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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1C_160/2019  
 
 
Urteil vom 3. Oktober 2019  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, 
nebenamtlicher Bundesrichter Weber, 
Gerichtsschreiber Mattle. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt 
Dr. Konrad Willi, 
 
gegen  
 
B. und C. D.________, 
Beschwerdegegner, beide vertreten durch Rechtsanwalt 
Rainer Hager, 
 
Stadtrat von Zug, 
Stadthaus, Postfach 1258, 6301 Zug, 
 
Regierungsrat des Kantons Zug, 
Regierungsgebäude am Postplatz, 
Seestrasse 2, Postfach 156, 6301 Zug. 
 
Gegenstand 
Baubewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, 
vom 31. Januar 2019 (V 2018 60). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 19. Mai 2016 reichten B. und C. D.________ ein Baugesuch für das in der Bauzone W2B liegende Grundstück 2891 in Zug ein. Das Baugesuch beinhaltet den Abbruch des Einfamilienhauses Assek-Nr. 2044a und den Neubau eines Zweifamilienhauses auf dem Grundstück 2891. Während der öffentlichen Auflage erhob namentlich der Eigentümer des östlich angrenzenden Grundstücks 3382, A.________, am 15. Juni 2016 Einsprache. Am 4. Oktober 2016 wies der Stadtrat von Zug die Einsprache ab und erteilte die baurechtliche Bewilligung. 
 
B.   
A.________ erhob am 27. Oktober 2016 beim Regierungsrat des Kantons Zug Verwaltungsbeschwerde. Nachdem der Generalsekretär der Baudirektion einen Augenschein durchgeführt hatte, hiess der Regierungsrat des Kantons Zug die Beschwerde am 10. April 2018 bezüglich Anordnung der Solaranlage teilweise gut und präzisierte die Nebenbestimmung in Dispositivziffer II. Ziff. 8 des Entscheides der Stadt Zug wie folgt: 
 
"Die Wände, Böden, Decken sowie Türen zwischen Wintergarten und Wohnraum haben mindestens die energetischen Anforderungen an eine Aussenwand bzw. Verglasung und zwar so zu erfüllen, dass der Dämmperimeter der als Wintergärten bezeichneten Räume nicht an deren Aussenhülle angenommen werden darf. Die Wintergärten dürfen nicht beheizt werden." 
 
A.________ erhob dagegen am 11. Mai 2018 Verwaltungsgerichtsbeschwerde bei der verwaltungsrechtlichen Kammer des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug. Diese wies das Rechtsmittel am 31. Januar 2019 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 18. März 2019 beantragt A.________, es sei das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 31. Januar 2019 au fzuheben, und seien demgemäss auch der Regierungsratsentscheid vom 12. April 2018 (recte: 10. April 2018), soweit damit die Beschwerde des Beschwerdeführers abgewiesen wurde, sowie die Baubewilligung des Stadtrates vom 4. Oktober 2016 aufzuheben und die nachgesuchte Baubewilligung zu verweigern. Die Beschwerdegegner und die Vorinstanz beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Der Regierungsrat des Kantons Zug stellt Antrag auf Beschwerdeabweisung. Die Stadt Zug hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Gegen den angefochtenen, kantonal letztinstanzlichen Endentscheid im Bereich des Baurechts steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (vgl. Art. 82 ff. BGG; BGE 133 II 353 E. 2 S. 356). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerdeführung legitimiert, da er am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat und als unmittelbarer Nachbar vom Bauvorhaben besonders betroffen ist (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG; BGE 140 II 214 E. 2.3 S. 219). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht erfüllt sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht und kantonale verfassungsmässige Rechte (Art. 95 lit. a und c BGG). Die Anwendung des sonstigen kantonalen Rechts überprüft das Bundesgericht jedoch nur auf Vereinbarkeit mit dem Bundesrecht, namentlich mit dem Willkürverbot gemäss Art. 9 BV (BGE 142 II 369 E. 2.1 S. 372 mit Hinweisen). Willkürlich ist ein Entscheid, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 141 I 70 E. 2.2 S. 72; 140 I 201 E. 6.1 S. 205; je mit Hinweisen).  
 
2.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, die von den Beschwerdeführern geltend gemacht und begründet werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 142 I 99 E. 1.7.1 f. S. 106 mit Hinweisen).  
 
2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
3.   
Der Beschwerdeführer beanstandet, dass die Vorinstanz die anwendbaren Bestimmungen der Verordnung zum Planungs- und Baugesetz des Kantons Zug vom 20. November 2018 (V PBG, BGS 721.111) mit dem seit 1. Januar 2019 massgebenden Wortlaut zitiert habe. Nachdem der Beschwerdeführer aber selber ausführt, dass inhaltlich § 16 Abs. 2 lit. e der V PBG in dem bis 31. Dezember 2018 massgebenden Wortlaut (aV PBG) mit § 35 Abs. 2 lit. i V PBG inhaltlich übereinstimmt, kann die Frage, welche Bestimmung intertemporalrechtlich zur Anwendung gelangt, offen gelassen werden. Im Folgenden wird jedoch die bis 31. Dezember 2018 massgebende Bestimmung zitiert. § 16 Abs. 2 lit. e aV PBG steht im Zusammenhang mit der Berechnung der Ausnützungsziffer und hat nachstehenden Wortlaut: 
 
"Nicht anzurechnen sind (..) e) Flächen von Gemeinschaftsräumen in Wohnhäusern mit mehr als drei Wohnungen; von nicht gewerblichen Einstellräumen für Fahrzeuge; von offenen Erdgeschosshallen und offenen überdeckten Dachterrassen; von ein- und vorspringenden Balkonen; von verglasten Veranden, Vorbauten, Balkonen und Terrassen, sofern sie weniger als 15% der Summe aller anrechenbaren Geschossflächen ausmachen und heiztechnische Installationen fehlen." 
 
Umstritten ist zwischen den Parteien, ob diese Bestimmung auf den im Attikageschoss geplanten und als "Wintergarten" bezeichneten Bauteil zur Anwendung gelangt. 
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer beanstandet, die Vorinstanz habe die Praxis des Regierungsrates des Kantons Zug bezüglich der Anwendbarkeit dieser Bestimmung nicht vertieft mit voller Kognition überprüft. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Vorinstanz einerseits detailliert die Praxis des Regierungsrates wiedergegeben und analysiert hat. Andererseits hat sie sich mit der Praxis des Regierungsrates wie auch mit einem von ihr früher gefällten Entscheid auseinandergesetzt. Eine Kognitionseinschränkung der Vorinstanz war dabei nicht erkennbar. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass über die im Verordnungstext selber erwähnten Voraussetzungen keine weiteren Erfordernisse gegeben sein müssen, damit ein Bauherr von der Nichtanrechnung einer solchen Fläche bei Berechnung der Ausnützungsziffer profitieren kann. Eine solche weitere vom Beschwerdeführer verlangte Voraussetzung, dass stets als Grundvoraussetzung zu prüfen sei, ob überhaupt eine verglaste Veranda, Vorbaute oder Terrasse oder ein verglaster Balkon vorliege, da nur solche baulichen Sachverhalte und nicht beliebige verglaste Teile oder Räume eines Gebäudes privilegiert werden sollen, lässt sich dieser Bestimmung nicht entnehmen. Die Vorinstanz konnte aufgrund des Verordnungswortlauts daher willkürfrei annehmen, gestalterische Vorgaben als zusätzliche Voraussetzung könnten nicht verlangt werden.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer erachtet die regierungsrätliche Praxis, der sich die Vorinstanz angeschlossen hatte, bei der Anwendung von § 16 Abs. 2 lit. e aV PBG als mit dem Sinn und Zweck der Bestimmung nicht vereinbar. Diese Praxis führe auch im konkreten Fall zu einem offensichtlich unrichtigen Ergebnis. Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, dass der Verordnungswortlaut von Vorbauten, Veranden und Terrassen ausgehe und es sich somit nicht um Bauteile handle, die nur einseitig verglast seien. Auch einspringende verglaste Balkone würden von der Ausnützungsprivilegierung nicht erfasst. Die Vorinstanz hat jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass nur die beiden in § 16 Abs. 2 lit. e aV PBG genannten Voraussetzungen - weniger als 15% der Summe aller anrechenbaren Geschossflächen und das Fehlen heiztechnischer Installationen - massgebend sind. Das Abstellen allein auf die beiden Erfordernisse erweist sich als klar und praktikabel, währenddem die Einführung weiterer Erfordernisse, wie sie der Beschwerdeführer verlangt, zu Unklarheiten und Interpretationsschwierigkeiten führen könnte. So will der Beschwerdeführer beispielsweise bei ins Gebäude eingelassenen Bauteilen die Privilegierung nicht gewähren und auch den Begriff "Balkon" nur in einem sprachlich engen Sinn auf die Bestimmung von § 16 Abs. 2 lit. e aV PBG anwenden. Dass die von der Vorinstanz vorgenommene Auslegung von § 16 Abs. 2 lit. e aV PBG zu einem sinn- und zweckwidrigen Ergebnis führen soll, ist nicht erkennbar.  
 
4.3. Der Regierungsrat des Kantons Zug hat in seinem Entscheid noch eine Bestimmung zum Baubewilligungsentscheid eingefügt, mit der dem Erfordernis der Nichtbeheizbarkeit der fraglichen Fläche Nachachtung verschafft werden soll. Die Vorinstanz hat dies als ausreichende Vorkehr betrachtet, um das Fehlen heiztechnischer Installationen zu gewährleisten. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, dass dieses Vorgehen unzutreffend oder ungenügend sein soll.  
 
4.4. Die Vorinstanz hat pro memoria darauf hingewiesen, dass der umstrittene Dachaufbau die gesetzlichen Vorgaben betreffend die maximale Gebäudehöhe exakt einhalte. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, dass diese Angabe falsch sei. Wie von den Beschwerdegegnern zutreffend ausgeführt wurde, würde sich für Betrachter des geplanten Hauses nichts ändern, ob ein ausnützungsprivilegierter Bauteil oder ein bei der Ausnützung anrechenbares Attikawohngeschoss auf dem Dach aufgebaut wird. Würde für die Baute gemäss Baugesuch im Attikageschoss die Bewilligung verweigert, so hätten die Beschwerdegegner die Möglichkeit, den unter dem Attikageschoss liegenden Wohnraum zugunsten eines Attikageschosses mit anrechenbarer Geschossfläche zu verkleinern und dafür in jenen Stockwerken die zusätzlichen ausnützungsprivilegierten Flächen zu realisieren. Am visuellen Gesamteindruck des Gebäudes würde sich damit letztlich nichts ändern. Der Beschwerdeführer hat in seiner Einsprache vom 15. Juni 2016 zum Ausdruck gebracht, dass er nebst den von ihm gerügten Verstössen gegen öffentlich-rechtliche Bauvorschriften die Beeinträchtigung ideeller Interessen (Entzug von Aussicht) beanstande. Diesbezüglich würde sich somit letztlich für ihn keine Änderung ergeben.  
 
4.5. Wie von der Vorinstanz festgehalten und vom Beschwerdeführer anerkannt wird, besteht auch bei "klassischen" Wintergärten die Gefahr einer indirekten Beheizung durch Öffnen der Eingangstüre zum angrenzenden Wohnraum. Der Beschwerdeführer macht indes geltend, im Gegensatz zu einem filigran konstruierten Wintergarten mit einfacher Verglasung lasse der strittige Aufbau aufgrund seiner Konstruktionsweise auch ohne heiztechnische Installationen im Raum selber problemlos eine ganzjährige Wohnnutzung zu. Die Vorinstanz hat allerdings ohne in Willkür zu verfallen aufgezeigt, dass der Stadtrat von Zug und der Regierungsrat mittels entsprechender Auflagen ausreichende Vorkehrungen getroffen haben, um zu verhindern, dass der Dachaufbau beheizt wird.  
 
4.6. Die von der Vorinstanz bestätigte Praxis des Regierungsrates, nur die beiden im Verordnungswortlaut angegebenen Voraussetzungen als massgebend zu betrachten, erweist sich somit weder als offensichtlich unrichtig noch als willkürlich.  
 
5.   
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (vgl. Art. 66 Abs. 1 BGG). Überdies hat er die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (vgl. Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Stadtrat von Zug, dem Regierungsrat des Kantons Zug und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. Oktober 2019 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Mattle