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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_678/2019  
 
 
Urteil vom 10. März 2020  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Muschietti, 
Bundesrichterin Koch, 
Gerichtsschreiber Held. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Strafzumessung (Hehlerei, geringfügige Vermögensdelikte), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Dreiergericht, vom 17. April 2019 (SB.2017.42). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ kaufte als Geschäftsführer der B.________ AG vom damals knapp 15-jährigen C.________ am 15. August 2014 ein von diesem gefundenes iPhone 5 für Fr. 200.-. Nachdem eine Kundin, der er das iPhone als Ersatzgerät zur Verfügung gestellt hatte, darauf hinwies, dass auf dem Display des Telefons angezeigt werde, es sei verloren oder gestohlen, gab A.________ das Gerät gegen Rückerstattung der gezahlten Fr. 200.- an C.________ oder dessen Vater zurück. 
Das Einzelgericht in Strafsachen des Kantons Basel-Stadt verurteilte A.________ am 17. Januar 2017 wegen Hehlerei zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 60.- sowie einer Busse von Fr. 300.- respektive einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse. 
 
B.   
Das Appellationsgericht des Kantons-Basel Stadt bestätigte am 1. November 2017 im schriftlichen Berufungsverfahren den Schuldspruch wegen Hehlerei und reduzierte die Anzahl der Tagessätze auf 17 sowie die Busse auf Fr. 180.- respektive eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse. 
Die hiegegen von A.________ erhobene Beschwerde in Strafsachen hiess das Bundesgericht am 23. November 2018 (Urteil 6B_1418/2017) wegen prozessualer Fehler gut und wies die Sache zur neuen Beurteilung an das Appellationsgericht zurück. 
 
C.   
Mit Urteil vom 17. April 2019 verurteilte das Appellationsgericht A.________ erneut wegen Hehlerei zu einer bedingten Geldstrafe von 17 Tagessätzen zu Fr. 60.- und einer Busse von Fr. 180.- respektive zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse. 
 
D.   
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt sinngemäss, die bedingte Geldstrafe von 17 Tagessätzen sei aufzuheben und er sei vom Kanton Basel-Stadt angemessen zu entschädigen. 
Das Appellationsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung und beantragt unter Verweis auf das angefochtene Urteil die Abweisung der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt hat auf die Einladung zur Vernehmlassung nicht reagiert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt sinngemäss eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung sowie eine falsche Anwendung von Art. 160 Ziff. 1 und Art. 172ter StGB.  
Die Vorinstanz verletzte Bundesrecht, da sie die Voraussetzungen von Art. 172ter StGB zu Unrecht verneine. Entgegen der Ausführungen der Vorinstanz sei das iPhone 5 zum "Tatzeitpunkt" weniger als Fr. 300.- wert gewesen. Das von der Vorinstanz zur Wertbestimmung als Referenz herangezogene iPhone 6s sei damals bereits als Neugerät mit Garantie für unter Fr. 350.- verkauft worden. Zudem gehe die Vorinstanz von einem iPhone mit Zubehör und Garantie sowie ohne Aktivierungssperre aus. Dies sei falsch, da das vom jugendlichen Verkäufer erworbene Gerät gesperrt war und weder Zubehör noch eine Garantie hatte, weshalb der Marktpreis nicht über Fr. 300.- liegen könne. Nicht nachvollziehbar sei, warum die Vorinstanz zur Wertbestimmung auf Preise im europäischen Raum/Ausland abstelle, anstatt diese an den in der Schweiz gängigen (niedrigeren) Preisen zu ermitteln. Art. 172ter StGB sehe als Sanktion lediglich Bussen vor, weshalb die bedingte Geldstrafe aufzuheben sei. 
 
1.2. Die Vorinstanz erwägt, es sei zweifelhaft, ob dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Erwerbs des Smartphones mit hinreichender Sicherheit ein (Eventual-) Vorsatz auf Hehlerei nachzuweisen sei. Der Beschwerdeführer habe jedoch durch den Rückverkauf des zuvor (gutgläubig) erworbenen iPhones 5, nachdem er Kenntnis von dessen deliktischer Herkunft erlangt hatte, eine Hehlereihandlung im Sinne von Art. 160 StGB begangen. Infolge der Rückveräusserung sei die rechtswidrige Besitzlage perpetuiert und die Rückgabe des Geräts an die rechtmässige Eigentümerin erschwert worden.  
Hinsichtlich des Wertes des iPhones führt die Vorinstanz aus, das Modell 5 sei im September 2012 u.a. in der Schweiz als sechstes iPhone-Modell mit Kapazitäten von 16, 32 und 64 GB eingeführt worden und sei zur Tatzeit mit einem Alter von knapp zwei Jahren noch recht aktuell gewesen. Es sei daher auf dem heutigen Markt (d.h. im Zeitpunkt der Urteilsfällung) mit dem iPhone 6s vergleichbar. Für ein entsprechendes gebrauchtes und intaktes Gerät aus dem europäischen Raum mit 32 - 64 GB, mithin einer aus aktueller Sicht mittleren Speicherkapazität, würden auf ebay durchschnittlich Preise zwischen Fr. 450. - bis Fr. 500. - erzielt, wohingegen das Preissegment auf ricardo.ch tiefer, aber ebenfalls regelmässig über Fr. 300.- liege. Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer das iPhone für Fr. 200.- erworben habe und als Händler von einer vernünftigen Gewinnmarge abhängig sei, sei für die Tatzeit von einem erzielbaren Marktwert von über Fr. 300.- auszugehen. 
 
1.3. Wegen Hehlerei wird gemäss Art. 160 Ziff. 1 Abs. 1 StGB bestraft, wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft.  
Richtet sich eine strafbare Handlung gegen das Vermögen nur auf einen geringen Vermögenswert oder auf einen geringen Schaden, so wird der Täter, auf Antrag, mit Busse bestraft (Art. 172ter Abs. 1 StGB). 
 
1.4. Vorliegend ist zu prüfen, ob die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Hehlerei ein geringfügiges Vermögensdelikt darstellt.  
 
1.4.1. Art. 172ter StGB ist ein privilegierender Tatbestand, der Vergehen oder Verbrechen (z.B. Diebstahl, Art. 139 StGB) bei Geringfügigkeit rechtlich zur Übertretung herabstuft und deren Verfolgung überdies an das Strafantragserfordernis (Art. 30- 33 StGB) knüpft. Die Norm ist eine Mussvorschrift; sind die Voraussetzungen erfüllt, ist sie zwingend anzuwenden (vgl. Philippe Weissenberger, in: Basler Kommentar, Strafrecht II, 4. Aufl. 2019, N. 4 zu Art. 160 StGB). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt die Grenze des geringen Schadens im Sinne von Art. 172ter Abs. 1 StGB seit 25 Jahren schweizweit unabhängig von der Person und den Verhältnissen des jeweiligen Opfers unverändert bei Fr. 300.- (BGE 142 IV 129 E. 3.1; 140 II 520 E. 5.2.4; Urteil 6B_793/2019 vom 12. September 2019; krit.: Peter Albrecht, Bemerkungen zum Tatbestand der geringfügigen Vermögensdelikte gemäss Art. 172ter StGB, in: Le droit pénal et ses liens avec les autres branches du droit, Mélanges en l'honneur du Professeur Jean Gauthier, ZStrR 114/1995, S. 141 ff., 145 ff.; Yvan Jeanneret, Commentaire romand, Code pénal, Bd II, 2017, N. 12 zu Art. 172ter StGB; Trechsel/Crameri, in: Trechsel/Pieth, Schweizerisches Strafgesetzbuch Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N. 2 zu Art. 172ter StGB).  
 
1.4.2. Die vom Beschwerdeführer gegen die vorinstanzlichen Erwägungen zum Wert des iPhones 5 zum Tatzeitpunkt erhobenen Rügen sind nicht von der Hand zu weisen. So erschliesst sich nicht, warum die Vorinstanz zur Wertbestimmung des iPhones in erster Linie Verkaufspreise respektive -angebote aus dem benachbarten Ausland heranzieht, obwohl sie selbst einräumt, dass diese signifikant höher als diejenigen aus der Schweiz sind. Bedenklich erscheint zudem, dass es sich bei den von der Vorinstanz bemühten Vergleichszahlen um Preise/Angebote für ein neueres, wesentlich leistungsstärkeres iPhone-Modell ohne Aktivierungssperre handelt. Ob die von der Vorinstanz herangezogenen Parameter zur Wertermittlung des iPhones geeignet sind, erscheint zweifelhaft, kann aber vorliegend offenbleiben.  
Die Vorinstanz übersieht, dass für das Vorliegen der Privilegierung gemäss Art. 172ter StGB der Vorsatz des Täters und nicht der eingetretene Erfolg entscheidend ist. Aus der subjektiven Konzeption von Art. 172ter StGB und seinem Sinn und Zweck ergibt sich, dass seine Anwendung auf Bagatelldelinquenz gerichtete Taten einzugrenzen ist. Bei Fehlvorstellungen über den Wert der angeeigneten Sache oder das Ausmass des Schadens sind die Vorstellung des Täters und sein Tatvorsatz massgebend (BGE 136 IV 117 E. 4 [e contrario]; 123 IV 113 E. 3 f; Urteile 6B_793/2019 vom 12. September 2019 E. 1.3; 6B_651/2018 vom 17. Oktober 2018 E. 2.3.2; Peter Albrecht, a.a.O., S. 137 ff., 148 f., Gunther Arzt, Geringfügige Vermögensdelike, recht 1998, S. 225 ff., 230; Trechsel/Crameri, a.a.O., N. 6 zu Art. 172ter StGB). Der Beschwerdeführer wusste im Moment der ihm vorgeworfenen Hehlereihandlung des Rückverkaufs, dass das iPhone 5 gesperrt und für ihn somit nicht zu veräussern, mithin wertlos war. Selbst wenn man dem Mobiltelefon den Wert des ursprünglichen Ankaufspreises (bei dem der Beschwerdeführer jedoch von einem ungesperrten Gerät ausging) zugrunde legen würde, wäre die Grenze für den geringen Vermögenswert nach der Vorstellung des Beschwerdeführers nicht erreicht. Mithin hat die Vorinstanz die Voraussetzungen von Art. 172 ter StGB zu Unrecht verneint. Die Beschwerde erweist sich demnach als begründet.  
 
2.   
Die Beschwerde wird in der Sache gutgeheissen. Der anwaltlich nicht vertretene Beschwerdeführer macht keine persönlichen Aufwendungen geltend und hat keinen Anspruch auf Entschädigung nach dem Anwaltstarif, weshalb sein Entschädigungsbegehren für das bundesgerichtliche Verfahren abzuweisen ist (vgl. BGE 133 III 439 E. 4 mit Hinweis). Bei diesem Verfahrensausgang rechtfertigt es sich, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 17. April 2019 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an das Appellationsgericht zurückgewiesen. In Bezug auf das Entschädigungsbegehren wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.   
Es werde keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Dreiergericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. März 2020 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Held