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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_255/2022  
 
 
Urteil vom 5. September 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiber Cupa. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Andri Obrist, 
substituiert durch Rechtsanwältin Tiziana Conti, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 6. Januar 2022 (725 21 189 / 05). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1959, war zuletzt bei der B.________ GmbH als Taxifahrer tätig und in dieser Funktion bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (nachfolgend: Suva oder Beschwerdegegnerin) unfallversichert. Am 15. Februar 2020 kam ihm während der nächtlichen Fahrt eine Person entgegen, die ihn mit entsprechender Geste zum Anhalten bewog. Da er von einem potentiellen Fahrgast ausging, öffnete er das Fenster der Fahrertüre. Die Person trat an ihn heran und forderte ihn unter Vorhalt einer Faustfeuerwaffe zur Herausgabe von Geld auf. Nach Behändigung des Serviceportemonnaies flüchtete der Täter umgehend. Der gesamte Vorfall dauerte nicht länger als eine Minute. A.________ blieb körperlich unverletzt. Der erstbehandelnde Arzt diagnostizierte eine psychische Ausnahmesituation und attestierte ihm eine volle Arbeitsunfähigkeit. Die Suva qualifizierte den Vorfall als Schreckereignis und erbrachte hierfür die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung und Taggeld), die sie in Verneinung des Fortbestands der Unfallkausalität per 28. März 2021 einstellte (Verfügung vom 25. März 2021). Daran hielt sie auf Einsprache von A.________ fest (Einspracheentscheid vom 20. Mai 2021). 
 
B.  
Die hiergegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft ab (Urteil vom 6. Januar 2022). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Urteils seien ihm über den 28. März 2021 hinaus die gesetzlichen Leistungen der Unfallversicherung zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur weiteren Abklärung an die Vorinstanz, subeventualiter an die Suva, zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (vgl. BGE 145 V 304 E. 1.1).  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist es indes nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 i.V.m. Art. 105 Abs. 3 BGG; vgl. BGE 140 V 136 E. 1.2.1).  
 
2.  
Streitig ist, ob die Vorinstanz zu Recht die Leistungseinstellung der Suva per 28. März 2021 bestätigte. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob der adäquate Kausalzusammenhang zwischen den bei der Leistungseinstellung noch vorhandenen psychischen Beschwerden und dem Vorfall vom 15. Februar 2020 gegeben ist. Das Vorliegen eines Schreckereignisses ist hingegen unbestritten. 
 
3.  
Was die massgeblichen Rechtsgrundlagen (Art. 6 Abs. 1 UVG i.V.m. Art. 4 ATSG) und insbesondere die vorinstanzlichen Ausführungen zum natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden (BGE 147 V 161 E. 3.1) sowie zur psychischen Schädigung nach einem Schreckereignis (BGE 129 V 177 E. 3.3; 129 V 402 E. 2) anbelangt, kann auf die zutreffende Wiedergabe im angefochtenen Urteil verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 Satz 2 BGG). 
 
4.  
Die Vorinstanz erwog, das Geschehen vom 15. Februar 2020 habe angesichts des Vorhaltens einer Schusswaffe eine gewisse Eindrücklichkeit gehabt. Dennoch erscheine es nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht geeignet, eine langjährige psychische Störung mit andauernder Arbeitsunfähigkeit auszulösen. Dies insbesondere auch deshalb, weil der Vorfall lediglich rund eine Minute gedauert habe und die Bedrohungssituation damit von sehr kurzer Dauer gewesen sei. Der Täter sei nicht maskiert gewesen. Er habe dem Versicherten die Waffe kurz vor das Gesicht gehalten, aber nicht anderweitig eingesetzt. Namentlich sei es zu keiner körperlichen Gewaltanwendung gekommen. Nach Behändigung des Geldes habe sich der Täter umgehend vom Tatort entfernt. Hinzu komme, dass der Versicherte unter keinen psychischen Vorerkrankungen gelitten habe. Der zur Diskussion stehende Geschehensablauf erreiche nicht die Schwere derjenigen Fälle, in denen die höchstrichterliche Rechtsprechung den adäquaten Kausalzusammenhang auch nach mehreren Jahren noch bejaht habe. Die Vorinstanz gelangte deswegen mit der Beschwerdegegnerin zum Schluss, die geklagten Beschwerden seien nicht länger als angemessene und typische Reaktion auf einen Raubüberfall zu betrachten. Die adäquate Kausalität sei rund 13,5 Monate nach dem Ereignis vom 15. Februar 2020 zu verneinen und die Leistungseinstellung der Suva per 28. März 2021 sei darum nicht zu beanstanden. Bei diesem Ergebnis erübrige sich eine abschliessende Beurteilung des natürlichen Kausalzusammenhangs. 
 
5.  
Die Einwände des Beschwerdeführers verfangen offensichtlich nicht. 
 
5.1. Die Frage nach dem adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Schreckereignis und den psychischen Beschwerden stellt eine Wertungsgesichtspunkten unterliegende Rechtsfrage dar, die das Bundesgericht frei prüft (Art. 95 lit. a BGG; BGE 143 II 661 E. 5.1.2; 139 V 176 E. 8.4.3; 132 III 715 E. 2.2; SVR 2019 UV Nr. 19 S. 67, 8C_847/2017 E. 2.3).  
 
5.2. Rechtspolitischer Zweck der Adäquanz ist die Begrenzung der Haftung (BGE 145 III 72 E. 2; 142 III 433 E. 4.5; 129 V 177 E. 3.3). Es soll aufgrund sämtlicher Umstände im Einzelfall entschieden werden, ob ein Gesundheitsschaden billigerweise noch dem Haftpflichtigen zugerechnet werden kann. In BGE 129 V 177 äusserte sich das Bundesgericht einlässlich zum Schreckereignis im Zusammenhang mit deliktischen Handlungen wie Raub, Drohung oder Erpressung. Zu beurteilen war ein Raubüberfall auf die Betriebsleiterin eines Spielsalons mit einer Faustfeuerwaffe, aber ohne Handgreiflichkeiten oder Schussabgabe. Das Bundesgericht erkannte, dass ein derartiges Ereignis nicht geeignet sei, einen dauernden, erheblichen psychischen Schaden mit anhaltender Erwerbsunfähigkeit (vgl. Art. 7 ATSG) zu verursachen. Die übliche und einigermassen typische Reaktion auf einen solchen Überfall dürfte erfahrungsgemäss darin bestehen, dass zwar eine Traumatisierung stattfinde, diese aber vom Opfer in aller Regel innert einiger Wochen oder Monate überwunden werde. Eine psychische Störung und lang andauernde Erwerbsunfähigkeit könnten nicht mehr in einem weiten Sinne als angemessene und einigermassen typische Reaktion auf das Schreckereignis bezeichnet werden (BGE 129 V 177 E. 4.3).  
 
5.3. Wie die Vorinstanz zutreffend darlegte, bestätigte das Bundesgericht die genannte Rechtsprechung seither mehrfach (vgl. bspw. SVR 2021 MV Nr. 2 S. 7, 8C_589/2020 E. 6.4; SVR 2017 UV Nr. 11 S. 39, 8C_298/2016 E. 4.5; SVR 2016 UV Nr. 30 S. 99, 8C_2/2016 E. 4.1; SVR 2015 UV Nr. 10 S. 36, 8C_207/2014 E. 6; SVR 2015 UV Nr. 6 S. 21, 8C_231/2014 E. 2.4; SVR 2014 UV Nr. 27 S. 90, 8C_480/2013 E. 6.1; SVR 2014 UV Nr. 25 S. 81 E. 6.1, nicht publ. in: BGE 140 V 356). Weder zeigt der Beschwerdeführer auf, weshalb von dieser Praxis abzuweichen und eine Änderung der Rechtsprechung (vgl. BGE 147 V 342 E. 5.5.1 m.w.H.) vorzunehmen wäre, noch sind derartige Gründe ersichtlich.  
 
5.4. An den adäquaten Kausalzusammenhang bei Schreckereignissen werden praxisgemäss hohe Anforderungen gestellt (SVR 2019 UV Nr. 20 S. 71, 8C_609/2018 E. 2.2; SVR 2019 UV Nr. 19 S. 67, 8C_847/2017 E. 2.3; SVR 2017 UV Nr. 11 S. 39, 8C_298/2016 E. 4.5; SVR 2016 UV Nr. 11 S. 33, 8C_412/2015 E. 2.1). Das kantonale Gericht zeigte dem Beschwerdeführer unbestritten auf, dass der Vorfall von kurzer Dauer und der Täter nicht maskiert war. Die Waffe setzte letzterer zwecks Angsteinflössung ein, gab aber beispielsweise keinen (Warn-) Schuss damit ab. Es kam zu keiner körperlichen Gewalt und der Täter floh sofort nach Aushändigung des Geldes. Zudem litt der Versicherte an keiner psychischen Vorerkrankung (vgl. E. 4 hiervor). Damit ist der hier zu beurteilende Vorfall nicht vergleichbar mit den seltenen Fällen, in denen das Bundesgericht den adäquaten Kausalzusammenhang selbst nach mehreren Jahren noch als gegeben erachtete (vgl. etwa SVR 2019 UV Nr. 19 S. 67, 8C_847/2017 E. 5.2; SVR 2016 UV Nr. 11 S. 33, 8C_412/2015 E. 6.3; SVR 2014 UV Nr. 27 S. 90, 8C_480/2013 E. 6.4). Angesichts dessen sowie der dem Beschwerdeführer zugestandenen Erholungsdauer von rund 13,5 Monaten nach dem Schreckereignis ist die vorinstanzliche Verneinung der Fortdauer eines Leistungsanspruchs über den 28. März 2021 hinaus nicht zu beanstanden. Dies gilt umso mehr, als er die Erwägungen im angefochtenen Urteil zur Adäquanz nicht substanziiert (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.1 f.) bestreitet.  
 
5.5. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass die Adäquanzbeurteilung nicht medizinischer, sondern rechtlicher Natur ist (BGE 134 V 109 E. 6.2.1; Urteil 8C_462/2015 vom 9. September 2015 E. 3.2). Die Frage nach dem natürlichen Kausalzusammenhang durfte die Vorinstanz - ohne dabei den Untersuchungsgrundsatz (vgl. Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG) zu verletzen - offenlassen (vgl. Urteil 8C_53/2021 vom 9. April 2021 E. 5.7 m.w.H.). Weiterungen dazu erübrigen sich.  
 
5.6. Zusammenfassend hält das angefochtene Urteil vor Bundesrecht stand. Die Beschwerde ist abzuweisen.  
 
6.  
Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Schriftenwechsel und mit summarischer Begründung (Art. 109 Abs. 3 Satz 1 BGG) erledigt. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 5. September 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Cupa