagessätzen zu je Fr. 60.-- bestraft. In der Folge verwarnte ihn das Migrationsamt mit Verfügung vom 14. April 2011.  
 
1.3. Zwischen 2015 und 2017 verlängerte das Migrationsamt A.________s Aufenthaltsbewilligung mehrfach. Es wies ihn dabei wiederholt auf die Folgen des Nichterfüllens finanzieller Verpflichtungen hin und verwarnte ihn deswegen mit Verfügung vom 21. April 2017. Am 18. Dezember 2017 wurde seine Aufenthaltsbewilligung um ein Jahr verlängert; gleichentags erfolgte eine schriftliche Ermahnung, da nebst Betreibungen 16 Verlustscheine über Fr. 33'438.45 gegen ihn vorlagen. Am 25. Februar 2019 verlängerte das Migrationsamt die Aufenthaltsbewilligung von A.________ bis am 28. Dezember 2019 unter entsprechender Ermahnung vom 22. Februar 2019. Zuletzt verlängerte das Migrationsamt die Aufenthaltsbewilligung mit Verfügung vom 12. Dezember 2019 bis am 26. Dezember 2020. Am 17. März 2020 verwarnte es A.________ erneut, nachdem seine Verschuldung seit dem letzten Hinweisschreiben vom 22. Februar 2019 weiter angestiegen war auf insgesamt Fr. 83'270.45 (offene Verlustscheine und eingeleitete Betreibungen). Am 28. November 2020 heiratete A.________ in seiner Heimat C.________ (geb. 1986).  
 
1.4. Am 30. Oktober 2020 ersuchte A.________ um Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Das Migrationsamt lehnte dies mit Verfügung vom 28. September 2021 ab; gemäss den Registerauszügen der Betreibungsämter Zürich 12 vom 11. November 2020 sowie U.________ vom 15. Februar 2021 lagen Betreibungen und Verlustscheine im Gesamtbetrag von Fr. 106'623.35 gegen ihn vor. Die dagegen auf kantonaler Ebene erhobenen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Rekursentscheid der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich vom 1. Dezember 2021; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 25. Mai 2022).  
Mit Beschwerde vom 14. Juli 2022 gelangt A.________ ans Bundesgericht und verlangt, die Verfügung des Migrationsamts vom 28. September 2021 sei aufzuheben und ihm sei der weitere Aufenthalt in der Schweiz zu bewilligen. 
Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
2.  
 
2.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide ausgeschlossen, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Der Beschwerdeführer macht gestützt auf seine 29-jährige Aufenthaltsdauer in der Schweiz sinngemäss und in vertretbarer Weise eine Verletzung von Art. 8 Ziff. 1 EMRK geltend (vgl. BGE 144 I 266 E. 3.9). Da auch die weiteren Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. Art. 100 Abs. 1, Art. 42 Abs. 1 und 2, Art. 90, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 82 lit. a und Art. 89 Abs. 1 BGG), ist grundsätzlich auf die Beschwerde einzutreten.  
 
2.2. Unzulässig ist der Beschwerdeantrag, die Verfügung des Migrationsamts vom 28. September 2021 sei aufzuheben. Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens bildet ausschliesslich das letztinstanzliche kantonale Urteil, welches aufgrund des Devolutiveffekts die diesem vorangegangenen Entscheide und Verfügungen ersetzt. Letztere gelten durch die Beschwerde vor Bundesgericht als mit angefochten (BGE 136 II 539 E. 1.2; Urteil 2C_1022/2020 vom 18. Mai 2021 E. 1.2).  
 
2.3. Der Beschwerdeführer muss in Auseinandersetzung mit den Ausführungen im angefochtenen Entscheid sachbezogen darlegen, dass und inwiefern die Vorinstanz mit ihrem Entscheid Recht verletzt hat (vgl. Art. 42 Abs. 1 bzw. Art. 106 Abs. 2 BGG). Die vorliegende Beschwerde, die diese Voraussetzungen nur knapp erfüllt, ist zwar zulässig, aber offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt wird.  
 
3.  
 
3.1. Mit der Beschwerde kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und lit. b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), wobei es - unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) - nur die geltend gemachten Vorbringen prüft, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2).  
 
3.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (Art. 9 BV; BGE 141 IV 317 E. 5.4). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 144 V 50 E. 4.2).  
 
3.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher darzulegen ist. Echte Noven, d.h. Tatsachen, die erst nach dem angefochtenen Urteil eingetreten sind, bleiben im bundesgerichtlichen Verfahren in jedem Fall unberücksichtigt (BGE 143 V 19 E. 1.2).  
 
4.  
Die Vorinstanz erwog, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner langjährigen Schuldenwirtschaft den Widerrufsgrund des erheblichen bzw. wiederholten Verstosses gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung nach Art. 62 Abs. 1 lit. c AIG [SR 142.20] in Verbindung mit Art. 77a Abs. 1 lit. b VZAE [SR 142.201] (mutwilliges Nichterfüllen öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Verpflichtungen) erfüllt. 
 
4.1. Sie stellte insbesondere fest, dass die Gesamtverschuldung des Beschwerdeführers Fr. 101'619.65 beträgt, wobei davon Fr. 18'349.20 als Neuverschuldung seit der letzten Verwarnung vom 17. März 2020 zu qualifizieren sind (vgl. angefochtener Entscheid E. 2.5.3). Weiter erwog die Vorinstanz, dass dem Beschwerdeführer in Anbetracht der Gesamtumstände das Verharren an seiner nicht existenzsichernden selbständigen Erwerbstätigkeit klar vorzuwerfen sei. Seine schon seit vielen Jahren bestehende desolate Einkommenssituation lasse sich auch nicht mit saisonal bedingten Schwankungen oder der Pandemie entschuldigen und Anstrengungen zur nachhaltigen Schuldensanierung seien keine ersichtlich (vgl. angefochtener Entscheid E. 2.6).  
 
4.2. Die Vorbringen des Beschwerdeführers dagegen erschöpfen sich im Wesentlichen in appellatorischer Kritik. Soweit er seine (Neu-) Verschuldung auch vor Bundesgericht mit dem Verhalten seiner Ex-Ehefrau sowie der saisonal bedingten Tätigkeit bzw. der Corona-Pandemie erklären will, kann deshalb auf die (zutreffenden) Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. angefochtener Entscheid E. 2.5.1 sowie E. 2.6; Art. 109 Abs. 3 BGG). Die von ihm vor Bundesgericht - soweit ersichtlich - neu eingereichten Quittungen sind unbeachtlich, zumal der Beschwerdeführer nicht darlegt, wieso er diese nicht bereits vor der Vorinstanz hat vorbringen können (vgl. vorstehende E. 3.3). Teilweise handelt es sich dabei auch um echte Noven, die vor Bundesgericht unzulässig sind (vgl. vorstehende E. 3.3). Letzteres gilt auch für den von ihm eingereichten Auszug aus dem Betreibungsregister des Betreibungsamts U.________ vom 5. Juli 2022.  
 
4.3. Soweit der Beschwerdeführer weiter geltend macht, die Aufforderung, eine unselbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sei vor allem aus Altersgründen unrealistisch, kann ihm nicht gefolgt werden. Zugegebenermassen steht der Beschwerdeführer mittlerweile kurz vor dem Rentenalter. Seine prekäre Einkommenssituation besteht indessen bereits knapp zwanzig Jahre, während denen er an seiner Einzelfirma und damit an seiner nicht existenzsichernden selbständigen Erwerbstätigkeit festhielt. Den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ist zudem nicht zu entnehmen, dass er sich je erfolglos um eine Anstellung bemüht hätte.  
 
5.  
Die Vorinstanz ging sodann zutreffend davon aus, dass die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers den Vorgaben von Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV in Verbindung mit Art. 36 BV entspricht und verhältnismässig ist (Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 Abs. 1 AIG). 
 
5.1. Sie erwog, dem Beschwerdeführer sei die Integration in der Schweiz nicht gelungen. Weder habe er sich wirtschaftlich etablieren können, noch sei er der deutschen Sprache genügend mächtig. Er habe angegeben, im letzten Jahr zweimal nach Bosnien gereist zu sein und er sei mit den dortigen Gepflogenheiten nach wie vor vertraut. Die Rückkehr in die Heimat erweise sich demnach nicht als unverhältnismässig, zumal auch seine Ehefrau dort lebe. Der blosse Umstand, dass das Gesundheits- oder Sozialversicherungswesen in einem anderen Staat nicht mit jenem in der Schweiz vergleichbar sei und die hiesige medizinische Versorgung einem höheren Standard entspreche, führe rechtsprechungsgemäss nicht bereits zur Unzumutbarkeit einer Rückkehr. Ebenso treffe die vorgebrachte schlechte Sicherheits- und Wirtschaftslage im Heimatland die ganze dortige Bevölkerung und stelle keinen spezifischen persönlichen Grund dar, der die Rückkehr als unzumutbar erscheinen lasse (vgl. angefochtener Entscheid E. 3.4).  
 
5.2. Diese Interessenabwägung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden und die Vorbringen des Beschwerdeführers dagegen beschränken sich auch hier auf appellatorische Kritik. Zwar verfügt der Beschwerdeführer aufgrund seiner 29-jährigen Anwesenheit in der Schweiz über ein erhebliches privates Interesse daran, hier verbleiben zu können. Dieses vermag jedoch das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung nicht zu überwiegen: Der Beschwerdeführer konnte sich in der Schweiz nicht erfolgreich integrieren und hat sich trotz zahlreicher Ermahnungen und Verwarnungen über Jahre hinweg verschuldet, ohne Aussicht auf eine Verbesserung seiner finanziellen Lage.  
 
5.3. Es ist nachvollziehbar, dass dem Beschwerdeführer die Rückkehr in sein Heimatland im Rentenalter nicht leicht fallen wird. Er ist jedoch mit den dortigen Gegebenheiten vertraut und kann für seine Wiedereingliederung auf ein soziales Netz zurückgreifen: neben seiner Ehefrau leben auch vier erwachsene Kinder aus einer früheren Ehe dort (vgl. angefochtener Entscheid E. 3.2). Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Reisehinweise des EDA für Bosnien und Herzegowina können keine individuellen Nachteile des Beschwerdeführers dartun, die eine Rückkehr in seine Heimat in medizinischer oder sonstiger Hinsicht unzumutbar machen (vgl. Urteil 2C_666/2017 vom 1. Februar 2018 E. 3.3.2; 2C_1092/2015 vom 13. April 2016 E. 2.6). Humanitäre Gründe, die aus verfassungs- oder konventionsrechtlicher Sicht eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung gebieten, sind ebensowenig ersichtlich.  
 
6.  
Die Beschwerde erweist sich damit als offensichtlich unbegründet, soweit darauf einzutreten ist. Sie ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen und unter Berücksichtigung seiner finanziellen Verhältnisse festzusetzen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. August 2022 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: C. Marti