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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1B_24/2021  
 
 
Urteil vom 2. Februar 2021  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Merz, 
Gerichtsschreiber Uebersax. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Bertisch, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, Abteilung Schwerpunktkriminalität, Cybercrime und Besondere Untersuchung, Selnaustrasse 32, Postfach, 8027 Zürich. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Gewerbs- und bandenmässiger Diebstahl etc. und Widerruf, 
 
Beschwerde gegen die Präsidialverfügung 
des Obergerichts des Kantons Zürich, Präsident 
der I. Strafkammer, vom 15. Dezember 2020 
(SB200467-O/Z4/js). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der litauische Staatsangehörige A.________, geboren 1976, befand sich seit dem 5. April 2019 in Untersuchungshaft im Rahmen einer Strafuntersuchung im Zusammenhang insbesondere mit einem Einbruch im Mai 2018. In der Folge trat er den vorzeitigen Strafvollzug an. Mit Urteil des Bezirksgerichts Horgen vom 9. April 2020 wurde er wegen gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfachen Hausfriedensbruchs sowie schwerer Geldwäscherei zu einer Freiheitsstrafe von 48 Monaten sowie einer unbedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu Fr. 30.-- verurteilt. Überdies wurde gegenüber ihm eine Landesverweisung ausgesprochen. Gegen das Urteil reichte A.________ Berufung ein. 
 
B.   
Zusammen mit der Berufungserklärung stellte A.________ ein Gesuch um Haftentlassung. Mit Präsidialverfügung vom 15. Dezember 2020 wies das Obergericht des Kantons Zürich das Haftentlassungsgesuch ab und ordnete die Fortsetzung des vorzeitigen Strafvollzugs an. 
 
C.   
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 19. Januar 2021 an das Bundesgericht beantragt A.________, er sei unverzüglich aus der Haft zu entlassen und es sei festzustellen, dass ihm das rechtliche Gehör verweigert und dadurch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt worden seien. In prozessualer Hinsicht ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. 
Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht verzichtete auf Vernehmlassung. 
A.________ äusserte sich mit Eingaben vom 28. Januar 2021 nochmals zur Sache und stellte dabei den Antrag auf Erstreckung der Frist zur Einreichung einer weiteren Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der Beschwerdeführer ersucht um Erstreckung der Frist bis zum 21. Februar 2021, um seinen Standpunkt weiter zu erläutern und sich zu den Stellungnahmen der übrigen Verfahrensbeteiligten ergänzend zu äussern. Der Beschwerdeführer reichte dem Bundesgericht am 19. Januar 2021 eine Beschwerdeschrift von 27 Seiten ein. Dazu ging lediglich eine Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft von zwei Seiten ein. Mit 10-seitiger Eingabe vom 28. Januar 2021 unterstrich der Beschwerdeführer nochmals seine Argumentation, nahm dabei ausdrücklich Bezug auf die Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft und äusserte sich auch dazu. Damit hatte er ausreichend Gelegenheit, seinen Standpunkt vor Bundesgericht zu vertreten und sich mit demjenigen der Staatsanwaltschaft auseinanderzusetzen. Eine weitere Fristgewährung fällt daher angesichts des strafprozessualen Beschleunigungsgebots, das gerade in Haftfällen von besonderer Bedeutung ist, ausser Betracht. 
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 236 Abs. 1 StPO kann die Verfahrensleitung der beschuldigten Person bewilligen, Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehende Massnahmen vorzeitig anzutreten, sofern der Stand des Verfahrens es erlaubt. Der vorzeitige Straf- oder Massnahmenantritt stellt seiner Natur nach eine strafprozessuale Zwangsmassnahme auf der Schwelle zwischen Strafverfolgung und Strafvollzug dar. Damit soll schon vor Erlass des rechtskräftigen Strafurteils ein Haftregime ermöglicht werden, das auf die persönliche Situation der beschuldigten Person zugeschnitten ist; ausserdem können erste Erfahrungen mit der voraussichtlich sachlich gebotenen Vollzugsform gesammelt werden. Für eine Fortdauer der strafprozessualen Haft in den Modalitäten des vorzeitigen Strafvollzugs gelten uneingeschränkt die einschlägigen Bestimmungen über die Untersuchungs- und Sicherheitshaft gemäss Art. 221 ff. StPO (vgl. BGE 143 IV 160 E. 2 und 2.1 S. 161 f. mit Hinweisen). Demgemäss steht gegen den angefochtenen Entscheid nach Art. 78 Abs. 1 BGG die Beschwerde in Strafsachen offen. Ein kantonales Rechtsmittel fällt nicht in Betracht. Die Vorinstanz hat nach Art. 233 in Verbindung mit Art. 380 StPO als einzige kantonale Instanz entschieden. Die Beschwerde ist somit gemäss Art. 80 BGG zulässig. Die angefochtene Verfügung stellt einen Zwischenentscheid dar, der dem Beschwerdeführer einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG verursachen kann (vgl. etwa das Urteil des Bundesgerichts 1B_453/2020 vom 23. September 2020 E. 1.1).  
 
2.2. Der Beschwerdeführer war am vorinstanzlichen Verfahren beteiligt und ist nach Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt.  
 
2.3. Mit der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2, Art. 31 BV) wegen strafprozessualer Haft erhoben werden, prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs die Auslegung und Anwendung der StPO frei. Art. 98 BGG gelangt bei strafprozessualen Zwangsmassnahmen nicht zur Anwendung (BGE 138 IV 186 E. 1.2 S. 189; 137 IV 122 E. 2 S. 125; 340 E. 2.4 S. 346).  
 
2.4. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, die von den Beschwerdeführern geltend gemacht und begründet werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG).  
 
2.5. Zentraler Streitgegenstand bildet im vorliegenden Fall die Haftentlassung des Beschwerdeführers. Insofern stellt er ein Gestaltungsbegehren. Die ergänzenden Feststellungsanträge im Zusammenhang mit dem gleichen Streitgegenstand, namentlich diejenigen auf Feststellung einer Gehörsverletzung sowie eines Verstosses gegen die Menschenrechtskonvention, erweisen sich als unzulässig, geht diesbezüglich das Gestaltungsbegehren doch vor (vgl. BGE 141 IV 349 E. 3.4.2 S. 356; 141 II 113 E. 1.7 S. 123). Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde sodann insoweit, als der Beschwerdeführer nicht substanziierte Kritik äussert und über den Prozessgegenstand hinausgeht (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Das gilt insbesondere, soweit der Beschwerdeführer bereits die strafrechtliche Würdigung seines Verhaltens in Frage stellt, was im Berufungsverfahren zu prüfen sein wird, sich auf die behauptete Rechtsverzögerung im Strafverfahren beruft, was Gegenstand eines besonderen bzw. allenfalls des Berufungsverfahrens bildet, und allgemein die gesundheitliche Versorgung kritisiert, soweit dies nicht unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit der Haft zu prüfen sein wird.  
 
2.6. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Soweit der Beschwerdeführer die tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts in Frage stellen wollte, legt er nicht dar und ist nicht ersichtlich, dass diese offensichtlich falsch wären oder auf einem massgeblichen Mangel beruhen würden. Die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz erweisen sich daher als für das Bundesgericht verbindlich.  
 
3.   
Nach den Grundvoraussetzungen von Art. 231 in Verbindung mit Art. 221 StPO ist Sicherheitshaft insbesondere zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ein im Gesetz genannter Haftgrund vorliegt, wozu unter anderem Fluchtgefahr und Kollusionsgefahr zählen (vgl. Art. 221 Abs. 1 lit. a und b StPO). Die Haft muss überdies verhältnismässig sein (vgl. Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV, Art. 197 Abs. 1 lit. c und Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO). Mit dem angefochtenen Entscheid bejahte das Obergericht das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts sowie von Fluchtgefahr und beurteilte die Haft als verhältnismässig. Die Staatsanwaltschaft beruft sich in ihrer Stellungnahme überdies auf Kollusionsgefahr. 
 
4.   
 
4.1. Der Beschwerdeführer bestreitet den dringenden Tatverdacht. Er sei unschuldig und wolle für einen Freispruch kämpfen. Dazu macht er insbesondere geltend, für die Tatzeit über ein Alibi zu verfügen. Er habe damals in Litauen eine Ausbildung mit Prüfungen absolviert, was durch ein nachträglich ins Strafverfahren eingebrachtes Diplom belegt werde.  
 
4.2. Bei der Überprüfung des allgemeinen Haftgrundes des dringenden Tatverdachts hat das Bundesgericht keine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Beweisergebnisse vorzunehmen. Macht ein Inhaftierter geltend, er befinde sich ohne ausreichenden Tatverdacht in strafprozessualer Haft, ist vielmehr zu prüfen, ob aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für ein Verbrechen oder Vergehen und eine Beteiligung des Beschwerdeführers an dieser Tat vorliegen, die Justizbehörden somit das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Im Haftprüfungsverfahren genügt dabei der Nachweis von konkreten Verdachtsmomenten, wonach das untersuchte Verhalten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die fraglichen Tatbestandsmerkmale erfüllen könnte (Urteil des Bundesgerichts 1B_321/2017 vom 17. August 2017, mit Hinweisen). Wurde gegen eine in Haft befindliche beschuldigte Person bereits Anklage erhoben oder erging schon ein den Tatvorwurf bestätigendes erstinstanzliches Strafurteil, so kann der Haftrichter in der Regel davon ausgehen, dass die allgemeine Haftvoraussetzung des dringenden Tatverdachts vorliegt. Davon wäre ausnahmsweise abzuweichen, wenn der Angeschuldigte im Haftprüfungs- oder Haftbeschwerdeverfahren darzutun vermöchte, dass die Annahme eines dringenden Tatverdachts unhaltbar ist (Urteil des Bundesgerichts 1B_390/2019 vom 27. August 2019 E. 2.3, mit Hinweisen).  
 
4.3. Gegen den Beschwerdeführer liegt ein erstinstanzliches Strafurteil vor, mit dem er wegen der ihm vorgeworfenen Straftaten verurteilt wurde. Der Beschwerdeführer ruft ein Diplom an, das im Zusammenhang mit einer angeblich im Tatzeitraum abgelegten Prüfung in Litauen erteilt worden sein soll, und leitet daraus ein Alibi für den Tatzeitpunkt ab. Dass der Beschwerdeführer sich auf das angebliche Alibi erst im Berufungsverfahren und nicht bereits vor dem erstinstanzlichen Strafgericht berufen hat, wirft allerdings die Frage der Beweistauglichkeit des Diploms auf. Über die beweismässige Bedeutung des Diploms sowie über die Abnahme damit zusammenhängender weiterer Beweise wird jedoch so oder so im Strafverfahren abschliessend zu entscheiden sein. Das kann nicht ohne besonderen Anlass, der hier nicht ersichtlich ist, im strafprozessualen Verfahren vorweggenommen werden. Andere überzeugende Gründe für das Fehlen eines ausreichenden Tatverdachts trägt der Beschwerdeführer nicht vor. Unabhängig davon, welcher Beweiswert dem angeblichen Beweismittel in der Sache im Ergebnis zukommt, vermag der Beschwerdeführer den erforderlichen und mit dem erstinstanzlichen Strafurteil erhärteten Tatverdacht im Haftverfahren daher nicht zu beseitigen. Damit hat die Vorinstanz den dringenden Tatverdacht zu Recht bejaht.  
 
5.   
 
5.1. Der Beschwerdeführer bestreitet weiter das Vorliegen von Fluchtgefahr. Im Gegenteil sei er an einem Verbleib in der Schweiz interessiert, um sich hier für seinen Freispruch einzusetzen, die von ihm geltend gemachte Entschädigung wegen ungerechtfertigter Haft einzufordern und sich weiterhin medizinisch versorgen zu lassen.  
 
5.2. Die Annahme von Fluchtgefahr setzt ernsthafte Anhaltspunkte dafür voraus, dass die beschuldigte Person sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entziehen könnte (Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO). Im Vordergrund steht dabei eine mögliche Flucht ins Ausland, denkbar ist jedoch auch ein Untertauchen im Inland. Bei der Bewertung, ob Fluchtgefahr besteht, sind die gesamten konkreten Verhältnisse zu berücksichtigen. Es müssen Gründe bestehen, die eine Flucht nicht nur als möglich, sondern als wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Schwere der drohenden Strafe ist zwar ein Indiz für Fluchtgefahr, genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen. Miteinzubeziehen sind die familiären und sozialen Bindungen, die berufliche und finanzielle Situation und die Kontakte zum Ausland. Selbst bei einer befürchteten Reise in ein Land, welches die beschuldigte Person grundsätzlich an die Schweiz ausliefern bzw. stellvertretend verfolgen könnte, ist die Annahme von Fluchtgefahr nicht ausgeschlossen. Die Wahrscheinlichkeit einer Flucht nimmt in der Regel mit zunehmender Verfahrens- bzw. Haftdauer ab, da sich auch die Dauer des allenfalls noch abzusitzenden strafrechtlichen Freiheitsentzugs mit der bereits geleisteten prozessualen Haft, die auf die mutmassliche Freiheitsstrafe anzurechnen wäre (Art. 51 StGB), kontinuierlich verringert (BGE 143 IV 160 E. 4.3 S. 166 f., mit verschiedenen Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 1B_411/2019 vom 11. September 2019 E. 3.3).  
 
5.3. Der Beschwerdeführer wurde erstinstanzlich insbesondere zu einer Freiheitsstrafe von 48 Monaten verurteilt. Auch wenn er sich für einen Freispruch einsetzt und er bereits ein Jahr und ungefähr acht Monate einer allfälligen Freiheitsstrafe verbüsst hat, muss er doch auch mit der Möglichkeit einer Bestätigung der ihm auferlegten Strafe sowie eines verbleibenden Freiheitsentzugs von mehr als zwei Jahren rechnen. Auf den noch höheren Strafantrag der Staatsanwaltschaft kommt es unter diesen Umständen gar nicht an. Sodann verfügt der Beschwerdeführer über kein Domizil und keine Anwesenheitsbewilligung sowie über keine bekannten sozialen Beziehungen in der Schweiz. Sein Lebensmittelpunkt und seine Familie befinden sich in Litauen. Dass der Beschwerdeführer für die Einforderung einer allfälligen Haftentschädigung ohne Aufenthaltstitel längere Zeit in der Schweiz verweilen könnte, erscheint unwahrscheinlich. Selbst wenn er als visumsbefreiter Freizügigkeitsberechtigter bewilligungsfrei hier bleiben dürfte, wäre dieser Aufenthalt auf maximal drei Monate beschränkt (vgl. Art. 10 Abs. 1 AIG [SR 142.20]). Spätestens danach müsste er entweder über eine Arbeitsstelle oder über den Lebensunterhalt deckende finanzielle Mittel sowie über eine ausreichende Krankenversicherung verfügen, um gestützt auf Freizügigkeitsrecht in der Schweiz leben zu dürfen (vgl. Art. 4 und 6 FZA [SR.0.142.112.681] sowie Art. 2 i.V.m. Art. 6 und Art. 24 Anhang I FZA). Selbst wenn er in der Schweiz eine Arbeitsstelle suchen wollte, dürfte er nicht von der Sozialhilfe abhängig sein (vgl. Art. 2 Abs. 1 Anhang I FZA). Diese Voraussetzungen erfüllt der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben nicht, wonach er mittellos ist und keine in der Schweiz anerkannte ausreichende Krankenversicherung hat. Sein einziges Einkommen bildet zurzeit das im Haftvollzug erwirtschaftete Pekulium. Diese Einkunft entfiele jedoch bei einer Haftentlassung. Ohne Krankenversicherung und ohne medizinische Betreuung im Haftvollzug, auf die er bei einer Haftentlassung keinen Anspruch mehr hätte, wäre auch die erwünschte gesundheitliche Versorgung in der Schweiz erheblich in Frage gestellt. Dass er sich nach einer entsprechenden Ausreise für die Fortsetzung des zeitlich nicht unerheblichen Strafvollzugs freiwillig wieder in die Schweiz begeben würde, ist angesichts dieser Ausgangslage unwahrscheinlich, zumal seine Chancen auf eine Haftentschädigung bei einer allfälligen Bestätigung des Strafurteils bzw. der Freiheitsstrafe erheblich kompromittiert wären. Bei einem eventuellen Freispruch im Berufungsverfahren stünde es dem Beschwerdeführer im Übrigen frei, die Haftentschädigung von Litauen aus geltend zu machen oder dafür wieder einzureisen, entfiele damit doch auch die ausgesprochene Landesverweisung.  
 
5.4. Insgesamt verletzt es daher Bundesrecht nicht, beim Beschwerdeführer von Fluchtgefahr auszugehen. Damit erübrigt es sich, das Vorliegen von Kollusionsgefahr zu prüfen, zumal auch das Obergericht sich dazu nicht geäussert und darüber nicht entschieden hat.  
 
6.   
 
6.1. Schliesslich rügt der Beschwerdeführer, die Haft sei unverhältnismässig. Diese dauere schon viel zu lange. Überdies sei er zu Beginn der Haft längere Zeit medizinisch nicht ausreichend versorgt worden, was Folter oder unmenschlicher Behandlung gemäss Art. 3 EMRK und Art. 10 BV gleichkäme.  
 
6.2. Bei einer erstinstanzlich ausgesprochenen Freiheitsstrafe von vier Jahren droht dem Beschwerdeführer nach einer bisher ausgestandenen Haftdauer von einem Jahr und gut acht Monaten zurzeit keine Überhaft. Über den mit angeblich ungenügender medizinischer Versorgung zu Beginn der Haft begründeten Vorwurf von Folter oder unmenschlicher Behandlung hat das Bundesgericht bereits mit Urteil 1B_416/2019 vom 12. September 2019 entschieden und dabei keine Bundesrechtsverletzung erkannt. Darauf ist nicht zurückzukommen. Inzwischen wurde der Beschwerdeführer überdies in eine andere Vollzugsanstalt verlegt, wo ihm nach seinen eigenen Angaben eine ihn zufriedenstellende medizinische Versorgung zukommt. Damit stellt er genau genommen die gegenwärtigen Haftbedingungen nicht in Frage. Welche geeigneten Ersatzmassnahmen anstelle der Haft verfügt werden könnten, legt der Beschwerdeführer nicht ausreichend dar. Solche sind im Übrigen auch nicht ersichtlich.  
 
6.3. Die Haft ist demnach nicht unverhältnismässig.  
 
7.   
Der angefochtene Entscheid verstösst nicht gegen Bundesrecht. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
Bei diesem Verfahrensausgang wird der unterliegende Beschwerdeführer an sich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Allerdings stellt er ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Voraussetzungen dafür sind Bedürftigkeit und, dass seine Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheinen (vgl. Art. 64 BGG). Von der Mittellosigkeit kann ausgegangen werden. Die Aussichtslosigkeit der gestellten Anträge lässt sich gerade noch knapp verneinen. Demgemäss ist dem Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung mit seinem Rechtsvertreter stattzugeben und dieser ist für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse angemessen zu entschädigen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Das Gesuch des Beschwerdeführers um Erstreckung der Frist für eine weitere Stellungnahme wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
3.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen und es wird dem Beschwerdeführer Rechtsanwalt Christoph Bertisch als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben. 
 
4.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
5.   
Rechtsanwalt Christoph Bertisch wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- ausgerichtet. 
 
6.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, Präsident der I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. Februar 2021 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Uebersax