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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_740/2021  
 
 
Urteil vom 17. Mai 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hänni, Bundesrichter Beusch, 
Gerichtsschreiber Seiler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Thomas Eichenberger und Claudio Helmle, Rechtsanwälte, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut, Hallerstrasse 7, 3012 Bern. 
 
Gegenstand 
Umteilung von Arzneimitteln, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III, 
vom 9. August 2021 (C-4697/2019). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die A.________ AG, Fabrikation chemisch-pharmazeutischer Produkte ist Zulassungsinhaberin der codeinhaltigen Arzneimittel B.________ Sirup (Zulassungsnummer www), C.________ Bronchialpastillen (Zulassungsnummer xxx), D.________ Filmtabletten (Zulassungsnummer yyy) und E.________ Sirup (Zulassungsnummer zzz), die nach der bis am 31. Dezember 2018 geltenden Rechtslage in die Abgabekategorie C eingeteilt waren. Mit im Wesentlichen gleich lautenden Vorbescheiden vom 31. Januar 2019 und vom 1. Februar 2019 stellte das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic (nachfolgend: Swissmedic) der Zulassungsinhaberin in Aussicht, die Arzneimittel B.________ Sirup, C.________ Bronchialpastillen, D.________ Filmtabletten und E.________ Sirup in die Abgabekategorie B umzuteilen, um die für die sichere Anwendung erforderliche Fachberatung zu gewährleisten. Am 10. Mai 2019 nahm die A.________ AG Stellung und beantragte, dass die Arzneimittel in die Abgabekategorie D umzuteilen seien und der Fixtext der Arzneimittelinformation nicht anzupassen sei. 
 
B.  
Mit Verfügung vom 25. Juli 2019 teilte Swissmedic die Arzneimittel B.________ Sirup, C.________ Bronchialpastillen, D.________ Filmtabletten und E.________ Sirup in die Abgabekategorie B um. Ferner verpflichtete Swissmedic die A.________ AG im Sinne einer Auflage, die durch diese Umteilung bedingten Anpassungen der Arzneimittelinformations- und Packmitteltexte innerhalb eines Jahres ab Datum der Umteilung zu implementieren (mit allfälliger Verlängerung dieser Übergangsfrist um maximal ein weiteres Jahr). Das Bundesverwaltungsgericht wies eine Beschwerde der A.________ AG gegen diese Verfügung mit Urteil vom 9. August 2021 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 16. September 2021 beantragt die A.________ AG die Aufhebung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. August 2021 und die Umteilung der Arzneimittel B.________ Sirup, C.________ Bronchialpastillen, D.________ Filmtabletten und E.________ Sirup in die Abgabekategorie D. In formeller Hinsicht beantragt die A.________ AG die Feststellung, eventualiter die Erteilung der aufschiebenden Wirkung. 
Swissmedic beantragt sinngemäss die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf inhaltliche Stellungnahme. 
Mit Verfügung vom 5. Oktober 2021 hat das Bundesgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet des Gesundheitsrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (Art. 84 Abs. 1 des Heilmittelgesetzes vom 15. Dezember 2000 [HMG; SR 812.21]; Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a und Art. 90 BGG). Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 42, Art. 100 Abs. 1 BGG) der hierzu legitimierten Beschwerdeführerin (Art. 89 Abs. 1 BGG) ist einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 147 I 73 E. 2.2; 143 IV 241 E. 2.3.1; 140 III 115 E. 2). Die beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Sie hat deshalb substanziiert darzulegen, weswegen diese Voraussetzungen gegeben sein sollen; wird sie dieser Anforderung nicht gerecht, bleibt es beim vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1).  
 
2.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). Die Verletzung von Grundrechten und kantonalem Recht überprüft das Bundesgericht nur, wenn eine konkrete Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht gem. Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 143 II 283 E. 1.2.2; 139 I 229 E. 2.2; 138 I 274 E. 1.6).  
 
3.  
In formeller Hinsicht rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 29 VwVG). Swissmedic habe das angebliche Missbrauchspotenzial der streitbetroffenen Arzneimittel erstmals in der Verfügung vom 25. Juli 2019 thematisiert und der Beschwerdeführerin zuvor keine Gelegenheit gegeben, sich zum angeblichen Missbrauchspotenzial zu äussern. 
Diese Rüge ist unbegründet. Die Vorinstanz hat das Missbrauchspotenzial nicht für relevant gehalten (vgl. angefochtenes Urteil E. 6.6), während Swissmedic das Missbrauchspotenzial lediglich im Sinne einer ergänzenden Begründung erwähnt, sich aber für die Umteilung der streitbetroffenen Arzneimittel in die Abgabekategorie B primär ebenfalls auf die betäubungsmittelrechtliche Gesetzeslage berufen hatte. Da dem Missbrauchspotenzial also keine entscheidende Bedeutung zukommt, ist auch die Gehörsverletzung zu verneinen; der Beschwerdeführerin ist von Swissmedic vor dem Entscheid über die Umteilung der streitgegenständlichen Arzneimittel im Übrigen das Äusserungsrecht gewährt worden. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie ihren Standpunkt nicht wirksam hätte ins Verfahren einbringen können (Urteil 2C_442/2021 vom 6. April 2022 E. 6.4). 
 
4.  
Der vorliegende Streit betrifft in materieller Hinsicht die Frage, ob die Arzneimittel B.________ Sirup, C.________ Bronchialpastillen, D.________ Filmtabletten und E.________ Sirup - wie von Swissmedic verfügt und von der Vorinstanz bestätigt - von der früheren Abgabekategorie C in die Abgabekategorie B oder - wie von der Beschwerdeführerin vertreten - in die Abgabekategorie D umzuteilen sind. Die Beurteilung dieser Frage richtet sich in erster Linie nach den einschlägigen Vorschriften des HMG (in der per 1. Januar 2019 in Kraft gesetzten Fassung; vgl. AS 2017 2745, 2018 3575; BBl 2013 1) und der Verordnung des Bundesrates vom 21. September 2018 über die Arzneimittel (Arzneimittelverordnung, VAM; SR 812.212.21). Da die streitbetroffenen Arzneimittel das Morphinderivat Codein enthalten, ist ausserdem die Betäubungsmittelgesetzgebung zu beachten (Art. 2 lit. a des Betäubungsmittelgesetzes vom 3. Oktober 1951 [BetmG; SR 812.121]; vgl. auch Anhang 1 der Verordnung des EDI vom 30. Mai 2011 über die Verzeichnisse der Betäubungsmittel, psychotropen Stoffe, Vorläuferstoffe und Hilfschemikalien, BetmVV-EDI, SR 812.121.11). Einschlägig ist neben dem BetmG namentlich die Verordnung des Bundesrates vom 25. Mai 2011 über die Betäubungsmittelkontrolle (BetmKV; SR 812.121.1). 
 
5.  
 
5.1. Das Bundesgericht hatte kürzlich einen Fall zu beurteilen, in dem es ebenfalls um die Umteilung von Arzneimitteln ging, die Codein (sowie Dihydrocodein) enthielten (Urteil 2C_442/2021 vom 6. April 2022). Es erwog, dass Drogistinnen und Drogisten betäubungsmittelhaltige Heilmittel nach der Konzeption des BetmG nicht an Patientinnen und Patienten abgeben dürfen, zumal Art. 9 BetmG eine solche Abgabe nur durch Medizinalpersonen und verantwortliche Leiter von öffentlichen oder von Spitalapotheken vorsieht (Urteil 2C_442/2021 vom 6. April 2022 E. 6.3.2). Die Umteilung der Arzneimittel in die Abgabekategorie D hätte jedoch zur Folge gehabt, dass sie auch von Drogistinnen und Drogisten hätten abgegeben werden können (vgl. Urteil 2C_442/2021 vom 6. April 2022 E. 4.1), und zwar nicht bloss im Falle einer kantonalen Mangelversorgung, wie dies die altrechtliche Regelung von Art. 25 Abs. 4 aHMG allenfalls zugelassen hätte (vgl. Urteil 2C_442/2021 vom 6. April 2022 E. 6.3.5). Im Interesse der Konkordanz zwischen den betäubungsmittelrechtlichen und den heilmittelrechtlichen Vorschriften folgerte das Bundesgericht, dass Art. 9 BetmG eine Zuteilung der in jenem Fall streitbetroffenen Arzneimittel in die Abgabekategorie D ausschloss, unabhängig davon, wie diese Arzneimittel aus einer rein heilmittelrechtlichen Perspektive einzuordnen gewesen wären (Urteil 2C_442/2021 vom 6. April 2022 E. 6.3.4).  
 
5.2. Der Fall der Beschwerdeführerin ist im Wesentlichen gleich gelagert. Die Beschwerdeführerin bringt denn auch weitgehend dieselben Argumente vor, mit denen sich das Bundesgericht bereits im Urteil 2C_442/2021 vom 6. April 2022 befasst hat. Ebensowenig wie dort sind diese Argumente hier dazu angetan, die Beurteilung der Vorinstanz als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Auch hier ist demnach davon auszugehen, dass das Betäubungsmittelrecht einer Umteilung der codeinhaltigen Arzneimittel in die Abgabekategorie D entgegensteht. Es ist deshalb betäubungsmittel- und heilmittelrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die Umteilung der streitbetroffenen Arzneimittel in die Abgabekategorie B geschützt hat.  
 
6.  
Soweit die Beschwerdeführerin die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) anruft, fehlt es ihrer Beschwerde an einer substanziierten Begründung (vgl. E. 2.1 hiervor); in der Sache wäre im Übrigen darauf hinzuweisen, dass die Regelungen des BetmG für das Bundesgericht massgebend sind (Art. 190 BV; Urteil 2C_442/2021 vom 6. April 2022 E. 6.4). 
 
7.  
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie ist abzuweisen. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Swissmedic steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, und dem Eidgenössischen Departement des Innern EDI schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. Mai 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: Seiler