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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_609/2018  
 
 
Urteil vom 8. August 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________, 
2. B.A.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch 
E.________, Rechtsanwalt, und F.________, MLaw, 
 
gegen  
 
Steuerverwaltung des Kantons Thurgau, Schlossmühlestrasse 9, 8510 Frauenfeld Kant. Verwaltung, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau 
und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2015, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau 
vom 6. Juni 2018 (VG.2018.43/E). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Eheleute A.A.________ und B.A.________ geb. C.________ haben steuerrechtlichen Wohnsitz in U.________/TG. In der Steuerperiode 2015 nahmen sie an ihrem Einfamilienhaus Unterhaltsarbeiten vor, die sie in der Steuererklärung zum Abzug brachten. Die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau (KSTV/TG) rechnete die Unterhaltskosten teilweise auf, was die Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 12. März 2018 bestätigte. Die Steuerpflichtigen liessen am 16. April 2018, dem letzten Tag der Rechtsmittelfrist, vertreten durch die D.________ AG, beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau ein Gesuch um Wiederherstellung der Frist zur Einreichung der Beschwerde stellen. Das Schreiben wurde durch MLaw F.________, dipl. Steuerexpertin, unterzeichnet und äusserte sich namentlich zum Gesundheitszustand der Unterzeichneten, die seit dem 6. März 2018 "vollständig krankgeschrieben" sei. Eine Beschwerde werde, so die Vertreterin, nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachgereicht.  
 
1.2. Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau machte die Steuerpflichtigen am 24. April 2018 darauf aufmerksam, dass die berufsmässige Verbeiständung und Vertretung vor dem Verwaltungsgericht gemäss § 9 Abs. 3 des Gesetzes (des Kantons Thurgau) vom 23. Februar 1981 über die Verwaltungsrechtspflege (VRG/TG; RB 170.1) den nach dem Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (BGFA; SR 935.61) zugelassenen Anwältinnen und Anwälten vorbehalten sei. Die D.________ AG und F.________ erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Das Verwaltungsgericht setzte den Steuerpflichtigen eine Nachfrist von zehn Tagen (§ 62 i.V.m. § 46 Abs. 1 VRG/TG), um eine ausformulierte Beschwerde und ein rechtsgültiges Fristwiederherstellungsgesuch einzureichen. Beides sei entweder eigenhändig durch die Steuerpflichtigen oder durch eine Anwältin oder einen Anwalt zu unterzeichnen.  
 
1.3. Mit Eingabe vom 7. Mai 2018, welche F.________ sowohl für sich selber als auch in Vertretung von Rechtsanwalt E.________ unterschrieb, liessen die Steuerpflichtigen beantragen, die Unterhaltskosten (Renovation des Badezimmers und Anschaffung eines Rasenroboters) seien vollumfänglich zum Abzug zuzulassen. Mit Entscheid VG.2018.43/E vom 6. Juni 2018 erkannte das Verwaltungsgericht, auf die Beschwerde vom 7. Mai 2018 und das Fristwiederherstellungsgesuch vom 16. April 2018 sei nicht einzutreten. Die Eingabe vom 7. Mai 2018 enthalte kein Fristwiederherstellungsgesuch und sei, wie die Eingabe vom 16. April 2018, nicht rechtsgültig unterzeichnet. Da F.________ zur berufsmässigen Vertretung vor Verwaltungsgericht nicht befugt sei, könne ihr Gesundheitszustand ohnehin keine Rolle spielen. Zudem sei aber auch eine Handlungsunfähigkeit von F.________ nicht dargelegt.  
 
1.4. Am 13. Juli 2018 (Poststempel) erheben die Steuerpflichtigen, vertreten durch RA E.________ und MLaw F.________, beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, auf die Beschwerde vom 7. Mai 2018 materiell einzutreten, eventualiter sei sie anzuweisen, den Steuerpflichtigen eine Nachfrist zur Verbesserung der Beschwerde anzusetzen.  
 
1.5. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR 173.110]).  
 
I. Prozessuales  
 
2.  
 
2.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sind unter Vorbehalt des Nachfolgenden gegeben (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 93 Abs. 1 lit. a und Art. 100 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 146 DBG [SR 642.11] und Art. 73 StHG [SR 642.14]).  
 
2.2. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 143 V 19 E. 2.3 S. 23 f.) und mit uneingeschränkter (voller) Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236).  
 
2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil grundsätzlich den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 143 IV 500 E. 1.1 S. 503).  
 
II. Direkte Bundessteuer  
 
3.  
 
3.1. Angefochten ist ein Nichteintretensentscheid. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz bundesrechtskonform auf das Fristwiederherstellungsgesuch und die Beschwerde nicht eingetreten sei (Art. 99 Abs. 2 BGG; BGE 143 V 19 E. 1.1 S. 22). Massgebend hierfür sind bundessteuerlich die Art. 133 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 140 Abs. 4 und Art. 145 Abs. 2 DBG. Danach ist die Wiedereinsetzung in den früheren Stand (nur) anzuordnen, wenn die steuerpflichtige Person einerseits nachweist, dass sie durch Militär- oder Zivildienst, Krankheit, Landesabwesenheit oder andere erhebliche Gründe an der rechtzei-tigen Einreichung verhindert war (  materielle Voraussetzung) und anderseits das Rechtsmittel innert 30 Tagen nach Wegfall der Hinderungsgründe eingereicht wurde (  formelle Voraussetzung; ausführlich dazu Urteil 2C_987/2017 vom 7. Dezember 2017 E. 3.2 mit Hinweisen).  
 
3.2. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG; vorne E. 2.3) liessen die Steuerpflichtigen am 16. April 2018, dem letzten Tag der Beschwerdefrist, ein Fristwiederherstellungsgesuch, nicht jedoch eine Beschwerdeschrift einreichen. Wenn die Steuerpflichtigen den Sachverhalt im bundesgerichtlichen Verfahren dahingehend würdigen lassen, dass das Verwaltungsgericht "auf das unbestrittene, rechtzeitig erhobene, aber dennoch mangelhafte Rechtsmittel vom 16. April 2018 zweifellos eingetreten" sei (Beschwerde, Ziff. 16), so findet dies in den vorinstanzlichen Feststellungen daher keinerlei Grundlage. Gegenteils erklärten die Steuerpflichtigen damals, die Beschwerde werde nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachgereicht (vorne E. 1.1). Entsprechend lässt sich heute auch nicht mit Fug sagen, in der Verfügung vom 24. April 2018 seien "die Mängel der Beschwerde gerügt [worden], was korrekt ist, nicht aber sind die Voraussetzungen einer Fristwiederherstellung zu prüfen, war die Frist ja eingehalten und gerade nicht verstrichen" (Beschwerde, Ziff. 13). Das Gegenteil ist der Fall: So wurden die Steuerpflichtigen am 24. April 2018 vielmehr aufgefordert, eine ausformulierte Beschwerde  undein rechtsgültiges Fristwiederherstellungsgesuch nachzureichen, ansonsten auf die Sache nicht eingetreten werde (vorne E. 1.2). Ein begründetes Gesuch um Wiedereinsetzung in den früheren Stand blieben die Steuerpflichtigen indes schuldig (vorne E. 1.3), was nicht dadurch geheilt werden kann, dass sie immerhin materiellrechtliche Ausführungen machten.  
 
3.3. Tatsache ist, dass die Steuerpflichtigen in der Eingabe vom 7. Mai 2018 auch nicht ansatzweise aufzeigten, weshalb es ihnen entschuldbar verunmöglicht gewesen sein soll, innert Frist tätig zu werden und beispielsweise eine andere Vertretung beizuziehen oder selber tätig zu werden. Die Steuerpflichtigen bestätigen im bundesgerichtlichen Verfahren, dass die Vertreterin bereits am 25. März 2018 aus dem Spital ausgetreten sei. Dennoch reagierte diese erst am 16. April 2018, also mit einer Verzögerung von rund drei Wochen. Eine nachvollziehbare Begründung für diese auffallend lange Passivität fehlt, zumal sich in der Sache keinerlei unüberwindbaren Probleme stellten (Unterhalt eines Einfamilienhauses) und eine Überweisung an eine andere Fachperson mühelos möglich gewesen wäre.  
 
3.4. Die Vorinstanz durfte daher bundesrechtskonform erwägen, auf die Sache sei nicht einzutreten (angefochtener Entscheid E. 2), zumal ohnehin kein Grund für die Wiedereinsetzung in den früheren Stand bestanden habe (angefochtener Entscheid E. 3). Wie es sich mit dem Anwaltsmonopol und der Begründetheit der Beschwerde vom 7. Mai 2018 verhält, kann unter diesen Umständen offenbleiben. Die Beschwerde erweist sich ohnehin als offensichtlich unbegründet, weshalb sie abzuweisen ist. Dies kann im vereinfachten Verfahren geschehen (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG).  
 
III. Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau  
 
4.  
Dem harmonisierten Steuerrecht der Kantone und Gemeinden lässt sich zur Fristwiederherstellung keine eigenständige Bestimmung entnehmen. Entsprechend ist das rein kantonale Recht massgebend. Das Gesetz (des Kantons Thurgau) vom 14. September 1992 über die Staats- und Gemeindesteuern (StG/TG; RB 640.1) sieht in § 164 Abs. 3 in Verbindung mit § 175 Abs. 3 und § 176 Abs. 3 eine Regelung vor, welche der direkten Bundessteuer entspricht (Urteil 2C_987/2017 vom 7. Dezember 2017 E. 4). Es kann daher in allen Teilen auf die Ausführungen zur direkten Bundessteuer verwiesen werden. 
 
IV. Kosten und Entschädigung  
 
5.  
Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens den Steuerpflichtigen aufzuerlegen (Art. 65 in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG), wofür die Eheleute zu gleichen Teilen solidarisch haften (Art. 66 Abs. 5 BGG). Dem Kanton Thurgau, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2015, wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau, Steuerperiode 2015, wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. Sie tragen ihren Anteil zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. August 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher