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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_846/2021  
 
 
Urteil vom 19. November 2021  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichter Beusch, 
Bundesrichter Hartmann, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, alias B.________, C.________, D.________ etc., 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stefan Meichssner, 
 
gegen 
 
Amt für Migration und Integration Kanton Aargau, Sektion Asyl, Bahnhofstrasse 88, 5001 Aarau. 
 
Gegenstand 
Durchsetzungshaft gestützt auf Art. 78 AIG / Haftverlängerung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 13. Oktober 2021 (WPR.2021.34). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 1995) ist algerischer Staatsangehöriger. Er hält sich seit Jahren in verschiedenen europäischen Staaten auf. Seine Asylgesuche in der Schweiz wurden jeweils abgewiesen und er angehalten, das Land zu verlassen. Der negative Asylentscheid vom 11. Februar 2020 erwuchs am 21. Februar 2020 in Rechtskraft. Das Bezirksgericht Baden verurteilte A.________ am 1. Juli 2020 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten und einer Busse von Fr. 500.--; gleichzeitig verwies es ihn für sieben Jahre des Landes. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) bemühte sich bei den algerischen Behörden wiederholt um eine Identitätsabklärung und die Ausstellung von Reisepapieren für A.________. Das algerische Generalkonsulat teilte dem SEM am 13. April 2021 mit, dass dieser nicht als algerischer Staatsangehöriger habe identifiziert werden können. 
 
B.  
Am 19. Mai 2021 wurde A.________ aus dem Strafvollzug entlassen; er befand sich in der Folge bis zum 18. Oktober 2021 in ausländerrechtlicher Durchsetzungshaft. Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (Einzelrichter) prüfte auf Gesuch von A.________ hin am 13. Oktober 2021 im Rahmen einer via Skype (for business) geführten mündlichen Anhörung eine (weitere) Haftverlängerung und genehmigte diese bis zum 18. Dezember 2021. Es wies gleichzeitig den Antrag von A.________ ab, eine Präsenzverhandlung durchzuführen. 
 
C.  
A.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 13. Oktober 2021 aufzuheben, die Haftverlängerung bis zum 18. Dezember 2021 nicht zu genehmigen und ihn freizulassen. Er macht geltend, es habe zu Unrecht keine Präsenzverhandlung stattgefunden; im Übrigen sei die Haftverlängerung unverhältnismässig. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
Das Verwaltungsgericht und das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau beantragen in ihren Vernehmlassungen, die Beschwerde abzuweisen bzw. abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das SEM erachtet die Haftvoraussetzungen für gegeben; enthält sich indessen eines Antrags. A.________ hat in Kenntnis der verschiedenen Stellungnahmen an seinen Anträgen und Ausführungen festgehalten. 
Mit Verfügung vom 29. Oktober 2021 hat der Abteilungspräsident davon abgesehen, A.________ vorsorglich aus der Haft zu entlassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid über eine Zwangsmassnahme im Ausländerrecht kann die betroffene Person mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht gelangen (Art. 82 lit. a i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG; vgl. das Urteil 2C_35/2021 vom 10. Februar 2021 E. 1 mit Hinweisen). Wegen des mit der Anordnung ausländerrechtlicher Administrativhaft verbundenen schweren Eingriffs in die persönliche Freiheit kommt dem entsprechenden Freiheitsentzug eigenständige Bedeutung zu; die Haft erscheint nicht als bloss untergeordnete Vollzugsmassnahme zur Wegweisung, weshalb der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht entgegensteht (BGE 142 I 135 E. 1.1.3 S. 139 f.; 135 II 94 E. 5.5 S. 101 f). Da auch alle weiteren Prozessvoraussetzungen gegeben sind, ist auf die Beschwerde einzutreten (vgl. Art. 89 Abs. 1, Art. 90; Art. 100 Abs. 1 und Art. 42 BGG). 
 
2.  
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe ohne gesetzliche Grundlage von der Durchführung einer Präsenz- zu Gunsten einer Videoverhandlung über Skype abgesehen. Sie habe in willkürlicher Weise im kantonalen Verwaltungsverfahren die Verordnung vom 16. April 2020 über Massnahmen in der Justiz und im Verfahrensrecht im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht [SR 272.81]) angewandt. Aus der subsidiären Anwendbarkeit der ZPO-Beweisbestimmungen im Haftverfahren (§ 2 Abs. 1 EGAR/AG [SAR 122.600] i.V.m. 24 Abs. 4 VRPG/AG [SAR 271.200]) könne nicht geschlossen werden, die entsprechende Regelung in der Covid-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht gelte auch für die Ausgestaltung von richterlichen Haftprüfungen im aargauischen Verwaltungsgerichtsverfahren. Das Vorgehen verletze das Prinzip der Gewaltenteilung, da der kantonale Gesetzgeber erst eine entsprechende Grundlage hätte schaffen müssen. Die Justizöffentlichkeit werde durch das gewählte Vorgehen in unzulässiger Weise beschränkt; es bestünden keine wichtigen Gründe, die Öffentlichkeit von den Verhandlungen auszuschliessen und auf die Durchführung einer Präsenzverhandlung unter Einhaltung der allgemeinen covidbezogenen sanitarischen Vorgaben zu verzichten. 
 
3.  
 
3.1. Die erstmalige Anordnung der Durchsetzungshaft ist spätestens nach 96 Stunden durch eine richterliche Behörde aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu überprüfen. Die Verlängerung der Haft ist auf Gesuch der inhaftierten Person hin von der richterlichen Behörde innerhalb von acht Arbeitstagen aufgrund einer "mündlichen Verhandlung" zu genehmigen (Art. 78 Abs. 4 AIG; vgl. UEBERSAX/PETRY/ HRUSCHKA/FREI/ERRASS, Migrationsrecht in a nutshell, 2021, S. 215 f.). Laut Duden kennzeichnet das Wort "mündlich" (frz. oral, ital. orale) Vorgänge, die in der Form eines Gesprächs stattfinden. In der juristischen Fachsprache steht der Begriff der Mündlichkeit im Gegensatz zu jenem der Schriftlichkeit (vgl. in diese Richtung auch die Definition von Larousse zu frz. oral : "[q]ui se fait par la parole, par opposition à écrit"). Für mündliche Verfahren ist es typisch, dass das Gericht dabei Aussagen von Parteien und Zeugen sowie andere Beweismittel unmittelbar zur Kenntnis nimmt (vgl. ADRIAN URWYLER, in: Basler Kommentar, StPO/JStPO, 2014, N. 3 f. zu Art. 66 StPO).  
 
3.2. Es war gerade diese für das mündliche Verfahren typische Unmittelbarkeit, welche den Gesetzgeber dazu bewog, für die ausländerrechtliche Haftprüfung entgegen dem bundesrätlichen Gesetzesentwurf grundsätzlich die Mündlichkeit des Haftprüfungsverfahrens vorzusehen (vgl. zur Entstehungsgeschichte: BGE 122 II 154 E. 2b S. 156 f.). Der Begriff der mündlichen Verhandlung sollte dabei zum Ausdruck bringen, dass es nicht bloss um eine mündlichen Anhörung der inhaftierten Person durch das Gericht geht, sondern dieses bestehende Unklarheiten direkt ausräumen und mit den Parteien interagieren soll (vgl. BGE 122 II 154 E. 2b S. 156 f.; vgl. GREGOR CHATTON/ LAURENT MERZ, in: Nguyen/Amarelle [Hrsg.], Code annoté de droit des migrations, Vol. II: Loi sur les étrangers [LEtr], 2017, N. 40 ad Art. 80 LEtr; BAHAR IREM CATAK KANBER, Die ausländerrechtliche Administrativhaft, 2017, S. 228; MARTIN BUSINGER, Ausländerrechtliche Haft, 2015, S. 238 mit Hinweisen; ANDREAS ZÜND, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht: Verfahrensfragen und Rechtsschutz, AJP 1995 S. 858; zur "mündlichen Verhandlung" bei einem Entlassungsgesuch: THOMAS HUGI YAR, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, § 10 Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, N. 10.29). Die mündliche Verhandlung gibt dem Haftgericht zudem die Möglichkeit, sich ein unmittelbareres Bild von der betroffenen Person machen und damit deren Glaubwürdigkeit besser einschätzen zu können (vgl. HUGI YAR, a.a.O., N. 10.94). Die Vorinstanz verkennt dies nicht, geht aber davon aus, hierfür sei nicht erforderlich, dass die Verfahrensbeteiligten sich persönlich im selben Raum aufhielten. Solange alle Verfahrensbeteiligten die gleichen Wahrnehmungs- und Äusserungsmöglichkeiten hätten, wie wenn sie sich im Gerichtssaal selber befänden, könne der Zweck der mündlichen Verhandlung auch via Befragung in einer Videokonferenz erreicht werden.  
 
3.3.  
 
3.3.1. Diese Auffassung überzeugt nicht: Im Rahmen einer Videokonferenz können die aktiven Teilnehmer zwar verbal kommunizieren, mithin also miteinander ein Gespräch führen. Für ein engeres Verständnis des Begriffs der mündlichen Verhandlung im Sinne einer Präsenz am gleichen Ort spricht hingegen das historische Auslegungselement (zur Auslegungsmethodik: BGE 143 I 272 E. 2.2.3 S. 277 mit Hinweisen) : Als der Gesetzgeber am 18. März 1994 im Bundesgesetz über die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (AS 1995 146 ff.) vorsah (vgl. HUGI YAR, a.a.O., N. 10.3), dass die Haft aufgrund einer mündlichen Verhandlung geprüft werden müsse, konnte er offensichtlich nicht ahnen, dass Gespräche mit Bild und Ton dereinst auch mittelbar über Videokonferenzen geführt werden könnten. Vielmehr musste er davon ausgehen und entsprach es dem damaligen Sprachverständnis, dass die relevanten Personen an der mündlichen Verhandlung physisch anwesend sein würden.  
 
3.3.2. Hierfür spricht auch das teleologische Auslegungselement: Entgegen der Ansicht der Vorinstanz können die Wahrnehmungs- und Äusserungsmöglichkeiten mit der von der Vorinstanz verwendeten Videokonferenzanwendung oder anderen, aktuell zur Verfügung stehenden Videokonferenzlösungen qualitativ nicht in gleich wirksamer Weise wie bei einer Präsenzverhandlung ausgeschöpft werden. Wie die Aufzeichnung der Videoverhandlung im vorliegenden Fall belegt (Unterbrechungen, Missverständnisse bei der Übersetzung, mangelndes bzw. zeitversetztes Bild, technische Probleme usw.) eröffnen Videokonferenzen in ihrer aktuellen Form den Gerichten und Parteien nicht dasselbe Wahrnehmungs- und Kommunikationsspektrum wie die Präsenzverhandlung; sie geben dem Haftgericht und den beteiligten Personen qualitativ nicht dieselben Möglichkeiten der Interaktion, in deren Rahmen sie die Argumente austauschen und jeweils unmittelbar aufeinander eingehen können.  
 
3.3.3. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung, die kantonale Praxis und die Doktrin gingen in Bezug auf Art. 78 Abs. 4 bzw. Art. 80 Abs. 2 AIG bereits bisher übereinstimmend - aber ohne ausdrückliche, vertiefte Prüfung der Frage - davon aus, dass die mündliche Verhandlung im Sinne einer Präsenzverhandlung zu verstehen sei (vgl. BGE 122 II 154 E. 2b S.157: "Der Haftrichter vermag seinem Auftrag, nötigenfalls zusätzliche Abklärungen zu treffen, zu diesem Zweck Ergänzungsfragen zu stellen und mit voller Kognition sämtliche Aspekte der Haft zu prüfen, nicht nachzukommen, wenn er den Ausländer nicht zur Verhandlung vorlädt "; siehe auch: CHATTON/MERZ, a.a.O., N. 43 ad Art. 80 AuG; CATAK KANBER, a.a.O., S. 228; ZÜND, a.a.O., S. 858; HUGI YAR, a.a.O., N.10.29 unter Hinweis auf das Urteil 2C_399/2007 vom 3. September 2007 E. 3). Hieran ist für den Normalfall festzuhalten. Eine diesbezügliche Änderung bzw. technologische Öffnung bedürfte einer neuen bzw. ergänzten ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage und kann - auch im Hinblick auf die mit der Videokonferenz verbundenen weiteren Fragen datenschutz- und persönlichkeitsrechtlicher sowie technischer Natur (vgl. BGE 146 III 194 E. 3.5; vgl. DANIEL KETTIGER, Gerichtsverhandlungen, Anhörungen und Einvernahmen mittels Videokonferenz, in: Jusletter 4. Mai 2020 Rz. 40 ff.) - nicht auslegungsweise durch den Richter erfolgen (vgl. BGE 146 III 194 E. 3.6; Urteil 4A_180/2020 vom 6. Juli 2020 E. 5, nicht publ. in BGE 146 III 194).  
 
3.3.4. Die Haftprüfung an einer mündlichen Präsenzverhandlung ist als Verfahrensrecht für die Betroffenen von grundlegender Bedeutung (vgl. CATAK KANBER, a.a.O., S. 219; HUGI YAR, a.a.O., N. 10.14); der inhaftierten Person kann deshalb die mit einer Videokonferenz verbundene Beeinträchtigung der Wahrnehmungs- und Kommunikationsmöglichkeiten nicht gegen ihren Willen aufgezwungen werden. Die Gesamtbetrachtung aller Auslegungselemente ergibt, dass mündliche Verhandlungen gemäss Art. 78 Abs. 4 AIG jedenfalls solange in physischer Anwesenheit der erforderlichen Personen stattfinden müssen, als die inhaftierte Person nicht in klarer Kenntnis der Tragweite ihres Entscheids auf die vom Gesetzgeber gewollte Unmittelbarkeit der mündlichen Verhandlung zugunsten einer Videokonferenz verzichtet.  
 
3.4.  
 
3.4.1. Dies schliesst nicht aus, dass gestützt auf die Umstände im Einzelfall unter Berücksichtigung des sanitarischen Umfelds die mündliche Haftprüfung ausnahmsweise und gestützt auf eine entsprechende - allenfalls notrechtliche - Gesetzesgrundlage via Videokonferenz erfolgen könnte (vgl. BGE 146 III 194 E. 4) : Eine funktionsfähige Justiz ist für den Rechtsstaat von grundlegender Bedeutung. Das Funktionieren der Justiz als dritte Gewalt im demokratischen Rechtsstaat muss auch in ausserordentlichen Situationen bzw. Notlagen gewährleistet bleiben; dies zumindest insoweit, als es um die Garantien der verfassungsmässigen Rechte oder um dringliche, nicht aufschiebbare Gerichtsentscheide geht (vgl. DANIEL KETTIGER, a.a.O., Rz. 1).  
 
3.4.2. Art. 1 der Covid-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht bringt dies zum Ausdruck: Danach müssen die Gerichte und Behörden bei der Durchführung von Verfahrenshandlungen mit Teilnahme von Parteien, Zeuginnen und Zeugen oder Dritten, wie Verhandlungen und Einvernahmen, in allen Verfahren die angesichts der Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit angezeigten Massnahmen betreffend Hygiene und soziale Distanz einhalten. Unter Beachtung der BAG-Empfehlungen können und sollen Verfahrenshandlungen und damit insbesondere Verhandlungen auch in einer epidemierechtlich ausserordentlichen Lage weiter erfolgen (so das Bundesamt für Justiz, Erläuterungen vom 16. April 2020 zur Verordnung über Massnahmen in der Justiz und im Verfahrensrecht im Zusammenhang mit dem Coronavirus, S. 3 f. zu Art. 1).  
 
3.4.3. Im vorliegenden Fall rechtfertigte es sich nicht, von der im Rahmen von Art. 78 Abs. Abs. 4 AIG in einer Präsenzverhandlung durchzuführenden mündlichen Haftprüfung (vgl. vorstehende E. 3.3) abzusehen: Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid nicht weiter dargelegt, weshalb und inwiefern eine Präsenzverhandlung unter Beachtung der allgemeinen Covid-Empfehlungen des BAG nicht möglich gewesen wäre. Angesichts der denkbaren Schutzmassnahmen (Plexiglaswände, Abstand, Maskentragpflicht usw.) konnte die Corona-Situation Mitte Oktober 2021 keine Notwendigkeit einer Skype-Verhandlung gegen den Willen des Beschwerdeführers rechtfertigen.  
 
3.4.4. Das Verwaltungsgericht macht in seiner Vernehmlassung zwar geltend, es gehe bei der von ihm gewählten Lösung darum, dass das Virus sich nicht im Ausschaffungsgefängnis verbreiten könne, weil der Gerichtssaal, in dem die Haftprüfungsverhandlungen normalerweise durchgeführt würden, nur ungenügend belüftet sei und nicht genügend Raum biete, um die Abstandsvorschriften einzuhalten; dies bildet jedoch keinen hinreichenden Grund, vom gesetzlichen Gebot der Präsenzverhandlung gegen den Willen des Betroffenen abzusehen: Die Anzahl der beteiligten Personen kann auf das absolut Nötige beschränkt werden; gegebenenfalls ist die Verhandlung an einem anderen, besser geeigneten Ort durchzuführen. Reine Kommoditätsgründe genügen nicht, um auf die nach Art. 78 Abs. 4 AIG erforderliche mündliche Verhandlung unter physischem Beisein aller Beteiligten zu verzichten.  
 
4.  
 
4.1. Führt - wie hier - eine Verletzung der Verfahrensvorschriften zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids, ist damit nicht unbedingt auch eine Haftentlassung verbunden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kommt es darauf an, welche Bedeutung den verletzten Vorschriften zur Wahrung der Rechte des Betroffenen zukommt; dieses ist im Einzelfall gegen das öffentliche Interesse an einer reibungslosen Durchsetzung der Ausschaffung abzuwägen. Dem öffentlichen Interesse kommt dann besonderes Gewicht zu - sodass es unter Umständen selbst erhebliche Verfahrensfehler aufzuheben vermag -, falls der Ausländer die öffentliche Sicherheit gefährdet (vgl. BGE 122 II 154 E. 3 S. 158 f.; HUGI YAR, a.a.O., N. 10.45 mit Hinweisen; THOMAS HUGI YAR, Zwangsmassnahmen: Verfahrensfehler führen nicht notwendigerweise zur Haftentlassung, in: Asyl 4/13 S. 17 ff.).  
 
4.2. Der Beschwerdeführer ist in der Schweiz straffällig geworden (mehrfacher, teilweise versuchter, teilweise geringfügiger Diebstahl, mehrfache Sachbeschädigung, mehrfacher Hausfriedensbruch, mehrfache Hehlerei, mehrfacher geringfügiger Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage usw.). Im Übrigen hat eine richterliche Haftprüfung stattgefunden, auch wenn ihre Form nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprach (vgl. BGE 122 II 154 E. 3d; HUGI YAR, a.a.O., N. 10.44). Es besteht unter diesen Umständen ein überwiegendes öffentliches Interesse daran, ihn zurzeit in Haft zu belassen. Nachdem es nicht offensichtlich an den Voraussetzungen für eine Durchsetzungshaft fehlt, rechtfertigt es sich, das Verwaltungsgericht anzuhalten, nach der Durchführung der mündlichen Verhandlung in physischer Anwesenheit der Parteien innerhalb von 96 Stunden ab Erhalt des vorliegenden Urteils neu zu entscheiden.  
 
5.  
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Aargau hat den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird damit gegenstandslos. Die Vorinstanz hat über die kantonale Kosten- und Entschädigungsfrage neu zu befinden (vgl. Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 13. Oktober 2021 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuem Entscheid im Rahmen einer mündlichen Präsenzverhandlung innerhalb von 96 Stunden ab Eröffnung des vorliegenden Urteils an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
 
2.1. Es werden keine Kosten erhoben.  
 
2.2. Der Kanton Aargau hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- auszurichten.  
 
2.3. Die Sache wird zur Neubeurteilung der Kosten- und Entschädigungsfrage für das kantonale Verfahren an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.  
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. November 2021 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar