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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_547/2021  
 
 
Urteil vom 1. Juli 2022  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichterin Jametti, 
nebenamtlicher Bundesrichter Weber, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwälte Matthew Reiter und/oder Dr. Alain Grieder und/oder Massimo Chiasera, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich, Qualifizierte Wirtschaftskriminalität und internationale Rechtshilfe, Güterstrasse 33, 8010 Zürich. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Entsiegelung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich, Zwangsmassnahmengericht, vom 31. August 2021 (GT210093-L/Z4). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen B.________ wegen Wirtschaftsdelikten. 
 
B.  
Am 13. Juli 2021 vollzog die Staatsanwaltschaft in den Geschäftsräumlichkeiten der Firma C.________ GmbH eine Hausdurchsuchung, bei der elektronische Datenträger mit dem Stichwort "A" sichergestellt wurden. Am 19. Juli 2021 beantragte die Firma A.________ AG (nachfolgend: Gesellschaft) diesbezüglich die Siegelung. 
 
C.  
Mit Verfügung vom 31. August 2021, Dispositivziffer 1, entschied das Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht (ZMG), - im Sinne eines Teil-Entsiegelungsentscheides - wie folgt über das die Gesellschaft betreffende Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft vom 27. Juli 2021: 
 
"Das Entsiegelungsgesuch wird teilweise gutgeheissen. Die sichergestellten Datenträger bzw. Dateien werden (nach Eintritt der Rechtskraft) der Staatsanwaltschaft zur Durchsuchung und weiteren Verwendung in der laufenden Strafuntersuchung freigegeben." 
 
D.  
Gegen den Entsiegelungsentscheid vom 31. August 2021 gelangte die Gesellschaft mit Beschwerde vom 1. Oktober 2021 an das Bundesgericht. Sie beantragt zur Hauptsache die Aufhebung des Entscheides und die Abweisung des sie betreffenden Entsiegelungsgesuches. 
Die Staatsanwaltschaft beantragt mit Vernehmlassung vom 8. Oktober 2021 die Abweisung der Beschwerde. Das ZMG verzichtete am 11. Oktober 2021 auf eine Stellungnahme. Mit Verfügung vom 14. Oktober 2021 bewilligte das Bundesgericht die aufschiebende Wirkung der Beschwerde. Innert der auf den 8. November 2021 angesetzten (fakultativen) Frist reichte die Beschwerdeführerin keine Replik ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdeführerin ist nicht Partei des hängigen Strafverfahrens, weshalb sich der angefochtene Entsiegelungs-Teilentscheid für sie als Endentscheid im Sinne von Art. 90 f. BGG auswirkt. Wie den Akten zu entnehmen ist, war sie von der Hausdurchsuchung, die bei einer anderen Gesellschaft erfolgt ist, nicht direkt betroffen. Ebenso wenig ist sie Inhaberin der sichergestellten Datenträger. Sie macht jedoch geltend, sie sei von der Entsiegelung dennoch persönlich und unmittelbar tangiert. Bei der von den Sicherstellungen direkt betroffenen Firma handle es sich um ihre Revisionsstelle. Vorläufig beschlagnahmt und versiegelt worden seien Datenträger, die mit ihrem Namen ("A") gekennzeichnet gewesen seien, weshalb sie deren Siegelung verlangt habe. Die Beschwerdeführerin hat im vorinstanzlichen Verfahren zudem geltend gemacht, dass Aufzeichnungen sichergestellt und entsiegelt worden seien, die Geschäftsgeheimnisse enthielten (insbesondere Angaben über Kundenbeziehungen, Ein- und Verkäufe sowie Bilanzen und Erfolgsrechnungen). 
Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, kann offen bleiben, ob die Beschwerdeführerin in dieser Konstellation ein eigenes aktuelles Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung der Entsiegelung hat (Art. 81 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 248 Abs. 1 StPO). 
Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG geben zu keinen weiteren Vorbemerkungen Anlass. 
 
2.  
Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, die Staatsanwaltschaft habe eine unzulässige "fishing expedition" durchgeführt, indem sie diese Datenträger aufgrund des Schlagwortes "A" sichergestellt habe, obwohl sie, die Beschwerdeführerin, in der ursprünglichen Strafanzeige gar nicht genannt gewesen sei. Die sie betreffenden gesiegelten Aufzeichnungen lägen "offensichtlich ausserhalb der für das vorliegende Strafverfahren relevanten Sachverhaltskomplexe". Sie sei an den untersuchten Vorgängen in keiner Art und Weise beteiligt. 
Die Vorinstanz stelle den relevanten Sachverhalt willkürlich fest, wenn sie behaupte, dass zwischen den in die Strafuntersuchung involvierten Gesellschaften und der Beschwerdeführerin eine (enge) Verbindung bestehe. Aus den Umständen, dass sie und eine der Firmen laut Handelsregister über die gleiche Geschäftsdresse verfügten, sie und diese Gesellschaft die gleiche Revisionsstelle hätten, eine natürliche Person über eine Zeichnungsberechtigung sowohl bei einer der involvierten Firmen, als auch (kurzzeitig) bei der Beschwerdeführerin verfügt habe, beide Unternehmen über den gleichen Briefkasten verfügten und sie von den gleichen Rechtsanwälten vertreten würden, lasse sich dies nicht willkürfrei ableiten. Zwar gehörten sowohl die Aktien der Beschwerdeführerin (direkt bzw. indirekt) als auch die Aktienmehrheit am Konzern einer involvierten Gesellschaft der gleichen Person. Sie, die Beschwerdeführerin, gehöre jedoch dem Konzern gesellschaftsrechtlich nicht an. Ebenso wenig werde die betreffende Gesellschaft strafrechtlich beschuldigt. Es sei auch nicht aussergewöhnlich, dass ein Geschäftsmann an mehreren Unternehmen Beteiligungen halte oder jemand für zwei verschiedene Gesellschaften zeichnungsberechtigt sei. 
Die Vorinstanz habe es versäumt, einen "adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der verfolgten Straftat und den zu durchsuchenden Aufzeichnungen darzulegen". Statt dessen beschränke sich das ZMG auf pauschale Behauptungen und Spekulationen. Daraus ergebe sich "in keinster Weise die rechtsgenügliche Wahrscheinlichkeit, dass sich unter den versiegelten Daten für das Strafverfahren relevante Aufzeichnungen befinden". Dass die Vorinstanz aufgrund von willkürlichen Tatsachenfeststellungen von einer Deliktskonnexität der entsiegelten Dateien ausgehe, verletze neben dem Willkürverbot und dem Verhältnismässigkeitsgebot auch Art. 248 Abs. 1 StPO
 
2.1. Strafprozessuale Zwangsmassnahmen setzen voraus, dass der damit verbundene Eingriff in die Grundrechte verhältnismässig ist. Sie können nur ergriffen werden, wenn die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können und die Bedeutung der untersuchten Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt (Art. 197 Abs. 1 lit. c und lit. d StPO). Entsiegelungen und Durchsuchungen, welche in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, sind besonders zurückhaltend einzusetzen (Art. 197 Abs. 2 StPO). Die zu entsiegelnden Objekte und Dateien müssen untersuchungsrelevant sein. Macht deren Inhaberin oder Inhaber fehlende Beweisrelevanz geltend, hat sie oder er zu substanziieren, inwiefern die fraglichen Aufzeichnungen und Gegenstände zur Aufklärung der untersuchten Straftat offensichtlich untauglich sind (BGE 142 IV 207 E. 7.1; 141 IV 77 E. 4.3, E. 5.6; 138 IV 225 E. 7.1; je mit Hinweisen).  
Art. 98 BGG gelangt bei strafprozessualen Zwangsmassnahmen nicht zur Anwendung (BGE 143 IV 330 E. 2.1 mit Hinweisen). Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 143 IV 316 E. 3.3; 330 E. 2.1; je mit Hinweis). 
 
2.2. Die Vorinstanz erwägt in diesem Zusammenhang Folgendes:  
Die Staatsanwaltschaft habe in den Büroräumlichkeiten der C.________ GmbH elektronische Datenträger sichergestellt, welche das Stichwort "A" aufwiesen, unter anderem mit E-Mails eines Organs dieser Gesellschaft. Die Beschwerdeführerin habe geltend gemacht, die C.________ GmbH sei ihre Revisionsstelle gewesen. Die Beschwerdeführerin sei gemäss aktuellem Ermittlungsstand mit einer in den untersuchten Sachverhalt eng involvierten ersten Gesellschaft verbunden gewesen. Es sei zu vermuten, dass sich in den Aufzeichnungen mit dem Stichwort "A" auch relevante Beweismittel zur Geschäftstätigkeit einer zweiten involvierten Gesellschaft befinden würden. Laut Angaben der Staatsanwaltschaft war die C.________ GmbH (vom 20. Dezember 2012 bis zum 30. Juni 2015) auch die Revisionsstelle dieser zweiten Gesellschaft. 
Die Beschwerdeführerin habe geltend gemacht, sie gehöre nicht zum fraglichen Konzern; ihr einziger Konnex zur ersten Gesellschaft liege in der Identität ihrer Mehrheitseigentümer. Dass eine weitere natürliche Person kurzzeitig im Handelsregister als Zeichnungsberechtigte der Beschwerdeführerin aufgeführt gewesen sei, beruhe auf einem Versehen ihrerseits, welches umgehend korrigiert worden sei. Zwar möge ihr Standpunkt, sie sei nicht Teil des fraglichen Konzern, formell zutreffen. Aufgrund der identischen Mehrheitseigentümerschaft bestünden aber (nach Ansicht des ZMG) "gleichgerichtete Interessen", weshalb eine Verbindung der beiden Gesellschaften zumindest faktisch als möglich erscheine. Dieser Eindruck werde auch durch den besagten Handelsregistereintrag unterstützt; so sei es nicht nachvollziehbar, wie der fraglichen (den involvierten Gesellschaften nahe stehenden) natürlichen Person "versehentlich" eine Zeichnungsberechtigung auch für die Beschwerdeführerin eingeräumt worden sein sollte. Dass die natürliche Person und die Beschwerdeführerin über den gleichen Briefkasten verfügten, bekräftige noch zusätzlich die Vermutung einer engen personell-organisatorischen Verflechtung. 
 
2.3. Diesbezüglich substanziiert die Beschwerdeführerin keine willkürlichen entscheidrelevanten Sachverhaltserwägungen des ZMG. Ebenso wenig vermag sie darzulegen, inwiefern die sichergestellten elektronischen Dateien zur Aufklärung der untersuchten Straftaten offensichtlich untauglich wären. Sie verkennt, dass es nicht die Aufgabe der Vorinstanz war, von Amtes wegen alle gesiegelten Aufzeichnungen auf eine mögliche Deliktskonnexität (bzw. "adäquate Kausalität") hin zu überprüfen. Nach der oben dargelegten Rechtsprechung des Bundesgerichtes hätte es vielmehr der Beschwerdeführerin oblegen, näher zu substanziieren, welche Aufzeichnungen und Dateien klarerweise nicht zur Aufklärung der inkriminierten Sachverhalte beitragen könnten. Dabei wäre es ihr auch frei gestanden, sich bei der Inhaberin der sichergestellten Datenträger (mit dem Stichwort "A") nach deren genauem Inhalt zu erkundigen. Dies hätte umso näher gelegen, als es sich bei der Inhaberin der Dateien - nach den eigenen Darlegungen der Beschwerdeführerin - um ihre Revisionsstelle handelte. Dass die Vorinstanz die Untersuchungsrelevanz der entsiegelten Asservate grundsätzlich bejaht hat, hält bei gesamthafter Betrachtung vor dem Bundesrecht stand.  
Das von der Beschwerdeführerin angerufene Verhältnismässigkeitsgebot hat in diesem Zusammenhang keine über das bereits Dargelegte hinausgehende selbstständige Bedeutung. Zu erwähnen ist hier immerhin noch, dass die Beschwerdeführerin weder von einer Hausdurchsuchung direkt betroffen war, noch Inhaberin der sichergestellten Aufzeichnungen ist. Auf unzulässige neue Vorbringen ist in diesem Kontext nicht einzutreten (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
 
2.4. Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin noch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV). Das ZMG habe ihr die Akteneinsicht in die gesiegelten Daten vor ihrer Stellungnahme zum Entsiegelungsgesuch verweigert. Damit habe das ZMG ihr die Möglichkeit genommen, ihre Geheimhaltungsinteressen substanziiert geltend zu machen.  
Zwar trifft es gemäss den vorliegenden Prozessakten zu, dass die Beschwerdeführerin am 12. August 2021 einen entsprechenden Antrag um Einsicht in die gesiegelten Asservate gestellt hat, der in den prozessualen Erwägungen des angefochtenen Entscheides (S. 2 f., E. I-II) nicht erwähnt wird. Dass die Vorinstanz diesen Antrag konkludent abgelehnt hat, verletzt in der vorliegenden Konstellation jedoch kein Bundesrecht: 
Nach der Praxis des Bundesgerichtes haben selbst die Inhaberinnen und Inhaber von vorläufig als Beweismittel beschlagnahmten Aufzeichnungen kein pauschales Einsichtsrecht in die gesiegelten Asservate. Das Akteneinsichtsrecht dient grundsätzlich nicht dazu, pauschal in sämtliche sichergestellten Beweismittel Einsicht zu nehmen, um ex post - nach der beantragten Siegelung - noch nach allfälligen geheimnisgeschützten Aufzeichnungen forschen zu können. Nur wenn die betroffene Person nachvollziehbar begründet, weshalb sie ohne nachträgliche Gesamtdurchsicht aller gesiegelten Aufzeichnungen überhaupt nicht in der Lage wäre, ihre tangierten Geheimnisinteressen ausreichend zu substanziieren, käme ein entsprechender bundesrechtlicher Anspruch auf pauschale Einsicht in die Asservate ausnahmsweise in Frage (vgl. zum Ganzen Urteil des Bundesgerichtes 1B_28/2021 vom 4. November 2021 E. 1.4-1.7). 
Wenn eine Gesellschaft, die gar nicht Inhaberin der sichergestellten Beweismittel ist, ein Siegelungsbegehren für fremde Aufzeichnungen stellt, ist von einer pauschalen Einsicht in die Asservate im Entsiegelungsverfahren besonders zurückhaltend Gebrauch zu machen. Eine Ausnahme im Sinne der erwähnten einschlägigen Praxis liegt hier nicht vor. Dies umso weniger, als die Beschwerdeführerin schon in ihren vorinstanzlichen Eingaben dargelegt hat, dass die bei ihrer Revisionsstelle sichergestellten und versiegelten Aufzeichnungen Geschäftsgeheimnisse enthielten, insbesondere Angaben über Kundenbeziehungen, Ein- und Verkäufe sowie Bilanzen und Erfolgsrechnungen. Überwiegende Privatgeheimnisse, die einer Entsiegelung entgegen stehen könnten, sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich, was auch die Vorinstanz ausdrücklich feststellte. Wie bereits dargelegt, hätte sich die Beschwerdeführerin im Übrigen auch bei ihrer Revisionsstelle, der Inhaberin der gesiegelten Aufzeichnungen, über den Inhalt der Dateien näher informieren können. 
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend, sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich und dem Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. Juli 2022 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster