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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1C_297/2019  
 
 
Urteil vom 16. August 2019  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Fonjallaz, Haag, 
Gerichtsschreiber Gelzer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Oberholzer, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt 
des Kantons St. Gallen, 
Abteilung Administrativmassnahmen, 
 
Verwaltungsrekurskommission 
des Kantons St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Vollstreckung 
(Aberkennung des ausländischen Führerausweises), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen, 
Abteilung III, vom 30. April 2019 (B 2019/31). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ mit Wohnsitz in X.________ ist Inhaber eines österreichischen Führerausweises. Am 28. Juni 2016 überschritt er in St. Margrethen innerorts die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 25 km/h und wurde daher mit Strafbefehl des Untersuchungsamts Altstätten vom 27. Oktober 2016 der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig gesprochen. 
 
B.   
Nach Vorliegen des rechtskräftigen Strafbefehls aberkannte das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen (nachfolgend: Strassenverkehrsamt) A.________ mit Verfügung vom 22. Februar 2017 den Führerausweis für die Dauer von drei Monaten wegen schwerer Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften. Gleichzeitig untersagte es ihm das Führen von Motorfahrzeugen aller Kategorien und Unterkategorien sowie der Spezialkategorie F in der Schweiz während der Dauer der Aberkennung mit Wirkung ab 22. Mai 2017 bis und mit 21. August 2017. A.________ erhob dagegen Rekurs, den er mit Schreiben vom 31. Juli 2017 zurückzog. Die Rückzugserklärung ging am 2. August 2017 bei der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen ein, worauf sie das Rekursverfahren am 3. August 2017 als erledigt abschrieb. 
In der Folge setzte das Strassenverkehrsamt mit Vollstreckungsverfügung vom 22. August 2017 die Aberkennung des ausländischen Führerausweises von A.________ neu vom 22. September 2017 bis und mit 21. Dezember 2017 an. Den dagegen von A.________ erhobenen Rekurs hiess die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 4. Februar 2019 insoweit gut, als sie die angefochtene Verfügung aufhob und die Angelegenheit zum Erlass einer neuen Vollstreckungsverfügung an das Strassenverkehrsamt zurückwies. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, da der mit Verfügung vom 22. Februar 2017 festgelegte Vollzug der Führerausweisaberkennung erst mit Eintritt der formellen Rechtskraft - mithin mit Rückzug des dagegen erhobenen Rekurses am 2. August 2017 - vollstreckbar geworden sei, sei die Dauer der Aberkennung nicht vollständig, sondern erst im Umfang von zwanzig Tagen (2. bis 21. August 2017) vollzogen worden. Die restliche Dauer sei neu festzulegen, da der Ablauf des (ursprünglich) festgesetzten Zeitraums für die Vollstreckung nicht dazu führe, dass die Administrativmassnahme nicht mehr vollstreckt werden könne. 
A.________ focht diesen Entscheid der Verwaltungsrekurskommission mit Beschwerde an, die das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 30. April 2019 abwies, soweit es darauf eintrat. 
 
C.   
A.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 30. April 2019 aufzuheben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
Die Verwaltungsrekurskommission verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid betreffend die Aberkennung eines ausländischen Führerausweises. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht grundsätzlich offen (Art. 82 lit. a, Art. 83; Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer ist als Inhaber des aberkannten ausländischen Führerausweises und Adressat des angefochtenen Entscheids zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich zwar formal um einen Rückweisungsentscheid. Da dieser dem Strassenverkehrsamt jedoch bezüglich der Dauer der neu festzulegenden Aberkennung des ausländischen Führerausweises keinen Entscheidungsspielraum lässt, ist der angefochtene Entscheid als Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG zu qualifizieren (vgl. BGE 138 I 143 E. 1.2 S. 148 mit Hinweisen; Urteil 1C_20/2013 vom 28. Mai 2013 E. 1.1). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten.  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid verletze Bundes- oder Völkerrecht (Art. 95 lit. a und b BGG). Zulässig ist auch die Rüge der Verletzung von kantonalen verfassungsmässigen Rechten, kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und über Volkswahlen- und Abstimmungen (Art. 95 lit. c und d BGG). Abgesehen davon überprüft das Bundesgericht die Anwendung des kantonalen Rechts nicht als solche. Jedoch kann gerügt werden, diese Anwendung widerspreche dem Bundesrecht, namentlich dem Willkürverbot gemäss Art. 9 BV (BGE 142 II 369 E. 2.1 S. 372 mit Hinweisen). Nach der Praxis des Bundesgerichts verstösst ein Entscheid gegen dieses Verbot, wenn er im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, weil er zum Beispiel eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar erscheint, genügt nicht (BGE 141 I 70 E. 2.2 S. 72 mit Hinweisen).  
 
1.3. Das Bundesrecht wendet das Bundesgericht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten prüft es jedoch nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz ging zusammengefasst davon aus, das Strassenverkehrsamt habe mit Verfügung vom 22. Februar 2017 dem Beschwerdeführer den ausländischen Führerausweis für die Dauer von drei Monaten entzogen und gleichzeitig festgelegt, ab wann die Aberkennung gelten sollte. Da gegen diese Verfügung fristgerecht Rekurs erhoben worden sei und nach Art. 51 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons St. Gallen vom 16. Mai 1965 (VRP) mit der Erhebung des Rekurses im Erkenntnisverfahren die gleichzeitig angeordnete Vollstreckung gehemmt werde, habe die angeordnete Wirkungsdauer der Aberkennung jedoch nicht eintreten können. Daran ändere nichts, dass das Rekursverfahren aufgrund des Rückzugs des Rekurses nicht mit einem Sachurteil beendet worden sei. In einem solchen Urteil hätte die Verwaltungskommission die angeordnete Vollzugsdauer aufgehoben und das Strassenverkehrsamt angewiesen, diese Dauer neu festzulegen. Dem rechtskundig vertretenen Beschwerdeführer habe bekannt sein müssen, dass dem Rekurs gegen die Aberkennung des ausländischen Führerausweises - und damit auch der Vollstreckung derselben - von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukomme. Die Vollzugsverfügung vom 22. Februar 2017 sei deswegen aufgrund des Zeitablaufs weitgehend gegenstandslos geworden und habe daher vom Strassenverkehrsamt nicht widerrufen werden müssen. Vielmehr habe dieses Amt die bisher verhinderte und nicht verjährte Vollstreckung der dreimonatigen Aberkennung des Führerausweises neu festlegen dürfen. Dazu, dass dabei zwanzig Tage anzurechnen seien, äussere sich der Beschwerdeführer nicht.  
 
2.2. Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, die erste Vollstreckungsverfügung des Strassenverkehrsamtes vom 22. Februar 2017 sei mit dem Rückzug des dagegen erhobenen Rekurses in Rechtskraft erwachsen, weshalb für den Erlass einer erneuten Vollstreckungsverfügung kein Raum mehr bleibe. Daran ändere mangels einer formalen Aufhebung dieser Verfügung nichts, dass sie durch den Zeitablauf, bzw. die aufschiebende Wirkung des Rekurses, teilweise obsolet geworden sei. Für die vorinstanzliche Annahme, die Vollstreckungsverfügung werde diesfalls ohne formelle Aufhebung "gegenstandslos", fehle jede Grundlage. So weise die Vorinstanz selber zu Recht darauf hin, dass die Rechtsmittelbehörde bei der Abweisung eines Rekurses gegen eine Sachverfügung die Vollstreckungsverfügung aufheben müsse, soweit sie aufgrund der aufschiebenden Wirkung des Rekurses gegenstandslos geworden sei. Die Vorinstanz argumentiere daher widersprüchlich und verstosse gegen das Willkürverbot gemäss Art. 9 BV, wenn sie beim Rückzug eines Rekurses mit aufschiebender Wirkung von der Gegenstandslosigkeit der (ersten) Vollstreckungsverfügung ausgehe und dennoch bei einem Sachurteil eine formale Aufhebung dieser Verfügung verlange. Wenn das Strassenverkehrsamt bei Aberkennungen von Führerausweisen gleichzeitig Sach- und Vollstreckungsverfügungen erlasse, trage es daher die Gefahr, dass beide Verfügungen in Rechtskraft erwachsen, obwohl die Vollstreckungsverfügung beim Rückzug eines Rekurses durch Zeitablauf de facto obsolet geworden sei.  
 
2.3. Mit diesen Ausführungen bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass der ursprünglich verfügte Vollzug der dreimonatigen Aberkennung seines ausländischen Führerausweises zufolge des Rekurses mit aufschiebender Wirkung bis zu dessen Rückzug rechtlich unwirksam blieb. Die Vorinstanz durfte daher in vertretbarer Weise annehmen, das Strassenverkehrsamt habe den durch den Rekurs verhinderten Vollzug der angeordneten Führerausweisaberkennung neu festlegen dürfen. Daran vermag nichts zu ändern, dass die Verwaltungsrekurskommission keinen Entscheid in der Sache fällte und sie bei der Abschreibung des Rekursverfahrens nicht ausdrücklich vorsah, dass der Vollzug der Führerausweisaberkennung neu festzulegen sei, soweit er durch die aufschiebende Wirkung des Rekurses verhindert wurde. Damit erweist sich die Rüge der Verletzung des Willkürverbots gemäss Art. 9 BV als unbegründet, weshalb offenbleiben kann, ob sie den Begründungsanforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG genügt (vgl. dazu BGE 142 II 369 E. 2.1 S. 372 mit Hinweisen).  
 
2.4. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen, gegenstandslos.  
 
3.   
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. 
 
3.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen, der Verwaltungsrekurskommission und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung III, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. August 2019 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Gelzer