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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_315/2020  
 
 
Urteil vom 22. September 2020  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiberin Fleischanderl. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Bettina Surber, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung 
(Invalidenrente; Arbeitsunfähigkeit), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 25. März 2020 (VV.2018.269/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1961 geborene A.________ war seit August 2000 als Produktionsmitarbeiterin in einer Metzgerei tätig. Im März 2013 erhielt sie die Diagnose eines invasiven duktalen Mammakarzinoms links, welches in der Folge operativ und mittels Chemotherapie sowie Bestrahlung behandelt wurde. Anfang September 2013 meldete sie sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau zog u.a. ein zuhanden des zuständigen Krankentaggeldversicherers erstelltes monodisziplinäres Gutachten der MEDAS Ostschweiz vom 17. Juni 2014 bei und nahm mehrfach Rücksprache mit ihrem Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD; Auskünfte vom 18. und    30. Juni 2015); ferner liess sie A.________ polydisziplinär begutachten (Expertise der Ärztliches Begutachtungs-Institut [ABI] GmbH, Basel, vom 8. Juni 2015) und die Verhältnisse vor Ort im Haushalt abklären (Bericht vom 1. Oktober 2015). Auf dieser Basis stufte sie die Versicherte als im Gesundheitsfall teilerwerbstätig ein (90 % Erwerb/10 % Aufgabenbereich) und ermittelte gestützt auf die gemischte Bemessungsmethode einen rentenausschliessenden Invaliditätsgrad (Verfügung vom 10. Juni 2016). Auf Beschwerde hin hob das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache zu weiteren Abklärungen und anschliessendem neuen Entscheid an die Verwaltung zurück (Entscheid vom      29. März 2017). 
Die IV-Stelle veranlasste daraufhin erneute medizinische Untersuchungen durch das ABI (Expertise vom 26. September 2017 samt ergänzender Stellungnahme vom 22. Mai 2018) sowie Abklärungen im Haushalt (Bericht vom 6. Februar 2018). Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens sprach sie A.________ mit Verfügung vom 18. September 2018 bei einem Invaliditätsgrad von 91 % eine ganze Invalidenrente für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2014 zu; für den anschliessenden Zeitraum veranschlagte sie die Invalidität auf nurmehr 36 % respektive 12 %. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau ab (Entscheid vom 25. März 2020). 
 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die IV-Stelle anzuweisen, die Diagnosekriterien für die tumorassoziierte Fatigue umfassend zu klären und ihren Gesundheitszustand sowie die Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit nochmals zu überprüfen. Eventualiter sei ihr rückwirkend ab 1. März 2014 eine ganze Rente und für die Zeit vom 1. September 2014 bis 31. Oktober 2017 eine Viertelsrente zuzusprechen. Subeventualiter sei die Sache zur Festlegung des Rentengrades an die IV-Stelle zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Indes prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (vgl. Art. 42 Abs. 1 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236).  
 
2.   
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die am 18. September 2018 durch die Beschwerdegegnerin auf Ende August 2014 verfügte Befristung der per 1. März 2014 zugesprochenen ganzen Invalidenrente bestätigt hat.  
 
2.2. Im angefochtenen Entscheid wurden die wesentlichen Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Es betrifft dies namentlich die Bestimmungen und Grundsätze zur Invalidität (Art. 7 Abs. 1 ATSG) und zur Erwerbsunfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 ATSG), zum Rentenanspruch (Art. 28 Abs. 1 und 2 IVG), zur bei teilerwerbstätigen Versicherten zur Anwendung gelangenden gemischten Invaliditätsbemessungsmethode (Art. 28a Abs. 3 IVG und Art. 27bis IVV [sowohl in der bis 31. Dezember 2017 als auch in der ab 1. Januar 2018 gültigen Fassung]; BGE 133 V 477 E. 6.1 S. 485, 504 E. 3.3 S. 507 f.; Urteile 9C_690/2019 vom 20. Januar 2020 E. 2 und 9C_883/2018 vom 13. Juni 2019 E. 3.3 am Ende; vgl. zudem BGE 145 V 370) sowie zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a; 122 V 157 E. 1c S. 160 f.; ferner BGE 143 V 124 E. 2.2.2 S. 126 f.; 134 V 231 E. 5.1 S. 232 mit Hinweis). Darauf wird verwiesen.  
Zu ergänzen ist, dass auf die rückwirkende Zusprechung einer abgestuften und/oder befristeten Invalidenrente die für die Rentenrevision geltenden Normen (Art. 17 ATSG in Verbindung mit Art. 88a IVV) analog anzuwenden sind (BGE 131 V 164 E. 2.2 S. 165; Urteile 8C_240/2012 vom 24. Mai 2012 E. 2 mit Hinweisen und 9C_226/2011 vom 15. Juli 2011 E. 4.3.1, nicht publ. in: BGE 137 V 369, aber in: SVR 2012 IV Nr. 12 S. 61). 
 
3.   
 
3.1. In der Beschwerde wird zunächst gerügt, dem ABI-Gutachten vom 26. September 2017 (samt ergänzender Stellungnahme vom 22. Mai 2018), auf dessen Arbeits (un) fähigkeitsschätzung die Vorinstanz massgeblich abgestellt habe, käme kein Beweiswert zu. Insbesondere hätten sich die Experten entgegen den im kantonalgerichtlichen Rückweisungsentscheid vom 29. März 2017 enthaltenen Vorgaben nicht mit den in BGE 139 V 346 wiedergegebenen Grundsätzen bezüglich der invalidisierenden Wirkung einer Cancer-related Fatigue (CrF) auseinandergesetzt.  
 
3.2. Wie im angefochtenen Entscheid eingeräumt wird, haben sich die ABI-Fachärzte, namentlich der onkologische Spezialarzt Dr. med. B.________, weder in der Expertise vom 26. September 2017 selber noch im Nachtrag vom 22. Mai 2018 detailliert mit den in BGE 139 V 346 E. 3.4 S. 348 angeführten, von der Fatigue Coalition definierten Diagnosekriterien für die CrF befasst. Dennoch wurde zu deren Auswirkungen als Krankheitsbild auf das Leistungsvermögen der Beschwerdeführerin auch aus onkologischer Sicht eingehend Stellung genommen und nachvollziehbar begründet, weshalb für die Zeit vom 1. Juni 2014 bis 31. Dezember 2015 ("arbiträr wahrscheinlich") respektive bis - längstens - 30. Juni 2017 ("sicher") von einer          50 %igen und - spätestens - ab 1. Juli 2017 von einer 80 %igen Arbeitsfähigkeit auszugehen ist. Auch unter Berücksichtigung des im besagten Bundesgerichtsurteil Festgehaltenen erscheinen die Schlussfolgerungen der ABI-Experten, insbesondere des onkologischen Fachspezialisten, im Ergebnis als schlüssig. Jedenfalls sind mit der Vorinstanz keine Anhaltspunkte ersichtlich und werden auch von der Versicherten nicht dargetan, die Zweifel an den betreffenden Ausführungen zu wecken vermöchten bzw. die darauf fussenden Erkenntnisse des kantonalen Gerichts als offensichtlich unrichtig oder anderweitig rechtsfehlerhaft erscheinen liessen. Vielmehr hält die Aussage des Onkologen, aus der (subjektiven) Angabe der Beschwerden durch die Explorandin könne nicht automatisch eine Arbeitsunfähigkeit abgeleitet werden und es sei nach einer Dauer von mehr als zwei Jahren nach Abschluss der Therapie mangels objektiver klinischer Kriterien nicht plausibel, der CrF noch eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als 20 % beizumessen, auch vor BGE 139 V 346 stand. Darin wurde lediglich - aber immerhin - erwogen, dass der tumorassoziierten Fatigue als Begleitsymptom onkologischer Erkrankungen und ihrer Therapie zumindest mittelbar eine organische Ursache zugrunde liegt, weshalb es sich nicht rechtfertigt, darauf sozialversicherungsrechtlich die zum invalidisierenden Charakter somatoformer Schmerzstörungen entwickelten Prinzipien analog anzuwenden (E. 3.4 S. 348). Ebenso wenig kann die Beschwerdeführerin ferner aus dem Hinweis des Bundesgerichts im besagten Urteil, die CrF dauere in 30 bis 40 % der Fälle noch längere Zeit nach Therapieabschluss an (E. 3.3 S. 348), etwas zu ihren Gunsten ableiten. Vielmehr ergibt sich daraus zum einen, dass es nicht in sämtlichen derartigen Konstellationen zu anhaltenden Formen der CrF kommt. Zum anderen beendete die Versicherte ihre diesbezüglichen Therapien im November 2013; die ABI-Gutachter attestierten ihr eine Erhöhung der Arbeitsfähigkeit auf 80 % jedoch erst ab spätestens 1. Juli 2017, d.h. über dreieinhalb Jahre später. Auch vor diesem Hintergrund bietet die Bezugnahme auf BGE 139 V 346 somit keine Handhabe, die Feststellungen des kantonalen Gerichts in einem qualifiziert fehlerhaften Licht dastehen zu lassen. Einer Rückweisung der Angelegenheit zu weiteren medizinischen Abklärungen, wie von der Beschwerdeführerin beantragt, erübrigt sich daher.  
 
 
4.   
 
4.1. Hinsichtlich der vorinstanzlichen Erwägungen zu den erwerblichen Auswirkungen der festgestellten verminderten Leistungsfähigkeit wird einzig die Art und Weise der durch das kantonale Gericht vorgenommenen Einkommensparallelisierung beanstandet. Insbesondere sei es - so die Beschwerdeführerin - nicht "opportun", für die Parallelisierung des Einkommens, das sieerzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen), auf den Lohn gemäss Tabelle TA1_tirage_skill_level, Privater Sektor, der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2014 im Wirtschaftszweig "Herstellung von Nahrungsmitteln"         (Ziff. 10-11), Kompetenzniveau 1, Frauen, von Fr. 4004.- abzustellen.  
 
4.2. Die Versicherte übersieht dabei, dass ein Abweichen vom Regelfall, wonach das Valideneinkommen grundsätzlich anhand des zuletzt verdienten Lohnes zu bestimmen ist, erst dann in Frage kommt, wenn - unter anderem - der tatsächlich erzielte Verdienst deutlich unter dem  branchenüblichen LSE-Tabellenlohn liegt (BGE 135 V 297 E. 6.1.1 S. 302 mit Hinweisen). Massgeblich als Vergleichsgrösse ist mithin das branchenspezifische Durchschnittseinkommen und nicht, wie in der Beschwerde moniert, der dem Verdienst, welchen die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erwirtschaften könnte (Invalideneinkommen), zugrunde zu legende statistische Totalwert. Die allfällige Unterdurchschnittlichkeit des bisherigen Lohnes - hier als Produktionsarbeiterin in einer Metzgerei - misst sich in Gegenüberstellung zum branchenüblichen Einkommen, das als Referenzwert, basierend auf den Ergebnissen einer statistischen Durchschnittswertermittlung gemäss LSE, dient (BGE 135 V 297 E. 6.1.2 S. 302 f. und E. 6.1.3 S. 304; 134 V 322 E. 4.1 S. 326). Auch in diesem Punkt ist demnach keine Bundesrechtswidrigkeit der vorinstanzlichen Ausführungen erkennbar.  
 
5.   
Die übrigen vom kantonalen Gericht ermittelten Invaliditätsbemessungsfaktoren werden in der Beschwerde nicht gerügt. Es sind diesbezüglich keine Anhaltspunkte für offenkundige rechtliche Mängel auszumachen, weshalb sich Weiterungen erübrigen (E. 1.2 hiervor). 
Es hat damit beim vorinstanzlichen Entscheid sein Bewenden. 
 
6.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die unterliegende Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 22. September 2020 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl