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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6P.68/2006 
6S.128/2006 /bri 
 
Urteil vom 6. September 2006 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly, 
Gerichtsschreiber Näf. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt 
Dr. Georg Naegeli, 
 
gegen 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich, 
Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, Postfach, 8023 Zürich. 
 
Gegenstand 
6P.68/2006 
Art. 9 BV (Strafverfahren; Beweiswürdigung, rechtliches Gehör) 
 
6S.128/2006 
Verletzung von Verkehrsregeln (Art. 90 Ziff. 1 i.V.m. Art. 31 Abs. 3 SVG), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde (6P.68/2006) und Nichtigkeitsbeschwerde (6S.128/2006) gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 22. Dezember 2005. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.a Mit Verfügung des Stadtrichteramtes Zürich vom 24. Oktober 2003 wurde X.________ wegen Vornahme einer die Bedienung des Fahrzeugs erschwerenden Verrichtung (Lesen einer auf dem Lenkrad liegenden Zeitung) als Lenker eines Personenwagens Smart, polizeilich festgestellt am 3. Oktober 2003, um 14.12 Uhr, im stockenden Kolonnenverkehr am Sihlquai 240 in Zürich, gestützt auf Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 Satz 2 VRV in Anwendung von Art. 90 Ziff. 1 SVG mit einer Busse von Fr. 100.-- bestraft. 
 
X.________ erhob Einsprache. 
A.b Der Einzelrichter in Strafsachen am Bezirksgericht Zürich sprach X.________ mit Urteil vom 15. April 2005 frei. 
 
Dagegen erhob das Stadtrichteramt Zürich Berufung. 
A.c Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, sprach X.________ am 22. Dezember 2005 der Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 i.V.m. Art. 31 Abs. 3 SVG schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 100.--. 
 
B. 
X.________ führt staatsrechtliche Beschwerde und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
C. 
Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich haben auf eine Stellungnahme bzw. auf eine Vernehmlassung zu den Beschwerden verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigt es sich, die Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne einer Ausnahme von der Regel (siehe Art. 275 Abs. 5 BStP) vor der staatsrechtlichen Beschwerde zu behandeln. 
 
 
I. Nichtigkeitsbeschwerde 
 
2. 
Der Beschwerdeführer stand mit seinem Personenwagen Smart am Sihlquai in Zürich im Stau. Nach längeren Phasen des Stillstands ging es jeweils kurz im Schritttempo einige Meter voran. In den Phasen des Stillstands las der Beschwerdeführer eine Zeitung, welche teils auf dem Lenkrad, teils auf seinen Oberschenkeln lag. In den Phasen des Weiterkommens um einige Meter im Schritttempo liess er die Zeitung teils auf dem Lenkrad, teils auf den Oberschenkeln liegen, doch las er nicht. 
 
Dem Beschwerdeführer wird nicht vorgeworfen, dass er sich konkret auf irgendeine Weise unaufmerksam verhalten, etwa wegen des Lesens das Aufschliessen in der Fahrzeugkolonne verpasst und dadurch den Verkehrsfluss behindert oder wegen der teils auf dem Lenkrad, teils auf seinen Oberschenkeln liegenden Zeitung beinahe eine Auffahrkollision verursacht habe. Nach den Feststellungen der kantonalen Instanzen wurden durch die Zeitung, so wie sie positioniert war, die Armaturen - u.a. Tachometer, Tourenzähler, Uhr - nicht verdeckt und konnten trotz der Zeitung die Hupe und die verschiedenen Schalter und die Pedale einwandfrei bedient werden. Lediglich das Radio bzw. der CD-Player und der Nebellichtschalter wurden durch die Zeitung verdeckt (angefochtener Entscheid S. 7). 
 
3. 
Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann (Art. 31 Abs. 1 SVG). Er hat dafür zu sorgen, dass er weder durch die Ladung noch auf andere Weise behindert wird. Mitfahrende dürfen ihn nicht behindern oder stören (Art. 31 Abs. 3 SVG). Der Fahrzeugführer muss seine Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuwenden. Er darf beim Fahren keine Verrichtung vornehmen, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert. Er hat ferner dafür zu sorgen, dass seine Aufmerksamkeit insbesondere durch Tonwiedergabegeräte sowie Kommunikations- und Informationssysteme nicht beeinträchtigt wird (Art. 3 Abs. 1 VRV; Satz 3 in der Fassung gemäss Verordnung vom 17. August 2005, in Kraft seit 1. März 2006). 
3.1 
3.1.1 Der Einzelrichter prüfte zunächst, ob der Beschwerdeführer dadurch, dass er während des Stillstands seines Fahrzeugs im Stau die Zeitung überflog, gegen Art. 31 Abs. 1 SVG bzw. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 VRV verstiess; der Einzelrichter verneinte dies (erstinstanzliches Urteil S. 5 f.). Er prüfte sodann, ob der Beschwerdeführer gegen Art. 31 Abs. 3 SVG bzw. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 VRV verstiess, indem er während des Aufrückens im Schritttempo um einige Meter die Zeitung teils auf dem Lenkrad, teils auf den Oberschenkeln liegen liess; der Einzelrichter verneinte auch dies (erstinstanzliches Urteil S. 7 ff.). 
3.1.2 Das Stadtrichteramt machte in seiner Berufung (kant. Akten act. 26) im Wesentlichen geltend, der erstinstanzliche Entscheid verkenne den Sinn von Art. 3 Abs. 1 VRV. Diese Bestimmung unterscheide nicht zwischen dem Warten im Stau und dem Aufrücken. Vielmehr dürfe der Fahrzeugführer während des Fahrens keine Verrichtung vornehmen, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwere. Unter Fahren müsse die gesamte Strecke bis zum Ziel der Fahrt auf dem Parkplatz verstanden werden. Wohl seien gewisse notwendige und nützliche Handlungen im Zusammenhang mit dem Fahren durchaus erlaubt, solange sie ein gewisses Mass nicht überschritten. Mit dem Auflegen der Zeitung auf dem Lenkrad und den Oberschenkeln sei dieses erlaubte Mass aber krass überschritten. Das Lesen einer Zeitung habe nichts mit dem Erleichtern des Fahrens zu tun, sondern lenke bloss ab. 
3.1.3 Nach der Auffassung der Vorinstanz ist die erstinstanzliche Unterscheidung zwischen den Phasen des Stillstands im Stau und den Phasen des Aufrückens um einige Meter allenfalls in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 VRV von Bedeutung. Ob der Fahrzeugführer, der während des Stillstands im Stau eine Zeitung lese und diese während des Aufrückens um einige Meter teils auf dem Lenkrad, teils auf den Oberschenkeln aufgestützt lasse, im Sinne von Art. 3 Abs. 1 VRV eine die Bedienung des Fahrzeugs erschwerende Verrichtung vornehme bzw. die notwendige Aufmerksamkeit beeinträchtige, brauche vorliegend jedoch nicht entschieden zu werden. Nach der Auffassung der Vorinstanz beschlagen nämlich die in Art. 31 SVG statuierten Gebote das Verhalten des Fahrzeugführers während der Benützung der öffentlichen Strassen, wozu vorliegend die gesamte vom Beschwerdeführer am 3. Oktober 2003 gefahrene Strecke am Sihlquai zähle. Daher müsse nicht geprüft werden, wie die Wendung "beim Fahren" gemäss Art. 3 Abs. 1 Satz 2 VRV zu verstehen sei (angefochtenes Urteil S. 9). Gemäss den weiteren Ausführungen der Vorinstanz ist eine teils auf dem Lenkrad, teils auf den Oberschenkeln abgestützte Zeitung grundsätzlich geeignet, den Fahrzeugführer beim Lenken zu beeinträchtigen. An die Erfüllung der Tatbestände von Art. 31 Abs. 1 und 3 SVG seien keine allzu grossen Anforderungen zu stellen, wie sich auch etwa aus BGE 120 IV 63 betreffend die Benützung eines Mobiltelefons während der Fahrt ergebe. Bei einer völlig unnötigen Tätigkeit wie dem Zeitungslesen, die lediglich dem Wohlbefinden des Lenkers diene und von diesem bewusst aufgenommen werde, sei das zulässige Mass der Behinderung sehr niedrig anzusetzen. Dieses sei vorliegend überschritten worden. Eine teils auf den Oberschenkeln, teils auf dem Lenkrad abgestützte Zeitung auf einer im Stau zurückgelegten Fahrstrecke von 100 Metern stelle eine (wenn auch leichte) Behinderung des Fahrzeugführers im Sinne von Art. 31 Abs. 3 SVG dar. Sie beeinflusse bis zu einem gewissen Grad den Fahrzeugführer in der Einnahme und Beibehaltung seiner Sitzposition sowie die Position der Hände am Lenkrad. Zudem dürfte der Fahrzeugführer (wenn auch unbewusst) stets versucht sein, die Zeitung nicht von seinen Oberschenkeln herunterrutschen zu lassen, was seine Beweglichkeit beim Lenken beeinträchtige. Sodann bestehe die nicht zu unterschätzende Gefahr von Fehlreaktionen in der Bedienung des Fahrzeugs, wenn die so auf den Oberschenkeln liegende Zeitung trotzdem ungewollt herunterrutschen sollte. Die Vorinstanz erkannte daher, dass der Beschwerdeführer sich der Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG i.V.m. Art. 31 Abs. 3 SVG schuldig machte, indem er "eine Zeitung während des Stillstands seines Fahrzeugs im Stau las und die Zeitung hernach während der Phasen des Aufrückens um einige Meter auf den Oberschenkeln und teilweise am Lenkrad aufgestützt liess" (angefochtenes Urteil S. 11). 
3.1.4 Der Beschwerdeführer geht davon aus, die Vorinstanz habe anerkannt, dass das Überfliegen der Zeitung in den Phasen des Stillstands zulässig gewesen sei. Sie habe ihn jedoch deshalb der Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 i.V.m. Art. 31 Abs. 3 SVG schuldig gesprochen, weil er in den Phasen des Aufrückens die Zeitung teils auf dem Lenkrad, teils auf den Oberschenkeln habe liegen lassen, statt sie auf den Beifahrersitz zu legen, wodurch er - wenn auch geringfügig - behindert worden sei. Die erste Instanz habe indessen unter anderem gestützt auf einen Augenschein in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass er durch die Lage der Zeitung nicht behindert worden sei. Die Vorinstanz sei von diesen Feststellungen ohne vorgängige Durchführung eines Beweisverfahrens abgewichen. Seine Verurteilung beruhe auf blossen Annahmen und Vermutungen der Vorinstanz, die als Grundlage eines Schuldspruchs nicht genügten. Selbst wenn man aber entsprechend der Annahme der Vorinstanz aufgrund der Position der Zeitung teils auf dem Lenkrad, teils auf den Oberschenkeln von einer gewissen Behinderung ausgehen wollte, sei diese wegen ihrer Geringfügigkeit strafrechtlich nicht relevant. Ob eine Verrichtung das aufmerksame und verkehrsgerechte Lenken erschwere, hänge grundsätzlich von der Art der Verrichtung, vom Fahrzeug und von der Verkehrssituation ab. Welchem Zweck die Verrichtung diene, sei entgegen der Meinung der Vorinstanz unerheblich, da Art. 31 Abs. 3 SVG nicht danach unterscheide. Eine reflexartige Fehlreaktion im Falle des - angesichts der relativ engen räumlichen Verhältnisse in einem Pw Smart ohnehin höchst unwahrscheinlichen - Herunterrutschens der Zeitung sei infolge der Art dieses Gegenstandes auszuschliessen. Im Übrigen obliege es dem Fahrzeugführer, sich durch potentiell ablenkende Umstände eben gerade nicht derart ablenken zu lassen, dass die Verkehrssicherheit tangiert werde. Der vorliegende Sachverhalt sei aus verschiedenen Gründen nicht mit dem in BGE 120 IV 63 beurteilten Fall betreffend die Benützung eines Mobiltelefons während der Fahrt vergleichbar. Im Übrigen hätten die Polizeibeamten ausdrücklich bestätigt, dass er unauffällig gefahren sei und niemanden behindert habe. Eventualiter macht der Beschwerdeführer geltend, die Sache sei jedenfalls zur neuen Bemessung der Busse an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Stadtrichteramt habe ihn wegen Lesens während des Fahrens mit einer Busse von Fr. 100.-- bestraft. Obschon dieser relativ schwerwiegende Vorwurf nicht habe aufrechterhalten werden können, habe ihn die Vorinstanz ohne nähere Begründung ebenfalls mit einer Busse von Fr. 100.-- bestraft. 
3.1.5 Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich klar, dass die Vorinstanz den Beschwerdeführer nicht nur wegen des Verhaltens in den Phasen des Vorankommens im Schritttempo um einige Meter, sondern auch wegen des Verhaltens in den Phasen des Stillstands bestraft hat. Nicht restlos klar ist hingegen, worin die Vorinstanz das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers in den Phasen des Stillstands sieht, ob im Lesen der Zeitung oder schon darin, dass die Zeitung teils auf dem Lenkrad, teils auf den Oberschenkeln des Beschwerdeführers lag. Der Beschwerdeführer meint, die Vorinstanz habe anerkannt, dass das Überfliegen der Zeitung in den Phasen des Stillstands zulässig gewesen sei (Nichtigkeitsbeschwerde Ziffern 11, 31). Gegen diese Interpretation des angefochtenen Entscheids spricht indessen unter anderem die vorinstanzliche Schlussfolgerung, dass sich der Beschwerdeführer der Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 i.V.m. Art. 31 Abs. 3 SVG schuldig machte, indem er "eine Zeitung während des Stillstands seines Fahrzeugs im Stau las und die Zeitung hernach während der Phasen des Aufrückens um einige Meter auf den Oberschenkeln und teilweise am Lenkrad aufgestützt liess" (angefochtenes Urteil S. 11). 
 
3.2 Der Führer muss nach Art. 31 Abs. 1 SVG das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. Um dies sicherzustellen, hat er unter anderem gemäss Art. 31 Abs. 3 SVG dafür zu sorgen, dass er auf keine Weise behindert wird. Die Beherrschung des Fahrzeugs verlangt, dass der Führer Herr der Maschine bleibt, damit er jederzeit in der durch die Lage geforderten Weise raschestens auf sie einwirken und auf jede Gefahr ohne Zeitverlust zweckmässig reagieren kann (BGE 76 IV 53 E. 1; Hans Giger, Strassenverkehrsgesetz, 6. Aufl. 2002, zu Art. 31 SVG). Damit der Führer sein Fahrzeug ständig so beherrscht, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann, muss er unter anderem gemäss Art. 3 Abs. 1 VRV seine Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuwenden und darf er beim Fahren keine Verrichtung vornehmen, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert. Das Mass der Aufmerksamkeit, welches vom Fahrzeugführer verlangt wird, richtet sich nach den gesamten konkreten Umständen, namentlich der Verkehrsdichte, den örtlichen Verhältnissen, der Zeit, der Sicht und den voraussehbaren Gefahrenquellen (BGE 122 IV 225 E. 2b; 120 IV 63 E. 2a, mit Hinweisen). Damit der Fahrzeugführer auf eine bestimmte Situation angemessen reagieren kann, muss er das Fahrzeug richtig bedienen können, was unter anderem voraussetzt, dass er keine die Bedienung des Fahrzeugs erschwerende Verrichtung vornimmt. Ob eine Verrichtung die Bedienung des Fahrzeugs erschwert, hängt grundsätzlich von der Art der Verrichtung, dem Fahrzeug und der Verkehrssituation ab (BGE 120 IV 63 E. 2d). 
3.3 
3.3.1 Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz in den Erwägungen zum Strafmass handelt es sich bei der betreffenden Fahrstrecke am Sihlquai um eine gerade, gut ausgebaute und übersichtliche Hauptstrasse ohne Abzweigung oder anderweitige Umstände, welche eine spezielle Aufmerksamkeit erfordert hätten. Die Wetterverhältnisse waren ebenfalls gut. Die hohe Verkehrsdichte erlaubte nach den jeweiligen Phasen des Stillstands lediglich ein Vorrücken um wenige Meter im Schritttempo, wobei der Beschwerdeführer nur mit dem verkehrsbedingten Halten des vorausfahrenden Fahrzeugs rechnen musste (angefochtenes Urteil S. 12). Im fraglichen Streckenabschnitt sind weder Trottoirs noch Fussgängerstreifen vorhanden (siehe Urteil des Einzelrichters S. 8). 
3.3.2 In Anbetracht dieser günstigen Umstände ist nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer dadurch, dass er während den Phasen des Stillstands im Stau die teils auf dem Lenkrad, teils auf seinen Oberschenkeln liegende Zeitung las, oder selbst schon dadurch, dass er die Zeitung dergestalt positioniert hielt, gegen die eine und/oder andere vorstehend zitierte Vorschrift verstossen haben könnte. Es war in den Phasen des Stillstands im Stau jeweils voraussehbar und berechenbar, was geschehen konnte, nämlich dass es im Schritttempo wieder einige Meter vorangehen werde. Die Aufmerksamkeit, die unter den gegebenen Umständen in den Phasen des Stillstands im Stau der Strasse und dem Verkehr zugewandt werden musste, konnte trotz des Lesens der teils auf dem Lenkrad, teils auf den Oberschenkeln liegenden Zeitung aufgebracht werden. Der Beschwerdeführer war denn auch, wenn es wieder einige Meter voranging, jeweils rechtzeitig losgefahren, woraus im Übrigen zu schliessen ist, dass er der Zeitungslektüre nicht seine volle Aufmerksamkeit zuwandte. Allerdings muss der Fahrzeuglenker, der in den Phasen des Stillstands im stockenden Kolonnenverkehr seine Aufmerksamkeit aus irgendwelchen Gründen nicht ausschliesslich der Strasse und dem Verkehr zugewandt hat, vor der Weiterfahrt sich besonders sorgfältig vergewissern, ob sich die Verhältnisse zwischenzeitlich geändert haben, ob etwa ein Radfahrer seitlich aufgeschlossen oder sich vor ihn geschoben hat. Dem Beschwerdeführer wird indessen nicht vorgeworfen, dass er insoweit die gebotene Aufmerksamkeit nicht beobachtet habe. 
3.3.3 In Anbetracht der genannten günstigen Umstände ist auch nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer dadurch, dass er in den Phasen des Vorankommens im Schritttempo um einige Meter die Zeitung teils auf dem Lenkrad, teils auf seinen Oberschenkeln liegen liess, gegen die eine und/oder andere zitierte Vorschrift verstossen haben könnte. Auch wenn entsprechend den Annahmen der Vorinstanz davon ausgegangen wird, dass die Lage der Zeitung in einem gewissen Mass die Position der Hände am Lenkrad beeinflusste und den Beschwerdeführer in der Freiheit der Bewegung der Beine einschränkte, ist die daraus resultierende Behinderung so geringfügig, dass sie, auch wenn sie freiwillig gewählt wurde und im Grunde völlig unnötig war, strafrechtlich nicht relevant ist. Entscheidend ist, dass unter den gegebenen Umständen, d.h. während den kurzen Fahrten über wenige Meter im Schritttempo in einer stockenden Kolonne auf gerade verlaufender und ebener Strecke, zum einen die Bedienung des Fahrzeugs höchst einfach und daher trotz der gewissen Behinderung problemlos zu bewältigen und zum andern, wie auch die Vorinstanz in ihren Erwägungen zum Strafmass festhielt, mit nichts anderem als mit dem verkehrsbedingten Halten des voranfahrenden Fahrzeugs zu rechnen war. 
3.3.4 Nach der Auffassung der Vorinstanz besteht die nicht zu unterschätzende Gefahr von Fehlreaktionen in der Bedienung des Fahrzeugs, wenn die teils auf den Oberschenkeln, teils auf dem Lenkrad liegende Zeitung ungewollt herunterrutschen sollte (angefochtenes Urteil S. 11). Die Vorinstanz legt allerdings nicht dar, inwiefern die Zeitung wohin hätte rutschen können und inwiefern dies die Gefahr welcher Fehlreaktion begründet hätte. Auch wenn man entsprechend der Annahme der Vorinstanz davon ausgeht, dass die Zeitung hätte herunterrutschen können, so war das Risiko einer Fehlreaktion in der Bedienung des Fahrzeugs jedenfalls unter den gegebenen konkreten Umständen nach menschlichem Ermessen praktisch auszuschliessen. Eine Zeitung kann - im Unterschied etwa zu herabfallenden Teilen eines Nahrungsmittels oder zu herabfallender Zigarettenasche - die Kleider und den Sitz nicht beschmutzen und - im Unterschied beispielsweise zu herabfallenden Mobiltelefonen und Photoapparaten - nicht leicht beschädigt werden. Zudem kam der Beschwerdeführer jeweils nur im Schritttempo wenige Meter voran, wobei die Bedienung des Fahrzeugs höchst einfach war. Er konnte, falls die Zeitung tatsächlich heruntergerutscht wäre, gelassen die voraussehbare nächste Phase des Stillstands abwarten, um dann in aller Ruhe die heruntergerutschte Zeitung wieder aufzunehmen. 
3.3.5 Tatbestandsmässig ist im Übrigen grundsätzlich nicht bereits ein Verhalten, welches beim denkbaren Eintritt eines bestimmten Ereignisses zu einer Fehlreaktion führen kann; tatbestandsmässig ist grundsätzlich erst die allfällige Fehlreaktion. Wollte man anders entscheiden, so wäre beispielsweise das Rauchen einer Zigarette beim Fahren eo ipso strafbar, weil das Risiko einer Fehlreaktion beim - keineswegs seltenen - Herunterfallen der Asche besteht, welche etwa die Kleider beschmutzen oder gar beschädigen könnte. 
3.3.6 Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz auch wesentlich von dem in BGE 120 IV 63 beurteilten Fall der Benützung eines Mobiltelefons während der Fahrt. Hält der Fahrzeuglenker das Gerät mit einer Hand, so hat er nur noch die andere Hand sowohl zum Lenken als auch zur allfälligen Betätigung irgendwelcher Schalter und Hebel frei. Demgegenüber konnte der Beschwerdeführer trotz der teils auf dem Lenkrad, teils auf den Oberschenkeln liegenden Zeitung beide Hände am Lenkrad halten und erforderlichenfalls mit der einen Hand irgendwelche Schalter und Hebel betätigen. Hält der Fahrzeugführer das Telefongerät zwischen dem Kopf und beispielsweise der linken Schulter eingeklemmt, so ist die Bewegungsfreiheit sowohl der linken Hand als auch des Kopfes erheblich eingeschränkt und besteht tatsächlich die Gefahr einer Fehlreaktion beim Herunterfallen des relativ empfindlichen Geräts. Davon kann im vorliegenden Fall, wie dargelegt, keine Rede sein. 
 
3.4 Indem der Beschwerdeführer in den Phasen des Stillstands seines Fahrzeugs im Stau eine Zeitung las und diese in den Phasen des Aufrückens um einige Meter im Schritttempo teils auf seinen Oberschenkeln, teils am Lenkrad aufgestützt liess, machte er sich unter den gegebenen konkreten Umständen entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht der Verletzung von Verkehrsregeln schuldig. Nicht zu entscheiden ist im vorliegenden Verfahren, wie das Verhalten des Beschwerdeführers unter anderen Strassen- und/oder Verkehrsverhältnissen zu beurteilen wäre. 
 
4. 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist somit gutzuheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 22. Dezember 2005 aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
II. Staatsrechtliche Beschwerde 
 
5. 
Mit der Aufhebung des angefochtenen Urteils in Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde ist die staatsrechtliche Beschwerde infolge Wegfalls ihres Anfechtungsobjekts gegenstandslos geworden. 
 
 
III. Kosten und Entschädigungen 
 
6. 
Im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde werden keine Kosten erhoben und wird dem obsiegenden Beschwerdeführer eine Entschädigung aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet (Art. 278 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 BStP). Im Verfahren der gegenstandslos gewordenen staatsrechtlichen Beschwerde werden praxisgemäss keine Kosten erhoben und keine Entschädigung zugesprochen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 22. Dezember 2005 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird als gegenstandslos geworden am Geschäftsverzeichnis abgeschrieben. 
 
3. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
4. 
Dem Beschwerdeführer wird eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet. 
 
5. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 6. September 2006 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: