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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_626/2021  
 
 
Urteil vom 3. November 2022  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Bundesrichterin Jametti, 
Bundesrichter Müller, Merz, 
Gerichtsschreiber Baur. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Krüger, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, 
Schermenweg 5, Postfach, 3001 Bern. 
 
Gegenstand 
Entzug des Führerausweises für Motorfahrzeuge, 
 
Beschwerde gegen das Urteil der Rekurskommission des 
Kantons Bern für Massnahmen gegenüber 
Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern, 
vom 28. April 2021 (300.2021.35). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 3. Juli 2020 fuhr A.________ als Lenker eines Personenwagens auf der Autobahn A8 bei Matten bei Interlaken auf dem Überholstreifen. In der Folge wechselte er auf den Normalstreifen, wo er beschleunigte und einen auf dem Überholstreifen fahrenden Personenwagen rechts überholte, worauf er wieder auf diesen Streifen einbog. Mit Strafbefehl vom 9. Oktober 2020 sprach ihn die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Oberland, für dieses Überholmanöver der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig und bestrafte ihn mit einer Geldstrafe sowie einer Verbindungsbusse. Dieser Strafbefehl erwuchs in Rechtskraft. 
Mit Verfügung vom 26. Januar 2021 entzog das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern (SVSA) A.________ für das als schwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften beurteilte Rechtsüberholen vom 3. Juli 2020 den Führerausweis für zwölf Monate. Es berücksichtige dabei einen früheren, dreimonatigen Führerausweisentzug wegen einer schweren Widerhandlung. 
 
B.  
Gegen die Verfügung des SVSA gelangte A.________ an die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern. Mit Urteil vom 28. April 2021 (versandt am 14. September 2021) wies die Rekurskommission das Rechtsmittel ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 15. Oktober 2021 an das Bundesgericht beantragt A.________, den Entscheid der Rekurskommission aufzuheben und von einer Administrativmassnahme abzusehen. 
Das SVSA und die Rekurskommission schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das zusätzlich zur Vernehmlassung eingeladene Bundesamt für Strassen (ASTRA) beantragt unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid, den es für zutreffend hält, ebenfalls die Abweisung der Beschwerde. A.________ hat am 17. Januar 2022 eine weitere Stellungnahme eingereicht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Innert Frist (vgl. Art. 100 Abs. 1 BGG) angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid über einen Führerausweisentzug. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 BGG). Ein Ausnahmegrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, wird durch den angefochtenen Entscheid auch materiell beschwert und ist damit nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Auch sonst steht einem Eintreten auf die Beschwerde grundsätzlich nichts entgegen. 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, welche die beschwerdeführende Person vorbringt und begründet, sofern die rechtlichen Mängel des angefochtenen Entscheids nicht geradezu offensichtlich sind (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 144 V 388 E. 2). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten namentlich, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 1 E. 1.4; 142 I 99 E. 1.7.2; 139 I 229 E. 2.2).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil weiter den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich (vgl. dazu BGE 137 I 58 E. 4.1.2), ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht. Erforderlich ist zudem, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (vgl. Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 16 E. 1.3.1; 264 E. 2.3).  
 
3.  
 
3.1. Gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG wird nach Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz vom 18. März 2016 (OBG; SR 314.1) ausgeschlossen ist, der Lernfahr- oder Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen. Das Ordnungsbussenverfahren ist insbesondere ausgeschlossen, wenn die beschuldigte Person jemanden gefährdet oder verletzt oder Schaden verursacht hat (Art. 4 Abs. 3 lit. a OBG). Eine konkrete Gefährdung ist dabei nicht erforderlich; eine erhöhte abstrakte Gefährdung genügt (Urteile 6B_231/2022 vom 1. Juni 2022 E. 2.2, zur Publ. vorgesehen; 6B_520/2015 vom 24. November 2015 E. 1.3; bereits BGE 114 IV 63 E. 3). Eine solche besteht, wenn die Möglichkeit einer konkreten Gefährdung oder einer Verletzung naheliegt (BGE 142 IV 93 E. 3.1; 131 IV 133 E. 3.2; je mit Hinweisen). Ob dies zutrifft, ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BGE 131 IV 133 E. 3.2; Urteil 1C_634/2017 vom 10. April 2018 E. 5.1; je mit Hinweisen).  
Nach Art. 90 Abs. 2 SVG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Eine solche Gefahr wird bereits bei einer erhöhten abstrakten Gefährdung im genannten Sinn bejaht. Subjektiv erfordert der Tatbestand ein rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend verkehrswidriges Verhalten, das heisst ein schweres Verschulden, bei fahrlässiger Begehung grobe Fahrlässigkeit (BGE 142 IV 93 E. 3.1; 131 IV 133 E. 3.2; je mit Hinweisen). 
Eine schwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften gemäss Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG begeht, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Die schwere Widerhandlung entspricht der groben Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG (BGE 132 II 234 E. 3; Urteil 1C_201/2014 vom 20. Februar 2015 E. 3.2). 
 
3.2. Die Ordnungsbussenverordnung vom 16. Januar 2019 (OBV; SR 314.11) enthält in Anhang 1 eine Bussenliste für Übertretungen nach dem SVG, die im Ordnungsbussenverfahren geahndet werden (vgl. Art. 1 lit. a OBV). Am 1. Januar 2021 (AS 2020 2115) trat die neu in diese Bussenliste aufgenommene Ziff. 314.3 in Kraft. Die Bestimmung sieht vor, dass Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen auf Autobahnen und Autostrassen mit mehreren Fahrstreifen mit einer Ordnungsbusse von Fr. 250.-- sanktioniert wird. Sie nimmt Bezug auf den gleichzeitig in Kraft getretenen geänderten Art. 36 Abs. 5 der Verkehrsregelverordnung vom 13. November 1962 (VRV; SR 741.11). Danach ist auf Autobahnen und Autostrassen das Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen untersagt. Hingegen darf in gewissen Fällen mit der gebotenen Vorsicht rechts an anderen Fahrzeugen vorbeigefahren werden.  
Die Vorinstanz hat es im angefochtenen Entscheid als gerechtfertigt erachtet, im erst nach Inkrafttreten der genannten Rechtsänderung durchgeführten Administrativverfahren betreffend das Rechtsüberholmanöver des Beschwerdeführers auf der Autobahn vom 3. Juli 2020 den Grundsatz der lex mitior gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB zu beachten und gegebenenfalls das neue Recht anzuwenden, falls dieses milder sei als das im damaligen Zeitpunkt geltende, auf dessen Grundlage der Beschwerdeführer mit Strafbefehl vom 9. Oktober 2020 einer groben Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. In der Folge hat sie allerdings verneint, dass das neue Recht im vorliegenden Fall milder sei und daher zur Anwendung komme. 
Zur Begründung letzterer Beurteilung hat die Vorinstanz namentlich ausgeführt, sowohl nach der neuen als auch nach der damaligen Rechtslage sei durch das Rechtsüberholen des Beschwerdeführers eine erhöhte abstrakte Gefährdung geschaffen worden. Damit sei dessen Überholmanöver in beiden Fällen in objektiver Hinsicht als grobe Verkehrsregelverletzung gemäss Art. 90 Abs. 2 SVG und als schwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG zu beurteilen und sei das Ordnungsbussenverfahren nach Art. 4 Abs. 3 Bst. a OBG jeweils ausgeschlossen. Die neue Ziff. 314.3 von Anhang 1 OBV ändere daran nichts. Diese Bestimmung könne nur zur Anwendung gelangen, wenn durch ein Rechtsüberholmanöver auf der Autobahn keine erhöhte abstrakte Gefährdung geschaffen werde. Davon könne allenfalls ausgegangen werden, wenn bei Kolonnenverkehr im Sinne von Art. 36 Abs. 5 VRV mit der gebotenen Vorsicht rechts an anderen Fahrzeugen vorbeigefahren und danach wieder auf den linken Fahrstreifen gewechselt werde, ohne andere Verkehrsteilnehmer zu behindern, nicht jedoch bei einem Rechtsüberholen, wie es der Beschwerdeführer vorgenommen habe. Auch in subjektiver Hinsicht handle es sich bei dessen Überholmanöver nach dem neuen wie nach dem alten Recht um eine schwere Widerhandlung gemäss Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG. Da dem Beschwerdeführer in den vorangegangenen fünf Jahren der Führerausweis bereits einmal wegen einer schweren Widerhandlung entzogen gewesen sei, verletze der auf Art. 16c Abs. 2 lit. c SVG gestützte strittige Warnungsentzug kein Bundesrecht. 
 
3.3. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern (SVSA) pflichtet der Vorinstanz bei, dass das neue Recht hinsichtlich des Rechtsüberholens des Beschwerdeführers vom 3. Juli 2020 nicht milder sei als das damals geltende. Entsprechende Überholmanöver auf der Autobahn hätten weiterhin als schwere Widerhandlung zu gelten. Sie seien unverändert als hoch gefährlich zu beurteilen und hätten wie bis anhin eine erhöhte abstrakte Gefährdung zur Folge, welche die Anwendung des OBG bzw. des neuen Ordnungsbussentatbestands von Ziff. 314.3 OBV ausschliesse. Eine andere Betrachtungsweise führte offensichtlich zu stossender Rechtsungleichheit. Abweichend von der Vorinstanz stellt sich das Amt allerdings auf den Standpunkt, der Grundsatz der lex mitior gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB sei vorliegend nicht zu beachten. Im Administrativverfahren sei das im Zeitpunkt der Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften geltende Recht massgeblich.  
 
3.4. Der Beschwerdeführer rügt, gemäss Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV sei ein Rechtsüberholen auf der Autobahn ohne erschwerende Umstände, wie er es am 3. Juli 2020 vorgenommen habe, nur noch als Ordnungswidrigkeit zu qualifizieren und mit einer Ordnungsbusse von Fr. 250.-- zu bestrafen. Eine Beurteilung als grobe Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG und als schwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften nach Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG komme nicht mehr in Betracht. Die neue Regelung schliesse somit die Eröffnung eines Administrativverfahrens und den Entzug des Führerausweises wegen eines derartigen Überholmanövers aus. Nach dem Grundsatz der lex mitior wäre die neue Rechtslage im Administrativverfahren betreffend sein Rechtsüberholen vom 3. Juli 2020 zu berücksichtigen gewesen. Zwar habe die Vorinstanz anerkannt, dass dieser Grundsatz zu beachten sei. Sie habe sein Überholmanöver aber trotzdem als schwere Widerhandlung beurteilt und den strittigen Warnungsentzug geschützt. Dies sei nicht nachvollziehbar und bundesrechtswidrig.  
 
4.  
 
4.1. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist der Warnungsentzug eine der Strafe ähnliche, aber dennoch von ihr unabhängige Verwaltungsmassnahme mit präventivem Charakter, die primär die Erziehung des fehlbaren Fahrzeuglenkers im Interesse der Verkehrssicherheit und nicht dessen Bestrafung bezweckt. Entsprechend seiner Rechtsnatur werden verschiedene für Strafen geltende strafrechtliche sowie verfassungs- und konventionsrechtliche Regeln und Grundsätze auf den Warnungsentzug analog angewandt (zum Ganzen: BGE 133 II 331 E. 4.2 mit Hinweisen). Namentlich ist bei einer Änderung des Gesetzes das neue Recht anwendbar, wenn dieses für die betroffene Person milder ist (BGE 133 II 331 E. 4.2; 104 Ib 87 E. 2).  
Vorliegend geht es zwar nicht um eine Änderung des Administrativmassnahmenrechts an sich. Mit Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV trat jedoch am 1. Januar 2021 vor der Durchführung des Administrativverfahrens betreffend das Rechtsüberholen des Beschwerdeführers auf der Autobahn vom 3. Juli 2020 neben dem geänderten Art. 36 Abs. 5 VRV eine neue Bestimmung in Kraft, deren Wortlaut nahelegt, derartige Überholmanöver seien im Ordnungsbussenverfahren zu ahnden. Diese Rechtsänderung ist für das Administrativverfahren gegen den Beschwerdeführer von Bedeutung, auch wenn sie die strafrechtliche Beurteilung seiner Widerhandlung betrifft, wird nach Art. 16 Abs. 2 SVG doch, wie erwähnt (vgl. vorne E. 3.1), dann der Lernfahr- oder Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen, wenn Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften begangen wurden, bei denen das Ordnungsbussenverfahren ausgeschlossen ist. Im Administrativverfahren gegen den Beschwerdeführer ist daher bei der vorfrageweisen strafrechtlichen Beurteilung seines Rechtsüberholmanövers entsprechend der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Rechtsnatur des Warnungsentzugs der Grundsatz der lex mitior gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB zu beachten, soweit die Voraussetzungen für dessen Anwendung erfüllt sind, und ist grundsätzlich das neue Recht anzuwenden, wenn es milder ist als das im Begehungszeitpunkt geltende. Da es sich beim Warnungsentzug um eine zusätzliche Sanktion handelt, gilt dies ungeachtet des Strafbefehls vom 9. Oktober 2020, mit dem der Beschwerdeführer auf der Grundlage des damaligen Rechts für sein Überholmanöver einer groben Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. 
 
4.2. Gemäss Art. 102 Abs. 1 SVG sind die allgemeinen Bestimmungen des StGB anwendbar, soweit das SVG keine abweichenden Vorschriften enthält. Zu diesen allgemeinen Bestimmungen zählt auch Art. 2 Abs. 2 StGB, der den Grundsatz der lex mitior statuiert. Bezüglich der Anwendung dieses Grundsatzes auf Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV und den geänderten Art. 36 Abs. 5 VRV bestehen keine abweichenden Vorschriften. Aus den Ausführungen des SVSA im bundesgerichtlichen Verfahren ergibt sich nichts anderes. Zwar wird in Abs. 1 der Schlussbestimmungen der Änderung des SVG vom 14. Dezember 2001 festgehalten, nach den Vorschriften dieser Änderung werde beurteilt, wer nach ihrem Inkrafttreten eine leichte, mittelschwere oder schwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften (im Sinne der mit der Änderung eingeführten Art. 16a-c SVG) begehe. Daraus folgt indessen nichts für die Frage, ob bei der Anwendung von Art. 16 Abs. 2 SVG das erwähnte neue Recht grundsätzlich als lex mitior zu berücksichtigen ist, wenn es milder ist als das im Zeitpunkt der Widerhandlung des Beschwerdeführers geltende. Auch sonst ergibt sich aus den Vorbringen des SVSA nicht, dass eine entsprechende Anwendung des neuen Rechts im Administrativverfahren gegen den Beschwerdeführer ausgeschlossen ist. Dies folgt namentlich nicht daraus, dass das Bundesgericht nach Inkrafttreten der neuen Bestimmungen zum Rechtsüberholen auf der Autobahn in zwei vom SVSA genannten Fällen Verurteilungen wegen einer groben Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG für derartige Überholmanöver schützte, war doch der neue Ordnungsbussentatbestand von Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV in diesen Entscheiden kein Thema.  
Einer Anwendung des Grundsatzes der lex mitior gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB im erwähnten Sinn im Administrativverfahren gegen den Beschwerdeführer steht sodann auch nicht entgegen, dass dieser Grundsatz nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zwar greift, wenn in der neuen Regelung eine andere ethische Wertung zum Ausdruck kommt, nicht jedoch bei Änderungen aus Gründen der Zweckmässigkeit (BGE 123 IV 84 E. 3; 116 IV 258 E. 3; 89 IV 113 E. I/1; Urteil 6B_231/2022 vom 1. Juni 2022 E. 2.2, zur Publ. vorgesehen), bzw. wertneutrale Regeln von Art. 2 Abs. 2 StGB nicht erfasst sind, die lex mitior hingegen gilt, wenn eine andere Bewertung des geregelten Verhaltens vorgenommen worden ist (Urteil 6B_231/2022 vom 1. Juni 2022 E. 2.2 mit Hinweis, zur Publ. vorgesehen). Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, liegt dem neuen Ordnungsbussentatbestand von Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV eine geänderte Bewertung von Rechtsüberholmanövern auf der Autobahn zugrunde, soweit sie von der neuen Regelung erfasst sind. 
 
4.3. Nach dem Gesagten ist der Grundsatz der lex mitior gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB im Administrativverfahren gegen den Beschwerdeführer bei der Anwendung von Art. 16 Abs. 2 SVG im genannten Sinn zu beachten und ist grundsätzlich das erwähnte, am 1. Januar 2021 in Kraft getretene neue Recht, insbesondere Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV, zu berücksichtigen, wenn es milder ist als das im Zeitpunkt der Widerhandlung des Beschwerdeführers geltende.  
 
5.  
 
5.1. Ob das neue Recht im Vergleich zum alten Recht milder ist, beurteilt sich nicht nach einer abstrakten Betrachtungsweise, sondern in Bezug auf den konkreten Fall (Grundsatz der konkreten Vergleichsmethode). Das Gericht hat die Tat sowohl nach dem alten als auch nach dem neuen Recht (hypothetisch) zu prüfen und durch Vergleich der Ergebnisse festzustellen, nach welchem der beiden Rechte der Täter oder die Täterin besser gestellt ist (BGE 147 IV 471 E. 4; 241 E. 4.2.2; 142 IV 401 E. 3.3; 134 IV 82 E. 6.2.1; je mit Hinweisen). Die günstigere Rechtslage bestimmt sich nicht nach dem subjektiven Empfinden des Täters oder der Täterin, sondern nach objektiven Gesichtspunkten (Grundsatz der Objektivität; BGE 147 IV 471 E. 4; 134 IV 82 E. 6.2.2; je mit Hinweisen). Steht fest, dass die Strafbarkeit des fraglichen Verhaltens unter dem neuen Recht fortbesteht, sind die gesetzlichen Strafrahmen bzw. Sanktionen zu vergleichen (BGE 147 IV 417 E. 4; 134 IV 82 E. 6.2.1; je mit Hinweis).  
 
5.2. Vorliegend ist unbestritten, dass es sich beim Rechtsüberholen des Beschwerdeführers auf der Autobahn vom 3. Juli 2020 weder nach dem damals geltenden Recht noch nach dem neuen Recht bzw. der am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen, geänderten Fassung von Art. 36 Abs. 5 VRV um ein zulässiges Rechtsvorbeifahren und damit eine Ausnahme vom aus Art. 35 Abs. 1 SVG abgeleiteten Verbot des Rechtsüberholens handelte. Vielmehr überholte der Beschwerdeführer, indem er vom Überhol- auf den Normalstreifen und anschliessend wieder auf ersteren Streifen wechselte, mithin durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen. Diese "klassische" Form des Rechtsüberholens auf der Autobahn war nach dem damaligen Recht und ist nach dem neuen Recht untersagt, was Satz 1 des geänderten Art. 36 Abs. 5 VRV nunmehr als Sonderregel für Autobahnen und Autostrassen zusätzlich zu Art. 8 Abs. 3 Satz 2 VRV ausdrücklich festhält. Unbestritten ist auch, dass das Überholmanöver des Beschwerdeführers nach dem alten wie nach dem neuen Recht strafbar war bzw. ist. Strittig ist hingegen, ob sein Verhalten trotz der neuen Ziff. 314.3 von Anhang 1 OBV weiterhin als grobe Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG zu beurteilen sei, wie es der Praxis unter dem alten Recht entsprochen habe.  
 
5.3.  
 
5.3.1. Nach der unter dem bisherigen Recht ergangenen bundesgerichtlichen Rechtsprechung handelt es sich beim Verbot des Rechtsüberholens - das keinen Spurwechsel voraussetzt (BGE 142 IV 93 E. 3.2; 133 II 58 E. 4; je mit Hinweisen) - um eine für die Verkehrssicherheit objektiv wichtige Vorschrift, deren Missachtung eine erhebliche Gefährdung der Verkehrssicherheit mit beträchtlicher Unfallgefahr nach sich zieht und daher objektiv schwer wiegt. Wer auf der Autobahn fährt, muss sich darauf verlassen können, dass er oder sie nicht plötzlich rechts überholt wird. Das Rechtsüberholen auf der Autobahn, wo hohe Geschwindigkeiten gefahren werden, stellt eine erhöhte abstrakte Gefährdung dar (BGE 142 IV 93 E. 3.2; 126 IV 192 E. 3; je mit Hinweisen; Urteil 6B_208/2019 vom 13. September 2019 E. 1.2.1 mit weiterem Hinweis). Entsprechende Überholmanöver sind daher regelmässig als grobe Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG (vgl. dazu vorne E. 3.1) zu qualifizieren (statt vieler BGE 126 IV 192 E. 3; Urteile 6B_558/2017 vom 21. September 2017 E. 1.5; 6B_848/2016 vom 13. Februar 2017 E. 1.3.3).  
 
5.3.2. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach Rechtsüberholen auf der Autobahn objektiv immer und subjektiv in der Regel schwer wiegt und grundsätzlich eine grobe Verkehrsregelverletzung darstellt, wurde in der Lehre als zu streng kritisiert. Vorgebracht wurde unter anderem, das gezeichnete Bild möglicher Fehlreaktionen der rechts überholten fahrzeugführenden Person entspreche nicht der Realität. Auch diejenige fahrzeugführende Person, die von der Überholspur auf die rechte Fahrbahn wechseln wolle, müsse sich vergewissern, dass diese frei sei (vgl. Art. 34 Abs. 3 und Art. 44 Abs. 1 SVG). Es sei stärker darauf abzustellen, ob durch das Rechtsüberholen tatsächlich eine erhöhte abstrakte Gefährdung geschaffen werde und subjektive Rücksichtslosigkeit vorliege (vgl. für die Kritik: GERHARD FIOLKA, in: Basler Kommentar, Strassenverkehrsgesetz, 2014, N. 85 f. zu Art. 90 SVG; PHILIPPE WEISSENBERGER, Kommentar Strassenverkehrsgesetz und Ordnungsbussengesetz, 2. Aufl., 2015, N. 11 zu Art. 35 SVG und N. 94 zu Art. 90 SVG; NIGGLI/FIOLKA, Ordnungswidrigkeit, einfache und grobe Verkehrsregelverletzung - Strafrechtliche Grenzziehungen und deren Problematik; in: Probst/Werro [Hrsg.], Strassenverkehrsrechtstagung 2012, S. 135; je mit Hinweisen). Das Bundesgericht nahm die Kritik zwar zur Kenntnis (vgl. etwa BGE 142 IV 93 E. 3.4), hielt unter dem bisherigen Recht aber an seiner langjährigen Praxis fest.  
 
5.3.3. Das Rechtsüberholen des Beschwerdeführers auf der Autobahn vom 3. Juli 2020 ist nach der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung als schwere Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG zu qualifizieren. Der Beschwerdeführer anerkennt denn auch ausdrücklich, dass die entsprechende Beurteilung seines Überholmanövers im Strafbefehl vom 9. Oktober 2020 der Praxis unter dem damals geltenden Recht entsprach.  
 
5.4. Ob nach Inkrafttreten von Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV bzw. unter dem neuen Recht an der bisherigen Praxis festgehalten werden kann, wovon sowohl die Vorinstanz als auch das SVSA ausgehen, ist vertieft zu prüfen. Dabei ist zunächst auf den neuen Ordnungsbussentatbestand einzugehen.  
 
5.4.1. Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) hat in seinen Erläuterungen vom 10. Dezember 2019 zur hier interessierenden Änderung der Verkehrsregeln und Signalisationsvorschriften, in denen es sich unter anderem zum geänderten Art. 36 Abs. 5 VRV und zur neuen Ziff. 314.3 von Anhang 1 OBV geäussert hat, ausgeführt, das Rechtsvorbeifahren werde durch die neue Regelung in ersterer Bestimmung in wesentlich breiterem Rahmen zulässig sein als bisher. Das Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen bleibe jedoch verboten und solle neu mit einer Ordnungsbusse in der Höhe von Fr. 250.-- geahndet werden können. Mit der Einführung dieses Ordnungsbussentatbestands solle zum Ausdruck gebracht werden, dass nicht alle Fälle von Rechtsüberholen als grobe Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG respektive als schwere Widerhandlung im Sinne von Art. 16c SVG zu qualifizieren seien und somit nicht zwingend zu einem Führerausweisentzug führen müssten (vgl. Bundesamt für Strassen [ASTRA], Änderung der Verkehrsregeln und Signalisationsvorschriften, Erläuterungen, 10. Dezember 2019, S. 14; vgl. auch die Medienmitteilung des ASTRA vom 15. Dezember 2020 zu den ab 1. Januar 2021 geltenden neuen Verkehrsregeln, <https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-81639.html> [besucht am 17. August 2022]).  
Zwar hat das ASTRA nicht näher ausgeführt, welche Fälle von Rechtsüberholen auf Autobahnen und Autostrassen mit mehreren Fahrstreifen unter den neuen Ordnungsbussentatbestand fallen sollen. Auch finden sich im Erläuternden Bericht des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) vom 10. Oktober 2018 zur hier interessierenden Änderung der Verkehrsregeln und Signalisationsvorschriften (Verkehrsregelverordnung, Nationalstrassenverordnung) keine Ausführungen zur neuen Ziff. 314.3 von Anhang 1 OBV. Die Ausführungen des Bundesamts können sinnvoll jedoch nur so verstanden werden, dass die neue Bestimmung jedenfalls gewisse, wenig gravierende Fälle von Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen, mithin des "klassischen" Rechtsüberholens, erfassen soll. 
 
5.4.2. Eine derartige Auslegung von Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV ist zwar mit dem Wortlaut dieser Bestimmung sowie deren Verweis auf den geänderten Art. 36 Abs. 5 VRV, der in Satz 1 die "klassische" Form des Rechtsüberholens untersagt, vereinbar. Sie steht jedoch im Widerspruch zur dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach Rechtsüberholen auf der Autobahn eine erhöhte abstrakte Gefährdung schafft, ist doch bei einer derartigen Gefährdung nach Art. 4 Abs. 3 lit. a OBG das Ordnungsbussenverfahren ausgeschlossen (vgl. vorne 3.1). Wie sich aus den Ausführungen des ASTRA ergibt, erfolgte die Einführung des neuen Ordnungsbussentatbestands indessen in Kenntnis der bundesgerichtlichen Praxis und im Wissen darum, dass danach für eine Ahndung von Rechtsüberholmanövern durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen auf der Autobahn im Ordnungsbussenverfahren kein Raum besteht. Mit der Aufnahme der neuen Bestimmung wich der Verordnungsgeber somit gewollt von dieser Praxis ab und bewertete jedenfalls gewisse Fälle solchen Rechtsüberholens auf der Autobahn als Verhalten, das keine erhöhte abstrakte Gefährdung schafft und im Ordnungsbussenverfahren geahndet werden kann. Wäre dem nicht so, ergäbe die Einführung des neuen Ordnungsbussentatbestands keinen Sinn (vgl. auch Niggli/Fiolka, a.a.O., S. 106),  
 
5.4.3. In welchen Fällen Rechtsüberholmanöver durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen auf der Autobahn unter die neue Ziff. 314.3 von Anhang 1 OBV fallen sollen, ergibt sich zwar weder aus dem Wortlaut dieser Bestimmung noch aus den Erläuterungen des ASTRA. Vor dem Hintergrund der dargelegten Kritik in der Lehre, wonach die bundesgerichtliche Praxis unzureichend berücksichtige, ob das Rechtsüberholen tatsächlich eine erhöhte abstrakte Gefährdung schaffe, sowie von Bestrebungen in der Bundesversammlung (vgl. die von 17 Mitunterzeichnenden unterstützte Parlamentarische Initiative von Erich Hess vom 25. September 2018 "Nur noch Ordnungsbussen für das Rechtsüberholen auf Autobahnen" [Geschäftsnummer 18.447]), ist indessen davon auszugehen, dass für die Bestimmung des Anwendungsbereichs des neuen Ordnungsbussentatbestands darauf abzustellen ist, ob zum Rechtsüberholmanöver an sich erschwerende Umstände hinzukommen, welche die Annahme einer erhöhten abstrakten Gefährdung rechtfertigen. Ist dies nicht der Fall, liegt mithin ein einfaches Rechtsüberholen vor, ist nach der neuen Regelung das Überholmanöver als Widerhandlung zu qualifizieren, die im Ordnungsbussenverfahren mit einer Busse von Fr. 250.-- zu ahnden ist. Liegen demgegenüber erschwerende Umstände vor, kommt der neue Ordnungsbussentatbestand nicht zur Anwendung.  
 
5.5.  
 
5.5.1. Mit Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV trat demnach am 1. Januar 2021 eine Bestimmung in Kraft, gemäss der das Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen auf der Autobahn in Fällen ohne erschwerende Umstände im genannten Sinn neu und in gewollter Abweichung von der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum Rechtsüberholen auf der Autobahn als Ordnungswidrigkeit zu bewerten und zu ahnden ist. Ob der Bundesrat mit dieser Regelung die ihm mit Art. 15 OBG eingeräumte Kompetenz zur Festsetzung von Übertretungstatbeständen im Sinne des Ordnungsbussengesetzes überschritten hat, wird im angefochtenen Entscheid nicht thematisiert und war auch nicht Thema im bundesgerichtlichen Verfahren. Eine Kompetenzüberschreitung liegt jedoch nicht auf der Hand. Dem Bundesrat kommt in der Frage, wann von einer Verkehrsregelverletzung auszugehen ist, die im Ordnungsbussenverfahren geahndet werden kann, bzw. wann eine Verkehrsregelverletzung zu einer erhöhten abstrakten Gefährdung führt, die dieses Verfahren ausschliesst, grundsätzlich ein gewisser Spielraum zu. Mit Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV weicht er zwar im erwähnten Sinn von der langjährigen Praxis des Bundesgerichts ab; dass für die neue Regelung von Bundesrechts wegen kein Spielraum bestehen oder dieser damit überschritten würde, ist aber, zumal mit Blick auf die dargelegte Kritik in der Lehre an dieser Praxis, nicht offensichtlich.  
 
5.5.2. Damit hat das Bundesgericht die neue Ziff. 314.3 von Anhang 1 OBV grundsätzlich zu beachten und seine bisherige Praxis entsprechend anzupassen. Die Bestimmung ist mit Blick auf die mit Rechtsüberholmanövern auf der Autobahn verbundenen Risiken jedoch eng auszulegen und zurückhaltend anzuwenden. Eine Bewertung und Ahndung von Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen auf der Autobahn als Ordnungswidrigkeit kommt nur ausnahmsweise in Betracht. Erforderlich ist, dass im Einzelfall in Berücksichtigung der gesamten konkreten Verhältnisse ein einfaches Rechtsüberholen ohne erschwerende Umstände, welche die Annahme einer erhöhten abstrakten Gefährdung rechtfertigen, bejaht werden kann. Dabei ist ein strenger Massstab anzuwenden und die Schwelle für das Vorliegen solcher Umstände tief anzusetzen.  
 
5.5.3. Einer entsprechenden Anwendung von Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV steht nicht entgegen, dass als Folge davon das Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen auf der Autobahn in jenen Fällen, in denen keine erschwerenden Umstände im genannten Sinn vorliegen, neu nur noch als Ordnungswidrigkeit zu beurteilen und zu ahnden ist. Zwar führt dies zu einer gegenüber der bisherigen Praxis abweichenden Beurteilung dieser Fälle wie auch zu einer unterschiedlichen Behandlung dieser und der weiteren Fälle von Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen auf der Autobahn. Die neue Regelung erscheint jedoch, in der erwähnten Weise ausgelegt und angewandt, grundsätzlich vertretbar. Weder sie noch das danach erforderliche Abweichen von der bisherigen Praxis verstossen deshalb gegen das Gleichbehandlungsgebot gemäss Art. 8 Abs. 1 BV (vgl. RAINER J. SCHWEIZER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, N. 39 zu Art. 8 BV; MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 675). Soweit das SVSA ein solches Abweichen für mit dem Gleichbehandlungsgebot nicht vereinbar hält, ist dies daher unbegründet.  
 
5.6. Nach dem Gesagten kann bei der Prüfung, wie das Rechtsüberholen des Beschwerdeführers auf der Autobahn vom 3. Juli 2020 nach dem neuen Recht zu beurteilen ist, nicht einfach auf die bisherige Praxis des Bundesgerichts abgestellt werden. Vielmehr ist zu fragen, ob das Überholmanöver zu den von Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV erfassten Fällen von Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen auf der Autobahn zählt.  
 
5.6.1. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil in sachverhaltlicher Hinsicht im Wesentlichen auf die wörtlich wiedergegebene Sachverhaltsfeststellung im Strafbefehl vom 9. Oktober 2020 und die ebenfalls wörtlich zitierte Beschreibung des Überholmanövers im Anzeigerapport der Kantonspolizei Bern vom 14. Juli 2020 abgestellt. Im Strafbefehl wird festgehalten, der Beschwerdeführer sei als Lenker eines Personenwagens auf der Autobahn auf dem Überholstreifen gefahren und habe auf den Normalstreifen gewechselt. Anschliessend habe er beschleunigt und einen Personenwagen, der auf dem Überholstreifen gefahren sei, rechts überholt, worauf er wieder auf diesen Streifen eingebogen sei. Im Anzeigerapport beschreibt die Polizeipatrouille das von ihr beobachtete Überholmanöver in gleicher Weise. Die Vorinstanz hat in einer weiteren Erwägung ausserdem die Strassenverhältnisse als gut bezeichnet und ausgeführt, der überholte Fahrzeuglenker sei infolge des Überholmanövers nicht gezwungen gewesen, seine Fahrweise zu ändern. Im Anzeigerapport der Kantonspolizei wiederum werden die Strassenverhältnisse als trocken und die Sichtverhältnisse als gut beschrieben. Zudem wird festgehalten, es sei bewölkt und die Verkehrsmenge sei schwach gewesen.  
 
5.6.2. Aus der Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz und den ihr zugrunde liegenden Sachverhaltsfeststellungen der Staatsanwaltschaft und der Kantonspolizei geht zwar hervor, dass der Beschwerdeführer am 3. Juli 2020 auf der Autobahn einen Personenwagen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen rechts überholte; Hinweise auf erschwerende Umstände ergeben sich daraus jedoch nicht. Vielmehr ist daraus ersichtlich, dass das Überholmanöver am Tag (um ca. 17 Uhr) sowie bei trockenen Strassen- und guten Sichtverhältnissen, schwachem Verkehr und Bewölkung stattfand und der überholte Fahrzeuglenker sein Fahrverhalten nicht ändern musste. Am Fehlen entsprechender Hinweise ändert nichts, dass der Beschwerdeführer gemäss den genannten Sachverhaltsfeststellungen sein Fahrzeug vor dem Überholen beschleunigte. Darin liegt nicht bereits ein erschwerender Umstand, zumal ein Beschleunigen vor dem Überholen je nach vorgängiger Fahrweise und Geschwindigkeit des überholenden Fahrzeugs unerlässlich sein kann und keine vorinstanzlichen Feststellungen zum Ausmass der Beschleunigung vorliegen. Vielmehr wäre gegebenenfalls konkret darzutun, inwiefern ein Beschleunigen erschwerend zu werten ist, was hier nicht geschehen ist. Ebenso wenig wurden sonst erschwerende Umstände aufgezeigt.  
 
5.6.3. Der vorliegende Fall unterscheidet sich somit wesentlich vom mit dem zur Publikation vorgesehenen Urteil 6B_231/2022 vom 1. Juni 2022 entschiedenen, in dem das Bundesgericht zum Schluss kam, das zu beurteilende Rechtsüberholmanöver durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen auf der Autobahn sei auch unter dem neuen Recht als grobe Verkehrsregelverletzung zu qualifizieren, weshalb für eine Anwendung der lex mitior kein Raum bestehe (vgl. dazu den Kommentar von JESSICA M. WALTER, in: ius.focus 7/2022 S. 28). Der damalige Beschwerdeführer überholte, wenn auch ebenfalls bei guten Sicht-, Witterungs- und Strassenverhältnissen, im Bereich einer Autobahnausfahrt und damit an einem Ort, wo vermehrt Spurwechsel vorkommen, auf einer Strecke von ungefähr 1'300 m vier Fahrzeuge. Derartige Umstände bestehen vorliegend nicht, überholte doch der Beschwerdeführer nur einen Personenwagen und machen weder die Vorinstanz noch die Staatsanwaltschaft oder die Kantonspolizei geltend, er habe dies im Bereich einer Ausfahrt getan. Das hier zu beurteilende Verhalten ist rechtlich daher nicht gleich zu würdigen wie das damalige. Aufgrund des Fehlens jeglicher Hinweise auf erschwerende Umstände ist vielmehr davon auszugehen, das Rechtsüberholmanöver des Beschwerdeführers vom 3. Juli 2020 falle unter den neuen Ordnungsbussentatbestand von Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV, auch wenn dieser in der erwähnten Weise eng auszulegen und zurückhaltend anzuwenden ist, sei mithin unter dem neuen Recht nicht mehr als grobe Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG zu beurteilen. Auf das Urteil 6B_231/2022 ist deshalb nicht weiter einzugehen.  
 
5.7. Das Rechtsüberholen des Beschwerdeführers auf der Autobahn vom 3. Juli 2020 ist demnach entgegen der Ansicht der Vorinstanz wie auch des SVSA unter dem neuen Recht nicht gleich zu beurteilen wie unter dem alten. Vielmehr ist es nach Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV neu ausnahmsweise als Ordnungswidrigkeit zu qualifizieren, die im Ordnungsbussenverfahren zu ahnden wäre (vgl. Urteil 6B_520/2015 vom 24. November 2015 E. 1.1 mit Hinweisen). Damit ist im Administrativverfahren gegen den Beschwerdeführer das neue Recht als lex mitior anzuwenden, kommt doch bei dessen Anwendung nach Art. 16 Abs. 2 SVG ein Führerausweisentzug zur Sanktionierung des Überholmanövers nicht mehr in Betracht und ist der dafür angeordnete strittige Führerausweisentzug von zwölf Monaten deshalb bundesrechtswidrig. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach das neue Recht im genannten Sinn als lex mitior anzuwenden und gestützt darauf der strittige Führerausweisentzugs aufzuheben sei, erweist sich somit als begründet.  
 
6.  
Demnach ist die Beschwerde gutzuheissen und das angefochtene Urteil - und damit auch der strittige Führerausweisentzug des SVSA vom 26. Januar 2021 - aufzuheben. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Bern hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 BGG). Die Vorinstanz hat über die Kosten- und Entschädigungsfolgen ihres Verfahrens neu zu entscheiden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern vom 28. April 2021 wird aufgehoben. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Der Kanton Bern hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zu neuem Entscheid über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens an die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. November 2022 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Baur