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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_263/2020  
 
 
Urteil vom 10. Dezember 2021  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichter Beusch, 
Gerichtsschreiber Seiler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ Limited, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Von Graffenried AG Treuhand, Patrick Loosli, MAS FH MWST, LL.M. VAT, und Pierre Scheuner, Fürsprecher, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, 
Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
MWST; Steuerumgehung (2009 bis 2015), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 19. Februar 2020 (A-601/2019, A-606/2019). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die A.________ Limited (nachfolgend: Gesellschaft) ist eine im Jahr 1999 gegründete Gesellschaft mit Sitz auf U.________ (britische Kanalinseln). Nach eigenen Angaben besteht ihre Geschäftstätigkeit darin, Kunstwerke zu halten, handeln, vermieten und verleihen. Sie ist Trägerin einer über tausend Werke umfassenden Sammlung vorwiegend zeitgenössischer Kunst. In der Schweiz verfügt die Gesellschaft weder über einen Geschäftssitz noch über eine Betriebsstätte. Wirtschaftlich Berechtigter der Gesellschaft ist B.________, der im hier relevanten Zeitraum Wohnsitz in der Schweiz hatte. Die Gesellschaft stellte am 8. November 2002 bei der ESTV einen Antrag auf die sogenannte "Unterstellungserklärung Ausland" und reichte damit verbunden ihre Anmeldung zur Eintragung in das Mehrwertsteuerregister ein. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) trug die Gesellschaft per 1. Oktober 2002 in das Register der mehrwertsteuerpflichtigen Personen ein.  
 
A.b. Nachdem die Gesellschaft (aufgrund der für die Einfuhr der Bilder anfallenden Einfuhrsteuer) regelmässig erhebliche Vorsteuerüberschüsse deklariert hatte, unterzog die ESTV sie im Jahr 2004 einer punktuellen Kontrolle betreffend die Steuerperioden 4. Quartal 2002 bis 3. Quartal 2004. Die ESTV stellte fest, dass sich die Tätigkeit der Gesellschaft in der Schweiz darauf beschränkte, importierte Kunstgegenstände an ihren wirtschaftlich Berechtigten zu vermieten. Sie kam zum Schluss, dass das Mietentgelt einem Drittvergleich nicht standhielt, weshalb sie dieses ermessensweise von vorgängig 4 % auf 5 % des Werts der Kunstwerke erhöhte, die Abrechnungen umsatzseitig entsprechend korrigierte und Fr. 69'825.-- nachbelastete. Aufgrund einer nachträglich eingereichten Aufstellung über die vom wirtschaftlich Berechtigten gemieteten Kunstgegenstände reduzierte die ESTV ihre Nachbelastung später auf Fr. 4'669.--.  
 
A.c. Auch im Zeitraum von 2009 bis 2015 importierte die Gesellschaft mehrere Kunstwerke in die Schweiz, die sie ihrem wirtschaftlich Berechtigten gegen ein Mietentgelt von 5 % ihres Wertes zur Ausstattung seiner Liegenschaften zur Verfügung stellte. Für die Einfuhr hatte die ESTV der Gesellschaft die "Unterstellungserklärung Ausland" und das Verlagerungsverfahren bewilligt, sodass die Gesellschaft die Einfuhrsteuern - anstatt sie der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) zu entrichten - jeweils mit den Mehrwertsteuerabrechnungen bei der ESTV deklarierte. Die Gesellschaft deklarierte weiterhin erhebliche Vorsteuerüberschüsse.  
 
A.d. Im November 2014 führte die ESTV bei der Steuervertreterin der Gesellschaft eine Kontrolle betreffend die Steuerjahre 2009 bis 2013 durch. Sie kam zum Schluss, dass die subjektive Steuerpflicht der Gesellschaft infolge Steuerumgehung im kontrollierten Zeitraum und in den (nicht kontrollierten) Steuerperioden bis zum 31. März 2015 nicht gegeben gewesen sei. Mit Einschätzungsmitteilungen (EM) Nr. 272'046, 272'047 und 272'048 vom 29. Juli 2015 schrieb die ESTV der Gesellschaft daher Mehrwertsteuern im Betrag von Fr. 63'247.-- (Jahr 2009), Fr. 778'239.-- (Jahre 2010 bis 2014) und Fr. 35'386.-- (1. Quartal 2015) gut. Die Gesellschaft bestritt die Einschätzungsmitteilungen mit Schreiben vom 3. Dezember 2015.  
 
B.  
Mit zwei Verfügungen vom 20. Juli 2017 bestätigte die ESTV ihre Auffassung, wonach die Gesellschaft seit dem 1. Januar 2009 mangels subjektiver Steuerpflicht zu Unrecht im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen eingetragen gewesen sei. Betreffend die Steuerperiode vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2009 forderte sie daher Steuern nach im Betrag vom Fr. 4'042'871.-- und betreffend die Steuerperioden vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2015 einen Betrag von Fr. 3'577'438.--, je zuzüglich Verzugszinsen. Diese Steuerforderungen umfassten die Vorsteuerrückbelastungen im Zusammenhang mit der verlagerten Einfuhrsteuer und Nachforderungen unter dem Titel Eigenverbrauch abzüglich die bezahlten Umsatzsteuern. 
Die gegen diese Verfügungen erhobene Einsprache wies die ESTV mit Einspracheentscheiden vom 21. Dezember 2018 ab. Sie verneinte darin die subjektive Steuerpflicht der Gesellschaft, weil diese keine gewerbliche bzw. unternehmerische Tätigkeit ausgeübt habe. Ausserdem hielt die ESTV die Voraussetzungen einer Steuerumgehung für erfüllt. 
Hiergegen führte die Gesellschaft Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Dieses vereinigte die Verfahren und wies die Beschwerde der Gesellschaft mit Urteil vom 19. Februar 2020 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 25. März 2020 beantragt A.________ Limited die Aufhebung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2020. Zudem stellt die A.________ Limited einen Verfahrensantrag auf Einsicht in die interne Notiz der ESTV zum Kontrollbericht vom 3. Dezember 2004. 
Die ESTV beantragt die Abweisung der Beschwerde. 
Mit Zwischenverfügung vom 17. Februar 2021 gewährte der Instruktionsrichter der Beschwerdeführerin antragsgemäss Akteneinsicht. 
Das Bundesgericht hat am 10. Dezember 2021 eine öffentliche Beratung durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein Endentscheid des Bundesverwaltungsgerichts in einem Mehrwertsteuerstreit, mithin in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a und Art. 90 BGG). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig. Der Antrag der Beschwerdeführerin lautet auf die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Urteils, worin ein Antrag in der Sache - nämlich auf den Verzicht auf eine Erhebung (zusätzlicher) Mehrwertsteuern für die Perioden 2009 bis 2015 - zu sehen ist. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1 BGG) der nach Art. 89 Abs. 1 BGG legitimierten Beschwerdeführerin ist einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil nach Art. 105 Abs. 1 BGG den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Hauptaufgabe des Bundesgerichts ist die Rechtskontrolle (Art. 189 BV). Es prüft daher die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nicht frei wie eine Appellationsinstanz, sondern nur in eingeschränkter Weise (BGE 144 V 50 E. 4.1). Namentlich können die vorinstanzlichen Feststellungen gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG nur berichtigt werden, wenn sie entweder offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich ermittelt worden sind (BGE 140 III 115 E. 2; 137 II 353 E. 5.1) oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). Die Parteien haben substanziiert darzulegen, inwiefern der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt im Lichte der vorstehenden Regeln zu ergänzen ist; werden sie diesen Anforderungen nicht gerecht, bleibt es beim vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1).  
 
2.2. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Die Verletzung von Grundrechten untersucht das Bundesgericht nur, wenn eine entsprechende Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2; 134 II 244 E. 2.2). Ansonsten wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5; 138 I 274 E. 1.6; 133 II 249 E. 1.4.1). Es ist weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann die Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (Motivsubstitution; BGE 141 V 234 E. 1; 139 II 404 E. 3).  
 
3.  
 
3.1. Der Streit betrifft die Fragen, ob die Beschwerdeführerin in den Jahren 2009 bis 2015 ein Unternehmen betrieb, das Leistungen in der Schweiz erbrachte, sie in diesem Zeitraum mehrwertsteuerpflichtig war und sie deshalb Anspruch auf den Abzug von Vorsteuern - namentlich von Einfuhrsteuern, die auf der Einfuhr von Kunstwerken anfielen - hat oder ihr die Steuerpflicht und die Berechtigung zum Vorsteuerabzug wegen Steuerumgehung zu versagen sind.  
 
3.2. Betroffen sind die Steuerjahre 2009 bis 2015. Für das Steuerjahr 2009 kommt das alte Recht - das Bundesgesetz vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer (MWSTG 1999; AS 2000 1300) und die Verordnung vom 29. März 2000 zum Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer (AS 2000 1347; nachfolgend MWSTGV 2000) - zur Anwendung, während die Steuerjahre 2010 bis 2015 neuem Recht - dem Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (MWSTG; SR 641.20) und der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV; SR 641.201) - unterstehen (vgl. Art. 112 Abs. 1 MWSTG). Noch nicht einschlägig ist die Änderung des MWSTG - insbesondere seines Art. 10 - vom 30. September 2016, die am 1. Januar 2018 in Kraft trat (AS 2017 3575).  
 
4.  
 
4.1. Nach altem Recht ist subjektiv mehrwertsteuerpflichtig, wer eine mit der Erzielung von Einnahmen verbundene gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, auch wenn die Gewinnabsicht fehlt, sofern seine Lieferungen, seine Dienstleistungen und sein Eigenverbrauch im Inland jährlich gesamthaft Fr. 75'000.-- übersteigen (Art. 21 Abs. 1 MWSTG 1999). Von der Mehrwertsteuerpflicht ausgenommen sind gemäss Art. 25 Abs. 1 lit. a MWSTG 1999 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu Fr. 250'000.--, sofern die nach Abzug der Vorsteuer verbleibende Steuer (sog. Steuerzahllast) regelmässig nicht mehr als Fr. 4'000.-- im Jahr betragen würde. Diese Unternehmen hatten unter altem Recht jedoch die Möglichkeit, unter gewissen Umständen für die Steuerpflicht zu optieren (vgl. Art. 27 MWSTG 1999; ESTV, Wegleitung 2008 zur Mehrwertsteuer, Ziff. 688; ESTV, Spezialbroschüre Nr. 02, Steuerpflicht bei der Mehrwertsteuer, Ziff. 4.2).  
Nach Art. 10 Abs. 1 MWSTG in der Fassung, die vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2017 in Kraft stand, ist subjektiv mehrwertsteuerpflichtig, wer unabhängig von Rechtsform, Zweck und Gewinnabsicht ein Unternehmen betreibt und nicht nach Art. 10 Abs. 2 MWSTG von der Steuerpflicht befreit ist. Ein Unternehmen betreibt, wer eine auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus Leistungen ausgerichtete berufliche oder gewerbliche Tätigkeit selbstständig ausübt und unter eigenem Namen nach aussen auftritt. Von der Steuerpflicht befreit ist unter anderem, wer im Inland innerhalb eines Jahres weniger als Fr. 100'000.-- Umsatz aus steuerbaren Leistungen erzielt, sofern er nicht auf die Befreiung verzichtet (Art. 10 Abs. 2 lit. a MWSTG i.d.F. vom 12. Juni 2009, in Kraft bis am 31. Dezember 2017; nachfolgend MWSTG 2009), und wer ein Unternehmen mit Sitz im Ausland betreibt, das im Inland ausschliesslich der Bezugsteuer unterliegende Leistungen erbringt,es sei denn, er erbringe im Inland Telekommunikations- oder elektronische Dienstleistungen an nicht steuerpflichtige Empfänger und Empfängerinnen (Art. 10 Abs. 2 lit. b MWSTG 2009). 
Art. 10 Abs. 1 MWSTG 2009 und Art. 21 Abs. 1 MWSTG 1999 stimmen weitgehend überein. In Art. 21 Abs. 1 MWSTG 1999 fehlte zwar die ausdrückliche Erwähnung der Nachhaltigkeit, die aber schon altrechtlich als der gewerblichen/beruflichen Ausübung immanent vorausgesetzt war (BGE 141 II 199 E. 4.2; 138 II 251 E. 2.4.3). 
 
4.2. Wer kein Unternehmen betreibt, ist nicht steuerpflichtig und kann im Grundsatz auch keine Vorsteuer abziehen (Art. 28 Abs. 1 MWSTG e contrario; BGE 141 II 199 E. 4.1). Das stimmt überein mit dem Zweck des Gesetzes, den nicht unternehmerischen Endverbrauch im Inland zu besteuern (Art. 1 Abs. 1 MWSTG) : Die Endverbraucher tragen nach der Grundkonzeption des Gesetzes die Steuer. Aus Praktikabilitätsgründen erfolgt der Bezug der Mehrwertsteuer indes nicht bei den Leistungsbezügern, den eigentlichen Destinatären der Mehrwertsteuer, sondern bei den Leistungserbringern (BGE 141 II 199 E. 4.1; 140 II 495 E. 2.2.1; 123 II 295 E. 7a). Vor dem Hintergrund der Allgemeinheit der Mehrwertbesteuerung und dem Postulat der Wettbewerbsneutralität ist eine "weite Auslegung" des Tatbestandes der subjektiven Mehrwertsteuerpflicht am Platz (BGE 141 II 199 E. 4.1; 138 II 251 E. 2.3.4).  
 
5.  
Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass die Vermietung der Kunstwerke der Beschwerdeführerin an ihren wirtschaftlich Berechtigten nach altem wie nach neuem Recht eine unternehmerische bzw. berufliche oder gewerbliche Tätigkeit darstelle und die Steuerpflicht der Beschwerdeführerin in der Schweiz begründe. Die Vorinstanz verneinte jedoch den Anspruch auf Vorsteuerabzug der Beschwerdeführerin in Bezug auf die Einfuhrsteuern auf den importierten Kunstwerken, weil sie ihr eine Steuerumgehung vorwarf. 
 
5.1. Es bestehen gewisse Zweifel, ob die unternehmerische Tätigkeit der Beschwerdeführerin einen genügenden Zusammenhang mit dem Inland aufweist, um eine subjektive Steuerpflicht zu begründen (vgl. dazu Art. 21 Abs. 1 MWSTG 1999; Art. 10 Abs. 1 MWSTG 2009 i.V.m. Art. 8 Abs. 1 MWSTV i.d.F. vom 27. November 2009, in Kraft bis am 31. Dezember 2017; nachfolgend MWSTV 2009; vgl. auch Art. 10 Abs. 1 lit. a und b des MWSTG in der heute geltenden Fassung; Urteil 2C_1002/2014 vom 28. Mai 2015 E. 3.2). Fraglich ist namentlich, ob die Unterstellungserklärung Ausland, welche die Beschwerdeführerin am 8. November 2002 abgegeben und die ESTV am 9. Januar 2003 bewilligt hatte, den Leistungsort der Vermietungsleistungen der Beschwerdeführerin wirksam in das Inland verschob (vgl. zum Status des Regimes der Unterstellungserklärung Ausland nach dem MWSTG 1999 Urteil 2C_266/2019 vom 23. Januar 2020 E. 2.4, 4.1 und 4.2). Die Rechtmässigkeit und die Wirkungen der Unterstellungserklärung Ausland bräuchten hier jedoch nur näher untersucht zu werden, falls sich die Begründung der Vorinstanz, wonach auch bei Annahme eines Leistungsorts im Inland die Steuerpflicht und die Vorsteuerabzüge ab dem 1. Januar 2009 zu aberkennen sind, weil der Beschwerdeführerin eine Steuerumgehung vorzuwerfen ist, als unzutreffend erweisen sollte.  
 
5.2. Nach der Rechtsprechung liegt eine Steuerumgehung vor, wenn (a) eine von den Beteiligten gewählte Rechtsgestaltung als ungewöhnlich ("insolite"), sachwidrig oder absonderlich, jedenfalls den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint, wenn zudem (sog. objektives Element) (b) anzunehmen ist, dass die gewählte Rechtsgestaltung missbräuchlich lediglich deshalb getroffen wurde, um Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet wären (sog. subjektives Element), und wenn (c) das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuerersparnis führen würde, sofern es von der Steuerbehörde hingenommen würde (sog. effektives Element; zur detaillierten Anwendung dieser Kriterien vgl. BGE 138 II 239 E. 4.1 mit Hinweisen). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Sind die Voraussetzungen der Steuerumgehung erfüllt, so ist der Besteuerung diejenige Rechtsgestaltung zugrunde zu legen, die sachgerecht gewesen wäre, um den angestrebten wirtschaftlichen Zweck zu erreichen. Eine Steuerumgehung kommt nur in ganz ausserordentlichen Situationen in Frage, namentlich wenn die gewählte Rechtsgestaltung (objektives Element) - abgesehen von den steuerlichen Aspekten - jenseits des wirtschaftlich Vernünftigen liegt. Das subjektive Element erweist sich insofern als entscheidend, als die Annahme einer Steuerumgehung ausgeschlossen bleibt, wenn andere als blosse Steuerersparnisgründe bei der Rechtsgestaltung eine relevante Rolle spielen (vgl. BGE 146 II 97 E. 2.6.2; 142 II 399 E. 4.2; 138 II 239 E. 4.1; Urteile 2C_652/2018 vom 14. Mai 2020 E. 4.1.1, in: StE 2020 B 27.1 Nr. 61, SVR 2020 BVG Nr. 34 S. 143; 2C_354/2018 vom 20. April 2020 E. 4.2.1).  
 
5.3. In den sogenannten "Flugzeug-Fällen", auf welche die Vorinstanz Bezug nimmt, hatten die Gesellschaften ihren wirtschaftlich Berechtigten jeweils Beförderungsdienstleistungen oder Vermietungslieferungen erbracht, deren Ort im Inland lag, die aber als Exportleistungen typischerweise von der Steuer befreit waren (Art. 13 lit. a, Art. 14 Abs. 2 lit. b, Art. 19 Abs. 2 Ziff. 2 und Art. 19 Abs. 3 MWSTG 1999 sowie Art. 6 Abs. 1 lit. a MWSTGV 2000; vgl. BGE 138 II 239 E. 3.4; vgl. auch Urteil 2C_119/2017 vom 5. Oktober 2018 E. 3.1 und 3.5.3). In seinem Leiturteil aus dem Jahr 2012 zu einer solchen Konstellation bezeichnete das Bundesgericht die Anmeldung als missbräuchlich, wenn das Flugzeug zu rein privaten Zwecken eingesetzt wird, weil die mehrwertsteuerliche Anmeldung dann offensichtlich nur das Motiv der Steuerersparnis haben kann (BGE 138 II 239 E. 4.3.3).  
 
5.4. Wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, trägt die von der Beschwerdeführerin gewählte Gestaltung sämtliche Merkmale einer Steuerumgehung. Auch wenn es ähnlich wie bei Flugzeugen (vgl. dazu BGE 138 II 239 E. 4.3.2) legitime Gründe dafür geben mag, Kunstsammlungen über Kapitalgesellschaften zu halten, diente die Beschwerdeführerin ihrem wirtschaftlich Berechtigten doch hauptsächlich dazu, ihm Kunstwerke aus seiner Sammlung zum Gebrauch zu überlassen und so seine privaten Lebensbedürfnisse zu befriedigen. Dadurch ist zwar weder der Leistungs- bzw. Leistungsaustauschcharakter der entgeltlichen Vermietung von Kunstwerken noch die unternehmerische Tätigkeit der Beschwerdeführerin infrage gestellt. Jedoch hätten Leistungen dieser Art unter normalen Umständen ihren Ort im Ausland gehabt (Art. 13 lit. b MWSTG 1999; Art. 7 Abs. 1 lit. b MWSTG 2009) und demgemäss keine Steuerpflicht der Beschwerdeführerin in der Schweiz begründet. Zur Steuerpflicht der Beschwerdeführerin in der Schweiz kam es nur, weil sie eine Unterstellungserklärung Ausland abgab und sich gleichzeitig zur Eintragung im Register der mehrwertsteuerpflichtigen Personen anmeldete. Für die Abgabe dieser Erklärung seitens der Beschwerdeführerin sind jedoch keinerlei wirtschaftliche Beweggründe ersichtlich. Vielmehr diente sie ihr offenkundig alleine dazu, den Vorsteuerabzug geltend machen und so die auf der Einfuhr der Kunstwerke geschuldeten Einfuhrsteuern verrechnen zu können, die andernfalls den wirtschaftlich Berechtigten final belastet hätten. Die Situation der Beschwerdeführerin ist insoweit vergleichbar mit derjenigen von Flugzeuggesellschaften, die sich einzig für die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs zur Eintragung im Register der mehrwertsteuerpflichtigen Personen anmelden (vgl. BGE 138 II 239 E. 4.3.3). Nähme die ESTV die Gestaltung der Beschwerdeführerin hin, resultierte für die Beschwerdeführerin und ihren wirtschaftlich Berechtigten eine erhebliche Steuerersparnis.  
 
5.5. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin steht Art. 9 BV der Annahme einer Steuerumgehung in ihrem Fall nicht entgegen.  
 
5.5.1. Der Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV) verleiht Rechtsuchenden unter gewissen Umständen Anspruch auf Schutz ihres Vertrauens auf die Richtigkeit behördlichen Handelns. Dieser Anspruch hindert die Behörden, von ihrem früheren Handeln abzuweichen, auch wenn sie dieses zu einem späteren Zeitpunkt als unrichtig erkennen. Potenzielle Vertrauensgrundlage sind dabei alleine jene behördlichen Handlungen, die sich auf eine konkrete, den Rechtsuchenden berührende Angelegenheit beziehen und von einer Behörde ausgehen, die für die betreffende Handlung zuständig ist oder die der Rechtsuchende aus zureichenden Gründen für zuständig hält. Individuelle Auskünfte und Zusicherungen sind demnach typische Beispiele für Verwaltungsakte, die beim Bürger Vertrauen wecken können. Das Vertrauen ist allerdings nur schutzwürdig, wenn der Rechtsuchende die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne Weiteres erkennen konnte und er im Vertrauen auf die Auskunft Dispositionen getroffen hat, die er nicht ohne Nachteil rückgängig machen kann. Der Anspruch auf Vertrauensschutz entfällt, wenn die gesetzliche Ordnung zwischen dem Zeitpunkt der Auskunft und der Verwirklichung des Sachverhalts geändert hat (BGE 146 I 105 E. 5.1.1; 143 V 341 E. 5.2.1; 141 I 161 E. 3.1).  
 
5.5.2. Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, dass die Kontrolle der ESTV im Jahr 2004 ein begründetes Vertrauen in die Rechtmässigkeit der Gestaltung geweckt habe. Ihr kann nicht gefolgt werden. Der blosse Umstand, dass die Steuerbehörde eine Gestaltung im Rahmen einer Kontrolle nicht beanstandet, ohne dabei der steuerpflichtigen Person konkrete Aussagen oder Zusicherungen betreffend die künftige steuerliche Behandlung der Gestaltung zu machen, begründet noch kein schützenswertes Vertrauen darauf, dass die Gestaltung auch in Zukunft nicht hinterfragt werde. Anders zu entscheiden würde bedeuten, dass eine vergangenheitsorientierte Kontrolle die Steuerbehörde stärker binden würde als eine rechtskräftige Veranlagung. Denn nach ständiger Praxis können die tatsächlichen und die rechtlichen Verhältnisse, auf denen eine rechtskräftige Veranlagung beruht, an sich in einer späteren Periode abweichend beurteilt werden (BGE 147 II 155 E. 10.5.1; 140 I 114 E. 2.4.3; Urteil 2C_551/2018 vom 11. Juni 2019 E. 2.2.5, in: StE 2019 B 23.45.1 Nr. 6).  
 
5.5.3. Die ESTV hat die Unterstellungserklärung Ausland der Beschwerdeführerin zwar am 9. Januar 2003 "bewilligt". Es handelte sich dabei jedoch nicht um eine klassische Bewilligung, die im Rahmen eines gesetzlich geregelten Verfahrens und nach eingehender Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen in der Form einer Verfügung (Art. 63 Abs. 2 MWSTG 1999 i.V.m. Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG; SR 172.021]) ergangen wäre. Die "Bewilligung" der Unterstellungserklärung Ausland wurde der Beschwerdeführerin nämlich nicht im Rahmen eines gesetzlich geordneten Verfahrens erteilt, sondern stützte sich - wie das Regime der Unterstellungserklärung Ausland insgesamt (vgl. dazu Urteil 2C_266/2019 vom 23. Januar 2020 E. 2.4, 4.1 und 4.2) - alleine auf eine Verwaltungspraxis. Auch wenn es wünschenswert gewesen wäre, wenn die ESTV die tatsächlichen Verhältnisse vor der Bewilligungserteilung geprüft hätte, war für die Beschwerdeführerin doch erkennbar, dass eine solche Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen nicht stattgefunden hatte. Vor diesem Hintergrund hatte die am 9. Januar 2003 erteilte Bewilligung eher den Charakter einer Bestätigung und durfte die Beschwerdeführerin nicht darauf vertrauen, dass die in den Folgejahren erbrachten Vermietungsleistungen unter allen Umständen für den Vorsteuerabzug qualifizieren würden und von der ESTV auch nicht unter dem Aspekt der Steuerumgehung hinterfragt werden könnten.  
 
5.6. Unbegründet ist sodann auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend Eigenverbrauch. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt (vgl. angefochtenes Urteil E. 3.7), entsteht die Steuerforderung aus Eigenverbrauch nach altem Mehrwertsteuerrecht im Zeitpunkt des Wegfalls der subjektiven Steuerpflicht (Art. 43 Abs. 2 MWSTG 1999). Aufgrund der Verjährung der Steuerperioden vor dem 1. Januar 2009 sind die ESTV und die Vorinstanz im Rahmen der Sachverhaltsfiktion, die bei einer Steuerumgehung Platz greift (vgl. oben E. 5.2), davon ausgegangen, dass die Steuerpflicht am 1. Januar 2009 entfallen und die Steuerforderung aus Eigenverbrauch in diesem Zeitpunkt entstanden ist. Dies ist nicht zu beanstanden.  
 
6.  
Damit bleibt auf den zeitlichen Aspekt einzugehen. Art. 42 Abs. 6 MWSTG sieht eine absolute Festsetzungsverjährung zehn Jahre nach Ablauf der Steuerperiode vor, in welcher die Steuerforderung entstanden ist. Die im Verfahren vor Bundesgericht eingetretene Verjährung ist von Amtes wegen zu berücksichtigen (BGE 138 II 169 E. 3.2 und 3.4; Urteil 2C_562/2020 vom 21. Mai 2021 E. 10.6.1). Die Steuerperiode 2010 erweist sich vor diesem Hintergrund als verjährt. Nicht verjährt ist dagegen die Steuerperiode 2009, für welche eine absolute Verjährungsfrist von 15 Jahren gilt (Art. 112 Abs. 1 MWSTG; Art. 4 Abs. 4 MWSTG 1999; Urteil 2C_1021/2020 vom 28. Juli 2021 E. 4). 
 
7.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen, soweit die Steuerperioden 2009 sowie 2011-2015 betroffen sind. Aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Verjährung der Steuerforderung in Bezug auf die Steuerperiode 2010 (vgl. oben E. 6) ist die Beschwerde insoweit teilweise gutzuheissen und angefochtene Urteil insoweit aufzuheben. Bei diesem Verfahrensausgang trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens nach Massgabe des Unterliegens (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 BGG). In Bezug auf die gestellten Anträge ist sie grösstenteils unterlegen. Auf die Auferlegung von Gerichtskosten an die ESTV wird verzichtet, da die teilweise Gutheissung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf den Verjährungseintritt während der Verfahrenshängigkeit vor Bundesgericht zurückzuführen ist (Art. 66 Abs. 1 BGG). Aus dem gleichen Grund wird die der Beschwerdeführerin zuzusprechende Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG) auf die Bundesgerichtskasse genommen. Da die Verjährung der Steuerforderung der Steuerperiode 2010 zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils noch nicht eingetreten war und die Beschwerde ohne diesen Verjährungseintritt auch für die Steuerperiode 2010 hätte abgewiesen werden müssen, ist dagegen von einer Neuregelung der vorinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsfolgen abzusehen (Urteil 2C_562/2020 vom 21. Mai 2021 E. 14.2). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2020 wird in Bezug auf die Steuerforderungen der ESTV für die Steuerperiode 2010 aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die reduzierten Gerichtskosten von Fr. 24'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Der Beschwerdeführerin wird eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 4'000.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet. 
 
4.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Eidgenössischen Steuerverwaltung und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. Dezember 2021 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Seiler