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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_169/2021  
 
 
Urteil vom 28. April 2022  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichterin Jametti, Bundesrichter Merz, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Dr. Heiner Schärrer, 
 
gegen  
 
1. B.________, 
vertreten durch Advokat Dieter Roth, 
2. C.________, 
3. D.________, 
Beschwerdegegner, 
 
Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, 
Hauptabteilung Wirtschaftskriminalität, 
Rheinstrasse 27, 4410 Liestal. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren, Teileinstellungsverfügung; 
Rückweisung zur Untersuchung, Parteistellung; 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts 
Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, vom 
12. Mai 2020 (470 20 11 [D 9] WK1 2017 432 etc.). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Teileinstellungsverfügung vom 9. Januar 2020 ordnete die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung Wirtschaftskriminalität, Folgendes an: 
 
"1. Die Strafverfahren gegen die Verantwortlichen der E.________ AG wegen Betrug (Art. 146 Abs. 1 StGB), mehrfacher ungetreuer Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 StGB) und Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 StGB) werden in Anwendung von Art. 319 Abs. 1 lit. a StPO eingestellt. 
2. Die Strafverfahren gegen B.________ wegen Betrug (Art. 146 Abs. 1 StGB), mehrfacher ungetreuer Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 StGB), betrügerischem Konkurs (Art. 163 Ziff. 1 StGB), ev. Misswirtschaft (Art. 165 Ziff. 1 StGB), Widerhandlung gegen das BVG (Art. 76 Abs. 3 BVG) und mehrfacher Widerhandlung gegen das SVG (Art. 97 Abs. 1 lit. b SVG) werden in Anwendung von Art. 319 Abs. 1 lit. a StPO eingestellt. 
3. A.________ wird nur bezüglich der Verfahren wegen Betruges und Urkundenfälschung zu dessen Nachteil gemäss den Ziffern 3.1 bis 3.9 der Einstellungsbegründung als Privatkläger zugelassen. 
4. Die Zivilklage von A.________ wird auf den Zivilweg verwiesen. 
5. Die Beweisanträge der Privatklägerschaft (...) werden in Anwendung von Art. 318 Abs. 2 StPO abgewiesen." 
 
B.  
Eine von A.________ (nachfolgend: Privatkläger) am 16. Januar 2020 dagegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, mit Beschluss vom 12. Mai 2020 teilweise gut, indem es die Dispositivziffern 1 und 5 der Teileinstellungsverfügung vom 9. Januar 2020 aufhob und die Staatsanwaltschaft anwies, die Strafuntersuchung im Sinne der Erwägungen seines Entscheides fortzusetzen. Im Übrigen (Dispositivziffern 2-4 der Teileinstellungsverfügung) wies das Kantonsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.  
Gegen den Beschluss des Kantonsgerichtes gelangte der Privatkläger mit Beschwerde vom 1. April 2021 an das Bundesgericht. Er beantragt in den Hauptstandpunkten, es sei gegen C.________ und D.________ eine Strafuntersuchung formell zu eröffnen, wegen Betruges, ungetreuer Geschäftsbesorgung und allfälligen weiteren Delikten, und er, der Privatkläger, sei auch bezüglich des Vorwurfes der ungetreuen Geschäftsbesorgung als Partei des Strafverfahrens zuzulassen. 
Die Staatsanwaltschaft, das Kantonsgericht und B.________ beantragen je mit Stellungnahmen vom 6. Mai 2021 die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten wäre. C.________ und D.________ liessen sich innert angesetzter Frist nicht vernehmen. Der Beschwerdeführer replizierte am 10. Juni 2021. Das Kantonsgericht reichte am 2. Juli 2021 eine Duplik ein. Darauf antwortete der Beschwerdeführer am 5. Oktober 2021. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Zunächst sind die Gegenstände des angefochtenen Entscheides und die vom Beschwerdeführer gestellten Rechtsbegehren zu klären: 
Der Beschwerdeführer beantragt (in Ziffer 1 seines Rechtsbegehrens), die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, ein Strafverfahren gegen die Beschwerdegegner 2 und 3 "wegen Betrugs, ungetreuer Geschäftsbesorgung und allfällig weiteren in Frage kommenden Delikten formell zu eröffnen". Sie sei "anzuweisen, die Strafuntersuchung ohne jegliche Einschränkung zu führen, wobei sie insbesondere berechtigt sei, die Strafuntersuchung auf weitere zu Tage tretende Sachverhalte und Delikte und allenfalls weitere Personen auszudehnen". 
Ziffer 1 des beschwerdeführerischen Rechtsbegehrens bezieht sich auf die noch hängige (an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesene) Strafuntersuchung gegen die vom Beschwerdeführer beanzeigten privaten Beschwerdegegner 2 und 3 (vgl. Dispositiv Ziff. 1 der Teileinstellungsverfügung). Diesbezüglich hat die Vorinstanz die Fortsetzung der Untersuchung angeordnet (angefochtener Entscheid, S. 40, Dispositiv Ziff. I in fine, erster Absatz). 
Der Beschwerdeführer beantragt sodann (in Ziffer 2 seines Rechtsbegehrens), er sei auch bezüglich des Vorwurfes der ungetreuen Geschäftsbesorgung als Privatkläger zuzulassen. 
Ziffer 2 des beschwerdeführerischen Rechtsbegehrens bezieht sich auf Dispositiv Ziff. 3 der Teileinstellungsverfügung. Dort wurde der Beschwerdeführer für den Vorwurf des Betruges und der Urkundenfälschung als Privatkläger (in der noch hängigen Strafuntersuchung gegen die Beschwerdegegner 2 und 3) zugelassen, nicht aber für den Vorwurf der ungetreuen Geschäftsbesorgung. Diesbezüglich (Dispositiv Ziff. 3 der Teileinstellungsverfügung) hat das Kantonsgericht die Beschwerde abgewiesen, soweit es darauf eintrat (angefochtener Entscheid, S. 40, Dispositiv Ziff. I in fine, zweiter Absatz). 
 
2.  
Was die Strafuntersuchung gegen die privaten Beschwerdegegner 2 und 3 betrifft, wird im angefochtenen Entscheid die Fortsetzung der Strafuntersuchung angeordnet. Zu prüfen ist, ob diesbezüglich (Rechtsbegehren 1 der Beschwerdeschrift) die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG erfüllt sind. 
 
2.1. Was das Verfahren gegen die Beschwerdegegner 2 und 3 betrifft, hat die Vorinstanz die Dispositivziffer 1 der Teileinstellungsverfügung aufgehoben und die Strafsache zur Fortsetzung der Strafuntersuchung an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der das Strafverfahren gegen die beiden Beschuldigten nicht abschliesst. Die Anfechtung dieses Entscheides beim Bundesgericht ist nur unter der Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zulässig. Der drohende nicht wieder gutzumachende Rechtsnachteil ist in der Beschwerdeschrift ausreichend zu substanziieren, soweit das Eintretenserfordernis nicht bereits aufgrund der Akten offensichtlich erfüllt erscheint. Das Bundesgericht prüft die betreffende Sachurteilsvoraussetzung von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 42 Abs. 1-2 BGG; BGE 142 IV 196 E. 1.1 S. 197; 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f.; 284 E. 2.3 S. 287; 289 E. 1.3 S. 292; je mit Hinweisen).  
 
2.2. Die Rückweisung des Verfahrens zur Einleitung oder Fortsetzung einer Strafuntersuchung begründet nach ständiger Praxis des Bundesgerichtes keinen nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG (vgl. BGE 133 IV 139 E. 4 mit Hinweisen; 115 Ia 311 E. 2c; Urteile 1B_113/2019 vom 12. November 2019 E. 1.3; 1B_318/2017 vom 30. November 2017 E. 3; 1B_245/2016 vom 10. Januar 2017 E. 5.1; 1B_222/2016 vom 3. Oktober 2016 E. 3.5-3.6).  
Was der Beschwerdeführer vorbringt, rechtfertigt kein Abweichen von der dargelegten Rechtsprechung. Im Dispositiv des angefochtenen Entscheides wird die Staatsanwaltschaft nachgerade angewiesen, die Strafuntersuchung gegen die Beschwerdegegner 2 und 3 "im Sinne der Erwägungen fortzusetzen". Wie sich aus den Erwägungen der Vorinstanz klar ergibt, wird die Strafuntersuchung auch formell gegen die von der Staatsanwaltschaft als beschuldigte Personen bezeichneten Beschwerdegegner 2 und 3 zu führen sein (vgl. angefochtener Entscheid, S. 7 E. B/e; S. 10 f. E. I/C). Insofern ist weder eine Beschwer des Rechtsuchenden (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG) ersichtlich, noch ein drohender nicht wieder gutzumachender Nachteil. Dass die Staatsanwaltschaft grundsätzlich berechtigt ist, die Strafuntersuchung "ohne jegliche Einschränkung zu führen" bzw. das Verfahren auf allfällige neue deliktische Sachverhalte oder Personen auszudehnen, ergibt sich bereits aus den einschlägigen Bestimmungen der Strafprozessordnung. 
Die Beschwerde erweist sich diesbezüglich als unzulässig. 
 
3.  
Schliesslich beantragt der Beschwerdeführer, er sei auch bezüglich des Vorwurfes der ungetreuen Geschäftsbesorgung als Privatkläger zuzulassen (Rechtsbegehren 2 der Beschwerdeschrift). Er rügt insbesondere eine Verletzung von Art. 115 Abs. 1 StPO
 
3.1. Die Vorinstanz bejaht eine Parteistellung des Beschwerdeführers als Privatkläger und mutmasslicher Geschädigter der untersuchten Straftatbestände des Betruges und der Urkundenfälschung; für die untersuchte ungetreue Geschäftsbesorgung verneint sie hingegen die Parteistellung. Der letztere Tatbestand schütze bei mutmasslich geschädigten juristischen Personen unmittelbar deren Gesellschaftsvermögen. Der Beschwerdeführer als Aktionär der betroffenen Gesellschaft sei davon nur mittelbar betroffen (angefochtener Entscheid, S. 9 f., E. 2.2.3-2.3).  
 
3.2. Der Beschwerdeführer hat sich als Privatkläger konstituiert und macht Zivilansprüche geltend (Art. 104 Abs. 1 lit. b und Art. 118 Abs. 1 StPO). Als geschädigte Person gilt die Person, die durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden ist (Art. 115 Abs. 1 StPO).  
 
3.3. Nach den Feststellungen der Vorinstanz wurde am 30. Januar 2018 über die betroffene Gesellschaft der Konkurs eröffnet. Am 27. September 2019 wurde sie im Handelsregister gelöscht. Bis zur Liquidation war der Beschwerdeführer Minderheitsaktionär der mutmasslich geschädigten Gesellschaft (vgl. angefochtener Entscheid, S. 3). Am 8. November 2018 erhob der Beschwerdeführer gegen die verantwortlichen Organe Strafklage wegen Betruges, Urkundenfälschung und ungetreuer Geschäftsbesorgung.  
Bei dieser Sachlage erscheint es im vorliegenden Fall überspitzt formalistisch, die Geschädigtenstellung des Beschwerdeführers als Aktionär der mutmasslich geschädigten und liquidierten Gesellschaft zu verneinen. Dies gilt umso mehr, als aufgrund der vorliegenden Akten und der nachvollziehbaren Darlegungen des Privatklägers der hinreichende Verdacht besteht, dass die untersuchte ungetreue Geschäftsbesorgung zum Nachteil der Gesellschaft innert kurzer Zeit und kausal zu deren Konkurs führte, woraus dem Beschwerdeführer ein Totalverlust seines Gesellschaftsanteils entstanden sei. Darüber hinaus legt die Vorinstanz nicht dar, wie in der hängigen Strafuntersuchung sachgerecht vorzugehen wäre bzw. welchen prozessualen Sinn eine Beschränkung der Parteistellung auf rechtliche Subsumtionen macht, wenn konnexe wirtschaftsstrafrechtliche Sachverhalte zu untersuchen und dem Beschwerdeführer betreffend Betrug und Urkundenfälschung ohnehin die Parteirechte zu gewähren sind. 
 
4.  
Die Beschwerde ist im Sinne der Erwägungen teilweise gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist in der Weise zu ändern, als der Beschwerdeführer im hängigen Strafuntersuchungsverfahren auch bezüglich des Vorwurfes der ungetreuen Geschäftsbesorgung als Privatkläger zugelassen wird (Art. 107 Abs. 2 BGG). Im Übrigen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Das vorinstanzliche Kostendispositiv bleibt unverändert (Art. 67 BGG). 
Dem Beschwerdeführer werden (reduzierte) Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 1'000.-- auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Weder der anwaltlich vertretene private Beschwerdegegner 1 noch der Beschwerdeführer dringen mit ihren Rechtsbegehren vollständig durch, weshalb die Parteien ihre Anwaltskosten je selber zu tragen haben und keine Parteientschädigungen zuzusprechen sind (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid wird insoweit abgeändert, als der Beschwerdeführer im hängigen Strafuntersuchungsverfahren auch bezüglich des Vorwurfes der ungetreuen Geschäftsbesorgung als Privatkläger zugelassen wird. Im Übrigen wird auf die Beschwerde nicht eingetreten. 
 
2.  
Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 1'000.-- auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. April 2022 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster