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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_816/2020  
 
 
Urteil vom 19. Januar 2021  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Muschietti, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiber Traub. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, Postfach 1201, 6431 Schwyz, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Einstellung (Beschimpfung, Drohung, Nötigung), Kostenauflage, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Schwyz, Beschwerdekammer, vom 27. Mai 2020 (BEK 2019 203). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ beschuldigt B.________, ihr in vier E-Mails vorgeworfen zu haben, sie verschleudere das von ihrem Vater geerbte Vermögen mit sinnlosen Rechtsstreitigkeiten. Zudem teile er ihr darin mit, er habe dem Steueramt berichtet, dass sie eine grössere Menge an Bargeld in ihrem Kühlschrank lagere. 
A.________ stellte Strafanzeige resp. -antrag wegen Beschimpfung, Drohung, eventuell Nötigung, übler Nachrede, eventuell Verleumdung, und falscher Anschuldigung. Die Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln stellte das Strafverfahren gegen B.________ ein (Art. 319 Abs. 1 StPO; Verfügung vom 22. November 2019). 
 
B.   
Das Kantonsgericht Schwyz wies die Beschwerde, die A.________ gegen die Einstellungsverfügung eingereicht hatte, ab und auferlegte ihr Verfahrenskosten (Beschluss vom 27. Mai 2020). 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Die Sache sei an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen, damit sie die Strafuntersuchung weiterführe. Eventuell sei die Sache zur neuen Verlegung der Kosten an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
 
1.  
 
1.1. Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Die geschädigte Person kann adhäsionsweise Zivilforderungen geltend machen, die aus der Straftat abgeleitet werden (Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO). In erster Linie handelt es sich dabei um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR.  
Die Privatklägerschaft muss im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderung auswirken kann. Genügt die Beschwerde den strengen Anforderungen, die an die Begründung der Legitimation zu stellen sind, nicht, kann auf das Rechtsmittel nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderung es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 mit Hinweisen). 
Die Beschwerdeführerin beansprucht eine Genugtuung in bezifferter Höhe wegen widerrechtlicher Persönlichkeitsverletzung. Wird der Zivilanspruch mit einer Persönlichkeitsverletzung begründet, so ist in der Beschwerde darzutun, inwiefern sie objektiv und subjektiv schwer wiegt (vgl. Art. 49 Abs. 1 OR; Urteil 6B_730/2017 vom 7. März 2018 E. 1.4; 6B_555/2017 vom 29. September 2017 E. 3.2). Genugtuungsansprüche aus Persönlichkeitsverletzung entstehen nur, wenn der Eingriff aussergewöhnlich schwer ist und in seinen Auswirkungen "das Mass einer Aufregung oder einer alltäglichen Sorge klar übersteigt" (Urteil 6B_296/2020 vom 16. November 2020 E. 1.1 mit Hinweisen). 
Die Beschwerdeführerin legt dar, die Diskreditierung einer Person als Steuerhinterzieherin sei eine rufschädigende Tatsachenbehauptung. Sie sei durch die Handlungen des Beschuldigten in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Das nötigende Verhalten und die ehrverletzende Anschuldigung beim Steueramt hätten ihr Wohlbefinden und ihre psychische Integrität beeinträchtigt, sie in Angst und Schrecken versetzt. Steuerbehördliche Untersuchungen seien bekanntlich äusserst unangenehm, belastend und zeitraubend. Namentlich mit Blick auf den Umstand, dass sie als Vertreterin von Minderheitsrechten mit einer Vielzahl von Mit- und Stockwerkeigentümern konfligiere, erschienen die Handlungen des Beschuldigten besonders rücksichtslos, verletzend und böswillig. Die Anschuldigung, Steuern zu hinterziehen, sei zudem geeignet, sie in ihrem wirtschaftlichen Fortkommen nachhaltig zu behindern. Insgesamt wögen die Tathandlungen objektiv betrachtet schwer. Subjektiv bewirkten sie ein ausgeprägtes Gefühl der Bestürzung und des Gefühls, einer "zusammengerotteten, vermeintlich alles legitimierenden Mehrheit" ausgeliefert zu sein. Die seelische Unbill gehe über das Mass alltäglicher Sorgen oder Unannehmlichkeiten hinaus. Der Beschuldigte habe sich bisher weder für seine Taten entschuldigt noch habe er versucht, diese in irgendeiner Form wiedergutzumachen. Er bedauere sein Vorgehen nicht und zeige weder Reue noch Einsicht. Auch aus diesem Grund sei die geforderte Genugtuung von 500 Franken für einen guten Zweck gerechtfertigt. Die Einstellung des Verfahrens komme einem Freispruch gleich. Dies wirke sich zivilprozessual negativ auf den Genugtuungsanspruch aus. 
In dem mit Urteil vom 17. Dezember 2020 erledigten bundesgerichtlichen Verfahren 6B_582/2020 hatte die Beschwerdeführerin geltend gemacht, eine ehrenrührige Äusserung der dortigen Beschwerdegegnerin in Anwesenheit von rund 50 Personen anlässlich einer Schlichtungsverhandlung übersteige das Ausmass einer alltäglichen Ehrverletzung bei Weitem; sie weise objektiv betrachtet eine erhebliche Schwere auf, zumal damit die Schlichtung verunmöglicht worden sei; subjektiv habe die Äusserung bei ihr ein nachhaltiges Gefühl der Demütigung und seelischen Verletzung ausgelöst. In E. 1 des Urteils 6B_582/2020 liess das Bundesgericht offen, ob diese Vorbringen genügten, um die Eintretensvoraussetzung von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG als erfüllt gelten zu lassen. Hier ist die Frage zu verneinen, zumal die inkriminierte Äusserung nicht in einem öffentlichen Rahmen gefallen ist. Was das Argument betrifft, steuerbehördliche Untersuchungen seien äusserst belastend, bleibt festzuhalten, dass das Steueramt die Meldung des Beschuldigten nicht einmal dokumentiert hat (angefochtener Beschluss S. 6 E. 4). 
 
1.2. In der Sache ist die Beschwerdeführerin als Privatklägerin nicht beschwerdelegitimiert. Unter bestimmten Voraussetzungen kann sie jedoch eine Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen. Das nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich dann aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5).  
Die Beschwerdeführerin beruft sich auf eine Verletzung ihrer Parteirechte, insbesondere des rechtlichen Gehörs und des Anspruchs auf ein faires Verfahren. Sie habe an relevanten Verfahrenshandlungen, so an der Befragung des Beschuldigten, nicht teilnehmen und sich zur Sache und zum Verfahren nicht äussern können. Überdies habe sich die Vorinstanz mit ihren Ausführungen nicht hinreichend auseinandergesetzt, beantragte Beweise nicht abgenommen und ihren Entscheid weder rechtsgenügend noch widerspruchsfrei begründet. 
Zur Frage der Beweisabnahme erwägt die Vorinstanz u.a., die Parteien seien bereits einvernommen worden und es sei nicht ersichtlich, inwiefern sie an ihren Sachdarstellungen noch etwas ändern sollten resp. glaubhaft anders aussagen könnten. Das inkriminierte Schreiben des Beschuldigten an das Steueramt sei bei den Akten gewesen, zu denen die Beschwerdeführerin Stellung nehmen konnte (angefochtener Beschluss S. 6 f. E. 5). Den Ausführungen in der Beschwerdeschrift mangelt es am notwendigen Bezug zu diesen Erwägungen (Art. 42 Abs. 2 BGG). Mithin fehlt es diesbezüglich ebenfalls an einer Sachurteilsvoraussetzung. 
Im Übrigen begründet die Beschwerdeführerin ihren Standpunkt, der Anspruch auf ein faires Verfahren und das Verbot der Rechtsverweigerung seien verletzt, über weite Strecken mit Ausführungen zur Sache selbst. Unter dem Titel der Verletzung von Verfahrensrechten sind aber nur Rügen formeller Natur zulässig, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu hören sind Vorbringen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5; 138 IV 248 E. 2 S. 250). Soweites sich hier aber gerade so verhält, z.B. was den Umfang der vorinstanzlichen Begründung zu den einzelnen Tatvorwürfen betrifft, ist deshalb auch unter diesem Titel nicht auf das Rechtsmittel einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Für den Fall, dass der angefochtene Beschluss und damit die Einstellungsverfügung in der Sache Bestand haben, rügt die Beschwerdeführerin die Auferlegung der vorinstanzlichen Verfahrenskosten und den Umstand, dass sie nicht für ihre Aufwendungen im Strafverfahren entschädigt wurde. Sie macht geltend, die Vorinstanz habe sich nicht mit ihrem Vorbringen auseinandergesetzt, der Beschuldigte habe mit seinen E-Mails und seiner Anzeige in rechtswidriger und schuldhafter Weise bewirkt, dass das Strafverfahren gegen ihn eingeleitet und entsprechend Kosten verursacht worden seien. Diese seien daher dem Beschuldigten aufzuerlegen (Art. 426 Abs. 2 StPO). Gleichzeitig habe dieser sie als Privatklägerin angemessen für ihre Parteikosten zu entschädigen (Art. 433 Abs. 1 lit. b StPO).  
 
2.2. Der Kostenentscheid ist als solcher vor Bundesgericht anfechtbar, wenn an seiner Aufhebung oder Änderung ein selbständiges rechtlich geschütztes Interesse besteht (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ingress BGG). Die Beschwerdeführerin kann als Privatklägerin ausserhalb der Beurteilung ihrer Zivilansprüche eine unmittelbare Verletzung rechtlich geschützter Interessen geltend machen (vgl. BGE 133 IV 121 E. 1.1 S. 123 mit Hinweis auf Materialien; NIKLAUS OBERHOLZER, in: Handkommentar zum BGG, Bern 2015, N 12 zu Art. 81 BGG). Die bundesrechtlichen Bestimmungen über die Kostenfolgen im kantonalen Berufungs- resp. Beschwerdeverfahren begründen einen subjektiven Anspruch darauf, als Privatklägerschaft nur unter den in Art. 427 f. und 432 StPO umschriebenen Voraussetzungen mit Kosten belastet zu werden (Urteil 6B_1039/2017 vom 13. März 2018 E. 1.2.3; PIERRE FERRARI, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N 16 zu Art. 81 BGG).  
 
2.3. Art. 426 Abs. 2 StPO setzt voraus, dass die beschuldigte Person die Einleitung des eingestellten Verfahrens in rechtswidriger und schuldhafter Weise veranlasst hat. Das (rechtsgenüglich nachgewiesene) Verhalten eines Angeschuldigten ist als widerrechtlich zu qualifizieren, wenn es klar gegen Normen der Rechtsordnung verstösst, die den Angeschuldigten direkt oder indirekt zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen verpflichten (vgl. Art. 41 Abs. 1 OR; BGE 116 Ia 162 E. 2a, 2c und 2d/bb; in BGE 145 IV 114 nicht veröffentlichte E. 9.2 des Urteils 6B_1314/2016 vom 10. Oktober 2018).  
Da in der Sache nicht auf die Beschwerde einzutreten ist, bleibt es diesbezüglich beim angefochtenen Beschluss (oben E. 1). Die dort massgebenden Gründe, weshalb die inkriminierten Äusserungen des Beschuldigten keinen Straftatbestand erfüllen (dazu im Einzelnen: angefochtener Beschluss, S. 3 f. E. 2, S. 4 ff. E. 3, S. 6 E. 4), schliessen darüber hinaus auch ein zivilrechtlich qualifiziert vorwerfbares Verhalten (Urteil 6B_1200/2017 vom 4. Juni 2018 E. 4.4) aus (vgl. das die Beschwerdeführerin betreffende Urteil 6B_582/2020 vom 17. Dezember 2020 E. 4.1). 
Insoweit ist die Beschwerde in den gerügten Kostenpunkten unbegründet. 
 
3.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die bundesgerichtlichen Verfahrenskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Schwyz, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Januar 2021 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Traub