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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_2/2022  
 
 
Urteil vom 4. Juli 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Kantonale IV-Stelle Wallis, 
Bahnhofstrasse 15, 1950 Sitten, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Philipp Gressly, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Wallis vom 15. November 2021 (S1 21 80). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1964 geborene A.________ meldete sich im April 2015 unter Hinweis auf eine Grippe und psychische Probleme bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die kantonale IV-Stelle Wallis sprach ihm nach medizinischen und erwerblichen Abklärungen vom 1. November 2015 bis 31. Oktober 2016 eine ganze und vom 1. November 2016 bis 31. August 2017 eine halbe Invalidenrente zu (Verfügungen vom 10. und 14. August 2018). Die angestammte Tätigkeit als Vorsitzender der Bankleitung könne er ab 7. Juli 2016 wieder im Umfang von 50 % und seit 5. Mai 2017 wieder vollzeitlich ausüben.  
Die dagegen eingereichte Beschwerde hiess das Kantonsgericht Wallis mit Urteil vom 13. Juni 2019 in dem Sinne gut, als es die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen, namentlich zur Einholung eines neuropsychologisch-psychiatrischen Gutachtens an die IV-Stelle zurückwies. 
 
A.b. Nach Vorliegen der Expertise des Dr. med. B.________, Psychiatrie und Psychotherapie, vom 14. Juli 2020 und derjenigen des Neuropsychologen lic. phil. C.________ vom 13. März 2020 sowie Stellungnahmen des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 21. Juli und 18. August 2020 verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 12. Februar 2021 einen über den 31. Oktober 2016 hinaus gehenden Anspruch auf eine Invalidenrente, da keine versicherte Gesundheitsschädigung bestehe. Die für den Zeitraum vom 1. November 2016 bis 31. August 2017 zu Unrecht ausgerichteten Rentenleistungen würden mit separater Verfügung zurückgefordert.  
 
B.  
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht gut. In Aufhebung der angefochtenen Verfügung vom 12. Februar 2021 wies es die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die IV-Stelle zurück (Urteil vom 15. November 2021). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die IV-Stelle, in Aufhebung des angefochtenen Urteils sei ihre Verfügung vom 12. Februar 2021 zu bestätigen. 
A.________ stellt vernehmlassungsweise den Antrag, es sei auf die Beschwerde nicht einzutreten. Eventualiter sei ihm eine ganze Invalidenrente ab 1. November 2016 zuzusprechen. Subeventualiter sei die Beschwerde abzuweisen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Beim angefochtenen Urteil handelt es sich, da das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, um einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Die Zulässigkeit der Beschwerde setzt somit alternativ voraus, dass der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder dass die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. b).  
 
1.2. Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil ist zu bejahen, wenn der Versicherungsträger durch die Rückweisung gezwungen wird, eine seines Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen (BGE 133 V 477 E. 5.2). Dies ist hier in dem von der IV-Stelle beschwerdeweise beanstandeten Punkt der Fall: Die Vorinstanz hält in ihrem Urteil für die IV-Stelle verbindlich fest, dass keine Aggravation vorliege, die einen invalidenversicherungsrechtlich relevanten Gesundheitsschaden von vornherein ausschliesse. Diese grundsätzliche Verneinung eines Ausschlussgrundes (Aggravation) schränkt den Beurteilungsspielraum der Beschwerdeführerin offenkundig ein. Insoweit hat die Vorinstanz materiellrechtliche Vorgaben getroffen, die die IV-Stelle als untere Instanz binden (BGE 140 V 282 E. 4.2 mit Hinweisen). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Im Verfahren vor Bundesgericht gibt es keine Anschlussbeschwerde (BGE 138 V 106 E. 2.1; 346 E. 2). Wer mit dem angefochtenen Urteil nicht einverstanden ist, muss dieses selbst innert der Beschwerdefrist (Art. 100 BGG) anfechten. Sodann kann das Bundesgericht nicht über die fristgerecht gestellten Rechtsbegehren der Parteien hinausgehen (Art. 107 Abs. 1 BGG), wobei Ausgangspunkt der Bindungswirkung das Rechtsbegehren der Beschwerde führenden Partei, nicht jenes des Beschwerdegegners ist (MEYER/DORMANN, in: Basler Kommentar zum BGG, 3. Aufl. 2018, N. 2 zu Art. 107 BGG). Der Beschwerdegegner kann daher im Rahmen der Vernehmlassung zur vorliegenden Beschwerde nicht wieder diejenigen Anträge stellen, mit denen er im vorinstanzlichen Verfahren unterlegen ist (zum Ganzen: BGE 138 V 106 E. 2.1; Urteil 8C_402/2019 vom 14. Januar 2020 E. 4.1, nicht publ. in: BGE 146 V 1). Vielmehr hat sich ein Beschwerdegegner in der Vernehmlassung auf seine Verteidigung zu beschränken und kann nur Nichteintreten oder vollumfängliche bzw. teilweise Abweisung des Rechtsbegehrens beantragen (Urteil 8C_710/2019 vom 11. März 2020 E. 2.1 mit Hinweis).  
 
2.2. Anders verhält es sich mit Bezug auf einen Rückweisungsentscheid, der nur nach Massgabe von Art. 93 BGG anfechtbar ist. Denn nach der gesetzlichen Konzeption ist die Anfechtung in diesem Fall fakultativ; die vor der Vorinstanz unterlegene Partei kann auf eine selbstständige Anfechtung des Rückweisungsentscheides verzichten und sich gegen das darin Entschiedene noch im Rahmen der Beschwerde gegen den Endentscheid wenden, soweit es sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG). Erhebt nun gegen einen Rückweisungsentscheid, der beiden Parteien teilweise Recht gibt, nur die eine Partei Beschwerde, und erlässt daraufhin das Bundesgericht einen Endentscheid, so wird dadurch der anderen Partei die Möglichkeit genommen, das im vorinstanzlichen Rückweisungsentscheid zu ihrem Nachteil Entschiedene anzufechten. Sie kann auch keine bedingte Beschwerde erheben für den Fall, dass die Gegenpartei den Rechtsmittelweg einschlägt (BGE 134 III 332). In dieser Konstellation muss demnach derjenigen Partei, die den Rückweisungsentscheid nicht selbst angefochten hat, die Möglichkeit eingeräumt werden, in der Beschwerdeantwort auch diejenigen Punkte zu thematisieren, bezüglich der sie vor der Vorinstanz unterlegen ist. Dies muss umso mehr gelten, wenn die vor Vorinstanz teilweise unterlegene Partei mangels nicht wieder gutzumachenden Nachteils zur selbstständigen Anfechtung des Rückweisungsentscheides gar nicht berechtigt wäre (BGE 138 V 106 E. 2.2; bestätigt mit in BGE 146 V 1 nicht publ. E. 4.2 des Urteils 8C_402/2019 vom 14. Januar 2020).  
Der Beschwerdegegner hat darauf verzichtet, das kantonale Urteil innert der Beschwerdefrist anzufechten. Nach dem Gesagten ist auf den in der Beschwerdeantwort gestellten materiellen Antrag auf Zusprechung einer ganzen Rente ab 1. November 2016 einzutreten, sofern das Bundesgericht der Ansicht der Beschwerdeführerin folgen sollte (vgl. Sachverhalt lit. C). Auf die formellrechtliche Rüge des Beschwerdegegners, die Beschwerdeführerin sei befangen, ist jedoch nicht einzugehen. Diesbezüglich wäre nur die unmittelbare Anfechtung durch eine eigene Beschwerdeerhebung möglich gewesen (Art. 92 Abs. 2 BGG). 
 
3.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann ihre Sachverhaltsfeststellungen von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; zum Ganzen BGE 145 V 57 E. 4). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet "willkürlich" (BGE 147 I 73 E. 2.2). 
 
4.  
 
4.1. Streitig und zu beurteilen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie die Verfügung vom 12. Februar 2021 aufhob und die Sache zur erneuten Beurteilung eines Rentenanspruchs anhand des strukturierten Beweisverfahrens unter Verwendung der Standardindikatoren gemäss BGE 141 V 281 an die IV-Stelle zurückwies. Im Fokus steht dabei die Frage, ob das Urteil hinsichtlich des verneinten Ausschlussgrunds in Form von Aggravation vor Bundesrecht standhält.  
 
4.2. Die Vorinstanz hat die Rechtsgrundlagen zum Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 7 f. ATSG), zur Bestimmung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten (Art. 16 ATSG), zum Anspruch auf eine nach dem Invaliditätsgrad abgestufte Invalidenrente (Art. 28 Abs. 2 IVG) sowie zum Beweiswert von Arztberichten und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.  
 
4.3. Die gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit beziehen sich auf eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2). Ebenso betrifft die konkrete Beweiswürdigung eine Tatfrage. Um frei überprüfbare Rechtsfragen geht es hingegen, soweit die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen, die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1 und 61 lit. c ATSG) und die Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten beanstandet werden (statt vieler: Urteil 8C_153/2021 vom 10. August 2021 E. 1.3). Rechtsfrage ist insbesondere auch, ob die ärztlichen Feststellungen auf einen Ausschlussgrund folgern lassen (SVR 2015 IV Nr. 38 S. 121, 9C_899/2014 E. 4.1).  
 
5.  
 
5.1. In Würdigung der medizinischen Aktenlage, insbesondere des Gutachtens des Dr. med. B.________ vom 14. Juli 2020, gelangte die Vorinstanz zum Schluss, es sei unzulässig, ohne Weiteres von einer jeglichen Rentenanspruch ausschliessenden Aggravation des Beschwerdegegners auszugehen. Dr. med. B.________ habe eine kombinierte Persönlichkeitsstörung diagnostiziert mit insbesondere dependenten, ängstlich vermeidenden und anankastischen, untergeordnet auch histrionischen Anteilen (ICD-10 F61.0) mit/bei einer rezidivierenden depressiver Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode mit somatischen Syndrom (ICD-10 F33.11), einer Panikstörung (ICD-10 F41.0), dissoziativen Störungen (Konversionsstörung) gemischt (ICD-10 F44.7) im Sinne von Bewegungsstörungen, Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen und auch Trancezuständen sowie schädlichem Benzodiazepingebrauch (ICD-10 F13.1). Es stehe aufgrund der psychiatrischen Darlegungen des Dr. med. B.________ fest, dass sich das aggravierende Verhalten lediglich auf das Ausmass der Störungen beziehe. Der Psychiater habe erkannt, dass die bislang fehlende Aufhellung der depressiven Störung nicht losgelöst von der Persönlichkeitspathologie verstanden werden könne, bzw. diese letztlich verantwortlich dafür sei, dass der Beschwerdegegner bislang einen wenig adäquaten Umgang mit seiner neuen Situation habe finden können. Der Experte habe ausserdem seine diagnostische Beurteilung als genügend abgestützt erachtet, auch wenn nicht alles habe stimmen mögen, was ihm der Beschwerdegegner berichtet habe. Der RAD habe das Gutachten als kohärent und nachvollziehbar beurteilt, mit einer sorgfältigen Unterscheidung zwischen der eigentlichen Pathologie und dem Verhalten des Beschwerdegegners, wobei die Aggravations- und Simulationstendenzen nicht einzig auf die Pathologie zurückzuführen seien.  
 
5.2. Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, der Experte Dr. med. B.________ habe darauf hingewiesen, dass bereits die Einschätzung des eigentlichen Schweregrades des Gesundheitsschadens aufgrund der bestehenden Inkonsistenzen äusserst schwierig sei. Er habe daher bloss "annäherungsweise" eine Einordnung vornehmen können. Bei entsprechend gehäuft vorliegenden krankheitsfremden Elementen sei es schlicht auch für den beurteilenden Facharzt nicht immer möglich, eine dem Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit genügende Einschätzung der Leistungsfähigkeit abzugeben. Eine durch den Experten bereits auf der diagnostischen Ebene lediglich "annäherungsweise" getroffene Einordnung, die im Hinblick auf die ärztliche Arbeitsfähigkeitsschätzung einer zweiten Abstraktions- und Ermessensebene unterworfen sei, erfülle durch diese Unsicherheiten den notwendigen Beweisgrad nicht, weshalb eine vollständige Indikatorenprüfung gemäss BGE 141 V 281 nicht angezeigt bzw. nicht praktikabel sei. Indem die Vorinstanz eine "Bereinigung" der bloss annäherungsweise eingeordneten Diagnosen von all den gehäuft vorkommenden krankheitsfremden Aspekten verlange und dabei die Rechtsprechung zu den Ausschlussgründen im Sinne von BGE 131 V 49 E. 1.2 ausser Acht lasse, habe sie den Sachverhalt willkürlich gewürdigt und Bundesrecht verletzt. Es liege überdies mit dem bewusstseinsnahen, aggravierenden, simulierenden und manipulativen Verhalten eine Verletzung der Mitwirkungspflichten vor.  
 
6.  
 
6.1. Das Vorliegen von Aggravation führt rechtsprechungsgemäss nicht automatisch zur Verneinung jeglicher versicherten Gesundheitsschädigung, sondern nur insoweit, als die Leistungseinschränkung auf der Aggravation beruht (BGE 141 V 281 E. 2.2.1 mit Hinweis) oder als deren Folge nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann (vgl. Urteil 9C_659/2017 E. 4.4 mit Hinweis u.a. auf BGE 138 V 218 E. 6). In BGE 143 V 418 E. 7.1 wird betont, dass Hinweise auf Inkonsistenzen, Aggravation oder Simulation nicht in jedem Fall einen Ausschlussgrund bilden, aber jedenfalls nach einer vertiefenden Prüfung des funktionellen Schweregrades (des ärztlich festgestellten psychischen Leidens) rufen.  
 
6.2. Wie die Vorinstanz in ihrem Urteil vom 13. Juni 2019 feststellte, gelangte schon Dr. med. D.________ im Gutachten vom 31. Mai 2017 zum Schluss, dass die objektivierbaren psychopathologischen Befunde gering ausgeprägt seien. Im Vordergrund stand seines Erachtens eine bewusstseinsnahe Aggravation, wie er in seiner Stellungnahme vom 27. Februar 2018 zum Gutachten des med. pract. E.________ vom 28. November 2017 bestätigte, wobei dieser sogar deutliche Hinweise auf eine Simulation aufgeführt habe. Dem Einwand der Beschwerdeführerin ist daher insoweit zu folgen, als bereits die Vorgutachter auf Aggravation oder Simulation hinwiesen, wie Dr. med. B.________ ebenfalls betonte. Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz, legte der Gutachter Dr. med. B.________ weiter dar, dass es aufgrund der aufgezeigten Inkonsistenzen schwierig sei, letztlich den Schweregrad der depressiven Störung verbindlich einzuschätzen. Im "Sinne einer Annäherung" gehe er von einer höchstens mittelgradigen Ausprägung aus. Insgesamt erachtete er als Hauptmorbus eine kombinierte Persönlichkeitsstörung. Er befasste sich aber anschliessend, wie die Beschwerdeführerin zutreffend vorbringt, über rund vier Seiten mit den von ihm als gewichtiges Problem bezeichneten Schilderungen des Beschwerdegegners anlässlich der Begutachtung, die durchsetzt seien von Inkonsistenzen und Aggravationen, die sich (zumindest teilweise) bewusstseinsnahe präsentierten. Der Experte illustrierte dies mit zahlreichen Beispielen. Der Beschwerdegegner habe einen alterierten Eindruck hinterlassen; er habe motorisch und gedanklich deutlich verlangsamt gewirkt und sich auffällig ungepflegt, mit Flecken auf den Jeans, gezeigt. So habe dieser gesamthaft das Bild eines heruntergekommenen Mannes abgegeben. Dr. med. B.________ erwähnte u.a. die damit diskrepante, fremdanamnestisch eingeholte Schilderung eines Geschäftspartners des sich selbstständig im Managementbereich betätigenden Beschwerdegegners. Die aufgezeigten Widersprüche liessen, so der Experte weiter, auf Verdeutlichung, Aggravation bis hin zu bewusstseinsnaher Manipulation schliessen. Seine klinischen Beobachtungen unter Einbezug von Gesprächen mit Fremdpersonen seien weitgehend kompatibel mit den neuropsychologischen Befunden und Beurteilungen, wie die Vorinstanz weiter feststellte. So hätten sich im November 2017 bei einer durch lic. phil. F.________ durchgeführten Intelligenztestung mit einem Gesamt-IQ von 69 sehr unplausible und logisch inkonsistente Befunde ergeben, zumal diese auf eine leichte geistige Behinderung verweisen würden, was der beruflichen Karriere des Beschwerdegegners widerspreche. Widersprüchlich, unplausibel und inkonsistent zu werten seien auch die Befunde zweier Untersuchungen im Spital G.________ vom 30. Oktober und 2. November 2017, wonach bei der Abklärung der Leistungsfähigkeit bei der ersten Untersuchung mittelschwere neuropsychologische Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt worden seien, bei der zweiten Untersuchung zur Prüfung der Fahreignung hingegen Normbefunde. Aktuell seien im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung beim Neuropsychologen lic. phil. C.________ vom 13. März 2020 hinsichtlich Bearbeitungsgeschwindigkeiten Inkonsistenzen aufgetreten, die neuropsychologisch nicht hätten erklärt werden können, sodass von dieser Seite her keine Einschätzung der Leistungsfähigkeit habe formuliert werden können.  
Auch wenn Dr. med. B.________ mit pract. med. E.________ insoweit nicht einverstanden war, als er die auf klinischen Daten basierende diagnostische Beurteilung infolge eingeschränkter Plausibilität nicht als hinfällig betrachtete, betonte er im Folgenden die erheblichen Schwierigkeiten, die Funktionseinschränkungen solide zu beschreiben, weil das Ausmass der Einschränkungen letztlich schwer einzuschätzen sei. Dementsprechend stellte er erneut klar, dass es im Kontext des Vorliegens von Verdeutlichungstendenzen, eines aggravierenden Verhaltens, letztlich aber der Tatsache, dass man nicht genau wisse, ob und falls ja, in welchem Ausmass der Beschwerdegegner derzeit Tätigkeiten ausübe, ausgesprochen schwierig sei, zur Arbeitsfähigkeit bzw. zu seinen Leistungseinschränkungen eine solide Stellungnahme zu verfassen. Seine Angaben zur Arbeitsfähigkeit machte er denn auch wiederum "im Sinne einer Annäherung", was die Beschwerdeführerin zu Recht rügt. Bezüglich einer angepassten Tätigkeit wies er darauf hin, diese nicht genau umschreiben zu können. 
 
6.3. Daraus erhellt, dass mit Blick auf die medizinische Aktenlage, entgegen der vorinstanzlichen Auffassung, nicht bundesrechtskonform geschlossen werden kann, Dr. med. B.________ hätte die Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit im Umfang der Aggravation bereinigt. Vielmehr verwies der psychiatrische Sachverständige im Rahmen seiner Beurteilung von Konsistenz und Plausibilität auf das soeben Dargelegte. Nachdem sowohl die Diagnosestellung und die damit zusammenhängende Ausführungen zum Schweregrad der Erkrankung als auch die darauf fussende Einschätzung der Arbeitsfähigkeit aufgrund von Aggravation nur annäherungsweise möglich waren, wie der Experte eingehend und schlüssig ausführte, ist die Indikatorenprüfung in Bezug auf die psychischen Beschwerden gestützt auf das Gutachten des Dr. med. B.________ und die weiteren ärztlichen Beurteilungen hier, anders als im vorinstanzlich erwähnten Urteil 8C_418/2021 E. 6 mit Hinweis auf 9C_524/2020 E. 4, nicht möglich (vorstehende E. 6.1). Wenn bereits der Gutachter an verschiedener Stelle auf die grosse Schwierigkeit, zuverlässige Einschätzungen vornehmen zu können, hinweist, kann die rechtsanwendene Stelle hieraus keine rechtlich relevanten Schlüsse zur Arbeitsunfähigkeit mit dem notwendigen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ziehen, auch wenn das Gutachten im Übrigen hinsichtlich des medizinischen Sachverhalts betrifft, den beweisrechtlichen Vorgaben entspricht und sich der Gutachter um eine Differenzierung zwischen diagnostischer Beurteilung und Aggravation bemühte. Der Gutachter legte jedoch ebenso sorgfältig dar, dass seine Einschätzungen aufgrund der bewusstseinsnahen Aggravation mit vielen Unsicherheiten hinsichtlich des Schweregrades der Erkrankung und deren Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit behaftet sind. Insofern war er nicht in der Lage, den Anteil der Aggravation bei der Beurteilung des Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit hinreichend gesichert auszuklammern. Daher kann die Expertise vom 14. Juli 2020 nicht als zuverlässige Grundlage für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit aus rechtlicher Sicht dienen (vgl. Urteil 9C_154/2016 vom 19. Oktober 2016).  
 
6.4. Es kann offen bleiben, ob von einem Ausschlussgrund im Sinne von BGE 141 V 281 E. 2.2.1 auszugehen ist. So oder so führen die von den Gutachtern einhellig berichtete Aggravation und die gezeigten Inkonsistenzen demnach zum Ergebnis, dass ein erhebliches Krankheitsgeschehen nicht mehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden konnte. Diese Beweislosigkeit geht zu Lasten des Beschwerdegegners (vgl. BGE 138 V 218 E. 6; Urteile 9C_254/2017 vom 21. August 2017 E. 4.4; 9C_732/2015 vom 29. März 2016 E. 3.1.2). Ob er durch sein Verhalten die Mitwirkungspflicht bei der Sachverhaltsabklärung verletzte, braucht damit nicht beurteilt zu werden. Die Beschwerde ist begründet. Der Antrag des Beschwerdegegners auf Zusprechung einer ganzen Invalidenrente ab 1. November 2016 ist demgemäss abzuweisen.  
 
7.  
Der unterliegende Beschwerdegegner trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Kantonsgerichts Wallis vom 15. November 2021 wird aufgehoben und die Verfügung der Kantonalen IV-Stelle Wallis vom 12. Februar 2021 bestätigt. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an das Kantonsgericht Wallis zurückgewiesen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Wallis und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. Juli 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla