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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_317/2022  
 
 
Urteil vom 7. September 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch lic. iur. Felice Grella, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung 
(Arbeisunfähigkeit, berufliche Massnahmen, Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 18. März 2022 (IV.2021.00208). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1972 geborene A.________ arbeitete als Schichtleiter bei der B.________ AG. Am 21. Dezember 2011 meldete er sich bei der IV-Stelle des Kantons Zürich zum Leistungsbezug an. Da er in der Folge seiner Arbeitstätigkeit wieder zu 100 % nachgehen konnte, verneinte die IV-Stelle mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 13. November 2012 einen Leistungsanspruch.  
 
A.b. Am 14. August 2015 meldete sich A.________ erneut bei der IV-Stelle zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 5. April 2016, die ebenfalls unangefochten in Rechtskraft erwuchs, wies die IV-Stelle sein Leistungsbegehren ab, da ihm die angestammte Tätigkeit seit 1. Dezember 2015 wieder voll zumutbar sei.  
 
A.c. Am 14. Mai 2020 meldete sich A.________ ein weiteres Mal bei der IV-Stelle an. Mit Verfügung vom 19. Februar 2021 verneinte sie einen Leistungsanspruch abermals.  
 
B.  
Die von A.________ gegen die letztgenannte Verfügung erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 18. März 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, in Aufhebung des kantonalen Urteils seien ihm die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
Als Rechtsfrage gilt, ob die rechtserheblichen Tatsachen vollständig festgestellt und ob der Untersuchungsgrundsatz bzw. die Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG beachtet wurden. Gleiches gilt für die Frage, ob den medizinischen Gutachten und Arztberichten im Lichte der praxisgemässen Anforderungen Beweiswert zukommt (BGE 134 V 231 E. 5.1). Bei den aufgrund dieser Berichte getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit und bei der konkreten Beweiswürdigung geht es um Sachverhaltsfragen (nicht publ. E. 1 des Urteils BGE 141 V 585). 
 
2.  
Streitig ist, ob die vorinstanzliche Verneinung der Ansprüche auf eine Invalidenrente und auf berufliche Massnahmen bundesrechtskonform ist. 
 
2.1. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem hier angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (BGE 144 V 210 E. 4.3.1, 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar (BGE 148 V 174 E. 4.1).  
 
2.2. Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen und die Rechtsprechung betreffend die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 Abs. 1 ATSG), die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG) sowie die Voraussetzungen des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 2 IVG) und des Anspruchs auf Arbeitsvermittlung (Art. 18 IVG) richtig dargelegt. Gleiches gilt hinsichtlich des Beweiswerts ärztlicher Berichte (vgl. E. 1 hiervor; BGE 142 V 58 E. 5.1, 135 V 465 E. 4.4 und E. 4.7, 125 V 351 E. 3a). Darauf wird verwiesen.  
 
Zu ergänzen ist, dass bei der Neuanmeldung der versicherten Person bei der IV-Stelle die Revisionsregeln analog anwendbar sind (Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 87 Abs. 3 IVV; BGE 141 V 585 E. 5.3 in fine; Urteil 8C_192/2022 vom 7. Juli 2022 E. 2.2). 
 
3.  
Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, die zu Handen der Allianz Suisse Versicherungsgesellschaft AG, Zürich, erstellten, von der IV-Stelle beigezogenen Berichte betreffend die Funktionsorientierte Medizinische Abklärung (FOMA) des Zentrums C.________ vom 25. Juni 2020 und das Versicherungsmedizinische Funktions- und Ressourcenorientierte Assessment (VmFRA) des Psychiaters Dr. med. D.________ und der Neurologin Dr. med. E.________ vom 12. Juli 2020 seien voll beweiswertig. Unbestritten sei, dass beim Beschwerdeführer keine relevante psychische Gesundheitsstörung vorliege. Hingegen sei ein somatischer Gesundheitsschaden ausgewiesen, der sich auf seine Arbeitsfähigkeit auswirke. Das Zentrum C.________ habe festgestellt, dass ihm die bisherige Tätigkeit als Küchenmitarbeiter und Schichtleiter im Restaurant - begründet durch die vermehrten Pausen und die dadurch verursachte Leistungsminderung - nur noch zu 75 % zumutbar sei; nach Absolvierung einer Rehabilitation (spätestens ab 1. September 2020) sei diese wieder zu 100 % möglich. In einer angepassten Tätigkeit (körperlich leichte Tätigkeit ohne vorgeneigtes Stehen oder Arbeiten über Kopf, ohne Verharren in verdrehter oder geneigter Zwangshaltung, ohne langes Stehen am Ort und ohne häufiges Treppen- oder Leitersteigen) sei der Beschwerdeführer dagegen vollumfänglich arbeitsfähig. Diese Einschätzung stimme im Wesentlichen auch mit derjenigen des Dr. med. F.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie, Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD) der IV-Stelle, vom 16. Dezember 2020 überein. An den überzeugenden Beurteilungen des Zentrums C.________ und des RAD vermöchten die Einwände des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Bei einer 100%igen Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit, bei der vorliegend mit gleichen Verdienstmöglichkeiten zu rechnen sei wie in der angestammten Tätigkeit als Schichtleiter in einem Restaurant, erübrige sich ein Einkommensvergleich und bestehe kein Rentenanspruch. Ebenso wenig bestehe ein Anspruch auf berufliche Massnahmen. Für die Stellensuche sei der Beschwerdeführer auf die Beratung durch die Arbeitslosenversicherung verwiesen, da keine spezifischen gesundheitlichen Einschränkungen vorlägen. 
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, er sei seit 2011 immer wieder krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Letztmals habe er sich am 13. Februar 2020 (richtig: 14. Mai 2020) wegen dem bekanntem Rückenleiden bei der IV-Stelle anmelden müssen. Die Diagnosen, die einen bleibenden Einfluss auf seine Arbeitsfähigkeit hätten, seien gemäss dem angefochtenen Urteil unbestritten. Die Einschätzung des Zentrums C.________ vom 25. Juni 2020 sei gut gemeint gewesen, weise aber keinen Bezug zur Realität auf. Gemäss den Fachbehandlerinnen seien seine funktionellen Einschränkungen den bekannten Rückenleiden geschuldet, die sich im Sitzen und Liegen zeigten. Seine Tätigkeit als Koch und Leiter Produktion verlange Stehen, Gehen und Sitzen. Die Schmerzzunahme im Sitzen und Liegen bestehe auch bei zumutbaren Verweisungstätigkeiten und könne nicht mit einer ausgeweiteten Pausendauer von 2,5 Stunden pro Tag kompensiert werden. Die IV-Stelle habe sich ausschliesslich auf die Ausführungen im Gutachten der Dres. med. D.________ und E.________ vom 12. Juli 2020 gestützt und keine eigenen medizinischen Abklärungen vorgenommen. Seine bekannten Funktionseinschränkungen würden seit 2011 eng und professionell behandelt. Die IV-Stelle habe seine Anträge auf berufliche Integrationsmassnahmen abgelehnt. In seinem Fall hätten ein Casemanagement sowie Einarbeitungszuschüsse für den Arbeitgeber erheblich zur beruflichen Integration beitragen können bzw. würden diese Massnahmen den laufenden Integrationsprozess erheblich erleichtern und unterstützen. Da er seit Februar 2020 mindestens zu 40 % arbeitsunfähig sei, habe er Anspruch auf wenigstens eine Viertelsrente.  
 
4.2. Soweit sich der Beschwerdeführer auf die bei ihm gestellten Diagnosen beruft, ist dem entgegenzuhalten, dass es für die Bestimmung des Rentenanspruchs grundsätzlich unbesehen der Diagnose und der Ätiologie massgebend ist, ob und in welchem Ausmass eine Beeinträchtigung der Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit vorliegt (BGE 143 V 409 E. 4.2.1; Urteil 8C_689/2021 vom 3. Februar 2022 E. 6.1).  
 
4.3. Die Vorinstanz hat eingehend und schlüssig dargelegt, weshalb die Berichte des Zentrums C.________ vom 25. Juni 2020 sowie der Dres. med. D.________ und E.________ vom 12. Juli 2020 und die Stellungnahme des RAD-Arztes F.________ vom 16. Dezember 2020 voll beweiswertig seien (vgl. E. 3 hiervor). Damit setzt sich der Beschwerdeführer nicht substanziiert auseinander. Er gibt im Wesentlichen die eigene Sichtweise wieder, wie die medizinischen Akten zu würdigen und welche Schlüsse daraus zu ziehen seien. Dies genügt nicht, um die vorinstanzliche Schlussfolgerung, wonach er in angepassten Tätigkeiten zu 100 % arbeitsfähig sei, in tatsächlicher Hinsicht als offensichtlich unrichtig oder anderweitig als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen (vgl. nicht publ. E. 6.3 des Urteils BGE 141 V 25, veröffentlicht in: SVR 2015 KV Nr. 8 S. 29, 9C_535/2014; Urteil 8C_787/2021 vom 23. März 2022 E. 14.2).  
 
4.4. Der Beschwerdeführer beruft sich weiter - wie bereits vorinstanzlich - auf seine ab 1. April 2021 wieder aufgenommene Arbeit als Koch, die er allerdings nur mit einem reduzierten Pensum ausüben könne.  
Dieses Vorbringen ist ebenfalls unbeheflich. Denn abgesehen davon, dass die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers in einer leidensangepassten Tätigkeit massgebend ist, betrifft es zum einen den für die Beurteilung nicht massgebenden Zeitraum nach dem Verfügungserlass vom 19. Februar 2021 (vgl. BGE 144 V 224 E. 6.1.1). Zum anderen enthält es teilweise unechte Noven, die unzulässig sind, da der Beschwerdeführer nicht aufzeigt, dass ihm das Vorbringen der entsprechenden Tatsachen im vorinstanzlichen Verfahren trotz hinreichender Sorgfalt prozessual unmöglich bzw. objektiv unzumutbar war (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 143 V 19 E. 1.2; Urteil 8C_582/2021 vom 11. Januar 2022 E. 7.1). Soweit diese Ausführungen zudem nach dem angefochtenen Urteil vom 18. März 2022 entstandene Tatsachen beschlagen, handelt es sich um unzulässige echte Noven (BGE 143 V 19 E. 1.2). 
 
4.5. Da von weiteren medizinischen Abklärungen nach willkürfreier Würdigung keine entscheidrelevanten Resultate zu erwarten waren, durfte die Vorinstanz davon absehen. Dies verstösst weder gegen den Untersuchungsgrundsatz noch gegen die Ansprüche auf freie Beweiswürdigung sowie Beweisabnahme (Art. 61 lit. c ATSG) und rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV; antizipierte Beweiswürdigung; BGE 144 V 361 E. 6.5; Urteil 8C_156/2022 vom 29. Juni 2022 E. 5.2.4).  
 
5.  
Gegen den vorinstanzlichen Schluss, dass der Beschwerdeführer aufgrund der festgestellten Arbeitsfähigkeit keinen Anspruch auf eine Rente und auf berufliche Massnahmen habe, bringt er ebenfalls keine substanziierten Einwände vor, weshalb es damit ohne Weiterungen sein Bewenden hat. 
 
6.  
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, IV. Kammer, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 7. September 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar