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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1B_566/2020  
 
 
Urteil vom 2. Februar 2021  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Haag, Müller, 
Gerichtsschreiber Härri. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis, 
Bahnhofplatz 10, Postfach, 8953 Dietikon. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Entsiegelung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 
Zwangsmassnahmengericht, vom 28. September 2020 
(GT200037-L / U1). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen des Verdachts des Handels mit Betäubungsmitteln. 
Am 6. Mai 2020 nahm ihn die Polizei fest und führte eine Hausdurchsuchung durch. Dabei stellte sie vier Mobiltelefone sicher. Am 8. Mai 2020 verlangte A.________ deren Siegelung. 
Am 19. Mai 2020 ersuchte die Staatsanwaltschaft das Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Zürich um Entsiegelung. 
Mit Verfügung vom 27. Mai 2020 trat das Zwangsmassnahmengericht auf das Entsiegelungsgesuch nicht ein. Es erachtete sich als örtlich unzuständig. 
Am 26. Juni 2020 ersuchte die Staatsanwaltschaft das Zwangsmassnahmengericht um Wiedererwägung. 
Mit Verfügung vom 30. Juni 2020 hiess das Zwangsmassnahmengericht das Wiedererwägungsgesuch gut und hob die Verfügung vom 27. Mai 2020 auf. Es entschied, auf das Entsiegelungsgesuch vom 19. Mai 2020 werde eingetreten und das Verfahren fortgeführt. Das Zwangsmassnahmengericht erwog, es habe eine am 1. April 2020 in Kraft getretene kantonale Verordnungsbestimmung ausser Acht gelassen, und bejahte nunmehr die örtliche Zuständigkeit. 
Auf die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht am 16. Juli 2020 nicht ein (Urteil 1B_363/ 2020). 
Gegen die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 30. Juni 2020 reichte A.________ auch Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich ein. Mit Beschluss vom 17. Juli 2020 trat dieses darauf ebenfalls nicht ein. 
 
B.   
Am 28. September 2020 hiess das Zwangsmassnahmengericht das Entsiegelungsgesuch vom 19. Mai 2020 gut und gab die vier Mobiltelefone nach Eintritt der Rechtskraft der Staatsanwaltschaft zur Durchsuchung frei. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt die Feststellung der Nichtigkeit des Entscheids des Zwangsmassnahmengerichts vom 28. September 2020, die Feststellung der Rechtskraft der Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 27. Mai 2020 und die Herausgabe der vier Mobiltelefone. 
 
D.   
Die Staatsanwaltschaft beantragt unter Verzicht auf Gegenbemerkungen die Abweisung der Beschwerde. Das Zwangsmassnahmengericht hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
E.   
Mit Verfügung vom 23. November 2020 hat der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Gegen den angefochtenen Entscheid ist gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG die Beschwerde in Strafsachen gegeben. Ein kantonales Rechtsmittel steht nicht zur Verfügung (Art. 248 Abs. 3 i.V.m. Art. 380 StPO). Die Beschwerde ist somit nach Art. 80 BGG zulässig. Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Der angefochtene Entscheid stellt unstreitig einen Zwischenentscheid gemäss Art. 93 BGG dar. Ob er dem Beschwerdeführer einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG verursachen kann, kann dahingestellt bleiben. Wäre auf die Beschwerde einzutreten, wäre sie aus folgenden Erwägungen unbegründet. 
 
2.  
 
2.1. Nichtig ist ein fehlerhafter Entscheid nach der Rechtsprechung, wenn der ihm anhaftende Mangel besonders schwer und offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird (BGE 146 IV 145 E. 2.10 S. 152 mit Hinweis). Inhaltliche Mängel eines Entscheids führen nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit. Als Nichtigkeitsgründe fallen vorab funktionelle und sachliche Unzuständigkeit der entscheidenden Behörde sowie krasse Verfahrensfehler in Betracht (BGE 145 IV 197 E. 1.3.2 S. 201 mit Hinweisen). Nichtigkeit ist nicht leichthin anzunehmen (BGE 130 III 430 E. 3.3 S. 434).  
 
2.2. Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was die Annahme der Nichtigkeit des vorinstanzlichen Entscheids vom 28. September 2020 rechtfertigen könnte. Eine offensichtliche funktionelle oder sachliche Unzuständigkeit besteht nicht. Auch weist der Entscheid vom 28. September 2020 jedenfalls keine besonders schwere und offensichtliche inhaltliche Mängel auf. Krasse Verfahrensfehler, die dem Entscheid vom 28. September 2020 zugrunde liegen könnten, sind ebenso wenig erkennbar. Der Entscheid vom 28. September 2020 beruht auf jenem vom 30. Juni 2020, mit welchem die Vorinstanz das Wiedererwägungsgesuch der Staatsanwaltschaft gutgeheissen, die Verfügung vom 27. Mai 2020 aufgehoben und die Fortführung des Entsiegelungsverfahrens angeordnet hat. Auf die Nichtigkeit des Entscheids vom 28. September 2020 könnte höchstens geschlossen werden, wenn der Entscheid vom 30. Juni 2020 seinerseits nichtig wäre. Dies kann nicht angenommen werden. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Strafprozessordnung sehe eine Wiedererwägung nicht vor. Er verweist jedoch selber darauf, dass nach der Rechtsprechung sowie in der Literatur vertretener Auffassung eine Wiedererwägung auch im Strafprozessrecht grundsätzlich möglich ist (BGE 127 I 133 E. 6 f. S. 137 ff.; PATRICK GUIDON, in: Schweizerische Strafprozessordnung, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, N. 8b f. zu Art. 396 StPO mit Hinweisen). Dass die Wiedererwägung hier offensichtlich unzulässig war, kann mit Blick darauf nicht gesagt werden. Das Vorgehen der Vorinstanz erscheint höchstens als diskutabel. Das genügt nicht für die Annahme von Nichtigkeit. Auch liegt der Verfügung vom 30. Juni 2020 jedenfalls kein derart krasser Verfahrensfehler zugrunde, dass sich der Schluss auf Nichtigkeit rechtfertigen könnte. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV). Er bestreitet nicht, dass die Staatsanwaltschaft das Wiedererwägungsgesuch vom 26. Juni 2020 nicht nur dem Zwangsmassnahmengericht zustellte, sondern gleichzeitig auch seinem Verteidiger. Dieser hätte sich somit umgehend äussern können, wenn er der Auffassung war, eine Wiedererwägung falle offensichtlich ausser Betracht. Dass die Staatsanwaltschaft das Wiedererwägungsgesuch - wie der Beschwerdeführer insoweit hauptsächlich kritisiert - überdies nicht auch noch ihm persönlich zustellte, ist unerheblich, da seine Interessen der Verteidiger vertrat. Im Übrigen ging es bei der Zulässigkeit der Wiedererwägung um eine Rechtsfrage. Es ist nicht ersichtlich, was der Beschwerdeführer als juristischer Laie zu ihrer Klärung hätte beitragen können.  
 
3.   
Wie der Beschwerdeführer selber darlegt, wäre die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 27. Mai 2020 lediglich dann rechtskräftig geworden, wenn jene vom 30. Juni 2020 nichtig wäre. Da Letzteres nicht der Fall ist, ist dem Begehren, es sei die Rechtskraft der Verfügung vom 27. Mai 2020 festzustellen, die Grundlage entzogen. 
 
4.   
Bleiben die Entscheide der Vorinstanz vom 30. Juni und 28. September 2020 nach dem Gesagten bestehen, fällt die Herausgabe der Mobiltelefone an den Beschwerdeführer ausser Betracht. 
 
5.   
Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Da sie aussichtslos war, kann die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nach Art. 64 BGG nicht bewilligt werden. Der Beschwerdeführer trägt damit die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis und dem Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. Februar 2021 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Härri