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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_386/2021  
 
 
Urteil vom 2. Juli 2021  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Davide Loss, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Stadt Zürich, 
vertreten durch das Sozialdepartement, 
Zentrale Verwaltung, Verwaltungszentrum Werd, Werdstrasse 75, 8004 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Sozialhilfe (Vorinstanzliches Verfahren), 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 16. April 2021 (VB.2021.00217). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1964 geborene A.________ wurde mit Entscheid des Sozialzentrums B.________ vom 16. August 2018 verpflichtet, zu Unrecht bezogene Sozialhilfeleistungen in der Höhe von Fr. 11'825.48 an die Sozialen Dienste der Stadt Zürich zurückzuerstatten. Auf einen Antrag um Neubeurteilung trat die Sozialbehörde der Stadt Zürich mit Entscheid vom 6. Dezember 2018 infolge Verspätung nicht ein. Den dagegen eingereichten Rekurs hiess der Bezirksrat Zürich mit Beschluss vom 23. Mai 2019 gut, hob den angefochtenen Entscheid auf und wies das Verfahren zum Entscheid in der Sache an die Vorinstanz zurück. Die Sozialbehörde wies den Antrag auf Neubeurteilung mit Entscheid vom 12. September 2019 ab und verpflichtete A.________ zur Rückerstattung von Fr. 15'676.43. Den hiegegen eingereichten Rekurs hiess der Bezirksrat mit Beschluss vom 18. Februar 2021 teilweise gut und setzte den Rückerstattungsbetrag auf total Fr. 8476.43 fest. 
 
B.  
Nach Eingang einer Eingabe beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich über die von der Swiss Post betriebene elektronische Zustellplattform IncaMail wurde A.________ bzw. deren Rechtsvertreter mit Präsidialverfügung vom 25. März 2021 eine Frist zur Stellungnahme zur Beschwerdeeinreichung angesetzt. A.________ liess sich am 1. April 2021, wiederum per IncaMail, dazu vernehmen, ein Fristwiederherstellungsgesuch stellen und als Dateianhang die Beschwerdeschrift, datierend vom 24. März 2021, einreichen. Mit Verfügung vom 16. April 2021 wies das Verwaltungsgericht das Fristwiederherstellungsgesuch ab und trat auf die Beschwerde nicht ein. Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung wurde abgewiesen. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, in Aufhebung der angefochtenen Verfügung sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem lässt sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersuchen. 
Das Bundesgericht holte die vorinstanzlichen Akten ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 144 V 280 E. 1 mit Hinweis).  
 
1.2. Beim Entscheid, mit dem das kantonale Gericht infolge Fristversäumnisses auf die Beschwerde nicht eintritt, handelt es sich um einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG (vgl. BGE 143 V 363 E. 1; 135 V 153 E. 1.3). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich die Verletzung von Bundesrecht mit Einschluss der Bundesverfassung gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) grundsätzlich nur die geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (BGE 133 II 249 E. 1.4.1). Soweit die Vorinstanz kantonales Recht anzuwenden hatte, kann, abgesehen von den hier nicht massgebenden Art. 95 lit. c-e BGG, nur geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid verstosse gegen Normen des Bundesrechts oder des Völkerrechts (Art. 95 lit. a und b BGG). Im Übrigen kann die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts lediglich im Lichte der verfassungsmässigen Rechte und Grundsätze, namentlich des Willkürverbots (Art. 9 BV), geprüft werden (BGE 137 V 143 E. 1.2; 134 I 153 E. 4.2.2; 134 II 349 E. 3). Eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch dessen Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar als zutreffender erscheinen mag, genügt nicht (BGE 144 I 113 E. 7.1 mit Hinweisen).  
 
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt bzw. vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht; diese Rüge setzt zudem voraus, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 145 V 188 E. 2 mit Hinweisen).  
 
3.  
 
3.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie das Fristwiederherstellungsgesuch abwies und auf die Beschwerde infolge Fristversäumnisses nicht eintrat.  
 
3.2. Die für die Beurteilung der Beschwerde massgebenden Rechtsgrundlagen sind im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt worden. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).  
 
4.  
 
4.1. Gemäss den unstreitigen Feststellungen der Vorinstanz endete die Beschwerdefrist gegen den Beschluss des Bezirksrats Zürich vom 18. Februar 2021 am 24. März 2021. Unstrittig ist sodann, dass am 24. März 2021, 23.28 Uhr, beim Verwaltungsgericht eine über IncaMail erfolgte Eingabe des Rechtsvertreters von A.________ eingegangen war, die gemäss zugestellter Abgabequittung sechs Dateianhänge (Honorarnote; Kontoauszug; Lohnabrechnungen der C.________ GmbH für die Monate November 2020 - Januar 2021; Leistungsabrechnungen der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich für die Monate November 2020 - Januar 2021; Strafanzeige der Sozialen Dienste der Stadt Zürich vom 13. November 2020; Beschluss des Bezirksrats Zürich vom 18. Februar 2021), jedoch keine Beschwerdeschrift enthielt.  
 
4.2. Gestützt auf diese Feststellungen erwog die Vorinstanz, die Eingabe per IncaMail vom 24. März 2021 sei grundsätzlich rechtzeitig erfolgt, jedoch mangels Beschwerdeschrift mit Antrag und Begründung nicht als gültige Rechtsmitteleingabe zu betrachten. Innerhalb der Beschwerdefrist sei somit keine Beschwerde eingegangen und die mit Eingabe vom 1. April 2021 eingereichte Beschwerde sei, obschon datierend vom 24. März 2021, verspätet. Darauf dürfe, vorbehältlich einer Fristwiederherstellung, nicht eingetreten werden. Das kantonale Gericht verneinte im Weiteren das Vorliegen von Gründen für eine Fristwiederherstellung. Die elektronische Übermittlung unterstehe gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung dem Empfangsprinzip. Die Frist sei nur eingehalten, wenn der Empfang bei der Zustelladresse des Gerichts spätestens am letzten Tag der Frist (Mitternacht) durch das betreffende Informatiksystem bestätigt worden sei. Das Risiko einer nicht funktionierenden Übermittlung bzw. technischen Panne trage bis zum Empfangsserver des Gerichts die Partei. Weise diese nicht nach, dass die Nichtzustellung auf ein Problem im Informatiksystem des Gerichts zurückzuführen sei und scheitere der Zustellversuch an einem zu hohen Datenvolumen der Eingaben, gelte die Frist als nicht eingehalten. Eine Empfangsproblematik seitens des Gerichts - so die Vorinstanz - könne ausgeschlossen werden. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin habe keinen Beweis für den rechtzeitigen Versand des Dateianhangs der Beschwerdeschrift eingereicht. Zudem wäre aus der Abgabequittung, die er nach dem Versenden der Eingabe erhalten habe, ersichtlich gewesen, welche Dateianhänge zur Übermittlung abgegeben worden seien. Die Kontrolle dieser Quittung falle in den Risikobereich des Versenders und hätte es ihm vorliegend erlaubt, einen nochmaligen Zustellversuch der Beschwerdeschrift vorzunehmen. Bezüglich verspäteter Beschwerdeeinreichung sei daher von einer nicht mehr leichten Nachlässigkeit des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin auszugehen.  
 
5.  
Was die Beschwerdeführerin gegen die in allen Teilen überzeugende Beurteilung des kantonalen Gerichts vorbringt, verfängt nicht. 
 
5.1. Eine Beschwerde ist samt Antrag und Begründung (§ 54 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 [VRG; LS 175.2]) innerhalb der gesetzlichen und somit nicht erstreckbaren Frist von § 53 i.V. mit § 22 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VRG einzureichen. Bei elektronischen Eingaben ist für die Fristwahrung der Zeitpunkt massgebend, in dem die Quittung ausgestellt wird, die bestätigt, dass alle Schritte abgeschlossen sind, die auf Seiten der Partei für die Übermittlung notwendig sind (§ 71 VRG i.V. mit Art. 143 Abs. 2 ZPO). Die Beschwerdefrist ist gemäss unbestrittener vorinstanzlicher Feststellung am Tag der elektronischen Einreichung der Eingabe, die gemäss Abgabequittung keine Beschwerdeschrift enthielt, abgelaufen. Den Nachweis, dass die Beschwerde entgegen der erwähnten Quittung in der Übermittlung enthalten gewesen wäre, erbringt die Beschwerdeführerin nicht. Die Ansetzung einer Nachfrist zur Einreichung der Beschwerde fällt daher von vornherein ausser Betracht (vgl. Urteil 9C_103/2021 vom 15. März 2021 E. 1.2).  
 
5.2. Soweit die Beschwerdeführerin in der Nichtansetzung einer Nachfrist durch das kantonale Gericht einen Verstoss gegen das Verbot des überspitzten Formalismus gemäss Art. 29 Abs. 1 BV rügt, kann ihr nicht gefolgt werden. Überspitzter Formalismus liegt als eine besondere Form der Rechtsverweigerung vor, wenn für ein Verfahren rigorose Formvorschriften aufgestellt werden, ohne dass die Strenge sachlich gerechtfertigt wäre, oder wenn die Behörde formelle Vorschriften mit übertriebener Schärfe handhabt. Prozessuale Formen sind jedoch unerlässlich, um die ordnungsgemässe Abwicklung des Verfahrens sowie die Durchsetzung des materiellen Rechts zu gewährleisten (BGE 118 V 311 E. 4; 114 Ia 34 E. 3). Überspitzter Formalismus ist daher nur gegeben, wenn die strikte Anwendung der Formvorschriften durch keine schutzwürdigen Interessen gerechtfertigt ist, zum blossen Selbstzweck wird und die Verwirklichung des materiellen Rechts in unhaltbarer Weise erschwert oder verhindert (BGE 142 V 152 E 4.2; Urteil 8C_77/2020 vom 17. März 2020 E. 5.4, je mit Hinweisen). Dies trifft hier klarerweise nicht zu. Wie das kantonale Gericht darlegte (vgl. E. 4.2 hiervor), hätte der Beschwerdeführerin bzw. ihrem Rechtsvertreter spätestens bei Erhalt der Abgabequittung bewusst werden müssen, dass die Beschwerdeschrift nicht übermittelt worden war und die Beschwerde somit nicht als fristgemäss eingereicht gelten konnte. Zu Recht wies die Vorinstanz denn auch darauf hin, dass zu diesem Zeitpunkt noch die Möglichkeit eines erneuten Zustellversuchs und damit der Fristwahrung offen gestanden hätte. Es kann mithin keine Rede davon sein, dass das kantonale Gericht der Beschwerdeführerin den Rechtsweg in unzulässiger Weise versperrt hätte.  
 
5.3. Bezüglich vorinstanzlicher Abweisung des Fristwiederherstellungsgesuchs rügt die Beschwerdeführerin eine willkürliche Anwendung von § 12 Abs. 2 VRG. Gemäss dieser Bestimmung kann eine versäumte Frist wiederhergestellt werden, wenn dem Säumigen keine grobe Nachlässigkeit zur Last fällt und er innert zehn Tagen nach Wegfall des Grundes, der die Einhaltung der Frist verhindert hat, ein Gesuch um Wiederherstellung einreicht. Wenn das kantonale Gericht bezüglich verpasster Frist zur Beschwerdeeinreichung von einer nicht mehr leichten Nachlässigkeit ausging und eine Fristwiederherstellung verneinte, kann darin keine willkürliche Anwendung von kantonalem Recht erblickt werden. Wie es erwog, war aus der Abgabequittung, die der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin nach dem Versenden der Eingabe am 24. März 2021, 23.28 Uhr, erhalten hatte, ersichtlich, welche Dateianhänge zur Übermittlung an den Empfänger abgegeben wurden. Zur Sicherstellung der korrekt erfolgten Zustellung wäre eine umgehende Kontrolle dieser Quittung ohne weiteres möglich und im Rahmen der üblichen Sorgfaltspflichten zu erwarten gewesen. Die Qualifikation der mangelnden Kontrolle als grobe Nachlässigkeit erscheint nicht offensichtlich unhaltbar. Für die Annahme von Willkür genügt es denn auch nicht, dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar als zutreffender zu erscheinen vermöchte (vgl. E. 2.1 hiervor).  
 
5.4. Nach Gesagtem ergibt sich zusammenfassend, dass die Vorinstanz kein Bundesrecht, insbesondere auch nicht das Willkürverbot (Art. 9 BV) oder das Verbot des überspitzten Formalismus (Art. 29 Abs. 1 BV) verletzte, indem sie das Fristwiederherstellungsgesuch abwies und auf die Beschwerde infolge Fristversäumnisses nicht eintrat. In der vorinstanzlichen Verneinung des Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit der nicht fristgerecht gestellten (materiellen) Rechtsbegehren liegt keine Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV vor.  
 
6.  
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) - erledigt. 
 
7.  
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren ist wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten werden demnach der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich und dem Bezirksrat Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 2. Juli 2021 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch