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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_806/2021  
 
 
Urteil vom 5. Juli 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiberin Huber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dieter Studer, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, 
St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 3. November 2021 (VV.2020.271/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1970 geborene A.________ meldete sich am 23. April 2019 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau veranlasste eine Begutachtung durch Dr. med. B.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (Expertise vom 3. Juni 2020, inklusive neuropsychologischer Beurteilung des Dr. phil. C.________ vom 29. Mai 2020), und teilte in Anlehnung daran mit Vorbescheid vom 22. Juni 2020 die Abweisung des Leistungsbegehrens mit. A.________ erhob dagegen Einwand und stützte sich dabei auf die Stellungnahme seines behandelnden Arztes med. pract. D.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 17. Juli 2020. Die IV-Stelle holte dazu eine Einschätzung des Dr. med. B.________ vom 17. August 2020 ein und verfügte am 24. September 2020 wie angekündigt. 
 
B.  
Dagegen erhob A.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau. Mit Eingabe vom 5. Februar 2021 legte er ein weiteres Schreiben des med. pract. D.________ vom 31. Januar 2021 auf. Das Verwaltungsgericht ersuchte Dr. med. B.________ um Stellungnahme zu den Ausführungen des med. pract. D.________, die Dr. med. B.________ am 30. Juli 2021 (inklusive neuropsychologischer Stellungnahme vom 28. Juli 2021) erstattete. Med. pract. D.________ wiederum nahm dazu am 31. August 2021 Stellung. Mit Entscheid vom 3. November 2021 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________ die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids. Die Sache sei zur Einholung eines psychiatrischen Gutachtens (inkl. neuropsychologischer Beurteilung) nach Art. 44 ATSG an das kantonale Gericht oder die IV-Stelle zurückzuweisen. 
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen lässt sich nicht vernehmen. 
Erwägungen: 
 
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist ein reformatorisches Rechtsmittel (Art. 107 Abs. 2 BGG), weshalb auch ein Rechtsbegehren reformatorisch gestellt sein muss. Ein rein kassatorisches Begehren ist jedoch zulässig, wenn das Bundesgericht ohnehin nicht in der Sache entscheiden könnte. Dies ist namentlich bei einer ungenügenden Sachverhaltsabklärung durch die Vorinstanz der Fall (Urteil 8C_784/2021 vom 9. Februar 2022 E. 1 mit Hinweisen). Auf die Beschwerde, mit der diese Rüge erhoben wird, ist deshalb einzutreten. 
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG; zum Ganzen: BGE 145 V 57 E. 4). 
 
3.  
Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). 
 
Die dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar. 
 
4.  
 
4.1. Nach einlässlicher Darstellung der Aktenlage mass die Vorinstanz der Expertise des Dr. med. B.________ vom 3. Juni 2020 (inklusive der neuropsychologischen Beurteilung des Dr. phil. C.________ vom 29. Mai 2020) Beweiswert (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a) zu und verneinte gestützt darauf eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit und somit eine gesundheitsbedingte Erwerbseinbusse.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer rügt, das Gutachten der Dres. B.________ und C.________ sei keine beweiswertige Grundlage, um über die entscheidrelevanten Fragen in Bezug auf einen invalidisierenden Gesundheitsschaden bzw. betreffend die Arbeitsunfähigkeit zu entscheiden. Die vorinstanzlichen Feststellungen zum invalidisierenden Gesundheitsschaden und zur Arbeitsfähigkeit seien willkürlich, soweit dabei auf das Administrativgutachten der Dres. B.________ und C.________ abgestellt werde.  
 
5.  
Es ist zu prüfen, ob das kantonale Gericht der Expertise der Dres. B.________ und C.________ vom 3. Juni 2020 (inklusive der neuropsychologischen Einschätzung vom 29. Mai 2020) bundesrechtskonform Beweiswert zugemessen hat. 
 
5.1. Vorab ist festzuhalten, dass die Vorinstanz zu Recht auf die Rechtsprechung hinwies, wonach bei divergierenden medizinischen Ansichten zu berücksichtigen ist, dass die psychiatrische Exploration von der Natur der Sache her nicht ermessensfrei erfolgen kann. Sie eröffnet dem begutachtenden Psychiater deshalb praktisch immer einen gewissen Spielraum, innerhalb dessen verschiedene medizinisch-psychiatrische Interpretationen möglich, zulässig und zu respektieren sind, sofern der Experte lege artis vorgegangen ist (Urteile 8C_548/2021 vom 25. Februar 2022 E. 7.2.1; 8C_153/2021 vom 10. August 2021 E. 5.3.2 mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 9C_634/2015 vom 15. März 2016 E. 6.1 i.f. mit Hinweis, in: SVR 2017 IV Nr. 5 S. 10). Darüber hinaus lässt die unterschiedliche Natur von Behandlungsauftrag des therapeutisch tätigen (Fach-) Arztes einerseits und Begutachtungsauftrag des amtlich bestellten medizinischen Experten anderseits (BGE 124 I 170 E. 4) es nicht zu, ein Administrativgutachten stets dann in Frage zu stellen und zum Anlass weiterer Abklärungen zu nehmen, wenn die behandelnden Ärzte zu anderslautenden Einschätzungen gelangen. Vorbehalten bleiben Fälle, in denen sich eine abweichende Beurteilung aufdrängt, weil diese wichtige - und nicht rein subjektiver Interpretation entspringende - Aspekte benennen, die bei der Begutachtung unerkannt oder ungewürdigt geblieben sind (BGE 135 V 465 E. 4.5; 125 V 351 E. 3b/cc; Urteile 9C_793/2015 vom 19. August 2016 E. 4.1, in: SVR 2017 IV Nr. 7 S. 19; 8C_630/2020 vom 28. Januar 2021 E. 4.2.1; 8C_370/2020 vom 15. Oktober 2020 E. 7.2).  
 
5.2.  
 
5.2.1. Dr. med. B.________ beschrieb die von ihm erhobenen Befunde im Gutachten vom 3. Juni 2020 und diskutierte sie im Rahmen der aktuellen Diagnosesysteme. Dabei beschränkte er sich nicht einzig darauf, eine rezidivierende depressive Störung zu verneinen, wie der Beschwerdeführer moniert, sondern er gelangte zum Schluss, dass keine Anhaltspunkte für eine affektive Störung, eine neurotische Belastungs- oder somatoforme Störung sowie eine Persönlichkeitsstörung vorliegen würden. Darüber hinaus wies Dr. med. B.________ in seiner Stellungnahme vom 30. Juli 2021 darauf hin, dass der Beschwerdeführer bei der Exploration zwar über Zukunftsängste berichtet habe, die in seiner Situation auch nachvollziehbar seien, die jedoch nicht auf ein psychisches Leiden von Krankheitswert hindeuten müssten. Auch Kopfschmerzen, Kraftlosigkeit und Versagensgefühle würden noch nicht für ein psychisches Leiden von Krankheitswert sprechen. Dr. med. B.________ konkretisierte dies noch weiter, indem er in seinem Schreiben vom 30. Juli 2021 davon ausging, dass es sich beim Klassifikationssystem ICD-10 um ein kategoriales und kein dimensionales System handle. Entweder seien genügend Kriterien erfüllt, um eine Diagnose nach den definierten Kriterien zu stellen oder sie seien es nicht. Wenn keine psychiatrische Diagnose nach ICD-10 gestellt werden könne, heisse dies, dass der Explorand im Sinne des ICD-10 nicht psychisch krank sei. Der behandelnde Arzt med. pract. D.________ habe sich gerade nicht an den ICD-10-Kriterien orientiert.  
 
5.2.2. Im Konkreten befasste sich Dr. med. B.________ bereits in der Expertise vom 3. Juni 2020 mit der Frage, ob der Beschwerdeführer an einer Persönlichkeitsstörung leide, was er verneinte. Er berichtete, er habe weder in den Akten noch während der aktuellen Untersuchung oder in der Anamnese Zeichen für das Vorliegen einer solchen Störung gefunden. Med. pract. D.________ konstatierte am 31. Januar 2021, dass in der medizinischen Vorgeschichte des Beschwerdeführers zwar nie eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert worden sei. Dr. med. B.________ ignoriere in dieser Hinsicht jedoch vollkommen die eigenen erhobenen Angaben, die bei kritischer Sorgfalt die Abklärung einer Persönlichkeitsstörung bzw. einer Störung aus dem Traumafolge-Spektrum nahegelegt hätten. Dazu äusserte sich Dr. med. B.________ wiederum mit Stellungnahme vom 30. Juli 2021 und hielt fest, die Auffassung des med. pract. D.________ erstaune, weil dieser bisher nie von einer Traumafolgestörung gesprochen habe; aber auch, weil er Geschehnisse aufzähle, die das Traumakriterium nach ICD-10 bei weitem nicht erfüllten. Nach ICD-10 handle es sich dabei um "eine durch Naturereignisse oder von Menschen verursachte Katastrophe, eine Kampfhandlung, ein schwerer Unfall oder Zeuge des gewaltsamen Todes anderer oder selbst Opfer von Folterung, Terrorismus, Vergewaltigung oder anderen Verbrechen zu sein." Dies behaupte nicht einmal med. pract. D.________. Vielmehr erwähne der behandelnde Arzt beispielsweise die Angaben des Beschwerdeführers in der Exploration durch Dr. med. B.________, wonach der Beschwerdeführer an der Maturitätsprüfung im Fach Chemie gefragt worden sei, ob er Drogen zu sich genommen habe. Der Beschwerdeführer habe in der organischen Chemie "TNT" aufzeichnen sollen, habe es aber nicht mehr gewusst und wüsste es auch heute nicht.  
 
Dass med. pract. D.________ erst nach der erstatteten Expertise des Dr. med. B.________ erstmals von einer Traumafolgestörung sprach, vermag das Administrativgutachten nicht per se in Frage zu stellen (vgl. E. 5.1 oben). Denn der Gutachter legte nachvollziehbar dar, weshalb sich diese Diagnose mit der Begründung des med. pract. D.________, wonach der Beschwerdeführer an der Maturitätsprüfung eine Frage nicht habe beantworten können, nicht rechtfertigen lasse. An dieser medizinischen Einschätzung vermögen die allgemeinen Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach spezifische Persönlichkeitsstörungen gemäss den einschlägigen Leitlinien wohl in der Kindheit oder Jugend beginnen, sich aber durchaus erst im Erwachsenenalter manifestieren könnten, nichts zu ändern. 
 
5.2.3. Soweit der Beschwerdeführer moniert, Dr. med. B.________ sei auf die Vorbringen des med. pract. D.________ betreffend die Dysthymie und die depressive Episode in den Stellungnahmen vom 31. Januar und 31. August 2021 nicht eingegangen, kann ihm nicht gefolgt werden. Bereits im Gutachten vom 3. Juni 2020 berichtete Dr. med. B.________, die Grundstimmung des Beschwerdeführers sei zum Zeitpunkt der Untersuchung euthym und die Modulationsfähigkeit nicht eingeschränkt gewesen. Dieser habe zwar Stimmungsschwankungen beschrieben, aktuell sei die Stimmung aber gut. Damit komme die Diagnose einer depressiven Episode nicht in Frage. Nach dem Klassifikationssystem ICD-10 müsse dafür eine über mindestens vierzehn Tage anhaltende depressive Verstimmung bestehen und die Stimmung dürfe während dieser Zeit nicht auf die jeweiligen Lebensumstände reagieren. Der Beschwerdeführer habe aber nicht über ein anhaltendes Stimmungstief geklagt. Darüber hinaus ging Dr. med. B.________, wie bereits die Vorinstanz zutreffend darlegte, auf die Vorakten ein und gab bekannt, dass auch in Anlehnung an die vorbestehenden medizinischen Dokumente die Diagnose einer depressiven Episode nicht gestellt werden könne. Ausserdem nahm Dr. med. B.________ in seinem Schreiben vom 30. Juli 2021 nochmals auf den Bericht des med. pract. D.________ vom 31. Januar 2021 Bezug und ging darauf ein, dass die Diagnose einer depressiven Episode zu verneinen sei.  
 
Zu Recht macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Frage, ob die von ihm geklagten Einschränkungen und die anamnestischen Angaben zur Lebensgeschichte im Gutachten des Dr. med. B.________ genügend berücksichtigt worden seien, entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen grundsätzlich zu beantworten sei (vgl. BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a). Indem das kantonale Gericht diese Frage offen liess, ging es damit jedoch nicht automatisch von einer zwingenden Notwendigkeit weiterer Abklärungen aus, wie der Beschwerdeführer rügt. Wie bereits beleuchtet, setzte sich Dr. med. B.________ mit den geklagten Beschwerden wie auch mit den von den behandelnden Ärzten im Raum stehenden Diagnose durchaus auseinander und begründete, weshalb er keine Diagnose stellen konnte. Wie bereits eingangs erwähnt (E. 5.1), ist ein Administrativgutachten nicht sogleich in Frage zu stellen, wenn die behandelnden Ärzte zu anderslautenden Einschätzungen, mit denen sich der Gutachter im vorliegenden Fall befasste, gelangen. Soweit sich der Beschwerdeführer auf das DSM-5-Manual bezieht und die Ansicht vertritt, er leide in Anlehnung daran an einer persistierenden depressiven Störung, zielt dieses Vorbringen ins Leere. Es ist Sache der medizinischen Fachperson, den Gesundheitszustand zu beurteilen und allenfalls eine Diagnose zu stellen (BGE 140 V 193 E. 3.2). 
 
5.2.4. Im Weiteren weist der Beschwerdeführer auf einen Widerspruch im Gutachten des Dr. med. B.________ hin, wonach dieser einerseits festhalte, die Diagnose des med. pract. D.________ (Angst und depressive Störung, gemischt) sei wahrscheinlich zum Zeitpunkt des Eintritts in die Tagesklinik zutreffend gewesen, und anderseits berichtet habe, aktuell wie auch rückwirkend könnten keine Diagnosen gestellt werden. Der Widerspruch in dieser Aussage ist nicht von der Hand zu weisen. Der Expertise ist deshalb jedoch nicht ohne Weiteres die Beweiskraft abzusprechen. Denn dem Gutachten und insbesondere auch der Stellungnahme vom 30. Juli 2021 ist anhand der über diesen Satz hinaus gehenden weiteren Darlegungen nachvollziehbar zu entnehmen, weshalb Dr. med. B.________ im Zeitpunkt der Exploration wie auch rückwirkend keine Diagnose stellen konnte. Bezugnehmend auf die früheren Berichte der behandelnden Ärzte hielt er fest, es falle auf, dass immer wieder gravierende kognitive Einschränkungen beschrieben und Diagnosen gestellt worden seien, die sich nach ICD-10 nicht kombinieren liessen oder die (im Falle der depressiven Episode) nicht dem mitgelieferten Psychostatus entsprechen würden. Auffällig sei, dass der Beschwerdeführer doch über längere Zeit krankgeschrieben worden sei, obwohl die behandelnden Ärzte eigentlich nur diskrete Diagnosen gestellt hätten und zumindest zu Beginn auch von einer guten Prognose ausgegangen seien.  
 
5.2.5. In Anlehnung an einen Forschungsbericht macht der Beschwerdeführer darauf aufmerksam, dass falsch positive Resultate bei Beschwerdevalidierungstests in nicht zu vernachlässigendem Ausmass vorkommen könnten. Damit vermag er jedoch den Beweiswert der dem Gutachten des Dr. med. B.________ vom 3. Juni 2020 zugrunde liegenden neuropsychologischen Beurteilung nicht in Zweifel zu ziehen. Der Neuropsychologe Dr. phil. C.________ befasste sich im Rahmen seiner Einschätzung mit den Ergebnissen der eingesetzten Beschwerdevalidierungstests, die er unter dem Titel "Eingesetzte Instrumente" offen legte, und den sich dabei gezeigten Diskrepanzen zwischen den verschiedenen Durchgängen. Er führte aus, dass die Leistung im dritten schwierigen Durchgang in einem Bereich gelegen habe, der üblicherweise bei Personen mit einer Demenzerkrankung beobachtet werde. Eine entsprechend schwere Beeinträchtigung sei beim Beschwerdeführer aufgrund der geklagten Einschränkungen nicht zu erwarten gewesen. Dr. phil. C.________ kam zum Schluss, während der Untersuchung seien stark unterdurchschnittliche bis durchschnittliche Leistungen zu beobachten gewesen. Es hätten sich keine Hinweise auf psychische Beschwerden ergeben, welche die beschriebenen Auffälligkeiten und Diskrepanzen erklären könnten. Aufgrund der Konfundierung von Begabung und Anstrengung bei Leistungstests und des wahrscheinlich suboptimalen Leistungsverhaltens sei eine zuverlässige Interpretation der erbrachten Resultate nicht möglich gewesen. Das Ausmass von tatsächlich vorliegenden Einschränkungen habe sich daher nicht festlegen lassen.  
 
Dr. med. B.________ stützte sich bei der Einordnung der geklagten kognitiven Einschränkungen auf die neuropsychologische Abklärung des Dr. phil. C.________. In der Stellungnahme vom 30. Juli 2021 erklärte Dr. med. B.________ nochmals, dass bei der psychiatrischen Untersuchung wie gemäss Aktenlage Angaben über kognitive Einschränkungen im Zentrum gestanden hätten, diese dann aber bei der neuropsychologischen Abklärung im Rahmen der Begutachtung nicht reproduzierbar gewesen seien. Dr. med. B.________ berichtete weiter, dass vielmehr verschiedene Auffälligkeiten vorhanden gewesen seien, die laut Dr. phil. C.________ auf eine negative Antwortverzerrung hingewiesen hätten. Gemäss dem Neuropsychologen stimmten die erbrachten Leistungen überwiegend wahrscheinlich nicht mit dem eigentlichen Leistungspotenzial des Beschwerdeführers überein. Das heisse, dass dieser bei der Abklärung Einschränkungen demonstriert habe, die so nicht bestehen könnten. Er sei als psychiatrischer Gutachter ganz wesentlich auf subjektive Angaben des Beschwerdeführers angewiesen. Dies setze aber voraus, dass die Informationen auch zuverlässig seien. Es gebe wenig Möglichkeiten, diese zu objektivieren. Wenn nun Exploranden bei der neuropsychologischen Abklärung Einschränkungen demonstrieren würden, die so nicht bestehen könnten, sei davon auszugehen, dass auch die übrigen Angaben nicht durchwegs zuverlässig seien. Weshalb diese Schlussfolgerungen des Gutachters nicht nachvollziehbar sein sollen, ist nicht ersichtlich und kann der Beschwerdeführer auch nicht aufzeigen. 
 
5.2.6. Zu den psychosozialen Faktoren gab Dr. med. B.________ zwar an, diese ständen im Vordergrund. Seine Einschätzung, wonach von keiner depressiven Störung ausgegangen werden könne, stützte er jedoch nach dem bereits Erwogenen auf die Ergebnisse seiner Untersuchung. Die Vorinstanz stellte darüber hinaus nicht offensichtlich unrichtig fest, dass die behandelnden Fachpersonen in ihren Berichten selber auf verschiedene Belastungssituationen wie die Pflege der Mutter, den Umgang mit dem pubertierenden Sohn, die Konflikte mit der Ehefrau, die Belastung durch eine gescheiterte Bewerbung sowie die fehlende Abgrenzung des Beschwerdeführers von diesen Situationen hingewiesen hätten. Während Dr. med. B.________ die belastenden psychosozialen und soziokulturellen Faktoren in seiner Einschätzung explizit und zu Recht ausgeklammert habe, finde sich in den Berichten der behandelnden Ärzte hiermit keine Auseinandersetzung, die jedoch notwendig gewesen wäre.  
 
6.  
Zusammengefasst ist festzuhalten, dass das kantonale Gericht dem Gutachten des Dr. med. B.________ vom 3. Juni 2020 (inklusive der neuropsychologischen Beurteilung des Dr. phil. C.________ vom 29. Mai 2020) bundesrechtskonf orm Beweiswert zumessen durfte. Die Vorinstanz, die sich auf die Einschätzung des Dr. med. B.________ abstützte, verzichtete ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes auf weitere Abklärungen. 
 
7.  
Dass die vorinstanzliche Beweiswürdigung offensichtlich unrichtig sein soll, wird nicht (substanziiert; vgl. E. 2 oben) geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Die auf das beweiskräftige Gutachten des Dr. med. B.________ gestützte vorinstanzliche Feststellung betreffend die Arbeitsfähigkeit (E. 4.1 oben) bleibt für das Bundesgericht verbindlich (E. 2 oben). Die beantragte Rückweisung an das kantonale Gericht oder die IV-Stelle erübrigt sich damit. Die Beschwerde ist unbegründet. 
 
8.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 5. Juli 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Huber