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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_421/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 19. August 2013  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Schöbi, 
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Y.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Désirée van der Walt-Thürkauf, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Edition (Ehescheidung), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 18. April 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Zwischen X.________ (Ehemann, geb. 1947) und Y.________ (Ehefrau, geb. 1941), beide schweizerisch-ungarische Doppelbürger, ist ein Scheidungsverfahren vor dem Bezirksgericht Zürich hängig. 
 
B.  
An der Hauptverhandlung des Bezirksgerichts vom 20. September 2010 und in deren Nachgang stellten sowohl die Ehefrau als auch der Ehemann diverse Auskunfts- und Editionsbegehren. 
 
 Mit Verfügung vom 20. November 2012 verpflichtete das Bezirksgericht den Ehemann zur Edition einer Kopie des Kaufvertrages betreffend eine Liegenschaft in Z.________ und Belegen über die Zahlung des Kaufpreises. Die übrigen Auskunfts- und Editionsbegehren der Parteien wies es, soweit sich diese nicht gegen Dritte richteten und daher erst im Rahmen des Beweisverfahrens zu prüfen seien, ab. 
 
C.  
Gegen den Editionsentscheid erhob X.________ eine Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich, welche von diesem als Berufung entgegengenommen wurde. 
 
 Das Obergericht wies die Berufung am 18. April 2013 ab und verpflichtete X.________, die Kopie des Kaufvertrages sowie die Belege über die Zahlung des Kaufpreises innert 10 Tagen ab Erhalt des obergerichtlichen Entscheides dem Bezirksgericht einzureichen. Die Kosten des Verfahrens auferlegte es X.________. 
 
D.  
Hiergegen gelangt X.________ (Beschwerdeführer) mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht. Er verlangt die Aufhebung des Urteils des Obergerichts; die umstrittenen Editionsbegehren der Ehefrau seien abzuweisen. Schliesslich sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. 
 
 Die Beschwerdegegnerin beantragte mit Eingabe vom 10. Juni 2013, die aufschiebende Wirkung sei zu verweigern. Das Obergericht verzichtete diesbezüglich auf eine Stellungnahme. 
 
 Mit Verfügung vom 18. Juli 2013 hat der Präsident der II. Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 In der Sache selbst hat das Bundesgericht keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
E.  
Das Scheidungsverfahren in der Schweiz war von der Ehefrau eingeleitet worden. Der Beschwerdeführer hatte demgegenüber in Ungarn ein Scheidungsbegehren eingereicht. Mit Urteil 5A_248/2010 vom 11. Juni 2010 (in: SZIER 2012, 332) bestätigte das Bundesgericht indes die Zuständigkeit des von der Ehefrau angerufenen Bezirksgerichts Zürich. Mit Urteil 5A_780/2011 vom 23. Februar 2012 (in: AJP 2012, 1617) trat das Bundesgericht weiter auf eine vom Beschwerdeführer erhobene Einrede der res iudicata (hinsichtlich eines in Ungarn ergangenen Urteils über die güterrechtliche Auseinandersetzung betreffend das in Ungarn gelegene Liegenschaftsvermögen der Parteien) nicht ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 135 III 212 E. 1 S. 216 mit Hinweisen). 
 
1.1. Angefochten ist ein Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, mit welchem ein Entscheid des Bezirksgerichts Zürich betreffend Aktenedition geschützt wurde.  
 
1.2. Auskunfts- und Editionspflichten können gestützt auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen begründet werden.  
 
1.2.1. Gemäss Art. 170 Abs. 1 ZGB kann jeder Ehegatte vom andern Auskunft über dessen Einkommen, Vermögen und Schulden verlangen. Der Richter kann den andern Ehegatten oder Dritte auf Begehren verpflichten, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen (Art. 170 Abs. 2 ZGB). Beim Auskunftsanspruch der Ehegatten handelt es sich um materielles Recht. Dieser kann in einem unabhängigen Verfahren oder vorfrageweise in einem eherechtlichen Verfahren geltend gemacht werden, wobei der richterliche Entscheid hierüber nach einer umfassenden Prüfung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ergeht und materielle Rechtskraft entfaltet (vgl. zuletzt Urteil 5A_768/2012 vom 17. Mai 2013 E. 4.1 mit Hinweisen). Entscheide über die aus Art. 170 ZGB fliessenden Rechte und Pflichten stellen mithin Endentscheide im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dar (BGE 120 II 352 E. 2a S. 354).  
 
1.2.2. Davon zu unterscheiden sind prozessuale Editions- und Auskunftspflichten gestützt auf das Verfahrensrecht, welche heute namentlich in Art. 150 ff. ZPO geregelt werden. Jede Partei hat das Recht zu beantragen, dass das Gericht über streitige und entscheidwesentliche Tatsachen Beweise abnimmt, nötigenfalls auch die Gegenpartei zur Herausgabe von Beweismitteln verpflichtet. Wer welche Beweismittel einzureichen hat, legt das Gericht in sog. Beweisverfügungen fest (Art. 154 ZPO). Unrichtige Beweisverfügungen können nur separat angefochten werden, wenn die betroffene Partei einen nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteil dartut, ansonsten kann dies erst im Rahmen des Hauptrechtsmittels gegen den Endentscheid geschehen (Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO; Botschaft zur ZPO vom 28. Juni 2006, BBl 2006 7221 ff., S. 7377).  
 
 Das im erstinstanzlichen Scheidungsverfahren anwendbare kantonale Prozessrecht sah das Institut der Beweisverfügung ebenfalls vor (sog. Beweisauflagebeschluss; vgl. § 136 ZPO ZH). Zum Zeitpunkt der Beweiserhebung hält § 134 ZPO ZH fest, dass das Beweisverfahren nach dem Hauptverfahren durchgeführt wird; das Gericht kann aber schon während des Hauptverfahrens Beweise erheben, wenn sich damit das Verfahren vereinfachen lässt. An die den Beweisbeschlüssen zugrunde liegende Auffassung ist das Gericht nicht gebunden; es kann bis zum Erlass des Endentscheids andere Beweise auferlegen und die Beweislast ändern (§ 143 ZPO ZH). 
 
1.2.3. Vorliegend stellte die Beschwerdegegnerin den Antrag (der Beschwerdeführer sei zur Edition der Unterlagen zu verpflichten) an der Hauptverhandlung des Bezirksgerichts. Sie nahm dabei einerseits auf Art. 170 ZGB Bezug. Anderseits begründete sie den Antrag damit, dass sie für den Beweis ihres Standpunktes auf diese Unterlagen angewiesen sei und sich in einem Beweisnotstand befinde, weshalb der Ehemann neben den Auskunftspflichten aus Eherecht auch aus prozessualen Gründen zur Edition der nur ihm zur Verfügung stehenden Belege verpflichtet werden müsse. Sie berief sich dabei explizit auf § 136 ZPO ZH (vgl. die dem Gericht eingereichten Plädoyernotizen vom 20. September 2010, S. 21; act. 132 des Bezirksgerichts Zürich).  
 
 Vor diesem Hintergrund ist ersichtlich, dass der Antrag namentlich aus prozessualen Gründen und gestützt auf Verfahrensrecht erfolgte. Es rechtfertigt sich daher, die Editionsbegehren der Beschwerdegegnerin - entgegen den kantonalen Ausführungen - als blossen Antrag auf Beweisabnahme durch das Gericht zu behandeln. Entsprechend stellen die umstrittenen kantonalen Entscheide Beweisverfügungen dar, welche bereits auf kantonaler Ebene nur unter der Voraussetzung von Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO hätten angefochten werden können. 
 
1.3. Für die Beschwerde an das Bundesgericht ist massgebend, dass Entscheide über Beweismassnahmen Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG darstellen (BGE 134 III 188; vgl. auch Urteil 5A_612/2007 vom 22. Januar 2008 E. 5.2). Gegen selbständig eröffnete Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), ist die Beschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG zulässig, wenn ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht (lit. a), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Diese Bestimmung gilt für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde sinngemäss (Art. 117 BGG).  
 
 Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt vorliegend ausser Betracht. Der Entscheid des Bundesgerichts kann - unabhängig davon, wie er ausfällt - das Scheidungsverfahren nicht beenden. 
 
 Ein drohender nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss rechtlicher Natur sein, was voraussetzt, dass er sich auch mit einem späteren günstigen Endentscheid nicht oder nicht gänzlich beseitigen lässt. Rein tatsächliche Nachteile wie die Verfahrensverlängerung oder -verteuerung genügen nicht (BGE 137 III 380 E. 1.2.1 S. 382 mit Hinweisen). Anordnungen betreffend die Beweisführung, wozu auch die Edition von Akten gehört, bewirken nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung in aller Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil. Davon gibt es Ausnahmen, so namentlich, wenn im Rahmen von Beweismassnahmen Geschäftsgeheimnisse offen gelegt werden müssen (Urteil 4A_269/2011 vom 10. November 2011 E. 1.3 mit Hinweisen). 
 
 Der Beschwerdeführer muss begründen, weshalb die Voraussetzungen gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sein sollen, sofern deren Vorhandensein nicht auf der Hand liegt (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 329; 134 III 426 E. 1.2 S. 429). 
 
1.4. Inwiefern ihm  durch die angeordnete Edition selbstein nicht wieder gutzumachender Nachteil drohen sollte, führt der Beschwerdeführer nicht aus.  
 
 Er bringt in erster Linie vor, mit dem Entscheid über die Editionspflicht sei auch über das (in der Hauptsache) anwendbare Recht entschieden worden. Die Edition sei gestützt auf schweizerisches Recht verfügt worden. Daraus schliesst er, dass auch schweizerisches Scheidungsrecht zur Anwendung kommen werde. Dies wiederum beinhalte die Gefahr, dass das zu fällende Scheidungsurteil mit dem in Ungarnergangenen Urteil (vorstehend E.) in Widerspruch trete. In der Folge äussert er sich ausführlich dazu, weshalb im Scheidungsverfahren ungarisches Recht massgebend sein müsse und erörtert verschiedene konkrete Punkte (z.B. Ehevertrag, behauptete Rechtswahl, Eigentumsverhältnisse der Parteien, trennungsbedingter Güterstand). 
 
 Damit lässt sich kein drohender nicht wieder gutzumachender Nachteil dartun. Das Scheidungsgericht ist im weiteren Verfahren grundsätzlich nicht an die Begründung des Beweisbeschlusses gebunden (vgl. vorstehend E. 1.2.2). Überdies kann die Rüge, das Scheidungsgericht habe zu Unrecht schweizerisches Recht angewendet, gegen den Endentscheid vorgetragen werden. 
 
1.5. Der Beschwerdeführer kritisiert weiter, dass es zu einer Beweislastumkehr führen würde, wenn er - und nicht die Beschwerdegegnerin - die verlangten Akten einreichen müsse. Denn es liege an der Beschwerdegegnerin, Beweismittel einzureichen, wenn sie eine Beteiligungsforderung an seinem Eigengut, wozu das Grundstück in Z.________ gehöre, geltend machen wolle.  
 
 Der Vorwurf entbehrt einer Grundlage. Die beweisbelastete Beschwerdegegnerin hat zwecks Beweises von Tatsachen (Vermögen), aus welchen sie Rechte ableitet, im Zuge ihres Beweisführungsrechts dem Gericht beantragt, den Beschwerdeführer aufzufordern, bestimmte, (nur) ihm zugängliche Dokumente vorzulegen. Dieser prozessual zulässige Antrag bzw. die Genehmigung desselben führen weder zu einer Umkehr der Beweislast im Sinne von Art. 8 ZGB noch der zivilprozessualen Beweisführungslast. 
 
 Auf die Beschwerde kann somit nicht eingetreten werden. Hingegen ist die Frist für die Edition der Unterlagen - unter Beibehaltung der im angefochtenen Urteil angedrohten Säumnisfolgen - neu anzusetzen. 
 
2.  
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin ist für ihre Stellungnahme zur beantragten aufschiebenden Wirkung nicht zu entschädigen, da sie insoweit unterlegen ist (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
 Der Beschwerdeführer hat die betreffenden Unterlagen (Kopie des Kaufvertrages der Liegenschaft in Z.________ sowie die Belege über die Zahlung des Kaufpreises) innert 10 Tagen ab Erhalt dieses Entscheides dem Bezirksgericht Zürich einzureichen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, sowie dem Bezirksgericht Zürich, 8. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. August 2013 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann