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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_222/2018  
 
 
Urteil vom 7. Januar 2019  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Matter. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Kantonales Steueramt Aargau, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. A.A.________, 
2. B.A.________, 
Beschwerdegegner, 
beide vertreten durch die Tax Partner AG. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Aargau, Steuerperiode 2008, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 24. Januar 2018 (WBE.2017.268). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die in U.________/AG wohnhaften Eheleute A.A.________ und B.A.________ wurden durch Einspracheentscheid vom 14. Dezember 2015 für die Kantons- und Gemeindesteuern 2008 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 1'074'000.-- (satzbestimmend: Fr. 1'254'000.--), einem steuerbaren qualifizierten Beteiligungsertrag von Fr. 167'500.-- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 14'184'000.-- veranlagt. 
 
B.  
Am 27. April 2017 hiess das Spezialverwaltungsgericht, Abteilung Steuern, des Kantons Aargau einen Rekurs der Ehegatten A.________ gegen den Einspracheentscheid gut und erwog, dass die Veranlagungsverjährung betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern 2008 eingetreten sei. Dieses Urteil focht die Steuerbehörde erfolglos beim kantonalen Verwaltungsgericht an. 
 
C.  
Am 1. März 2018 hat das Kantonale Steueramt Aargau Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht erhoben. Es stellt den Antrag, das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 24. Januar 2018 aufzuheben. 
 
D.  
Die Ehegatten A.________ beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltunsgericht des Kantons Aargau stellt den Antrag, auf die Beschwerde nicht einzutreten; eventualiter sei sie abzuweisen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung schliesst auf Gutheissung der Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den verfahrensabschliessenden Entscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 2 lit. d, Art. 90 BGG i.V.m. Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]). Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.  
 
1.2. Das Verwaltungsgericht betont in seiner Vernehmlassung, dass die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein reformatorisches Rechtsmittel ist (Art. 107 Abs. 2 BGG). Deswegen muss die beschwerdeführende Partei grundsätzlich einen Antrag in der Sache stellen und angeben, welche Abänderungen beantragt werden. Anträge auf Rückweisung an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung oder blosse Aufhebungsanträge genügen in der Regel nicht, so auch nicht vorliegend. Von einer kantonalen Behörde mit eigenem Rechtsdienst könne erwartet werden, dass sie korrekte Anträge stelle. Auf die Beschwerde sei deshalb nicht einzutreten.  
Die Auffassung, dass von einem kantonalen Amt mit eigenem Rechtsdienst korrekte Anträge verlangt werden können, mag zutreffen. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung genügt es aber selbst ohne ausdrücklich formulierte reformatorische Anträge, dass sich solche Begehren aus der Begründung der Beschwerdeschrift ergeben (vgl. u.a. BGE 137 II 313 E. 1.3 S. 317), was hier erfüllt ist. Die Rechtsprechung beschränkt ein solches Entgegenkommen nicht auf Beschwerdeführer ohne kundige Rechtsvertretung; ebenso wenig schliesst es Behörden von vornherein aus. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten. 
 
2.  
Das Recht, eine Steuer zu veranlagen, verjährt fünf Jahre nach Ablauf der Steuerperiode. Vorbehalten bleibt die Erhebung von Nachsteuern (§ 177 Abs. 1 des Steuergesetzes des Kantons Aargau vom 15. Dezember 1998 [StG/AG]). Die Verjährung beginnt nicht oder steht still a) während eines Einsprache-, Rekurs-, Beschwerde- oder Revisionsverfahrens; b) solange die Steuerforderung sichergestellt oder gestundet ist; c) solange weder die steuerpflichtige noch die mithaftenden Personen in der Schweiz steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt haben (§ 177 Abs. 2 StG/AG). Die Verjährung beginnt neu mit a) jeder auf Feststellung oder Geltendmachung der Steuerforderung gerichteten Amtshandlung, die einer steuerpflichtigen oder einer mithaftenden Person zur Kenntnis gebracht wird; b) jeder ausdrücklichen Anerkennung der Steuerforderung durch die steuerpflichtige oder eine mithaftende Person; c) der Einreichung eines Erlassgesuches; d) der Einleitung einer Strafverfolgung wegen vollendeter Steuerhinterziehung oder wegen Steuervergehen (Abs. 3). Das Recht, eine Steuer zu veranlagen, ist 15 Jahre nach Ablauf der Steuerperiode auf jeden Fall verjährt (Abs. 4). 
 
2.1. In Anwendung dieser Bestimmung hat das Verwaltungsgericht festgehalten: Mangels Stillstandgründen gemäss § 177 Abs. 2 StG/AG begann die Veranlagungsverjährung gegenüber den Beschwerdegegnern für die Kantons- und Gemeindesteuern 2008 nach Massgabe von § 177 Abs. 1 StG/AG am 1. Januar 2009 und endete grundsätzlich am 31. Dezember 2013. Die letzte verjährungsunterbrechende Handlung i.S.v. § 177 Abs. 3 lit. a StG/AG innerhalb dieses Zeitraums erfolgte mit dem Schreiben des zuständigen Gemeindesteueramts vom 11. November 2009, mit welchem die Beschwerdegegner zur Einreichung zusätzlicher Unterlagen aufgefordert wurden (oder aber allenfalls, was hier offengelassen werden kann, am 11. Dezember 2009 durch die Einsendung der angeforderten Dokumente). Damit begann eine neue fünfjährige Frist zu laufen, welche am 10. November 2014 endete (oder gegebenfalls am 10. Dezember 2014). Die Kantons- und Gemeindesteuern 2008 wurden aber erst am 24. Februar 2015 veranlagt, d.h. nach Eintritt der Veranlagungsverjährung.  
 
2.2. Dagegen erachtet der Beschwerdeführer das an ihn gerichtete Schreiben einer Treuhandgesellschaft vom 22. März 2010 und sein eigenes Antwortschreiben vom 1. April 2010 - beide betreffend die Bewertung der von den Beschwerdegegnern gehaltenen Aktien zweier von ihnen beherrschten Gesellschaften - als veranlagungsverjährungsunterbrechende Handlungen. Die Treuhandgesellschaft sei die Vertreterin der Beschwerdegegner in deren Veranlagungsverfahren gewesen. Es liege eine Einforderungshandlung vor, welche die Frist bis zum 28. Februar 2015 unterbrochen habe. Die am 24. Februar 2015 erlassene Veranlagungsverfügung 2008 sei damit rechtzeitig erfolgt.  
 
2.2.1. Wie das Verwaltungsgericht dagegen zu Recht hervorgehoben hat, erfolgt die Bewertung der Aktien einer Aktiengesellschaft unabhängig von der Veranlagung der Aktionäre, auch wenn diese Bewertung für deren Vermögenssteuer von Bedeutung ist. Die Aktionäre sind am Verfahren der Aktienbewertung nicht beteiligt. Sie treten dort weder persönlich noch durch einen Vertreter auf; ebenso wenig werden ihnen Parteirechte eingeräumt. Sie können zur Aktienbewertung erst später in ihrem eigenen Veranlagungsverfahren Stellung nehmen.  
 
2.2.2. Weiter muss mit der Vorinstanz davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdegegner in deren Veranlagungsverfahren für die Kantons- und Gemeindesteuern 2008 nicht von der erwähnten Treuhandgesellschaft vertreten wurden. Auch deshalb kann dem besagten Schriftwechsel keine verjährungsunterbrechende Wirkung zuerkannt werden.  
Unbestrittenermassen existiert keine schriftliche Vollmacht der Beschwerdegegner. Wie der Beschwerdeführer selber festhält, dürfte daher ein Vertretungsverhältnis nur angenommen werden, wenn sich aus den weiteren Umständen eine eindeutige Willensäusserung der Betroffenen auf Bevollmächtigung der Treuhandgesellschaft ergeben würde. Eine derartige Willensäusserung ist in keiner Weise rechtsgenüglich nachgewiesen. Zwar hat der Beschwerdeführer vor Bundesgericht neue Dokumente eingereicht, welche das Vertretungsverhältnis belegen sollen. Es handelt sich jedoch um unzulässige Noven, die nicht berücksichtigt werden können. 
Es steht ausser Streit, dass die Beschwerdegegner in früheren Veranlagungsverfahren die Treuhandgesellschaft nie als ihre Vertreterin bezeichneten. Sie handelten in den sie betreffenden Veranlagungsverfahren der Vorjahre vielmehr immer selbst und nicht durch einen Vertreter. Auch bei deren Veranlagung für 2008 trat die Gesellschaft gegenüber der Gemeindesteuerbehörde nie in Erscheinung. Von einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht kann somit nicht die Rede sein. Von etwas anderem ging nicht einmal die Gemeindebehörde aus, stellte sie doch insbesondere die Veranlagungsverfügung vom 24. Februar 2015 den Beschwedegegnern direkt zu und nicht über die Treuhandgesellschaft. 
 
2.2.3. Das Verwaltungsgericht hat weiter darauf abgestellt, dass der erwähnte Schriftenwechsel mit der Treuhandgesellschaft vom kantonalen Steueramt geführt wurde, d.h. einer für das Veranlagungsverfahren der Beschwerdegegner nicht spezifisch zuständigen Behörde. Der Beschwerdeführer bringt gegen diese fehlende Zuständigkeit zahlreiche Argumente vor, auf die hier jedoch nicht mehr weiter eingegangen werden muss. Dem Schriftenwechsel kann aus den hier dargestellten Gründen auch sonst keine verjährungsunterbrechende Wirkung zugestanden werden (vgl. oben E. 2.2.1 u. 2.2.2). Die Vorinstanz hat somit zu Recht geurteilt, dass die Veranlagungsverjährung gegenüber den Beschwerdegegnern für die Kantons- und Gemeindesteuern 2008 eingetreten ist.  
 
3.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen und wird der Kanton Aargau, der Vermögensinteressen wahrnimmt, kosten- sowie entschädigungspflichtig (Art. 65 und 66 Abs. 1 und 4 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden dem Kanton Aargau auferlegt. 
 
3.  
Der Kanton Aargau hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Januar 2019 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Matter