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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_334/2021  
 
 
Urteil vom 19. Juli 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter von Werdt, Bovey, 
Gerichtsschreiber Zingg. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Tschechische Republik, 
Finanzministerium, Letenská 15, 118 10, Prag 1, Tschechische Republik, vertreten durch 
Rechtsanwalt Dr. Lucien Valloni, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________ GmbH, 
vertreten durch Rechtsanwalt Felix C. Meier-Dieterle und/oder Rechtsanwältin Barbara Badertscher, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Definitive Rechtsöffnung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 27. Januar 2021 (BR.2020.31). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die A.________ GmbH führte zusammen mit B.________ als Kläger (claimants) ein Schiedsverfahren gegen die Tschechische Republik als Beklagte (respondent) vor dem Ständigen Schiedshof (PCA; hier mit Sitz in Genf). Mit Entscheid vom 2. Mai 2018 wies der Schiedshof die Ansprüche der Kläger ab. Zudem hielt der Schiedshof fest, dass die Kläger der Beklagten (als Prozessentschädigung) innerhalb von 28 Tagen nach Zustellung des Schiedsurteils den Betrag von USD 1,75 Mio. und GBP 178'125.50 zu zahlen hätten. Dieser Entscheid wurde beim Bundesgericht nicht angefochten. 
Auf Gesuch der Tschechischen Republik hin liess das Bezirksgericht Weinfelden mit Entscheid vom 12. März 2019 für Forderungen von Fr. 1'749'545.-- sowie Fr. 235'218.29, je nebst 5 % Zins seit dem 31. Mai 2018, auf sämtliche Vermögenswerte der A.________ GmbH bei der Bank C.________ Arrest legen. Als Grund der Forderungen wurden im Arrestbefehl die Verfahrenskosten aus dem Schiedsgerichtsurteil vom 2. Mai 2018 angegeben. Eine Arresteinsprache der A.________ GmbH wies das Bezirksgericht mit Entscheid vom 23. Dezember 2019 ab. 
Am 21. März 2019 reichte die Tschechische Republik beim Betreibungsamt Bezirk Weinfelden das Betreibungsbegehren über die in der Arresturkunde zugesprochenen Beträge ein. Gegen den Zahlungsbefehl (Betreibung Nr. xxx) erhob die A.________ GmbH Rechtsvorschlag. 
 
B.  
Mit Gesuch vom 16. Januar 2020 beantragte die Tschechische Republik dem Bezirksgericht Weinfelden, den Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Bezirk Weinfelden aufzuheben und ihr die definitive Rechtsöffnung zu erteilen für Fr. 1'749'545.-- nebst Zins zu 5 % seit 31. Mai 2018 und für Fr. 235'218.29 nebst Zins zu 5 % seit 31. Mai 2018. Die A.________ GmbH beantragte die Abweisung des Rechtsöffnungsgesuchs. 
Mit Entscheid vom 28. Mai 2020 erteilte das Bezirksgericht Weinfelden in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Bezirk Weinfelden definitive Rechtsöffnung für Fr. 1'749'545.-- sowie für Fr. 235'218.29, je nebst Zins zu 5 % seit 31. Mai 2018. 
 
C.  
Dagegen erhob die A.________ GmbH am 19. Juni 2020 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Thurgau. Sie beantragte, den Entscheid des Bezirksgerichts aufzuheben und das Rechtsöffnungsgesuch abzuweisen. Mit Beschwerdeantwort vom 6. Juli 2020 beantragte die Tschechische Republik die Abweisung der Beschwerde und die Bestätigung des angefochtenen Entscheids. Mit Replik vom 10. August 2020 und Duplik vom 24. August 2020 hielten die Parteien an den genannten Anträgen fest. Die A.________ GmbH äusserte sich am 7. September 2020 und die Tschechische Republik am 15. September 2020 nochmals. 
Mit Entscheid vom 27. Januar 2021 schützte das Obergericht die Beschwerde. Es hob den angefochtenen Entscheid auf und wies das Rechtsöffnungsgesuch ab (Verfahren BR.2020.31). 
Die Tschechische Republik liess - gestützt auf den Entscheid des Ständigen Schiedshofs vom 2. Mai 2018 - auch in U.________ auf Liegenschaften von B.________ Arrest legen und prosequieren. Das Bezirksgericht Kreuzlingen erteilte mit zwei Entscheiden vom 27. August 2020 Rechtsöffnung. Mit Entscheiden vom 27. Januar 2021 schützte das Obergericht des Kantons Thurgau auch die diesbezüglichen Beschwerden und wies die Rechtsöffnungsbegehren ab (Verfahren BR.2020.40 und BR.2020.43). 
 
D.  
Am 29. April 2021 hat die Tschechische Republik (Beschwerdeführerin) gegen die A.________ GmbH (Beschwerdegegnerin) Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht erhoben. Sie verlangt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils mit der Verfahrensnummer BR.2020.40, die Aufhebung des Rechtsvorschlags in der Betreibung Nr. yyy und die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung für Fr. 1'749'545.-- nebst Zins zu 5 % seit 31. Mai 2019 und Fr. 234'805.03 nebst Zins zu 5 % seit 31. Mai 2018. Eventuell sei die Sache an das Obergericht zurückzuweisen. Zudem ersucht sie um aufschiebende Wirkung. 
Das Bundesgericht hat zum Gesuch um aufschiebende Wirkung Stellungnahmen eingeholt. Die Beschwerdegegnerin hat um Abweisung des Gesuchs ersucht. Mit Präsidialverfügung vom 20. Mai 2021 hat das Bundesgericht das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen. 
 
Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, aber keine Vernehmlassungen in der Sache eingeholt. 
Am 29. April 2021 hat die Tschechische Republik auch gegen B.________ zwei Beschwerden in Zivilsachen an das Bundesgericht erhoben. Das Bundesgericht hat diesbezüglich die Verfahren 5A_335/2021 und 5A_336/2021 eröffnet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdeführerin bezeichnet den obergerichtlichen Entscheid BR.2020.40 als Anfechtungsobjekt. Die von der Beschwerdeführerin mit der vorliegenden Beschwerde ins Recht gefasste Beschwerdegegnerin war jedoch nicht Partei des obergerichtlichen Verfahrens BR.2020.40. Im Verfahren BR.2020.40 war B.________ Gegenpartei der hiesigen Beschwerdeführerin. Die vorliegende, gegen die Beschwerdegegnerin gerichtete Beschwerde müsste sich vielmehr gegen den Entscheid BR.2020.31 richten. Auch die in den Rechtsbegehren genannte Betreibungsnummer, die Beträge, für welche Rechtsöffnung verlangt wird, sowie der Beginn des Zinsenlaufs stimmen mit den Begehren überein, die in der gegen den Entscheid BR.2020.40 erhobenen Beschwerde (dazu Verfahren 5A_335/2021) gestellt werden. Es ist somit offensichtlich, dass die Rechtsbegehren in der vorliegenden Beschwerde wörtlich aus der gegen das Urteil BR.2020.40 gerichteten und B.________ betreffenden Beschwerde übernommen wurden. Die Rechtsbegehren im vorliegenden Verfahren beruhen damit auf einem offensichtlichen Versehen und sind deshalb nicht zu berücksichtigen. 
Rechtsschriften an das Bundesgericht haben Begehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Rechtsbegehren, die eine Geldsumme zum Gegenstand haben, sind zu beziffern (BGE 143 III 111 E. 1.2; 134 III 235 E. 2). Zwar ist für die Auslegung der Rechtsbegehren die Begründung der Beschwerde heranzuziehen (BGE 137 III 617 E. 6.2; 137 II 313 E. 1.3). Nachdem die gestellten Anträge aufgrund der offensichtlichen Verwechslung insgesamt nicht berücksichtigt werden können, geht es vorliegend jedoch nicht darum, dass Anträge ausgelegt werden könnten, sondern darum, die Beschwerde überhaupt erst mit Anträgen zu ergänzen, die zum Entscheid BR.2020.31 passen. Dies überschreitet das Mass einer zulässigen Auslegung. Eine solche Ergänzung liefe auf die Spekulation hinaus, dass die Beschwerdeführerin an ihrem erstinstanzlichen Rechtsöffnungsbegehren vollumfänglich hätte festhalten wollen, und sie käme einem Verzicht auf das Antragserfordernis von Art. 42 Abs. 1 BGG gleich. Aus der Begründung der Beschwerde ergibt sich im Übrigen nichts Weiterführendes, das Ansatzpunkt für eine Auslegung bilden könnte: Die Höhe der geltend gemachten Forderungen in Schweizer Franken - d.h. in der für ein Rechtsöffnungsverfahren relevanten Währung - wird nur in den mit "Vorinstanz und Streitwertgrenze" und "Sachverhalt und Prozessgeschichte" betitelten Teilen der Beschwerde angesprochen. Die darin genannten Beträge, die Betreibungsnummer sowie der Zinsenlauf wurden jedoch zusammen mit anderen Einzelheiten der Prozessgeschichte offensichtlich wiederum aus der Beschwerde gegen den Entscheid BR.2020.40 übernommen. Die Beschwerdeführerin bezieht sich sodann mehrfach auf das erstinstanzliche Urteil, doch spricht sie dabei durchwegs vom Bezirksgericht Kreuzlingen. Das Bezirksgericht Kreuzlingen hat jedoch nicht über die Rechtsöffnung gegen die Beschwerdegegnerin entschieden, sondern über die Rechtsöffnungen gegen B.________. 
Auf die Beschwerde kann demnach mangels genügender Anträge nicht eingetreten werden. 
 
2.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat die Beschwerdegegnerin für die Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende Wirkung angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 15'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Juli 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg