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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_913/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 16. Januar 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Betrug, Strafzumessung, Widerruf, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom 20. Juni 2017 (SST.2016.227 / kh / so). 
 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:  
 
1.   
Das Bezirksgericht Rheinfelden verurteilte den Beschwerdeführer am 27. Januar 2016 wegen Betrugs zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Es verzichtete auf den Widerruf des mit Urteil des Bezirksgerichts Laufenburg vom 21. Oktober 2010 für eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten gewährten bedingten Strafvollzugs. 
Das Obergericht des Kantons Aargau wies die Berufung des Beschwerdeführers am 20. Juni 2017 ab und hiess die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft gut. Es sprach den Beschwerdeführer erneut wegen Betrugs schuldig, verurteilte ihn zu einer unbedingten sechsmonatigen Freiheitsstrafe und widerrief den mit Urteil des Bezirksgerichts Laufenburg gewährten bedingten Strafvollzug für die Freiheitsstrafe von 15 Monaten. 
Der Beschwerdeführer gelangt mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt sinngemäss die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils. 
 
2.   
Der Beschwerdeführer beanstandet die Verurteilung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe unbedingt. Weiter richtet er sich gegen den Widerruf der Vorstrafe. Er macht im Wesentlichen geltend, er habe das Urteil des Bezirksgerichts nicht angefochten, um am Ende mehr zu bekommen, sondern weil sich seine berufliche Tätigkeit als Reisebuschauffeur mit einer unbedingten Freiheitsstrafe auch in Halbgefangenschaft nicht vereinbaren lasse. Er habe auf den Saisonstart 2018 eine Festanstellung als Chauffeur gefunden und sein Leben im Griff. Nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe hätte er aufgrund seines Alters (60 Jahre) keine Möglichkeit mehr beruflich Fuss zu fassen. Im Grunde werde nicht er, sondern seine Familie bestraft, die dadurch zum Sozialfall werde. Eine Gefängnisstrafe könne nicht im Sinne der Gerechtigkeit sein. 
 
3.   
Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters (Art. 47 Abs. 1 StGB). Zur Strafzumessung gehört auch die Wahl der Sanktionsart. 
Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder zu einer Geldstrafe von mindestens 180 Tagessätzen verurteilt, so ist der Aufschub einer Geldstrafe, von gemeinnütziger Arbeit oder einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten und höchstens zwei Jahren nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen (Art. 42 Abs. 2 StGB; vgl. BGE 134 IV 1 E. 4.2.3 mit Hinweisen). 
Begeht der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen und ist deshalb zu erwarten, dass er weitere Straftaten verüben wird, so widerruft das Gericht die bedingte Strafe oder den bedingten Teil der Strafe (Art. 46 Abs. 1 Satz 1 StGB). Ein während der Probezeit begangenes Verbrechen oder Vergehen führt nicht zwingend zum Widerruf des bedingten Strafaufschubs. Dieser soll nach Art. 46 Abs. 1 StGB nur erfolgen, wenn wegen der erneuten Straffälligkeit eine eigentliche Schlechtprognose besteht (BGE 134 IV 140 E. 4.2 ff. mit Hinweisen). 
Dem Sachgericht steht bei der Strafzumessung sowie bei den Fragen des Strafaufschubs und des Widerrufs ein Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die Vorinstanz von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist, wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen hat oder ihr Ermessen über- bzw. unterschreitet oder missbraucht und damit Bundesrecht verletzt (BGE 141 IV 61 E. 6.1.2; 134 IV 140 E. 4.2). 
 
4.  
 
4.1. Gegen das Urteil des Bezirksgerichts hat der Beschwerdeführer Berufung und die Staatsanwaltschaft Anschlussberufung erhoben. Dass eine Anschlussberufung den Entscheidspielraum des Berufungsgerichts "in beide Richtungen" öffnet, ist bekannt. Bei dieser Ausgangslage musste der damals anwaltlich vertretene Beschwerdeführer folglich ein allenfalls für ihn ungünstigeres Ergebnis in Betracht ziehen.  
 
4.2. Das Obergericht hat sich mit der Frage der Strafart auseinandergesetzt und begründet, weshalb eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten (und nicht eine Geldstrafe) als zweckmässige Sanktion auszusprechen ist. Dabei hat es insbesondere darauf abgestellt, dass der Beschwerdeführer trotz der früher ausgesprochenen teilweise bedingt aufgeschobenen Geld- und Freiheitsstrafen erneut delinquiert hat. Im Rahmen des zu prüfenden Strafaufschubs hat das Obergericht besonders günstige Umstände nach Art. 42 Abs. 2 StGB verneint, namentlich deshalb, weil die neue Tat dasselbe Verhaltensmuster wie die früheren Taten aufweise und auch keine deutlich positive Wandlung in den Lebensumständen des Beschwerdeführers eingetreten sei. Dessen Situation habe sich seit der letzten Tat im Jahr 2011 nicht geändert. Die Schuldensituation sei unverändert und auch die Arbeitssituation habe sich nicht wesentlich gebessert. Der Beschwerdeführer sei weiterhin mit schwankendem Pensum auf Abruf tätig und teilweise noch immer von der Arbeitslosenversicherung abhängig. Für die geäusserte Hoffnung auf eine Festanstellung gebe es weder Belege noch handfeste Hinweise. Die Auswirkungen eines Strafvollzugs auf sein Leben und das soziale Umfeld wögen nicht schwer genug, um davon absehen zu können. Die bei ihm lebende Tochter sei bereits 16-jährig und habe mit der Stiefmutter ein gutes Verhältnis. Die Strafe sei unbedingt auszusprechen. Schliesslich hält das Obergericht auch den Widerruf der Vorstrafe für notwendig (Art. 46 Abs. 1 StGB). Die zahlreichen, teilweise einschlägigen Vorstrafen, die kurze Zeit zwischen der Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe und der neuen Tat sowie die prekären persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse führten zu einer negativen Legalprognose. Die zu vollziehende Freiheitsstrafe von sechs Monaten vermöge aber keine genügende Warnwirkung zu entfalten.  
 
4.3. Das Obergericht hat alle massgeblichen Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Strafart, dem Strafaufschub nach Art. 42 Abs. 2 StGB und dem Widerruf der bedingten Vorstrafe gemäss Art. 46 Abs. 1 StGB berücksichtigt. Was an seinen Erwägungen gegen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen könnte, kann der Beschwerde nicht entnommen werden und ist im Übrigen auch nicht ersichtlich. Die nach dem obergerichtlichen Urteilszeitpunkt angeblich erwirkte Festanstellung auf den Saisonstart 2018, mit welcher der Beschwerdeführer eine (besonders) günstige Entwicklung bzw. das Fehlen einer Schlechtprognose begründen will, kann das Bundesgericht - da neu und unbelegt - nicht berücksichtigen. Im Übrigen verweist der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auf Umstände, die das Obergericht in seine Entscheidung miteinbezogen und sachlich vertretbar gewürdigt hat, wie etwa die Auswirkungen des Vollzugs der Freiheitsstrafe auf ihn und seine Familie. Die Erwägungen im angefochtenen Urteil lassen keine Bundesrechtsverletzung erkennen. Es lag im Ermessen des Obergerichts, die neue Strafe unbedingt auszusprechen und gleichzeitig den für die Vorstrafe gewährten bedingten Vollzug zu widerrufen. Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.  
 
5.   
Angesichts des relativ geringen Aufwands und der offensichtlich schwierigen finanziellen Lage des Beschwerdeführers sind reduzierte Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. Januar 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill