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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1C_222/2020  
 
 
Urteil vom 10. Juni 2020  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, Präsident, 
Bundesrichter Fonjallaz, Haag, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________, 
2. B.A.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Franco Masina, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Justiz, 
Fachbereich Rechtshilfe I. 
 
Gegenstand 
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen 
an die Ukraine; Beschlagnahme, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, vom 23. April 2020 (RR.2019.346-347). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die ukrainischen Behörden führen eine Strafuntersuchung gegen A.A.________ und B.A.________ wegen diversen Vermögens- und Amtsdelikten und Geldwäscherei. Die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine ersuchte die Schweiz am 11. Februar und 14. Juli 2015 bzw. 2. März 2016 um internationale Rechtshilfe, namentlich um Herausgabe von Bankunterlagen zu zwei Konten der Beschuldigten bei einer Bank sowie um Sperrung dieser Konten. Mit Eintretens- und Zwischenverfügungen vom 9. April 2015 und 21. April 2016 ordnete das Bundesamt für Justiz (BJ) die vorläufige Sperrung der Konten an. Den betreffenden Vollzug des Ersuchens übertrug das BJ an die Bundesanwaltschaft (BA). 
 
B.   
Mit Schlussverfügung vom 6. Juni 2016 bewilligte das BJ die rechtshilfeweise Herausgabe der edierten Bankunterlagen (für den Zeitraum vom 1. März 2009 bis 3. Mai 2016) zu einem der beiden Konten an die ersuchende Behörde. In einer separaten Schlussverfügung gleichen Datums erlaubte das BJ die analoge Rechtshilfe (für Unterlagen über den Zeitraum vom 1. März 2010 bis 13. April 2016) beim zweiten betroffenen Konto. Gleichzeitig verfügte das BJ die provisorische Weiterdauer der Kontensperren. Die Schlussverfügungen vom 6. Juni 2016 sind in Rechtskraft erwachsen. Die rechtshilfeweise Herausgabe von Kontenunterlagen wurde am 2. August 2016 vollzogen. 
 
C.   
Am 7. Dezember 2018 stellte A.A.________ beim BJ den Antrag auf "Wiedererwägung" bzw. Aufhebung der ihn betreffenden Kontensperre. Das BJ teilte ihm am 8. Februar 2019 mit, es habe die ersuchende Behörde (im Januar 2018) aufgefordert, dem BJ innert drei Monaten sachdienliche Informationen zukommen zu lassen. Am 15. Mai 2019 stellte B.A.________ beim BJ einen analogen Antrag zu der ihn betreffenden Kontensperre; gleichzeitig ersuchte er um Zustellung des diesbezüglichen Antwortschreibens der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft. 
 
D.   
Mit Schreiben vom 13. Juni 2019 teilte das BJ den Beschuldigten mit, dass es ihren Gesuchen um Aufhebung der Kontensperren (derzeit) nicht stattgeben könne. Gleichzeitig übermittelte es ihnen die Stellungnahmen der ersuchenden Behörde vom 15. Februar bzw. 22. April 2019. Am 20. Juni 2019 ersuchten die Beschuldigten das BJ um Erlass einer anfechtbaren Verfügung. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2019 hielt die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft an ihren Ersuchen bzw. an der Fortsetzung der Beschlagnahmen fest. Am 15. November 2019 teilte das BJ den Beschuldigten mit, dass es an der Weiterdauer der (am 6. Juni 2016 rechtshilfeweise verfügten) Kontensperren festhalte. 
 
E.   
Eine von den Beschuldigten gegen die Verfügung des BJ vom 15. November 2019 erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, mit Entscheid vom 23. April 2020 ab. 
 
F.   
Gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichtes gelangten die Beschuldigten mit Beschwerde vom 4. Mai 2020 an das Bundesgericht. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und der Kontensperren. 
Das Bundesstrafgericht liess sich am 11. Mai 2020 vernehmen. Das BJ beantragt mit Stellungnahme vom 20. Mai 2020, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten. Die Beschwerdeführer replizierten am 4. Juni 2020. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Vor- und Zwischenentscheide auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen sind grundsätzlich nicht beim Bundesgericht anfechtbar (Art. 93 Abs. 2 Satz 1 BGG). Vorbehalten bleiben insbesondere Beschwerden über die Beschlagnahme von Vermögenswerten, sofern die Voraussetzungen von Artikel 93 Absatz 1 BGG erfüllt sind (Art. 93 Abs. 2 Satz 2 BGG). Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Darüber hinaus sind alle Rechtshilfeentscheide des Bundesstrafgerichtes zu Beschlagnahmesachen - sowohl betreffend Zwischenentscheide, als auch über Schlussverfügungen (Art. 84 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 80d IRSG) - nur unter den Voraussetzungen von Art. 84 BGG beim Bundesgericht anfechtbar (BGE 136 IV 20 E. 1.1-1.2 S. 22; 133 IV 215 E. 1.1 S. 217; vgl. Donatsch/Heimgartner/Meyer/Simonek, Internationale Rechtshilfe, 2. Aufl., Zürich 2015, S. 157; Marc Forster, Basler Kommentar BGG, 3. Aufl. 2018, Art. 84 N. 25; Spühler/Aemisegger/Dolge/Vock, Praxiskommentar BGG, 2. Aufl., Zürich 2013, Art. 84 N. 6; Robert Zimmermann, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 5. Aufl., Bern 2019, Rz. 546).  
 
1.2. Ein besonders bedeutender Fall liegt gemäss Artikel 84 Absatz 2 BGG "insbesondere" vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist. Das Gesetz enthält eine nicht abschliessende, nur beispielhafte Aufzählung von möglichen besonders bedeutenden Fällen. Darunter fallen nicht nur Beschwerdesachen, die Rechtsfragen von grundsätzlicher Tragweite aufwerfen, sondern überdies auch solche, die aus anderen Gründen besonders bedeutsam sind (BGE 145 IV 99 E. 1.1 S. 104 mit Hinweisen; vgl. Donatsch/Heimgartner/Meyer/Simonek, a.a.O., S. 155-157; Forster, a.a.O., Art. 84 N. 29-32d; Seiler/von Werdt/Güngerich/Oberholzer, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl., Bern 2015, Art. 84 N. 14; Spühler/Aemisegger/Dolge/Vock, a.a.O., Art. 84 N. 9).  
Artikel 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 145 IV 99 E. 1.2 S. 104 mit Hinweisen). Gerade im Bereich der sogenannten "kleinen" (akzessorischen) Rechtshilfe kann ein besonders bedeutender Fall nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich namentlich keine wichtigen bzw. erstmals zu beurteilenden Rechtsfragen, die einer Klärung durch das Bundesgericht bedürften (BGE 136 IV 20 E. 1.2 S. 22; 134 IV 156 E. 1.3.4 S. 161; vgl. Forster, a.a.O., Art. 84 N. 29; Spühler/Aemisegger/Dolge/Vock, a.a.O., Art. 84 N. 7, 10; Alain Wurzburger, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl., Bern 2014, Art. 84 N. 8). An einem besonders bedeutenden Fall bzw. an einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Tragweite fehlt es insbesondere, wenn sich der Vorwurf, die Vorinstanz sei von einer ständigen Praxis des Bundesgerichtes abgewichen, in appellatorischer Kritik an den materiellen Erwägungen des angefochtenen Entscheides erschöpft (BGE 145 IV 99 E. 1.2 S. 105 mit Hinweisen). 
 
1.3. Nach der Praxis des Bundesgerichtes kann auch die drohende Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze im schweizerischen Rechtshilfeverfahren - etwa des rechtlichen Gehörs - einen besonders bedeutenden Fall begründen. Diesbezüglich sind die Gesetzeswortlaute von Artikel 84 Absatz 2 BGG auf Deutsch und Italienisch massgeblich (BGE 145 IV 99 E. 1.3 S. 105 f.; vgl. Forster, a.a.O., Art. 84 N. 31; Wurzburger, a.a.O., Art. 84 N. 14). Das blosse pauschale Vorbringen des Rechtsuchenden, die Behörden hätten sein rechtliches Gehör oder andere elementare Verfahrensgrundsätze verletzt, lässt einen Rechtshilfefall indessen noch nicht als besonders bedeutend erscheinen. Vielmehr müssen dafür ernsthafte Anhaltspunkte objektiv vorliegen (BGE 145 IV 99 E. 1.4 S. 106 f.; 133 IV 125 E. 1.4 S. 129; je mit Hinweisen).  
 
2.   
Die Beschwerdeführer begründen das Vorliegen eines besonders bedeutenden Falles wie folgt: 
In ihren "Wiedererwägungsgesuchen" vom 7. Dezember 2018 bzw. 15. Mai 2019 hätten sie dargelegt, dass es (entgegen den Erwägungen des BJ in dessen rechtskräftigen Schlussverfügungen vom 6. Juni 2016) an einer Konnexität zwischen den gesperrten Kontenguthaben und den untersuchten Delikten fehle. Dennoch habe sich das Bundesstrafgericht im angefochtenen Entscheid (aus ihnen nicht nachvollziehbaren Gründen) ausdrücklich "geweigert", die betreffende Rüge zu prüfen. Die Beschwerdeführer rügen in diesem Zusammenhang eine formelle Rechtsverweigerung bzw. eine Gehörsverletzung. Ausserdem sei die durch die Vorinstanz erfolgte Prüfung der Verhältnismässigkeit "mangelhaft und unvollständig". Insbesondere habe das Bundesstrafgericht der Bedeutung der Eigentumsfreiheit (Art. 26 BV) zu wenig Rechnung getragen. Es stelle sich hier auch die ungeklärte Rechtsfrage von grundsätzlicher Tragweite, ob Ersatzforderungsbeschlagnahmen rechtshilfeweise überhaupt zulässig seien. 
 
3.  
 
3.1. Zur Frage der Deliktskonnexität verweist die Vorinstanz auf die Stellungnahmen des BJ (etwa dessen Beschwerdeantwort vom 7. Februar 2020), auf die "umfassende Zusammenfassung" des bisherigen vorgerichtlichen Untersuchungsverfahrens im Bericht der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft vom 24. Oktober 2019 sowie auf die einschlägigen Erwägungen in den rechtskräftigen Schlussverfügungen des BJ vom 6. Juni 2016 (vgl. angefochtener Entscheid, E. 4.4 S. 9 und E. 5.5 S. 14). Soweit die nicht vom Zeitablauf tangierten Beschlagnahmevoraussetzungen (wie beidseitige Strafbarkeit, Deliktskonnexität usw.) in den Schlussverfügungen vom 6. Juni 2016 bereits rechtskräftig bejaht wurden, seien sie nach der Praxis des Bundesstrafgerichtes nicht mehr gesondert zu prüfen (vgl. angefochtener Entscheid, E. 5.3 S. 13). Weiter prüfte die Vorinstanz ausführlich, ob die Kontensperren - angesichts ihrer unterdessen "relativ langen" Dauer - aktuell noch verhältnismässig erschienen (vgl. angefochtener Entscheid, E. 3.3 S. 6 und E. 5.2-6.3, S. 12-17).  
Bei dieser Sachlage bestehen keine objektiven Anhaltspunkte für eine formelle Rechtsverweigerung bzw. eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren. Soweit sich ihre weiteren Vorbringen im blossen Vorwurf erschöpfen, das Bundesstrafgericht sei ihren materiellen Standpunkten (betreffend Deliktskonnexität oder Verhältnismässigkeit der vorläufigen Weiterdauer von Kontensperren) nicht gefolgt, wird damit weder eine Gehörsverletzung substanziiert, noch ein besonders bedeutender Fall im Sinne der oben dargelegten Praxis begründet. 
 
3.2. Ebenso wenig hat das Bundesgericht im vorliegenden Fall Rechtsfragen von grundsätzlicher Tragweite zu prüfen:  
Die Frage, ob eine rechtshilfeweise Vermögensherausgabe zur Einziehung oder Rückerstattung (oder allenfalls zur Vollstreckung einer staatlichen Ersatzforderung) in Frage kommt, wird sich erst stellen, wenn ein entsprechendes ausländisches Strafurteil und (gestützt darauf) ein separates Ersuchen um Vermögensherausgabe (Art. 74a IRSG) oder Urteilsvollstreckung (Art. 94 IRSG) vorliegen. Darüber würden die Rechtshilfebehörden in einer separaten Schlussverfügung bzw. in einem Exequaturentscheid zu befinden haben. Gemäss den Erwägungen der Vorinstanz kannein solches ausländisches Strafurteil innert vernünftiger Zeit erwartet werden. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2019 hat auch die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft ihr Interesse an der Weiterdauer der Beschlagnahmen bekräftigt. Das Bundesstrafgericht stellt im Übrigen fest, dass sich das BJ "in regelmässigen Abständen nach dem Stand des Verfahrens erkundigt und Rück- bzw. Ergänzungsfragen gestellt" hat (angefochtener Entscheid, E. 5.5 S. 15). 
Da ein rechtshilfefähiges Strafurteil derzeit nicht als bereits zum Vornherein ausgeschlossen erscheint und noch innert vernünftiger Frist erwartet werden kann, erweist sich die vorläufige Weiterdauer der Beschlagnahmen auch nicht als offensichtlich bundesrechtswidrig ( vgl. Art. 33a IRSV i.V.m. Art. 18, Art. 74a und Art. 94 IRSG). 
 
3.3. Weitere mögliche Gründe für die Annahme eines besonders bedeutenden Rechtshilfefalles sind weder dargetan, noch ersichtlich.  
 
4.   
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. 
Die Gerichtskosten sind den Beschwerdeführern (zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung) aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. Juni 2020 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster