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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_397/2021  
 
 
Urteil vom 10. November 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Schöbi 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Blum, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Obergericht des Kantons Zürich, 
 
II. Zivilkammer, Hirschengraben 15, 8001 Zürich,  
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Entschädigung der Kindesvertreterin, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts 
des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 13. April 2021 (PQ200062-O/Z02). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Beschwerdeführerin wurde im Juli 2019 im Zusammenhang mit der superprovisorischen Platzierung eines damals siebenjährigen Kindes zufolge einer Gefährdungsmeldung der Staatsanwaltschaft von der KESB der Stadt Zürich als Kindesvertreterin eingesetzt. Nachdem die KESB am 6. August 2019 noch die Rückplatzierung in die Familie gutgeheissen hatte, ordnete sie am 14. Juli 2020 die erneute Fremdplatzierung des Kindes an. Im Zusammenhang mit der Frage der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde an den Bezirksrat gelangte die Kindesvertreterin an das Obergericht des Kantons Zürich, welches die Beschwerde mit Entscheid vom 7. Januar 2021 guthiess. 
 
B.  
Am 25. Februar 2021 reichte die Genossenschaft B.________ für die Aufwendungen der Kindesvertreterin im Rechtsmittelverfahren eine Rechnung über Fr. 3'054.15 ein. Das Leistungsjournal weist Aufwendungen von 12,89 Stunden aus, welche zu einem Stundenansatz von Fr. 220.-- in Rechnung gestellt wurden. 
Mit Beschluss vom 13. April 2021 setzte das Obergericht die Entschädigung für die Beschwerdeführerin ausgehend von einem Stundenansatz von Fr. 170.-- (zzgl. MWSt) auf insgesamt Fr. 2'370.-- (inkl. MWSt) fest. 
 
C.  
Gegen diesen Beschluss hat die Kindesvertreterin am 12.Mai 2021 beim Bundesgericht eine Beschwerde eingereicht mit den Begehren um dessen Aufhebung und Festsetzung der Entschädigung auf Fr. 3'054.15, eventualiter um Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. 
Das Bundesgericht hat die Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholte. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Zunächst stellt sich die Frage der Beschwerdelegitimation. Nach den (in Übereinstimmung mit dem betreffenden Aktenstück stehenden) Feststellungen im angefochtenen Entscheid stellte nicht die Beschwerdeführerin Rechnung, sondern vielmehr die Genossenschaft B.________. Indes sprach das Obergericht die Entschädigung im Dispositiv des angefochtenen Entscheides nicht der Genossenschaft, sondern direkt der Beschwerdeführerin zu. Entsprechend ist diesbezüglich von einer persönlichen Beschwerdelegitimation auszugehen (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). 
 
2.  
Weiter stellt sich die Frage nach dem zulässigen Rechtsmittel. Richtet sich die Beschwerde nur gegen die Kostenfestsetzung und damit gegen einen Nebenpunkt, steht dennoch das für die Hauptsache gegebene Rechtsmittel offen, soweit nicht bereits im vorinstanzlichen Verfahren nur noch die Kostenfestsetzung den Verfahrensgegenstand bildete (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 137 III 47 E. 1.2.2; zuletzt Urteil 4A_164/2022 vom 22. August 2022 E. 1). 
Vorliegend erfolgte die Festsetzung der Entschädigung zwar in einem separaten Beschluss. Dies ist aber einzig darauf zurückzuführen, dass das Obergericht in seinem Urteil vom 7. Januar 2021 die Beschwerdeführerin aufforderte, ihre Kostennote einzureichen, und festhielt, dass über ihre Entschädigung in einem separaten Beschluss befunden werde. Im Rubrum des Honorarfestsetzungsbeschlusses vom 13. April 2021 sind denn auch (wie im Urteil vom 7. Januar 2021) weiterhin die Eltern und das Kind als Parteien aufgeführt, nicht die Beschwerdeführerin. Weil die Hauptsache nicht vermögensrechtlich war und deshalb mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht hätte weitergezogen werden können, schadet es folglich nicht, wenn die Entschädigung den Mindeststreitwert von Fr. 30'000.-- gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG nicht erreicht. Die Beschwerde in Zivilsachen steht offen. 
 
3.  
Indes ging es beim obergerichtlichen Hauptentscheid lediglich um die Frage der aufschiebenden Wirkung im Verfahren vor dem Bezirksrat und damit um eine vorsorgliche Massnahme im Sinn von Art. 98 BGG (BGE 134 II 192 E. 1.5; 137 III 475 E. 2), womit einzig verfassungsmässige Rechte als verletzt gerügt werden können. Dies ändert vorliegend jedoch insofern nichts, als die Festsetzung des Honorars auf kantonal-rechtlicher Grundlage beruht (dazu E. 7) und diesbezüglich ohnehin nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann, wobei die Rüge im Vordergrund steht, dass das kantonale Recht willkürlich angewandt worden sei (BGE 139 III 225 E. 2.3, 252 E. 1.4; 142 II 369 E. 2.1). 
 
4.  
Das Obergericht hat BGE 142 III 153 E. 5.3.4.2 zum Ausgangspunkt genommen, wonach eine Entschädigung gemäss Anwaltstarif bei nichtanwaltlicher Kindesvertretung nicht sachgemäss ist, sondern grundsätzlich die Entschädigungsrichtlinien zum Zug kommen, wie sie bei Beistandschaften gelten, und festgehalten, bei der Beschwerdeführerin handle es sich nicht um eine Anwältin. Für die Festsetzung der Entschädigung komme mithin nicht die kantonale Verordnung über die Anwaltsgebühren zum Zug, sondern seien die gestützt auf Art. 404 Abs. 3 ZGB und § 21 Abs. 4 EG KESR/ZH erlassenen Ausführungsbestimmungen und damit die Verordnung über Entschädigungen und Spesenersatz bei Beistandschaften (ESBV/ZH) massgeblich. Die nach Zeitaufwand bemessene Entschädigung für Beistände betrage praxisgemäss zwischen Fr. 50.-- und Fr. 100.--, was vorliegend aber der Aus- und Zusatzausbildung der Kindesvertreterin zu wenig Rechnung trage. Angemessen sei vielmehr ein Grundansatz von Fr. 150.--. Dieser könne je nach Schwierigkeit und Komplexität des Falles bis auf Fr. 220.-- pro Stunde erhöht werden. Vorliegend rechtfertige sich angesichts der Komplexität und Schwierigkeit des Falles ein Ansatz von Fr. 170.--. 
 
5.  
Die Beschwerdeführerin rügt vorab eine Gehörsverletzung im Sinn von Art. 29 Abs. 2 BV, ohne diese jedoch auch nur ansatzweise zu begründen. Damit bleibt die Rüge unsubstanziiert. Ohnehin wäre keine Verletzung der Begründungspflicht als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs ersichtlich, denn das Obergericht hat die Überlegungen genannt, von denen es sich hat leiten lassen (BGE 141 III 28 E. 3.2.4; 142 III 433 E. 4.3.2; 143 III 65 E. 5.2). Deren Kern bildet die Aussage, dass sich die Honorarbemessung für Beistände grundsätzlich nach der ESBV richtet. 
 
6.  
In der Sache selbst macht die Beschwerdeführerin geltend, gemäss Ziff. 3.8 der Empfehlungen der KESB-Präsidienvereinigung des Kantons Zürich für die Entschädigung von Beiständen soll diesen für Beistandschaften nach Art. 314abis ZGB eine Entschädigung nach Zeitaufwand ausgerichtet werden, wofür ein Ansatz von Fr. 220.-- gelte; dies müsse bei der Kindesvertretung unabhängig vom beruflichen Hintergrund gelten. Das Bundesgericht habe wiederholt Entschädigungen, welche losgelöst vom tatsächlichen Zeitaufwand bemessen worden seien, als willkürlich taxiert. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt und damit willkürlich, den für Anwälte geltenden Stundenansatz von Fr. 220.-- auf Fr. 150.-- oder Fr. 170.-- zu kürzen mit dem Verweis auf den beruflichen Hintergrund; damit setze sich die Vorinstanz über die bundesgerichtlichen Empfehlungen und die Regeln des kantonalen Rechts hinweg. Mit der Behauptung, die Verordnung über die Anwaltsgebühren sei nicht einschlägig, verkenne das Obergericht, dass Kindesvertretungen hohe persönliche und fachliche Qualifikationen erforderten und unabhängig vom beruflichen Hintergrund in einheitlicher Höhe festzulegen seien. Das Honorar müsse im Ergebnis mit dem in Art. 299 ZPO und Art. 314abis ZGB verankerten Anspruch des Kindes auf wirksame Vertretung vereinbar sein. 
 
7.  
Selbst ausserhalb des Bereiches des Kindes- und Erwachsenenschutzes richten sich die Prozesskosten in Zivilverfahren aufgrund des zuteilenden Vorbehaltes in Art. 96 ZPO nach kantonalem Tarif. Umso mehr gilt dies für den Bereich des Kindes- und Erwachsenenschutzes, in welchem sich der bundesrechtliche zuteilende Vorbehalt in Art. 450f ZGB (abgesehen von den vorliegend nicht interessierenden Normen von Art. 450 bis 450e ZGB) auf das gesamte Prozessrecht bezieht. Vorliegend sind somit wie gesagt nur Willkürrügen im Zusammenhang mit der Anwendung der massgeblichen kantonalen Rechtsgrundlagen für die Festsetzung der Entschädigung möglich. 
Die Ausführungen in der Beschwerde bleiben grösstenteils appellatorisch, wobei das Hauptgewicht auf dem Vorbringen liegt, es müsse im Beschwerdeverfahren den Empfehlungen der KESB-Präsidienvereinigung des Kantons Zürich gefolgt werden (diese sehen in Ziff. 3.8 vor, dass die Entschädigung von Beiständen nach Zeitaufwand erfolgen und sich der Stundenansatz in der Regel nach den Richtlinien des Obergerichts des Kantons Zürich für amtliche Mandate bemessen soll), womit ein Ansatz von Fr. 220.-- gelte und dieser unabhängig vom beruflichen Hintergrund zur Anwendung gelangen müsse. Abgesehen vom formellen Mangel, dass diesbezüglich keine verfassungsmässigen Rechte als verletzt angerufen werden, wäre auch inhaltlich nicht zu sehen, inwiefern Willkür vorliegen soll, wenn das Obergericht für das Beschwerdeverfahren nicht blosse Empfehlungen der KESB-Präsidienvereinigung zur Anwendung bringt, welche sich offensichtlich auf das Verfahren vor der KESB beziehen und in welchen im Übrigen kein konkreter Stundenansatz genannt, sondern auf Richtlinien des Obergerichtes für amtliche Mandate verwiesen wird. Darzutun wäre vielmehr, inwiefern erstens die Anwendung der ESBV willkürlich sein soll und inwiefern zweitens die dort enthaltenen Grundsätze willkürlich angewandt worden sein sollen. All dies tut die Beschwerdeführerin nicht dar. 
Das Wort "Willkürverbot" bzw. "willkürlich" erscheint in der Beschwerde einzig in drei Richtungen. Zum einen wird behauptet, das Bundesgericht habe losgelöst vom konkreten Zeitaufwand bemessene Entschädigungen wiederholt als willkürlich qualifiziert; vorliegend wurde die Entschädigung aber gerade nach Zeitaufwand bemessen und nicht pauschalisiert. Zweitens wird festgehalten, die Reduktion des Tarifes von Fr. 220.-- auf Fr. 150.-- oder Fr. 170.-- bedeute eine Verletzung des Willkürverbotes; indes hat das Obergericht nicht einen Stundenansatz reduziert oder gekürzt, sondern erwogen, welcher Ansatz im obergerichtlichen Beschwerdeverfahren ausgehend von der ESBV gerechtfertigt sei. Drittens macht die Beschwerdeführerin geltend, das Obergericht habe bereits in früheren Verfahren verschiedentlich ihre Honorarnoten gekürzt, zum Teil mit der Einsetzung eines pauschalisierten Grundbetrages, was willkürlich sei; aufzuzeigen wäre indes, inwiefern die vorliegende (nach Zeitaufwand bemessene) Honorarfestsetzung willkürlich sein soll. 
Soweit schliesslich sinngemäss eine Verletzung von Art. 314abis ZGB, Art. 299 ZPO und Art. 12 Abs. 2 UN-KRK geltend gemacht werden sollte mit der damit verbundenen Aussage, die Vertretung des Kindeswohls müsse sachgerecht und wirksam sein, bleibt es wiederum bei appellatorischen Ausführungen. Ohnehin würden diesbezüglich selbst formal korrekte Willkürrügen nicht zum Ziel führen, denn offensichtlich liesse sich aus den angeführten Normen kein Rechtsanspruch auf einen Stundensatz von Fr. 220.-- ableiten. 
 
8.  
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind somit der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. November 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli