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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_715/2022  
 
 
Urteil vom 21. September 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Kantonales Steueramt St. Gallen, 
Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons St. Gallen, 
Steuerperiode 2020; unentgeltliche Rechtspflege, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen, Abteilung III, vom 
26. Juli 2022 (B 2022/116). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1990; nachfolgend: die Steuerpflichtige) hatte in der hier interessierenden Steuerperiode 2020 steuerrechtlichen Wohnsitz in U.________/SG, wo sie Sozialhilfeleistungen beziehen konnte. Am 30. Oktober 2020 wurde ihr dort für den Zeitraum vom 1. Februar 2018 bis zum 31. Oktober 2020 eine Rentennachzahlung seitens der Eidgenössischen Invalidenversicherung von Fr. 29'515.-- zugesprochen. Die Auszahlung erfolgte direkt an die örtlichen Sozialen Dienste, die sie an die ausgerichteten Sozialhilfeleistungen anrechnete. Das Steueramt des Kantons St. Gallen (KStA/SG; nachfolgend: die Veranlagungsbehörde) erfasste die Rentennachzahlung als steuerbares Einkommen und erliess am 29. Dezember 2021 die Veranlagungsverfügung zu den Staats- und Gemeindesteuern des Kantons St. Gallen, Steuerperiode 2020. Die dagegen gerichtete Einsprache blieb erfolglos (Einspracheentscheid vom 17. Februar 2022).  
 
1.2. Dagegen gelangte die Steuerpflichtige an die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen; gleichzeitig ersuchte sie um die Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege. Den Rekurs begründete sie sinngemäss damit, dass die Rentennachzahlung direkt an die Sozialen Dienste gelangt sei, weshalb sie, die Steuerpflichtige, den streitbetroffenen Betrag nicht zu versteuern habe. Mit einzelrichterlicher Verfügung vom 2. Juni 2022 wies die Verwaltungsrekurskommission in einem ersten Schritt das Gesuch ab. Die Begründung ging im Wesentlichen dahin, dass die Rentennachzahlung eine steuerbare Einkunft darstelle, selbst wenn die Zahlung unmittelbar an die Sozialen Dienste ausbezahlt worden seien. Damit erweise sich das Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege als aussichtslos.  
 
1.3. Mit Eingabe vom 15. Juni 2022 wandte die Steuerpflichtige sich an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen. Mit einzelrichterlichem Entscheid vom 26. Juli 2022 im Verfahren B 2022/116 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. Die Steuerpflichtige habe in ihrer Eigenschaft als Rentenberechtigte eine steuerbare Einkunft erzielt. Die behauptete Verletzung von Grundrechten sei ohnehin nicht im Veranlagungs-, sondern im Bezugsverfahren zu klären. Unter den gesetzlichen Voraussetzungen könne im Bezugsverfahren auch ein Gesuch um Stundung oder Erlass der rechtskräftig veranlagten Steuer gestellt werden. Vor diesem Hintergrund fielen die Gewinnaussichten im Veranlagungsverfahren offensichtlich geringer aus als die damit verbundenen Verlustgefahren, weshalb von Aussichtslosigkeit auszugehen sei.  
 
1.4. Mit Eingabe vom 12. September 2022 erhebt die Steuerpflichtige beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt sinngemäss, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung (Gutheissung des Gesuchs und Kostenbefreiung) an die Vor- oder die Unterinstanz zurückzuweisen. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht die Steuerpflichtige um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Prozessführung ("in Form von der Befreiung von Gerichtskosten und der Befreiung von Vorschuss- und Sicherheitsleistungen", wie sie dies formuliert). Sie bringt vor, die kantonalen Behörden verstiessen dadurch gegen das allgemeine Willkürverbot (Art. 9 BV) und gegen Konventionsrecht (Art. 6 EMRK), dass sie davon ausgehen, die Rentennachzahlung stelle eine steuerbare Einkunft dar. Die Angelegenheit sei auch insofern bereits im Veranlagungsverfahren von Belang, als sie, die Steuerpflichtige, bemüht sei, ihren Betreibungsregisterauszug "ohne Einträge zu halten".  
 
1.5. Das Bundesgericht hat von Instruktionsmassnahmen, insbesondere von einem Schriftenwechsel gemäss Art. 102 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110), abgesehen.  
 
2.  
 
2.1. Der angefochtene Entscheid hat die Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege zum Gegenstand. Er schliesst das Verfahren nicht ab und betrifft weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren gemäss Art. 92 BGG. Es handelt sich somit um einen anderen selbständig eröffneten Vor- und Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG (BGE 148 IV 155 E. 1.1; Urteil 2C_629/2022 vom 5. August 2022 E. 2.2). Zwischenentscheide, mit denen die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wird, entfalten einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, sofern sie die gesuchstellende Person zur Leistung eines Kostenvorschusses auffordern und ihr androhen, bei Säumnis auf das Rechtsmittel nicht einzutreten (BGE 142 III 798 E. 2.3.1; Urteil 4A_497/2020 vom 19. Oktober 2021 E. 1.1.1, nicht publ. in: BGE 147 III 529). Dies ist hier der Fall. Der Zwischenentscheid ist selbständig anfechtbar.  
 
2.2.  
 
2.2.1. Die Vorinstanz hat sich zum einen auf Art. 99 Abs. 2 des Gesetzes (des Kantons St. Gallen) vom 16. Mai 1965 über die Verwaltungsrechtspflege (VRP/SG; nGS 951.1), zum andern auf Art. 117 der Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 [ZPO; SR 272]) gestützt. Soweit er in einem Verwaltungsverfahren angerufen wird, handelt es sich bei Art. 117 ZPO um subsidiäres kantonales Verfahrensrecht (Art. 6 Abs. 1 ZGB; BGE 144 I 159 E. 4.2; 142 V 577 E. 3.1; 140 I 320 E. 3.3; Urteile 2C_610/2020 vom 19. November 2020 E. 6; 2C_894/2019 vom 11. November 2019 E. 2.2.1; 2C_369/2019 vom 29. April 2019 E. 2.1; 2C_531/2017 vom 21. Juni 2017 E. 4.3). Zu hören ist damit auch diesbezüglich nur die Rüge, die Vorinstanz habe bei Auslegung und/oder Anwendung des kantonalen (Verfahrens-) Rechts gegen die verfassungsmässigen Individualrechte der Steuerpflichtigen verstossen.  
 
2.2.2. Vor diesem Hintergrund herrscht die qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 148 I 104 E. 1.5; 148 I 127 E. 4.3; 147 I 194 E. 3.4; 147 II 44 E. 1.2; 147 V 156 E. 7.2.3). Die beschwerdeführende Person hat daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 148 I 127 E. 4.3; 147 I 478 E. 2.4 Ingress; 147 IV 453 E. 1 Ingress; 146 I 62 E. 3; 146 IV 114 E. 2.1). Fehlt es an einer derartigen Begründung, so ist auf die Rüge nicht einzutreten (BGE 148 I 104 E. 1.5; 148 IV 39 E. 2.3.5).  
 
2.3.  
 
2.3.1. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdeschrift offenkundig nicht gerecht, selbst wenn berücksichtigt wird, dass es sich um eine Laienbeschwerde handelt, weswegen die formellen Anforderungen praxisgemäss niedriger angesetzt werden (Urteil 2C_597/2022 vom 24. August 2022 E. 2.3). So behauptet die Steuerpflichtige lediglich in allgemeiner Weise, dass die Rentennachzahlung gewissermassen "steuerfrei" zu bleiben habe, da die Auszahlung nicht an sie, sondern an die Sozialen Dienste ihrer ehemaligen Wohnsitzgemeinde ergangen sei. Diese und die anderen, durchwegs appellatorisch vorgebrachten Einwände vermögen in keiner Weise auf eine Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte hinzudeuten, auch wenn die Steuerpflichtige sich auf Art. 9 BV beruft. Wenig zur Erhellung trägt bei, dass es sich bei den vorinstanzlichen Erwägungen teilweise um "Nonsens" handeln soll und dass der vorinstanzliche Instruktionsrichter sich gebärde "wie ein Bundesrichter". Trotz mehrfacher Wiederholung ihres Rechtsstandpunkts findet die Steuerpflichtige zu keiner Begründung, die sich klar, detailliert und vor allem unter dem Verfassungsaspekt mit dem angefochtenen Entscheid auseinandersetzt.  
 
2.3.2. Die Berufung auf das Konventionsrecht muss von vornherein bedeutungslos bleiben, nachdem Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf das Veranlagungsverfahren nicht anwendbar ist. Abgaberechtliche Verpflichtungen fallen von vornherein nicht unter den Rechtsbegriff der "zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen", von welchen Art. 6 Ziff. 1 EMRK spricht. Vorbehältlich des abgaberechtlichen Strafrechts sind abgaberechtliche Ansprüche insgesamt vom Anwendungsbereich von Art. 6 EMRK ausgenommen (BGE 147 I 153 E. 3.4.2; 144 I 340 E. 3.3.5; 140 I 68 E. 9.2).  
 
2.4. Mangels hinreichender Begründung ist auf die Beschwerde gegen den hier selbständig anfechtbaren Zwischenentscheid (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) nicht einzutreten, was durch einzelrichterlichen Entscheid der Abteilungspräsidentin als Instruktionsrichterin im vereinfachten Verfahren zu geschehen hat (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
3.  
Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Das für diesen Fall erhobene Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Prozessführung im bundesgerichtlichen Verfahren (Art. 29 Abs. 3 BV bzw. Art. 64 Abs. 1 BGG) erweist sich mit Blick auf die gestellten Anträge als aussichtslos (BGE 142 III 138 E. 5.1). Es ist abzuweisen, was ebenfalls einzelrichterlich geschehen kann (Art. 64 Abs. 3 BGG). In Anbetracht der Umstände werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Dem Kanton St. Gallen ist keine Entschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung III, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. September 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher