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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_159/2022, 9C_160/2022  
 
 
Urteil vom 14. September 2022  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Stadelmann, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, nebenamtliche Bundesrichterin Bechaalany, 
Gerichtsschreiber Traub. 
 
Verfahrensbeteiligte 
9C_159/2022 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Wohnlich, 
Beschwerdeführer 2, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
9C_160/2022 
Genossenschaft B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Wohnlich, 
Beschwerdeführerin 1, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerden gegen die Entscheide des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 16. Februar 2022 (VV.2020.146 und VV.2020.148). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Genossenschaft B.________ ist ein Fachverband von landwirtschaftlichen Biogasproduzenten. Als beitragspflichtige Arbeitgeberin ist sie der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau angeschlossen. Bei einer Arbeitgeberkontrolle im Juli 2019 stellte die Suva fest, dass u.a. hinsichtlich der Tätigkeit von Dr. A.________ für die Genossenschaft im Jahr 2018 keine Beiträge abgerechnet worden waren. Da die Ausgleichskasse die betreffenden Entgelte als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit einstufte, verfügte sie am 26. August 2019 u.a. die Nachzahlung von paritätischen Beiträgen betreffend A.________ in Höhe von Fr. 23'177.20, basierend auf einer AHV-pflichtigen Lohnsumme von Fr. 161'128.- (2018). Die von der Genossenschaft B.________ und A.________ erhobenen Einsprachen wies die Ausgleichskasse am 20. Mai 2020 ab. 
 
B.  
Die Genossenschaft B.________ und A.________ erhoben je Beschwerde. Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wies die Beschwerden ab (Entscheide vom 16. Februar 2022). 
 
C.  
Die Genossenschaft B.________ und A.________ führen je Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der jeweilige vorinstanzliche Entscheid resp. Einspracheentscheid sei aufzuheben, soweit er A.________ betreffe. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an eine der Vorinstanzen zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Verfahren 9C_159/2022 (Beschwerde von A.________) und 9C_160/2022 (Beschwerde der Genossenschaft B.________) sind zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP [SR 273]; BGE 144 V 173 E. 1.1). 
 
2.  
 
2.1. Strittig ist die beitragsrechtliche Qualifikation der Einkünfte, die A.________ im Jahr 2018 von der Genossenschaft B.________ bezogen hat. Die Vorinstanz kommt zum Schluss, es handle sich um Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit; die Beschwerdeführer vertreten die Ansicht, es handle sich um Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit.  
 
2.2. Vom Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit (sog. massgebender Lohn) werden paritätische Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge erhoben (Art. 5 Abs. 1 und Art. 13 AHVG). Als massgebender Lohn gilt jedes Entgelt für in unselbständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete Arbeit, mit Einschluss von Teuerungs- und anderen Lohnzulagen, Provisionen, Gratifikationen, Naturalleistungen, Ferien- und Feiertagsentschädigungen und ähnlichen Bezügen, sowie Trinkgeldern, soweit diese einen wesentlichen Bestandteil des Arbeitsentgeltes darstellen (Art. 5 Abs. 2 AHVG). Demgegenüber wird vom Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit ein Beitrag des Selbständigerwerbenden erhoben (Art. 8 AHVG). Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit ist jedes Erwerbseinkommen, das nicht Entgelt für in unselbständiger Stellung geleistete Arbeit darstellt (Art. 9 Abs. 1 AHVG).  
 
2.3. Erhält eine Ausgleichskasse Kenntnis davon, dass ein Beitragspflichtiger keine Beiträge oder zu niedrige Beiträge bezahlt hat, so hat sie (unter Vorbehalt der Verjährung nach Art. 16 Abs. 1 AHVG) die Nachzahlung der geschuldeten Beiträge zu verlangen und nötigenfalls durch Verfügung festzusetzen (Art. 39 Abs. 1 AHVV). Die hier zu beurteilende Nachforderung betreffend A.________ hat nur Bestand, wenn die erfassten Einkommen solche aus unselbständiger Erwerbstätigkeit sind (vgl. unten E. 3.1).  
 
2.4. Das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit wird von den kantonalen Steuerbehörden aufgrund der rechtskräftigen Veranlagung für die direkte Bundessteuer ermittelt und den Ausgleichskassen gemeldet (Art. 9 Abs. 3 AHVG; Art. 23 Abs. 1 AHVV). Die Angaben der kantonalen Steuerbehörden sind für die Ausgleichskassen verbindlich (Art. 23 Abs. 4 AHVV), was die Bemessung des massgebenden Einkommens und des betrieblichen Eigenkapitals angeht. Hingegen beurteilen die Ausgleichskassen das Beitragsstatut (selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit) grundsätzlich unabhängig von den Feststellungen der Steuerbehörden (BGE 145 V 326 E. 4.2). Allerdings sollen sich die Ausgleichskassen bei der Qualifikation des Erwerbseinkommens in der Regel auf die Steuermeldungen verlassen und eigene nähere Abklärungen nur dann vornehmen, wenn ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Steuermeldung bestehen. Die Begriffe der selbständigen und der unselbständigen Erwerbstätigkeit sind im Steuerrecht und im AHV-Recht grundsätzlich die gleichen. Im Sinn einer harmonisierenden Rechtsanwendung soll daher nicht ohne Not von der steuerrechtlichen Beurteilung abgewichen werden (BGE 147 V 114 E. 3.4.2; Urteil 9C_278/2021 vom 8. September 2021 E. 2.3).  
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerdeführer wenden vorab ein, sämtliche Einnahmen, die A.________ unter der Einzelfirma Ingenieurbüro A.________ erzielt habe, seien in den Jahren 2013 bis 2017 beitragsrechtlich als Erwerbseinkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit erfasst und abgerechnet worden. So seien auch die Beiträge für das Jahr 2018 bereits entsprechend rechtskräftig festgesetzt worden, dies mit Verfügung der Ausgleichskasse Thurgau vom 6. Dezember 2019. Da das Beitragsstatut umstritten sei, könne die definitive Beitragsverfügung für das Jahr 2018 vom 6. Dezember 2019 unabhängig vom Ausgang des vorliegenden Verfahrens nicht als zweifellos unrichtig gelten. Wenn die angefochtene Verfügung rechtskräftig würde, so würde die Tätigkeit von A.________ hinsichtlich des gleichen Zeitraums unterschiedlich qualifiziert; dem stehe das Verbot widersprüchlicher Entscheidungen entgegen.  
 
3.2. Die Vorinstanz legt dar, u.a. die Entgelte für die Tätigkeiten von A.________ für das Jahr 2018 seien in der betreffenden Jahresabrechnung der Genossenschaft B.________ nicht enthalten gewesen. Die Ausgleichskasse habe durch die Arbeitgeberkontrolle der Suva im Juli 2019 von diesem nicht abgerechneten Einkommen Kenntnis erhalten. Weil sie der Ansicht war, es handle sich um Entgelte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit, habe sie am 26. August 2019 die Nachzahlung der entsprechenden Beiträge verfügt. Die Beitragsverfügung für Beiträge aus selbständiger Erwerbstätigkeit von A.________ für das Jahr 2018 datiere vom 6. Dezember 2019, also nach der Nachzahlungsverfügung vom 26. August 2019. Handelte es sich bei der Tätigkeit von A.________ im Jahr 2018 um unselbständige Erwerbstätigkeit - was im vorliegenden Verfahren zu klären sei -, so wäre die Verfügung vom 6. Dezember 2019 zweifellos unrichtig; diesfalls sei diese Verfügung im Sinn von Art. 53 ATSG zu revidieren. Eine Doppelzahlung könne so verhindert werden.  
 
3.3. Liegt über die in Frage stehenden Sozialversicherungsbeiträge bereits eine formell rechtskräftige Verfügung vor, so ist eine rückwirkende Änderung des Beitragsstatuts betreffend die gleichen Entgelte nur möglich, wenn ein Rückkommenstitel (prozessuale Revision oder Wiedererwägung; Art. 53 Abs. 1 oder 2 ATSG) gegeben ist (BGE 122 V 169 E. 4a; Urteil 9C_278/2021 vom 8. September 2021 E. 2.4; zu einem für die Zukunft wirkenden Wechsel des Beitragsstatuts vgl. unten E. 5).  
 
Hier jedoch ist die Ausgangslage eine andere: Die strittige Nachzahlungsverfügung für Entgelte der Genossenschaft B.________ an A.________ im Jahr 2018, die auf der Annahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit beruht, datiert vom 26. August 2019. Erst danach, am 6. Dezember 2019, setzte die Ausgleichskasse (mit Hinweis auf die Meldung der Steuerbehörde über das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit) ausgehend von einem Erwerbseinkommen von Fr. 127'027.- Beiträge für Selbständigerwerbende für das Jahr 2018 "definitiv" fest. Das unter dem Titel eines selbständigen Erwerbs veranlagte Einkommen geht betraglich in demjenigen gemäss Nachzahlungsverfügung vom 26. August 2019 (AHV-beitragspflichtige Lohnsumme: Fr. 161'128.-) auf. Zum Zeitpunkt der Verfügung vom 6. Dezember 2019, auf deren Rechtskraft sich die Beschwerdeführer berufen, war die Frage des Beitragsstatuts für das nämliche Einkommen rechtshängig. Die spätere Verfügung stand somit immer unter dem Vorbehalt einer formellen Revision (Art. 53 Abs. 1 ATSG), je nach Ausgang des vorliegenden Verfahrens betreffend die Nachzahlung (vgl. unten E. 6). 
 
4.  
 
4.1. Nach der Rechtsprechung beurteilt sich die Frage, ob im Einzelfall selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, nicht aufgrund der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien. Entscheidend sind vielmehr die wirtschaftlichen Gegebenheiten. Die zivilrechtlichen Verhältnisse geben dabei allenfalls gewisse Anhaltspunkte für die AHV-rechtliche Qualifikation, ohne jedoch ausschlaggebend zu sein. Als unselbständig erwerbstätig ist im Allgemeinen zu betrachten, wer in betriebswirtschaftlicher oder arbeitsorganisatorischer Hinsicht von einem Arbeitgeber abhängig ist und kein spezifisches Unternehmerrisiko trägt. Aus diesen Grundsätzen allein lassen sich indessen noch keine einheitlichen, schematisch anwendbaren Lösungen ableiten. Die Vielfalt der im wirtschaftlichen Leben anzutreffenden Sachverhalte zwingt dazu, die beitragsrechtliche Stellung einer erwerbstätigen Person jeweils unter Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Treten dabei Merkmale beider Erwerbsarten auf, richtet sich der Entscheid danach, welche der Merkmale im konkreten Fall überwiegen (BGE 146 V 139 E. 3.1; 144 V 111 E. 4.2).  
 
4.2. Zunächst erwägt die Vorinstanz, das strittige Beitragsstatut beurteile sich weder nach der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses (d.h. danach, dass die Parteien von einem Auftragsverhältnis ausgegangen seien), noch sei massgebend, dass auf den Leistungen des Beschwerdeführers 2 Mehrwertsteuer abgerechnet worden sei. In der Sache hält sie fest, der Beschwerdeführer 2 habe der Genossenschaft B.________ als "expliziter Spezialist" seines Fachbereichs gedient. Beratungstätigkeit und freie Mitarbeit benötigten in der Regel keine erheblichen Investitionen. In solchen Fällen komme es eher auf das "Abhängigkeitsrisiko" an. Der Beschwerdeführer 2 habe für seine Tätigkeiten im Jahr 2018 bei der Beschwerdeführerin 1 einen Stundenansatz von Fr. 77.35 verrechnet. Ausgehend von der betraglich unbestrittenen AHV-pflichtigen Lohnsumme von Fr. 161'128.- errechne sich eine tägliche Arbeitsleistung von nahezu acht Stunden. Das entspreche praktisch einer Vollzeitstelle. Den konkreten Umständen nach sei nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer 2 in erheblichem Umfang Arbeiten auf Dritte übertragen habe. In den Unterlagen finde sich für das Jahr 2018 denn auch lediglich eine Rechnung von Fr. 3350.- für Arbeitsleistungen zugunsten eines Dritten. Habe der Beschwerdeführer 2 im Jahr 2018 seine Arbeitskraft überwiegend der Beschwerdeführerin 1 zur Verfügung gestellt, so zeige sich darin die Abhängigkeit eines Arbeitnehmers.  
 
4.3. Die Beschwerdeführer bestreiten dies. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit fehle, da der Beschwerdeführer 2 bei Dritten aktiv Aufträge akquiriere. Er habe verschiedene Berichte für andere Auftraggeber verfasst. Tatsächlich aber datiert nur ein im Auftrag Dritter erstellter Bericht von 2018. Sodann macht der Beschwerdeführer 2 geltend, er verfüge über eine eigene Infrastruktur, die er, wie schon in den Jahren 2014 bis 2017, auch für andere Auftraggeber nutzen könne. Die weitgehende wirtschaftliche Abhängigkeit, wie sie die Vorinstanz festgestellt hat, ist damit nicht widerlegt, zumal es nicht auf ein allfälliges Marktpotential (Möglichkeiten der Auftragsakquise) ankommt, sondern auf die tatsächliche Zusammensetzung der Aufträge. Der Beschwerdeführer 2 hat seine Arbeitsinfrastruktur zum ganz überwiegenden Teil für Arbeiten für die Genossenschaft B.________ verwendet.  
 
4.4. Die Beschwerdeführer heben verschiedene weitere Faktoren hervor, die für eine selbständige Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers 2 sprächen, im Einzelnen: die Nutzung eigener Büroräumlichkeiten und die Beschaffung von Arbeitsmaterial auf eigene Kosten; die Verrechnung von Reisespesen und Zeitaufwänden für Besprechungen mit der Beschwerdeführerin 1; der Beizug von Dritten bei der Erledigung von Aufträgen; fehlende Weisungsgebundenheit bezüglich Arbeitszeiten, Arbeitsort und dergleichen; fehlende Einbindung arbeitsorganisatorischer Art (keine Geltung des Personalreglements für den Beschwerdeführer 2); Auftreten im eigenen Namen (Ingenieurbüro A.________) auch im Rahmen der Tätigkeiten für die Beschwerdeführerin 1.  
 
Auch bei gesamthafter Betrachtung der wirtschaftlichen und arbeitsorganisatorischen Rahmenbedingungen der Tätigkeit des Beschwerdeführers 2 im Jahr 2018 bleibt es dabei, dass er bei weitem mehr von den Aufträgen der Beschwerdeführerin 1 abhängig war als dass er ein eigenes Unternehmerrisiko getragen hat. Ein solches ergibt sich im Allgemeinen aus erheblichen Investitionen, der Benützung eigener Geschäftsräumlichkeiten sowie der Beschäftigung von eigenem Personal. Vorliegend sind die eigenen Investitionen des Beschwerdeführers 2 in die Arbeitsinfrastruktur neutral zu werten, da eine Beratertätigkeit generell wenig Infrastruktur vorausetzt. 
 
Was die arbeitsorganisatorischen Verhältnisse betrifft, benennen die Beschwerdeführer u.a. Indizien wie eine fehlende Präsenzpflicht, eine fehlende Weisungsgebundenheit bezüglich Arbeitszeiten, Arbeitsort etc. und ein teilweises Auftreten im eigenen Namen. Die Einordnung all dieser Elemente muss mit Blick auf die leitende Funktion des Beschwerdeführers 2 bei der Beschwerdeführerin 1 erfolgen. Nach Feststellung der Vorinstanz ist er im Handelsregister als "kollektiv zu zweien" unterschriftsberechtigt eingetragen. Materielle Organstellung beim auftraggebenden Unternehmen spricht grundsätzlich für eine unselbständige Tätigkeit (vgl. BGE 126 V 212 E. 2a). Weiter betont die Vorinstanz, der Beschwerdeführer 2 werde in Berichten der Genossenschaft B.________ als Verantwortlicher oder Projektleiter bezeichnet. Das hohe Mass an Selbständigkeit liegt in der Natur der gehobenen Stellung des Beschwerdeführers 2; die geltend gemachten Elemente sind viel eher Ausdruck der Freiräume, die einem ausgewiesenen Fachspezialisten und Kadermitarbeiter einzuräumen sind, als Indizien für selbständige Beratertätigkeit. Jedenfalls überwiegen sie die ausgeprägte wirtschaftliche Abhängigkeit des Beschwerdeführers 2 nicht. 
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerdeführer machen geltend, die Beschwerdegegnerin habe das in den Vorjahren 2014 bis 2017 geltende Beitragsstatut für das Jahr 2018 unzulässig geändert. Die Entgelte für Aufträge der Genossenschaft an die Einzelfirma Ingenieurbüro A.________ hätten immer einen grossen Teil der Einnahmen von A.________ ausgemacht. Gleichwohl seien sämtliche dieser Entgelte in den Jahren 2014 bis 2017 als Erwerbseinkommen aus selbständiger Tätigkeit erfasst und abgerechnet worden. Damit habe die Ausgleichskasse eine Vertrauensgrundlage geschaffen. Nachdem sich in Bezug auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers 2 im Jahr 2018 nichts geändert habe, habe er sich darauf verlassen dürfen, dass er auch im Jahr 2018 als Selbständigerwerbender qualifiziert werde. Die strittige Nachzahlungsverfügung widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV).  
 
5.2. Ergeben sich hinsichtlich der Tätigkeit in einer Beitragsperiode, über die noch nicht rechtskräftig verfügt ist, neue Erkenntnisse über die zutreffende Qualifikation, so kann die Statusfrage frei überprüft werden. In Grenzfällen - wenn weder die Merkmale einer selbständigen noch diejenigen einer unselbständigen Erwerbstätigkeit deutlich überwiegen - soll das Beitragsstatut indessen nur mit Zurückhaltung geändert werden (BGE 121 V 1 E. 6; Urteil 9C_347/2021 vom 14. Oktober 2021 E. 3.2.2). Ein solcher Grenzfall ist hier nicht gegeben; die Indizien für eine unselbständige Erwerbstätigkeit überwiegen insgesamt deutlich. Somit haben die Vorinstanzen dem Vertrauensprinzip nicht zuwidergehandelt. Ohnehin setzt der Schutz von berechtigtem Vertrauen in behördliche Handlungen stets voraus, dass die Person, die sich auf den Vertrauensschutz beruft, gestützt auf ein berechtigtes Vertrauen in dieses Verhalten (hier: Qualifikation des Beitragsstatuts) nachteilige Dispositionen getroffen hat, die sie nicht mehr ohne Weiteres rückgängig machen kann (BGE 143 V 341 E. 5.2.1; 137 I 69 E. 2.5.1). Eine derartige "Vertrauensbetätigung" ist indessen nicht erkennbar.  
 
6.  
Insgesamt geht die Vorinstanz zu Recht davon aus, dass es sich bei den Einkünften des Beschwerdeführers 2 aus seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin 1 im Jahr 2018 um massgebenden Lohn handelt (Art. 5 Abs. 1 AHVG). Soweit A.________ hinsichtlich des betreffenden Beitragsjahres bereits Beiträge als Selbständigerwerbender geleistet hat und insofern eine doppelte Beitragserhebung eintritt, ist diese gegebenenfalls gestützt auf Art. 53 Abs. 1 ATSG zu revidieren (vgl. oben E. 3.3). 
 
7.  
Dem Ausgang der Verfahren entsprechend sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Ausgleichskasse hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Verfahren 9C_159/2022 und 9C_160/2022 werden vereinigt. 
 
2.  
Die Beschwerden werden abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 1700.- gehen je zur Hälfte zulasten der Beschwerdeführer. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Genossenschaft B.________, A.________, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 14. September 2022 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Stadelmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Traub