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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_193/2022  
 
 
Urteil vom 16. September 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. André Largier, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Invalidenrente; Invalideneinkommen), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 20. Januar 2022 (UV.2021.00073). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1986 geborene A.________ war seit dem 1. Februar 2019 bei der B.________ GmbH als Gipser angestellt und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 6. Februar 2019 stürzte er auf der Baustelle, woraufhin gleichentags im Spital C.________ eine dislozierte Luxationsfraktur am Ellenbogen mit Radiushalsfraktur und Olecranonabrissfraktur rechts sowie eine distale Radiusfraktur diagnostiziert wurden und eine Operation stattfand. Die Suva erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung und Taggeld). Per 31. Oktober 2019 wurde das Arbeitsverhältnis bei der B.________ GmbH im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst. Mit Verfügung vom 28. Oktober 2020 sprach die Suva A.________ eine Integritätsentschädigung basierend auf einer Integritätseinbusse von 10 % zu und verneinte - ausgehend von einem Invaliditätsgrad von 4 % - einen Anspruch auf eine Invalidenrente. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 24. Februar 2021 fest. 
 
B.  
Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 20. Januar 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, ihm sei in Aufhebung des angefochtenen Urteils mit Wirkung ab 1. März 2020 eine angemessene Rente zuzusprechen. 
 
Die Suva schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1; 145 V 57 E. 4.2, je mit Hinweis).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Streitig ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, indem es in Bestätigung des Einspracheentscheids vom 24. Februar 2021 einen Rentenanspruch nach UVG verneinte. Die Integritätsentschädigung war bereits im Einspracheverfahren nicht mehr strittig, sodass diesbezüglich Teilrechtskraft eingetreten ist (vgl. dazu BGE 144 V 354 E. 4.3 mit Hinweisen).  
 
2.2. Letztinstanzlich unbestritten sind das Zumutbarkeitsprofil des Beschwerdeführers sowie das anhand der Tabellenlöhne der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) festgesetzte hypothetische Einkommen im Gesundheitsfall (Valideneinkommen) in der Höhe von Fr. 71'603.-. Bezüglich des nach Eintritt der Gesundheitsschädigung zumutbarerweise noch erzielbaren Verdienstes (Invalideneinkommen) ist ebenfalls nicht mehr streitig, dass er anhand der Tabellenlöhne der LSE auf Fr. 68'992.- festzusetzen ist. Umstritten ist einzig noch, ob davon ein leidensbedingter Abzug zu gewähren ist.  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz legte die massgebenden Bestimmungen und Grundsätze zum Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung (Art. 18 Abs. 1 UVG i.V.m. Art. 8 ATSG) sowie zur Bemessung des Invaliditätsgrades bei Erwerbstätigen nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) zutreffend dar. Darauf wird verwiesen.  
 
3.2. Zu betonen ist, dass bei der Ermittlung des Invalideneinkommens auf der Grundlage von statistischen Lohndaten wie namentlich der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebung (LSE) der so erhobene Ausgangswert gemäss der Rechtsprechung allenfalls zu kürzen ist. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass persönliche und berufliche Merkmale wie Art und Ausmass der Behinderung, Lebensalter, Dienstjahre, Nationalität oder Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben können und die versicherte Person je nach Ausprägung deswegen die verbliebene Arbeitsfähigkeit auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem erwerblichem Erfolg verwerten kann. Der Abzug soll aber nicht automatisch erfolgen. Er ist unter Würdigung der Umstände im Einzelfall nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen und darf 25 % nicht übersteigen (BGE 148 V 174 E. 6.3 mit Hinweisen).  
 
Ob ein (behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter) Abzug vom Tabellenlohn vorzunehmen ist, stellt eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage dar. Dagegen ist die Höhe des (im konkreten Fall grundsätzlich angezeigten) Abzugs eine Ermessensfrage und daher letztinstanzlich nur bei Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung korrigierbar (BGE 148 V 174 E. 6.5 mit Hinweis). 
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht bestätigte das von der Beschwerdegegnerin auf Fr. 68'992.- bezifferte Invalideneinkommen, das auf der Basis des Zentralwerts der Tabelle TA1_tirage_skill_level der LSE 2018 (Privater Sektor,Total, Männer, Kompetenzniveau 1), unter Umrechnung auf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 41,7 Stunden und in Berücksichtigung der Nominallohnentwicklungen 2019 und 2020 von je 0,9 % ermittelt worden war. Es pflichtete der Beschwerdegegnerin mit Blick auf das unbestrittene Tätigkeitsprofil des Beschwerdeführers und die Rechtsprechung des Bundesgerichts insbesondere auch darin bei, dass die Voraussetzungen für einen leidensbedingten Abzug nicht gegeben seien. In Vergleich mit dem Valideneinkommen von Fr. 71'603.- ermittelte die Vorinstanz, wie bereits die Suva, einen rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 4 %.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer macht unter Berufung auf den in der SZS 2021 S. 287 ff. publizierten Beitrag "Der Weg zu einem invaliditätskonformeren Tabellenlohn" von Prof. em. Riemer-Kafka und Dr. phil. Schwegler letztinstanzlich ernsthafte sachliche Gründe für eine Praxisänderung geltend. Er verweist namentlich auf die im Anhang des erwähnten Beitrags aufgeführten Tabellen Kompetenzniveau (KN) 1 "light" und KN 1 "light-moderate", die es seiner Meinung nach rechtfertigten, die bisherige Praxis den neuen Gegebenheiten bei der Bemessung des Leidensabzugs für Hilfsarbeiter anzupassen. Es sei durch diese Tabellen nämlich wissenschaftlich sowie statistisch belegt, dass Hilfsarbeiter, die gesundheitsbedingt nur noch körperlich leichte Arbeiten verrichten könnten, auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt 16 % weniger verdienten als Hilfsarbeiter ohne Belastungsgrenzen bzw. im Gesamtdurchschnitt. Der Beschwerdeführer beantragt daher, das von der Vorinstanz auf Fr. 68'992.- festgesetzte Invalideneinkommen sei um einen Leidensabzug von 15 % zu kürzen. Eine solche Kürzung rechtfertige sich auch deshalb, weil er als Rechtshänder durch die Verletzung seines rechten Arms bzw. Ellenbogens auf dem ihm offenstehenden Arbeitsmarkt besonders eingeschränkt sei, dies nicht nur belastungsmässig, sondern auch hinsichtlich Umwendbewegungen der rechten Hand.  
 
5.  
 
5.1. Mit BGE 148 V 174 entschied das Bundesgericht - unter anderem auch mit Bezugnahme auf den vom Beschwerdeführer erwähnten SZS-Beitrag von Riemer-Kafka/Schwegler (vgl. E. 8.3 des erwähnten Urteils) -, dass im heutigen Zeitpunkt kein ernsthafter sachlicher Grund für die Änderung der Rechtsprechung besteht, wonach Ausgangspunkt für die Bemessung des Invalideneinkommens anhand statistischer Werte grundsätzlich die Zentral- bzw. Medianwerte der LSE darstellen. Namentlich war für das Bundesgericht aufgrund der Vorbringen des dortigen Beschwerdeführers nicht ersichtlich, inwiefern die Ermittlung des Invalideneinkommens basierend auf den Medianwerten der LSE, allenfalls korrigiert um einen leidensbedingten Abzug und/ oder eine Parallelisierung, diskriminierend sein sollte (E. 9.2.3 des erwähnten Urteils). Ausserdem machte das Bundesgericht deutlich, dass auch die im Anhang des erwähnten SZS-Beitrags aufgeführten Tabellen KN 1 "light" und KN 1 "light-moderate" zu LSE TA1_tirage_skill_level, auf die sich der Beschwerdeführer vorliegend beruft, keinen ernsthaften sachlichen Grund für eine Änderung der Rechtsprechung zur Ermittlung des Invalideneinkommens anhand statistischer Werte darstellen (E. 9.2.4 des erwähnten Urteils). Gemäss dem Urteil 8C_541/2021 vom 18. Mai 2022 (E. 5.2.1) gilt der zur bis 31. Dezember 2021 geltenden Rechtslage im Bereich der Invalidenversicherung ergangene BGE 148 V 174 infolge des Grundsatzes der Einheitlichkeit des Invaliditätsbegriffs auch für den Bereich der Unfallversicherung.  
 
5.2. Der Beschwerdeführer erhebt keine neuen Einwände, welche die in BGE 148 V 174 ausführlich wiedergegebene bundesgerichtliche Rechtsprechung, auf die an dieser Stelle verwiesen werden kann, in Frage stellen könnten. Die von ihm angerufenen Tabellen KN 1 "light" und KN 1 "light-moderate" zu LSE TA1_tirage_skill_level rechtfertigen jedenfalls, wie bereits in BGE 148 V 174 entschieden, keine Änderung der Rechtsprechung.  
 
5.3. Auch soweit der Beschwerdeführer den beantragten Abzug von 15 % vom Tabellenlohn für gerechtfertigt hält, weil er aufgrund der Verletzung seines dominanten rechten Arms bzw. Ellenbogens auf dem ihm offenstehenden Arbeitsmarkt besonders eingeschränkt sei, ist ihm kein Erfolg beschieden.  
 
5.3.1. Die Vorinstanz stellte fest, gemäss dem unbestrittenen, ärztlich attestierten Tätigkeitsprofil seien leichte manuelle Tätigkeiten zumutbar, die das Bedienen von rüttelnden und vibrierenden Maschinen sowie Tätigkeiten mit häufiger Umwendbewegung der rechten Hand ausschliessen. Sie bestätigte die Beschwerdegegnerin darin, dass die Arbeiten im Kompetenzniveau 1 viele leichte Überwachungs-, Prüf- und Kontrolltätigkeiten sowie einfache administrative Tätigkeiten umfassen würden. Dazu zählten auch die Arbeiten, die der Beschwerdeführer mit seinen unfallbedingten Einschränkungen noch verrichten könne. Mit Blick auf die Rechtsprechung habe die Beschwerdegegnerin daher zu Recht keinen Abzug vom anhand der LSE ermittelten Invalideneinkommen gewährt. Weil dem Beschwerdeführer genügend Hilfsarbeitertätigkeiten im Kompetenzniveau 1 offen stünden, so das kantonale Gericht im Weiteren, rechtfertigten auch sein in der Schweiz nicht verwertbarer Ausbildungsabschluss, seine Aufenthaltskategorie und seine geringen Kenntnisse der deutschen Sprache keinen Abzug vom Tabellenlohn.  
 
5.3.2. Mit diesen vorinstanzlichen Erwägungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht ansatzweise auseinander, weshalb es dabei sein Bewenden hat. In der Beschwerde wird vielmehr unter Verweis auf das Urteil 8C_48/2021 vom 20. Mai 2021 E. 4.3.4 (mit Hinweisen) eingeräumt, dass das Bundesgericht bisher davon ausgegangen sei, selbst die gesundheitlich bedingte Einschränkung auf leichte Arbeiten führe nicht automatisch zu einer Verminderung des hypothetischen Invalideneinkommens. In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung, wonach der Umstand allein, dass nur noch leicht- bis mittelschwer belastende Tätigkeiten zumutbar seien, auch bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit, kein Grund für einen leidensbedingten Abzug sei, gelangte das kantonale Gericht diesbezüglich einzig zum Schluss, die Beschwerdegegnerin habe sich nicht über diese Grundsätze hinweggesetzt. Inwieweit die Vorinstanz damit Bundesrecht verletzt haben soll, wird nicht dargetan und ist nicht ohne Weiteres ersichtlich. Vielmehr geht aus den Vorbringen des Beschwerdeführers hervor, dass er die geltende Rechtsprechung gestützt auf die Tabellen KN 1 "light" und KN 1 "light-moderate" zu LSE TA1_tirage_skill_level in Frage stellt. Dem kann nach dem in E. 5.1 und 5.2 hiervor Gesagten nicht gefolgt werden. Im Übrigen wird bezüglich des leidensbedingten Abzugs auf die nicht zu beanstandenden Erwägungen im vorinstanzlichen Urteil verwiesen, welchen nichts beizufügen ist.  
 
5.4. Zusammenfassend lassen die Rügen des Beschwerdeführers das angefochtene Urteil nicht als bundesrechtswidrig erscheinen, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.  
 
6.  
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 16. September 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch