Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9C_520/2019
Urteil vom 22. Oktober 2019
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Fessler.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
handelnd durch B.________, und diese vertreten durch MLaw Rechtsanwältin Anna Härry,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung
(Invalidenrente; berufliche Massnahmen),
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 4. Juni 2019 (VBE.2018.635; VBE.2018.806).
Sachverhalt:
A.
A.________ meldete sich im Juni 2015 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Unter anderem gestützt auf die Gutachten von Dr. med. C.________, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 14. Oktober 2016 und der Neurologie D.________ AG, vom 14. Februar 2018 verneinte die IV-Stelle des Kantons Aargau nach durchgeführten Vorbescheidverfahren mit Verfügung vom 25. Juli 2018 den Anspruch auf eine Rente und mit Verfügung vom 2. Oktober 2018 auch den Anspruch auf berufliche Massnahmen.
B.
A.________ erhob gegen beide Verfügungen Beschwerde, welche das Versicherungsgericht des Kantons Aargau nach Vereinigung der Verfahren mit Entscheid vom 4. Juni 2019 abwies.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, der Entscheid vom 4. Juni 2019 sei aufzuheben, und die IV-Stelle sei zu verpflichten, ihm Leistungen gemäss IVG, namentlich Eingliederungsmassnahmen und berufliche Massnahmen sowie eine Rente zu gewähren.
Die IV-Stelle des Kantons Aargau ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem wegen Verletzung von Bundesrecht erhoben werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig [willkürlich; BGE 142 II 433 E. 4.4 S. 444] ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG).
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). In diesem Rahmen prüft es grundsätzlich frei, ob ein medizinisches Gutachten Beweiswert hat, d.h. den diesbezüglichen Anforderungen genügt (vgl. dazu BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; Urteil 9C_658/2018 vom 11. Januar 2019 E. 1 mit Hinweis).
2.
Streitgegenstand bildet der Anspruch des Beschwerdeführers auf berufliche Massnahmen und/oder eine Rente der Invalidenversicherung.
3.
Das kantonale Versicherungsgericht hat erwogen, in den medizinischen Akten würden in Bezug auf die gesundheitlichen Beschwerden bzw. das funktionelle Leistungsvermögen des Versicherten, insbesondere dessen Visus, von verschiedenen Fachärzten über mehrere Jahre teils erhebliche Diskrepanzen und zahlreiche Inkonsistenzen beschrieben, sodass auf das Vorliegen von Aggravation zu schliessen sei. Damit sei ein Ausschlussgrund gegeben, welcher die Annahme einer invalidenversicherungsrechtlich relevanten Gesundheitsbeeinträchtigung nicht erlaube. Kein anderes Ergebnis liesse sich unter Berücksichtigung der Indikatoren gemäss BGE 141 V 281 begründen. Somit sei der Beschwerdeführer als voll arbeitsfähig für sämtliche Tätigkeiten anzusehen, zumal in den Akten keine Einschränkungen aus somatischer Sicht beschrieben würden. Von der Ermittlung des Invaliditätsgrades (durch Einkommensvergleich) könne abgesehen werden. Mangels invalidisierendem Gesundheitsschadens bestehe kein Rentenanspruch, ebenso wenig ein Anspruch auf berufliche Massnahmen oder Integrationsmassnahmen.
4.
Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen eines Ausschlussgrundes (vgl. dazu E. 6.1). Weiter rügt er eine unzulässige Parallelüberprüfung im Sinne von BGE 141 V 281 E. 5.2.3 S. 307 (vgl. dazu E. 7.1). Schliesslich sei der Ausschluss beruflicher Massnahmen (bundes-) rechtswidrig.
5.
Dr. med. C.________ stellte in ihrem Gutachten vom 14. Oktober 2016folgende Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit: Dissoziative Sensibilitäts-, Empfindungs- und Bewegungsstörungen (ICD-10 F44.4-6); dissoziative Amnesie (ICD-10 F44.0); kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen, narzisstischen und passiv-aggressiven Zügen (ICD-10 F61.0); anamnestisch komplexe psychosoziale Belastungssituation (...). Sie erachtete den Beschwerdeführer in der angestammten und in jeder anderen Tätigkeit zu 80 % arbeitsunfähig.
Im Gutachten der Neurologie D.________ AG vom 14. Februar 2018 wurde als (einzige) Diagnose mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit eine dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörung (ICD-10 F44.6) genannt. Die Experten gingen von einer Arbeitsfähigkeit von 0 % in der angestammten und einer solchen von 100 % in einer für sehbehinderte Menschen optimal angepassten Tätigkeit aus.
6.
6.1. Das kantonale Versicherungsgericht hat beiden Administrativgutachten Beweiswert zuerkannt. Danach liegt ungeachtet der nicht übereinstimmenden Diagnosen ein psychisches Leiden vor, auf welches BGE 141 V 281 anwendbar ist (BGE 143 V 418). Es ist somit im Rahmen eines strukturierten Beweisverfahrens zu prüfen, ob die gesundheitliche Beeinträchtigung auch rechtlich von Bedeutung, d.h. invalidisierend ist. Die dazu dienende Standardindikatorenprüfung ist unter anderem dann entbehrlich, wenn die Leistungseinschränkung auf Aggravation oder einer ähnlichen Konstellation beruht, die eindeutig über die blosse (unbewusste) Tendenz zur Schmerzausweitung und -verdeutlichung hinausgeht, ohne dass das betreffende Verhalten auf eine verselbständigte, krankheitswertige psychische Störung zurückzuführen wäre. Ist ein solcher Tatbestand gegeben, fällt eine versicherte Gesundheitsschädigung ausser Betracht und ein Rentenanspruch ist ausgeschlossen (BGE 141 V 281 E. 2.2.1 S. 287). Ob ein Ausschlussgrund gegeben ist, bedarf einer sorgfältigen Prüfung auf möglichst breiter Beobachtungsbasis auch in zeitlicher Hinsicht (Urteile 9C_658/2018 vom 11. Januar 2019 E. 4.1, 9C_602/2016 vom 14. Dezember 2016 E. 5.2.2.1 und 9C_899/2014 vom 29. Juni 2015 E. 4.2.2, in: SVR 2015 IV Nr. 38 S. 121).
6.2. Zur Frage, ob Aggravation (zu diesem Begriff Urteil 9C_899/2014 vom 29. Juni 2015 E. 4.2.2, in: SVR 2015 IV Nr. 38 S. 121), Simulation oder Somatisierung gegeben ist, hat sich grundsätzlich (zuerst) der psychiatrische Facharzt zu äussern (Urteil 9C_658/2018 vom 11. Januar 2019 E. 4.1.2; vgl. auch Urteile 8C_95/2019 vom 3. Juni 2019 E. 6.1.1, 9C_294/2018 vom 28. November 2018 E. 3.2.3.2, 8C_728/2017 vom 31. August 2018 E. 3.2.2 und 9C_602/2016 vom 14. Dezember 2016 E. 5.2.2.2). Das haben im vorliegenden Fall die beteiligten Administrativgutachter getan, was vom kantonalen Versicherungsgericht weder erwähnt noch gewürdigt wurde, wie in der Beschwerde vorgebracht wird:
Dr. med. C.________ hielt in ihrer Expertise vom 14. Oktober 2016 fest, dass bei den ausgiebigen ophthalmologischen Untersuchungen einige Auffälligkeiten im Verhalten bemerkt wurden, die zumindest für eine Teilkomponente bewusstseinsnaher Aggravierung sprächen. An anderer Stelle führte sie unter Hinweis auf die erwähnten Inkonsistenzen in der Symptompräsentation aus, der Versicherte beschreibe gleichwohl einen mit der Schwere der dissoziativen Störungen zu vereinbarenden höchst reduzierten Alltag, der von gelebter Hilflosigkeit gezeichnet sei. Die Gutachter der Neurologie D.________ AG hielten in der interdisziplinären Gesamtbeurteilung fest, die Inkonsistenzen könnten für eine dissoziative Störung einerseits sprechen, andererseits Hinweise auf eine Simulation sein. Im Gesamtkonzept bleibe das Vorhandensein der dissoziativen Störung überwiegend wahrscheinlich, während das Vorhandensein einer Simulation lediglich möglich erscheine.
Diese gutachterlichen Ausführungen verbieten es, auf einen Ausschlussgrund zu erkennen. Dies gilt umso mehr, als die Experten den Versicherten persönlich untersucht und Kenntnis von den Vorakten hatten, aus denen sich gemäss dem kantonalen Versicherungsgericht ebenfalls gewichtige Hinweise für ein aggravatorisches, nicht bloss verdeutlichendes Verhalten ergeben sollen (E. 3).
7.
7.1. Das Wesen des strukturierten Beweisverfahrens besteht darin, anhand eines Kataloges von (Standard-) Indikatoren, unterteilt in die Kategorien "funktioneller Schweregrad" und "Konsistenz" (Gesichtspunkte des Verhaltens" (vgl. dazu BGE 141 V 281 E. 4.1.3 S. 297 f.), das unter Berücksichtigung sowohl leistungshindernder äusserer Belastungsfaktoren als auch von Kompensationspotentialen (Ressourcen) tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen einzuschätzen (BGE 141 V 281 E. 3.6 S. 294; Urteil 9C_289/2018 vom 11. Dezember 2018 E. 6.1). Die Frage der Notwendigkeit, ein strukturiertes Beweisverfahren durchzuführen, beurteilt sich nach dem konkreten Beweisbedarf. Nach der Rechtsprechung hat grundsätzlich auch dort eine vertiefende Prüfung hinsichtlich des funktionellen Schweregrades und insbesondere der Konsistenz zu erfolgen, wo Hinweise auf Inkonsistenzen, Aggravation oder Simulation bestehen (BGE 143 V 418 E. 7.1 S. 429; Urteil 9C_501/2018 vom 12. März 2019 E. 5.1).
Hat sich die sachverständige Person bei der Einschätzung des Leistungsvermögens an den normativen Vorgaben gemäss BGE 141 V 281 orientiert und genügt ihr Gutachten den allgemeinen Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232), sind die darin formulierten Stellungnahmen zur Arbeitsfähigkeit von den Organen der Rechtsanwendung grundsätzlich zu übernehmen. Eine davon losgelöste juristische Parallelüberprüfung nach Massgabe des strukturierten Beweisverfahrens soll nicht stattfinden (BGE 141 V 281 E. 5.2.3 S. 307; Urteile 9C_307/2017 vom 11. Januar 2018 E. 5.1.2 und 9C_125/2015 vom 18. November 2015 E. 5.5; vgl. auch BGE 144 V 50 E. 4.3 S. 54).
7.2. Das kantonale Versicherungsgericht hat erwogen, das äusserst aktive und normal geregelte Leben des Beschwerdeführers spreche gegen eine schwere Ausprägung der Störungen. Gleiches gelte für die zahlreichen Inkonsistenzen. Seine Lebensgestaltung deute darauf hin, dass er über Ressourcen verfüge, die sich positiv auf das Leistungsvermögen auswirkten. So bestehe insbesondere eine intakte Tagesstruktur. Der soziale Lebenskontext, die Einbettung in den Familien- und Freundeskreis und die ihm im Alltag obliegenden Haushaltsführungs- und Betreuungsaufgaben sowie seine sonstigen Aktivitäten, wie die Obhut über die Tochter und die Pflege der Tiere, enthielten bestätigende und sich günstig auf die Ressourcen auswirkende Faktoren. Auch die Tätigkeit im Verein "Raum für Begegnung", welche regelmässige und zielgerichtete Kontakte zu Mitgliedern und Dritten sowie organisatorische Fähigkeiten voraussetze, wiesen auf Ressourcen hin. Sodann könnten die behauptete Einschränkung bei der Erwerbstätigkeit und in den sonstigen Lebensbereichen keinesfalls als gleich ausgeprägt bezeichnet werden. Vielmehr stellten sich die geltend gemachten Einschränkungen im Erwerbsbereich als wesentlich gravierender dar als diejenigen in den sonstigen Lebensbereichen. Das ausgeprägte Aktivitätsniveau im privaten Bereich und der soziale Kontext wiesen jedenfalls auf vorhandene Ressourcen hin. Es liege damit eine Inkonsistenz zwischen den behaupteten Einschränkungen bei der Erwerbstätigkeit und in den sonstigen Lebensbereichen vor. Bereits aufgrund des erheblichen Aktivitätenniveaus im privaten Bereich und der eindeutig fehlenden Konsistenz aus rechtlicher Sicht sei insgesamt vom Fehlen eines invalidisierenden Gesundheitsschadens auszugehen, ohne dass weitere Indikatoren vertieft zu prüfen wären.
7.3. Gemäss dem kantonalen Versicherungsgericht kommt beiden Administrativgutachten Beweiswert zu (E. 6.1). Es kommt dazu, das sich sowohl Dr. med. C.________ als auch der Psychiater der Neurologie D.________ AG bei der Einschätzung des funktionellen Leistungsvermögens an den normativen Vorgaben nach BGE 141 V 281 orientiert hatten, wie der Beschwerdeführer vorbringt. Es bestand Übereinstimmung in Bezug auf die Diagnose (mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit) einer dissoziativen Sensibilitäts- und Empfindungsstörung (ICD-10 F44.6) und darin, dass der Versicherte in der angestammten Tätigkeit zu 80 % bzw. 100 % arbeitsunfähig war. In Abweichung von der psychiatrischen Gutachterin, welche eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen, narzisstischen und passiv-aggressiven Zügen (ICD-10 F61.0) diagnostizierte, erwähnten die Fachärzte der Gutachterstelle lediglich eine emotional-instabile Persönlichkeitsakzentuierung (ICD-10 Z73). Gänzlich verschieden schätzten die Administrativgutachter die Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit ein: Dr. med. C.________ 80 %, Neurologie D.________ AG 0 % (E. 5). Bereits diese Ausgangslage erfordert eine umfassende Prüfung der einschlägigen Indikatoren, was diejenige des kantonalen Versicherungsgerichts jedoch nicht ist, welches zudem einzig und allein Umstände hervorgehoben hat, welche auf vorhandene Ressourcen hinweisen sollen.
7.4.
7.4.1. Zum Ergebnis, die psychische Störung sei nicht ausgeprägt, gelangte das kantonale Versicherungsgericht nicht aufgrund objektiver Befunde, sondern einzig wegen des " äusserst" aktiven und normal geregelten Lebens des Beschwerdeführers (vgl. Urteil 9C_899/2017 vom 9. Mai 2018 E. 4.2.1), was dieser im Übrigen unter Hinweis auf das Gutachten von Dr. med. C.________ bestreitet. Sodann finden sich im angefochtenen Entscheid keine Feststellungen zu den Indikatoren "Behandlungs- und Eingliederungserfolg oder -resistenz" und "Komorbiditäten" (BGE 141 V 281 E. 4.3.1.2-3 S. 299 ff.). Wie der Beschwerdeführer vorbringt, wurde im Gutachten der Neurologie D.________ AG die bisherige psychotherapeutische Behandlung als lege artis, angemessen und ausreichend bezeichnet. Ebenfalls trifft zu, dass sich auch aus der Eingliederung im Rechtssinne Rückschlüsse auf den Schweregrad einer Gesundheitsschädigung ergeben können. So kann eine trotz optimaler Kooperation misslungene Eingliederung im Rahmen einer gesamthaften, die jeweiligen Umstände des Einzelfalles berücksichtigenden Prüfung bedeutsam sein (BGE 141 V 281 E. 4.3.1.2 S. 300). Ob sich daraus ein Anspruch auf fachärztlich empfohlene berufliche Massnahmen ergibt, wie der Beschwerdeführer geltend macht, ist fraglich, kann indessen offenbleiben. Schliesslich hat das kantonale Versicherungsgericht auch keine Feststellungen zum Komplex "Persönlichkeit" (Persönlichkeitsdiagnostik, persönliche Ressourcen; BGE 141 V 281 E. 4.3.2 S. 302) getroffen. Gemäss Beschwerdeführer würden die Persönlichkeitszüge, selbst wenn sie nicht die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung rechtfertigten, in Wechselwirkung mit der dissoziativen Störung die Arbeitsfähigkeit beeinflussen.
7.4.2. Im Weitern ist beweisrechtlich zwar die Kategorie "Konsistenz" (Gesichtspunkte des Verhaltens; BGE 141 V 281 E. 4.4 S. 303) entscheidend. Mit Bezug auf den Tagesablauf und seine Aktivitäten, deren einseitige Gewichtung durch das kantonale Versicherungsgericht gerügt wird, weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass er nach Einschätzung der Gutachter der Neurologie D.________ AG in einer für stark sehbehinderte Menschen angepassten Tätigkeit bei stufenweiser Steigerung der Leistungsanforderungen innert sechs Monaten 100 % arbeitsfähig wäre. Die Experten hätten ihm somit nicht jegliche Arbeitsfähigkeit abgesprochen. Daran seien seine Aktivitäten und deren Relevanz im Rahmen der Konsistenzprüfung zu messen (vgl. Urteil 9C_899/2017 vom 9. Mai 2018 E. 4.2.5). Im Übrigen habe das kantonale Versicherungsgericht ausgeblendet, dass er im Unterschied zur Zeit vor seiner Erkrankung aktenkundig keine Hobbys mehr habe und weder Velofahren noch Autofahren möglich seien. Jedenfalls umfasse sein Alltag keine Tätigkeiten, die mit seiner dissoziativen Störung nicht zu vereinbaren wären. Schliesslich hat das kantonale Versicherungsgericht keine Feststellungen getroffen zum "Leidensdruck" als weiteren wichtigen Aspekt der verhaltensbezogenen Kategorie der "Konsistenz".
7.5. Zusammenfassend genügt die Standardindikatorenprüfung durch das kantonale Versicherungsgericht den bundesrechtlichen Anforderungen nicht. Zudem beruht sie auf zwei Administrativgutachten nach Art. 44 ATSG, denen Beweiswert zuzuerkennen ist, die sich an den normativen Vorgaben gemäss BGE 141 V 281 orientieren, die in Bezug auf die Arbeitsfähigkeit jedoch erheblich voneinander abweichen. Unter diesen Umständen ist die Einholung eines psychiatrischen Gerichtsgutachtens zur Prüfung des streitigen Anspruchs auf berufliche Massnahmen oder eine Rente der Invalidenversicherung unumgänglich. In diesem Sinne ist die Beschwerde begründet.
8.
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 2 BGG) und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 4. Juni 2019 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an dieses zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der BVG-Sammelstiftung Swiss Life, Zürich, schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 22. Oktober 2019
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Pfiffner
Der Gerichtsschreiber: Fessler