Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2D_30/2022  
 
 
Urteil vom 7. Oktober 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Steuerverwaltung des Kantons Bern, 
Brünnenstrasse 66, 3018 Bern. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern sowie 
direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2020, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Bern vom 30. August 2022 
(100.2022.271/272U). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
A.________ (nachfolgend: der Steuerpflichtige) hat steuerrechtlichen Wohnsitz in U.________, Einwohnergemeinde V._______/BE. Zur Steuerperiode 2020 liegen rechtskräftige Veranlagungsverfügungen (Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern sowie direkte Bundessteuer) vor. Wie aus den Umständen hervorgeht, ersuchte der Steuerpflichtige in der Folge um Erlass der offenen Steuern aus dieser Steuerperiode, was vor den Verwaltungsbehörden erfolglos blieb. 
Aus diesem Grund erhob der Steuerpflichtige Rechtsmittel an die Steuerrekurskommission des Kantons Bern, wobei er auch um die Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege ersuchte. Die Steuerrekurskommission wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege mit Verfügung vom 19. Juli 2022 ab, was sie damit begründete, dass der Steuerpflichtige "massiv verschuldet" sei. Die in der Hauptsache gestellten Begehren seien daher aussichtlos, sodass für die unentgeltliche Rechtspflege - ohne dass die Prozessarmut zu prüfen wäre - kein Raum bleibe. 
Dagegen gelangte der Steuerpflichtige an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, das auf die Beschwerde vom 21. August 2022 mit einzelrichterlichem Entscheid vom 30. August 2022 in der Sache 100.2022.271 / 100.2022.272 nicht eintrat. Das Verwaltungsgericht erwog, der Steuerpflichtige setze sich in seiner Eingabe nur kurz mit seinen finanziellen Verhältnissen auseinander. Auf die alleine streitige Frage, ob die in der Hauptsache gestellten Anträge aussichtsreich oder aussichtslos seien, gehe er mit keinem Wort ein. Die Beschwerde erweise sich als offensichtlich unzulässig, weshalb darauf nicht einzutreten sei. 
 
2.  
Mit Eingabe vom 26. September 2022 (Poststempel: 30. September 2022) ersucht der Steuerpflichtige das Bundesgericht sinngemäss um die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege für das vorinstanzliche Verfahren. Er macht geltend, seinem Grundbedarf von Fr. 3'069.-- stehe ein Einkommen von Fr. 3'019.50 gegenüber, weshalb er "ohne regelmässige Hilfe von Freunden und Familie (Lebensmittelspenden oder Übernahme von anderen Kosten) gar nicht mehr existieren" könnte. Ab dem 1. Dezember 2022 werde er in die "Überbrückungsrente verschoben". Um der "Produktion weiterer Schuldscheine" vorzugreifen, beschreite er den Rechtsweg. 
Das Bundesgericht hat von Instruktionsmassnahmen, insbesondere von einem Schriftenwechsel gemäss Art. 102 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG; SR 173.100), abgesehen. 
 
3.  
Es stellt sich die Frage nach der grundsätzlichen Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde. 
 
3.1. Wenn bloss über einen prozessualen Nebenaspekt entschieden (Ausstand, unentgeltliche Rechtspflege, aufschiebende Wirkung usw.) und lediglich diesbezüglich ein Rechtsmittel ergriffen worden war, handelt es sich beim Entscheid der Rechtsmittelbehörde grundsätzlich um einen Zwischenentscheid, da die Hauptsache weiterhin unentschieden ist. Bei einem Zwischenentscheid bleibt es auch, wenn die Rechtsmittelbehörde auf die Beschwerde gegen den Nebenaspekt nicht eintritt, da die Hauptsache weiterhin offen ist (Einheit des Verfahrens; BGE 138 III 46 E. 1.2; Urteil 2C_596/2021 vom 29. Juli 2021 E. 2.2.1).  
 
3.2. Zwischenentscheide, mit denen die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wird, entfalten einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, sofern sie die gesuchstellende Person zur Leistung eines Kostenvorschusses auffordern und ihr androhen, bei Säumnis auf das Rechtsmittel nicht einzutreten (BGE 142 III 798 E. 2.3.1; Urteil 4A_497/2020 vom 19. Oktober 2021 E. 1.1.1, nicht publ. in: BGE 147 III 529). Dies ist hier der Fall. Der Zwischenentscheid ist selbständig anfechtbar.  
 
3.3. Der angefochtene Entscheid hat die Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege zum Gegenstand. Da es in der Hauptsache um den Erlass von Staats- und Gemeindesteuern bzw. der direkten Bundessteuer geht und der Steuerpflichtige keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung oder aus anderen Gründen einen besonders bedeutenden Fall geltend macht (Art. 42 Abs. 2 BGG), entfällt die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 83 lit. m BGG). Zu prüfen bleiben die Voraussetzungen der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG). Aufgrund von Art. 117 BGG gilt Art. 93 BGG für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde sinngemäss.  
 
3.4. Mit einer subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte gerügt werden (Art. 116 BGG; BGE 146 I 195 E. 1.2.1; 142 II 259 E. 4.2). Streitig kann im bundesgerichtlichen Verfahren aber nur sein, was die Vorinstanz überhaupt entschieden hat bzw. zu entscheiden gehabt hätte (Art. 99 Abs. 2 BGG; BGE 143 V 19 E. 1.1). Alles Andere liegt ausserhalb des Streitgegenstandes.  
 
4.  
 
4.1. Nach Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (BGE 144 IV 299 E. 2.1). Die Tatbestandselemente "Prozessarmut" und "Prozessaussichten" verstehen sich kumulativ (auch dazu BGE 144 IV 299 E. 2.1). Die Steuerrekurskommission hat sich auf die Prüfung der Prozessaussichten beschränkt (und diese verneint), worauf der Steuerpflichtige im vorinstanzlichen Verfahren lediglich mit seiner Prozessarmut argumentierte. Gemäss dem Verwaltungsgericht gingen seine Vorbringen offenkundig am Kern der Sache vorbei, konnte doch im vorinstanzlichen Verfahren nur das Tatbestandselement der Prozessaussichten streitig sein. Aus diesem Grund ist die Vorinstanz auf die Sache nicht eingetreten. Dies fixiert wiederum den Streitgegenstand vor Bundesgericht.  
 
4.2. Auch im bundesgerichtlichen Verfahren äussert der Steuerpflichtige sich aber nur zur angeblich bestehenden Prozessarmut. Er übersieht damit abermals den Streitgegenstand. Damit wird die Eingabe an das Bundesgericht den gesetzlichen Voraussetzungen offenkundig nicht gerecht, selbst wenn berücksichtigt wird, dass es sich um eine Laienbeschwerde handelt, weswegen die formellen Anforderungen praxisgemäss niedriger angesetzt werden (Urteil 2C_715/2022 vom 21. September 2022 E. 2.3.1).  
 
4.3. Mangels hinreichender Begründung ist auf die Beschwerde gegen den hier selbständig anfechtbaren Zwischenentscheid (Art. 117 in Verbindung mit Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) nicht einzutreten, was durch einzelrichterlichen Entscheid der Abteilungspräsidentin im vereinfachten Verfahren zu geschehen hat (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
5.  
Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens grundsätzlich dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Von der Kostenverlegung kann hier abgesehen werden (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Dem Kanton Bern ist keine Entschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und der Eidgenössischen Steuerverwaltung mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Oktober 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher