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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2D_14/2022, 2D_16/2022  
 
 
Urteil vom 2. Mai 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Steuerverwaltung des Kantons Bern, 
Brünnenstrasse 66, 3018 Bern. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern und 
direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2018; 
Steuererlass (2D_14/2022), 
 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern und 
direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2019; 
Steuererlass (2D_16/2022), 
 
Beschwerden gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, 
Einzelrichter, vom 28. März 2022 
(100.2021.273/274U bzw. 100.2021.263/264U). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (nachfolgend: der Steuerpflichtige) hatte in den hier interessierenden Steuerperioden 2018 und 2019 steuerrechtlichen Wohnsitz in der Gemeinde U.________/BE. Er wird seit dem 1. November 2020 von der Sozialhilfe unterstützt. Aus der Steuerperiode 2018 bestehen offene Steuern von Fr. 7'362.40 (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 352.55 (direkte Bundessteuer), aus der Steuerperiode 2019 solche von Fr. 7'712.55 bzw. 413.25, je einschliesslich Verzugszinsen. Mit Gesuchen vom 1. Oktober 2020 (zur Steuerperiode 2018) bzw. 26. November 2020 (zur Steuerperiode 2019) ersuchte der Steuerpflichtige um Erlass der genannten Steuern. Die Wohnsitzgemeinde wies die Gesuche mit Verfügungen vom 31. Dezember 2020 (2018) bzw. 2. Februar 2021 (2019) ab. Die Rechtsmittel vom 26. Januar 2021 bzw. 26. Februar 2021 wies die Steuerrekurskommission des Kantons Bern mit Entscheiden vom 12. August 2021 ebenso ab. Die Steuerrekurskommission erwog, der Steuerpflichtige befinde sich zwar in einer aktuellen finanziellen Notlage. Er habe in der jeweiligen Steuerperiode aber über hinreichende Mittel verfügt, um Rücklagen zu bilden und diese zur Bezahlung der Steuern zu verwenden.  
 
1.2.  
 
1.2.1. Dagegen gelangte der Steuerpflichtige mit Eingaben vom 9. September 2021 (2018) bzw. 31. August 2021/10.September 2021 (2019) an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Dieses wies die Beschwerden mit einzelrichterlichen Entscheiden 100.2021.273/274 (2018) bzw. 100.2021.263/264 (2019) vom 28. März 2022 in gleicher Weise ab.  
 
1.2.2. Was die Steuerperiode 2018 betrifft, kam das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass der Steuerpflichtige damals Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkünfte von Fr. 59'775.-- erzielt habe. Bei einem Zwangsbedarf von Fr. 31'791.-- ergebe sich ein frei verfügbares Einkommen von Fr. 27'984.--. Der Steuerpflichtige habe damit über hinreichende Mittel verfügt, um die offenen Steuern zu begleichen. Die frei verfügbare Einkommensquote, bezogen auf die geschuldeten Steuern, habe sich auf rund 363 Prozent belaufen. Die Einzahlung in die gebundene Selbstvorsorge (Säule 3a) beruhe auf Freiwilligkeit, und die Anfang 2018 bezahlten Steuern (Steuerperiode 2017) seien im betreibungsrechtlichen Existenzminimum praxisgemäss nicht zu berücksichtigen. Der Hinweis auf die Covid-19-Pandemie, der einer Stellensuche entgegengestanden haben soll, sei unbehelflich.  
 
1.2.3. Zur Steuerperiode 2019 ging das Verwaltungsgericht von Erwerbsersatzeinkünften von Fr. 57'851.-- und einem jährlichen Zwangsbedarf von Fr. 30'352.80 aus, womit sich ein frei verfügbares Einkommen von Fr. 27'498.20 ergab. Die frei verfügbare Einkommensquote habe rund 338 Prozent erreicht. Im Übrigen folgte das Verwaltungsgericht den zur Vorperiode gemachten Überlegungen.  
 
1.3. Mit zwei separaten Eingaben vom 26. April 2022 unterbreitet der Steuerpflichtige dem Bundesgericht je eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Er beantragt sinngemäss, die angefochtenen Entscheide seien aufzuheben und es sei der vollumfängliche Steuererlass auszusprechen. In prozessualer Hinsicht ersucht er um die Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege.  
 
1.4. Die Abteilungspräsidentin als Instruktionsrichterin (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR 173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen, insbesondere von einem Schriftenwechsel gemäss Art. 102 Abs. 1 BGG, abgesehen.  
 
2.  
 
2.1. Dem Bundesgericht liegt je eine Beschwerde zu den Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern und der direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2018 (2D_14/2022) bzw. 2019 (2D_16/2022) vor. Die beiden Beschwerden beruhen auf einem weitgehend übereinstimmenden Sachverhalt und werfen dieselben Rechtsfragen auf. Es rechtfertigt sich daher, die beiden Verfahren zu vereinigen und die Beschwerden in einem einzigen Urteil zu entscheiden (Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP [SR 273]; BGE 142 II 293 E. 1.2).  
 
2.2.  
 
2.2.1. Gemäss Art. 83 lit. m BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Bereich von Stundung und/oder Erlass einer Abgabe nur zulässig, sofern zum einen ein direktsteuerlicher Entscheid zu den Einkommens- und Gewinnsteuern und zum andern eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt (Urteil 2D_32/2021 vom 5. Oktober 2021 E. 2.1 mit Hinweisen; insbesondere zum besonders bedeutenden Fall: BGE 143 II 459 E. 1.2).  
 
2.2.2. Der Steuerpflichtige bringt nicht vor, dass sich in seinem Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stelle bzw. dass aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliege. Damit ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht zulässig. Mit Recht hat der Steuerpflichtige subsidiäre Verfassungsbeschwerden eingereicht (Art. 113 ff. BGG; BGE 147 I 89 E. 1.1). Mit einer solchen Beschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte gerügt werden (Art. 116 BGG; BGE 146 I 195 E. 1.2.1; 142 II 259 E. 4.2). Das Bundesgericht geht der Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte nur nach, falls und soweit eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 116 und insbesondere Art. 117 BGG, der auf Art. 106 Abs. 2 BGG zurückverweist; BGE 147 I 194 E. 3.4; 147 II 44 E. 1.2; 147 V 156 E. 7.2.3). Die beschwerdeführende Person hat daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 147 I 478 E. 2.4 Ingress; 147 IV 453 E. 1 Ingress; 146 I 62 E. 3; 146 IV 114 E. 2.1). Fehlt es an einer derartigen Begründung, so ist auf die Rüge nicht einzutreten (BGE 148 IV 39 E. 2.3.5).  
 
2.2.3. Der Steuerpflichtige macht in seiner kurzen Eingabe im Wesentlichen nur geltend, dass das massgebende Recht unzutreffend ausgelegt bzw. angewandt worden sei, weil dieses ihm richtigerweise einen Rechtsanspruch auf Steuererlass verschaffe. Er habe unter normalen Umständen davon ausgehen dürfen, innerhalb kurzer Frist eine neue Arbeitsstelle zu finden, doch sei die Pandemie dazwischengekommen. Es sei ihm nicht möglich gewesen, die laufenden Verträge umgehend zu kündigen und dadurch Einsparungen zu erzielen. Die Einzahlung in die gebundene Selbstvorsorge sei berechtigt, es bestehe hierzu "kein gesetzliches Verbot", ebenso wie eine gesetzliche Grundlage fehle, welche das betreibungsrechtliche Existenzminimum als Vergleichsgrösse vorsehe.  
 
2.2.4. Mit diesen Einwänden zielt der Steuerpflichtige am Kern der Sache vorbei. Er lässt es mit rein appellatorischer Kritik bewenden, indem er lediglich seine eigene Sicht der Dinge darlegt, ohne auf die alles entscheidende Verfassungsfrage einzugehen. An einer klaren und detaillierten Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid unter Verfassungsgesichtspunkten fehlt es offenkundig, selbst wenn berücksichtigt wird, dass eine Laienbeschwerde vorliegt, weswegen die formellen Anforderungen praxisgemäss niedriger angesetzt werden (Urteile 2C_284/2022 vom 14. April 2022 E. 2.3).  
 
2.3. Mangels hinreichender Begründung ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (BGE 148 IV 39 E. 2.3.5), was durch einzelrichterlichen Entscheid der Abteilungspräsidentin als Instruktionsrichterin im vereinfachten Verfahren zu geschehen hat (Art. 42 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 und Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
3.  
 
3.1. Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).  
 
3.2. Der Steuerpflichtige ersucht für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege. Da die in der Hauptsache gestellten Anträge ohnehin aussichtslos waren, fällt die unentgeltliche Rechtspflege schon aus diesem Grund ausser Betracht (Art. 64 Abs. 1 BGG; BGE 142 III 138 E. 5.1). Das Gesuch ist abzuweisen, was einzelrichterlich geschehen kann (Art. 64 Abs. 3 Satz 2 BGG). Praxisgemäss werden die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens reduziert (Urteil 2C_152/2022 vom 15. Februar 2022 E. 3.2).  
 
3.3. Dem Kanton Bern, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Entschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Die Verfahren 2D_14/2022 und 2D_16/2022 werden vereinigt. 
 
2.  
Auf die Beschwerde im Verfahren 2D_14/2022 (Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2018) wird nicht eingetreten. 
 
3.  
Auf die Beschwerde im Verfahren 2D_16/2022 (Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2019) wird nicht eingetreten. 
 
4.  
Die für die beiden Verfahren gestellten Gesuche um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege werden abgewiesen. 
 
5.  
Die reduzierten Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
6.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichter, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. Mai 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher