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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_694/2020  
 
 
Urteil vom 25. März 2021  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiber Hochuli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Hochstrasser, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Suva, Abteilung Militärversicherung, Service Center, 6009 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Militärversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 25. September 2020 (VBE.2019.570). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ ist gelernter Bauer und Zimmermann. Vom August 2001 bis Oktober 2002 war er Angehöriger der Swiss Company (Swisscoy) und vom Mai 2003 bis April 2006 im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses für die "Militärische Sicherheit" (früher: Festungswachtkorps) tätig. Während dieser beiden Einsätze war A.________ militärversichert. Nach der infolge Vaterschaft vorzeitig angetretenen Rückkehr aus dem freiwillig verlängerten Swisscoy-Einsatz in U.________ veranlasste der Hausarzt Dr. med. B.________ am 7. November 2002 eine Kontrolle der Leberwerte, die sich bis zum 3. Dezember 2002 wieder normalisierten. Anlässlich der sanitarischen Aufnahmeuntersuchung des Dr. med. C.________ vom März 2003 war bekannt, dass A.________ nach eigenen Angaben täglich sechs Deziliter Bier, zwanzig Zigaretten und etwa alle zwei bis drei Wochen Cannabis konsumierte. Nach einer Schussabgabe aus der Dienstwaffe in seiner Wohnung am 10. September 2003 bestätigte das Obergericht des Kantons Aargau am 20. September 2007 unter anderem den Schuldspruch gegen A.________ wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung. Dr. med. D.________ meldete der Schweizerischen Unfallversicherung, Abteilung Militärversicherung (nachfolgend: Suva-MV oder Beschwerdegegnerin) am 2. Juni 2004, dass A.________ an Pulsrasen, Palpitation und Thoraxschmerzen leide. Ab 20. September 2004 war er infolge psychischer Beschwerden voll arbeitsunfähig. Die Suva-MV anerkannte auch in Bezug auf die am 6. Dezember 2004 vom Hausarzt angemeldete Depression mit rund dreieinhalbmonatiger stationärer Behandlung in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie E.________ ihre (vorläufige) Leistungspflicht. Im Rahmen eines Vorfalls vom 3. August 2005 (häusliche Gewalt und Fahren in angetrunkenem Zustand) verfügte das Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau am 13. Oktober 2005 zusätzlich zum Führerausweisentzug eine fachärztliche Begutachtung hinsichtlich eines allfälligen Alkoholismus bzw. einer Trunksucht. Im Zusammenhang mit Cannabis- und Alkoholkonsum erlitt A.________ am 19. August 2005 einen epileptischen Anfall. Im Oktober 2005 unternahm A.________ einen Suizidversuch, bevor er am 9. Oktober 2005 freiwillig zu einem zweimonatigen Aufenthalt in die Psychiatrische Klinik F.________ eintrat, wo unter anderem eine chronifizierte posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) diagnostiziert wurde. Wegen seit August 2005 anhaltender Rückenprobleme sowie epileptischer und depressiver Beschwerden meldete sich A.________ am 5. März 2007 auch bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Von dieser bezieht er seit 1. Mai 2008 basierend auf einem Invaliditätsgrad von 94% eine ganze Invalidenrente (Verfügung vom 4. April 2008). Mit Blick auf die polydisziplinäre Expertise des Zentrums für Medizinische Begutachtung (ZMB) in Basel vom 20. April 2010 (nachfolgend: ZMB-Gutachten) verneinte die Suva-MV eine Haftung nach Art. 6 MVG für die Persönlichkeitsstörung, die PTBS sowie den schädlichen Gebrauch von Alkohol und Cannabis. Zudem verzichtete die Suva-MV auf eine Rückforderung der bis am 31. August 2009 entstandenen Behandlungskosten (Verfügung vom 19. November 2010). Auf Einsprache hin hielt die Suva-MV an der Verfügung fest und präzisierte, dass sie die Haftung zusätzlich auch für die emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ ablehne (Einspracheentscheid vom 21. Februar 2012).  
 
A.b. Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau am 28. Februar 2013 teilweise gut. Es hob den Einspracheentscheid vom 21. Februar 2012 auf und wies die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen und anschliessendem Neuentscheid über die Leistungspflicht an die Suva-MV zurück. A.________ verzichtete auf die Anfechtung der Zwischenverfügung vom 19. April 2016 betreffend Veranlassung einer psychiatrischen und neurologischen Begutachtung. Die Dres. med. G.________, leitender Arzt der Klinik für Neurologie am Spital H.________, und Dr. med. I.________, Chefarzt der Psychiatrischen Klinik am Spital H.________, erstatteten ihre beiden Expertisen am 17. Juli 2017 (nachfolgend: neurologisches Gutachten) und 16. März 2018 (nachfolgend: psychiatrisches Gutachten). Mit Verfügung vom 30. Januar 2019 hielt die Suva-MV an der Haftungsablehnung für die Persönlichkeitsstörung, die (komplexe) PTBS, die Epilepsie sowie den schädlichen Gebrauch von Alkohol und Cannabis fest. Gleichzeitig kündigte die Suva-MV an, auf eine Rückforderung der bereits bis zum 31. August 2009 für alle diese Gesundheitsschädigungen bezahlten Behandlungskosten zu verzichten. Auf Einsprache hin bestätigte die Suva-MV die Haftungsablehnung für die emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ und die (komplexe) PTBS. Im Übrigen präzisierte die Suva-MV die Haftungsablehnung in zeitlicher Hinsicht für die Abhängigkeitserkrankungen von Alkohol und Cannabinoiden ab 18. März 2004 sowie für die (epileptischen) Anfälle ab 1. Mai 2006 (Einspracheentscheid vom 27. Juni 2019).  
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau teilweise gut, indem es den Einspracheentscheid vom 27. Juni 2019 insoweit abänderte, als es die volle Haftung der Suva-MV für die Abhängigkeitserkrankungen von Alkohol und Cannabinoiden bis zum 30. April 2007 bejahte. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Entscheid vom 25. September 2020). 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, es seien unbefristete gesetzliche Leistungen auszurichten. Eventualiter sei die Sache zur Einholung eines Obergutachtens zurückzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur rechtsgenüglichen Sachverhaltsabklärung zurückzuweisen. 
Während die Suva-MV auf Beschwerdeabweisung schliesst, verzichten die Vorinstanz und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf eine Vernehmlassung. 
Am 8. Februar 2021 nimmt A.________ unaufgefordert Stellung zur Beschwerdeantwort. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.   
Strittig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie - abgesehen von der abweichend vom Einspracheentscheid vom 27. Juni 2019 festgelegten Haftungsdauer für die Abhängigkeitserkrankungen - die Haftungsablehnung der Suva-MV bestätigte. 
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zur Haftung der Militärversicherung bei während des Dienstes auftretenden Gesundheitsschäden wie auch bei Rückfällen und Spätfolgen sowie bei vordienstlichen Gesundheitsschädigungen (Art. 5-7 MVG; BGE 111 V 370 E. 1b S. 372, 105 V 225 E. 3a S. 229; vgl. dazu JÜRG MAESCHI, Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung [MVG] vom 19. Juni 1992, Bern 2000, N. 41 ff. Vorbemerkungen zu Art. 5-7 MVG, N. 21 ff. zu Art. 5 MVG, N. 12 und 23 f. zu Art. 6 MVG) zutreffend dargelegt. Korrekt sind sodann auch die Ausführungen zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 137 V 210 E. 6.2.2 S. 269; 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352). Darauf wird verwiesen.  
 
3.2. Ergänzend ist festzuhalten: Das Versicherungsverhältnis zur Militärversicherung erstreckte sich auf die ganze Dauer des Swisscoy-Einsatzes vom August 2001 bis Oktober 2002 und des befristeten Arbeitsverhältnisses für die "Militärische Sicherheit" vom Mai 2003 bis April 2006 (vgl. Art. 3 Abs. 1 MVG). Innerhalb dieser beiden Zeiträume haftete die Militärversicherung für alle Schädigungen der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit des Beschwerdeführers sowie für deren unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen (vgl. Art. 4 Abs. 1 MVG) durchgehend auch während der Freizeit und den Ferien (vgl. JÜRG MAESCHI, a.a.O., N. 10 zu Art. 3 MVG) bzw. der freien Zeit (JÜRG MAESCHI, a.a.O., N. 23 zu Art. 3 MVG).  
 
3.3. Ist die Erkrankung während des Dienstes in Erscheinung getreten und gemeldet worden, wird der adäquate Kausalzusammenhang zwischen den Einwirkungen während des Dienstes und der Gesundheitsschädigung vermutet und kann nur durch den gegenteiligen Sicherheitsbeweis (Art. 5 Abs. 2 MVG) ausgeschlossen werden (SVR 2017 MV Nr. 1 S. 1, 8C_522/2016 E. 5 und SVR 2008 MV Nr. 3 S. 7, 8C_283/2007 E. 4.1, je mit Hinweisen). Der Sicherheitsbeweis gilt als geleistet, wenn feststeht, dass nach der medizinischen Erfahrung eine Einwirkung verschlimmernder Faktoren während des Dienstes praktisch ausgeschlossen ist (BGE 111 V 141 E. 4 S. 146; SVR 2017 MV Nr. 1 S. 1, 8C_522/2016 E. 5; Urteil 8C_749/2019 vom 18. Juli 2020 E. 3.1).  
 
3.4. Während bei psychischen Störungen nach einem im Dienst erlittenen Unfall die Adäquanz des Kausalzusammenhangs im Rahmen von Art. 6 MVG nach den von der Rechtsprechung im Unfallversicherungsbereich entwickelten Grundsätzen zu prüfen ist (BGE 123 V 137; Urteil 8C_241/2014 vom 8. Juli 2014 E. 4.1 i.f.), richtet sich die Adäquanzprüfung bei Schreckereignissen nach der allgemeinen Adäquanzformel (BGE 129 V 177 E. 4.2 S. 184 f.; Urteil 8C_589/2020 vom 26. Januar 2021 E. 6.4 mit Hinweisen).  
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht stellte fest, der Beschwerdeführer habe gegen das neurologische Gutachten zu Recht keine Einwände erhoben. In Bezug auf das ebenfalls im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholte psychiatrische Gutachten seien - auch mit Blick auf die Vorbringen des Beschwerdeführers - keine begründeten Zweifel an den gutachterlichen Einschätzungen ersichtlich. Auf die beiden beweiskräftigen Gutachten sei abzustellen. Der rechtserhebliche medizinsche Sachverhalt stehe demnach fest. Von weiteren Abklärungen seien in antizipierter Beweiswürdigung keine entscheidwesentlichen neuen Erkenntnisse zu erwarten.  
 
4.2. Im Weiteren erkannte die Vorinstanz im Wesentlichen gestützt auf die beiden besagten Gutachten, was folgt:  
 
4.2.1. Die in der Vergangenheit gestellte Diagnose einer Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ habe im Sinne von Art. 5 Abs. 2 lit. a MVG sicher vordienstlich vorbestanden. Deren Symptomatik sei ab 2002 derart stark mit derjenigen der PTBS konfluierend gewesen, dass daraus eine komplexe PTBS (nachfolgend: KPTBS) geworden sei. Ab 2002 habe deshalb die eigenständige Diagnose einer Persönlichkeitsstörung nicht mehr gestellt werden können.  
 
4.2.2. Die traumatischen (Missbrauchs-) Erfahrungen zwischen dem siebten und sechzehnten Lebensjahr erfüllten eine Grundvoraussetzung der PTBS, welche sicher vordienstlich vorbestanden habe. Die laut psychiatrischem Gutachten festgestellte Verschlimmerung der PTBS während der militärversicherten Einsätze sei auf den sozialen Rollenwechsel (Vaterrolle) nach Bekanntwerden der Schwangerschaft seiner damaligen Freundin zurückzuführen. Diese dienstliche Einwirkung stelle jedoch keine adäquat kausale Ursache für die Entwicklung einer KPTBS dar.  
 
4.2.3. Der schädliche Gebrauch von Alkohol und Cannabis sei bereits bei der Eintrittsmusterung bekannt gewesen, weshalb sich hier die Haftung nach Art. 7 MVG richte. Zwar hätten sich die Abhängigkeitserkrankungen zwischen Mai 2003 und April 2006 verschlimmert. Deshalb hafte die Beschwerdegegnerin in Anwendung von Art. 7 MVG - abweichend vom Einspracheentscheid vom 27. Juni 2019 - bis am 30. April 2007 voll. Weil die Abhängigkeitserkrankungen gemäss Beantwortung der Zusatzfragen des PD Dr. med. I.________ vom 17. Oktober 2018 ohne Dienstzeit nicht anders verlaufen wären, entfalle danach eine Haftung zufolge des Erreichens des Status quo sine.  
 
4.2.4. In Bezug auf die nachdienstlichen epileptischen Anfälle richte sich die Haftung nach Art. 6 MVG. Da nach Einschätzung des neurologischen Gutachters zur definitiven Ursache der Epilepsie auf der Basis der vorliegenden Befunde keine abschliessenden stichfesten Aussagen getroffen werden könnten, sei auch die Frage nach einem allfälligen Vorzustand und dem Verlauf nicht abschliessend zu beantworten. Alkoholkonsum und abrupter Entzug kämen als Provokationsfaktoren ebenso in Frage wie Stresssituationen. Gestützt auf das neurologische Gutachten könne nicht auf einen überwiegend wahrscheinlichen Kausalzusammenhang zwischen den dienstlichen Einwirkungen und den Anfällen geschlossen werden. Es sei nicht anzunehmen, dass die vom Gutachter an sich noch vorgesehenen Abklärungen zur weiteren Diagnostik (MRT des Schädels und Langzeit-EEG) zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, weshalb in antizipierter Beweiswürdigung darauf verzichtet werden könne, nachdem der Beschwerdeführer den entsprechenden Aufgeboten des Gutachters keine Folge geleistet habe.  
 
4.3. Demgegenüber rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG), indem es die Vorinstanz unterlassen habe, den ganzen Sachverhalt bezüglich der Vorfälle in U.________ und der genauen Tatumstände als Angestellter der "Militärischen Sicherheit" weiter abzuklären. Die Vorinstanz habe zum Widerspruch zwischen dem sehr guten Arbeitszeugnis für den Swisscoy-Einsatz einerseits und der nachträglichen Geltendmachung von vordienstlichen gesundheitlichen Mängeln zwecks Leistungsverweigerung durch die Suva-MV andererseits nicht Stellung genommen. Das kantonale Gericht habe die Beweise willkürlich gewürdigt. Es hätte nicht auf das psychiatrische Gutachten abstellen dürfen, sondern ein Obergutachten veranlassen müssen. Das psychiatrische Gutachten habe sich nicht mit dem Suizidversuch vom Oktober 2005 auseinander gesetzt. Sowohl dieses psychiatrische Gutachten als auch das ZMB-Gutachten hätten eine Teilursache der militärischen Dienstleistung anerkannt. Es fehlten konkrete Beweise für die Vordienstlichkeit einzelner Gesundheitsschädigungen. Man könne nicht gleichzeitig von der vorbehaltlosen Tauglichkeit für den militärischen Auslandseinsatz in U.________ ausgehen und sich auf vordienstliche Gesundheitsschädigungen berufen, welche die Übernahme eines solchen Risikos für die Armee verboten hätten. Die Beschwerdegegnerin habe den Entlastungsbeweis für die Vordienstlichkeit nicht erbringen können. Die multifaktoriellen Traumatisierungen könnten nicht separiert werden.  
 
5.  
 
5.1. Soweit der Beschwerdeführer auch vor Bundesgericht die angeblich mangelhafte Sachverhaltsabklärung hinsichtlich der bereits von Anfang an geltend gemachten traumatisierenden Vorfälle während des Swisscoy-Einsatzes in U.________ rügt, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Beschwerdegegnerin hat die fraglichen Ereignisse mit der gebotenen Sorgfalt untersuchen lassen. Das zuständige Kompetenzzentrum SWISSINT der Schweizer Armee beantwortete die Anfrage der Suva-MV nach Rücksprache mit den verantwortlichen Kommandanten des Swisscoy-Einsatzes am 24. November 2011. Demnach konnten die vom Beschwerdeführer behaupteten, psychisch belastenden Vorkommnisse während seines Swisscoy-Einsatzes nicht bestätigt werden. In der Folge verneinte die Vorinstanz mit Rückweisungsentscheid vom 28. Februar 2013 die Beweiskraft des ZMB-Gutachtens. Dies tat sie unter anderem deshalb, weil der psychiatrische ZMB-Gutachter von den unzutreffenden anamnestischen Angaben des Beschwerdeführers ausging und gestützt auf die vermeintlich traumatisierenden Kriegserlebnisse in U.________ auf eine PTBS schloss. Dass auf die zum Teil unzuverlässigen, wiederholt widersprüchlichen anamnestischen Angaben des Beschwerdeführers nicht vorbehaltlos abzustellen ist, erkannte als Verfasser des psychiatrischen Gutachtens auch Dr. med. I.________. So schilderte ihm gegenüber der Beschwerdeführer - abweichend vom massgebenden Sachverhalt gemäss rechtskräftigem Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau vom 20. September 2007 im strafrechtlichen Berufungsverfahren - einen vollständig anderen subjektiven Tatbestand in Bezug auf die Schussabgabe vom 10. September 2003. Nach dem Gesagten ist nicht zu beanstanden, dass Dr. med. I.________ nach eingehenden und umfassenden Untersuchungen im Rahmen seiner psychiatrischen Exploration unter Berücksichtigung der gesamten Aktenlage zur Auffassung gelangte, die vom Beschwerdeführer als ursächlich geltend gemachten traumatischen Erlebnisse während seines Swisscoy-Einsatzes seien weder dokumentiert noch nachweisbar. Folglich müsse davon ausgegangen werden, dass sie nie stattgefunden hätten. Soweit der Beschwerdeführer diesbezüglich - ohne gegenteilige Beweise vorzulegen - eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes rügt, kann davon mit Blick auf die aktenkundig dokumentierten Abklärungen keine Rede sein.  
 
5.2. Was der Beschwerdeführer im Übrigen gegen die Beweiskraft des psychiatrischen Gutachtens vorbringt, ist widersprüchlich. Einerseits argumentiert er, die Vorinstanz habe die Beweise willkürlich gewürdigt, weshalb ein Obergutachten zu veranlassen sei. Andererseits macht er geltend, willkürfrei könne das kantonale Gericht gestützt auf das psychiatrische Gutachten nur zum Schluss gelangen, die aktuellen Gesundheitsstörungen stünden zumindest in einem teilursächlichen Verhältnis zu den Einwirkungen während der Dienstzeit. Entgegen dem Beschwerdeführer trifft nicht zu, dass Dr. med. I.________ den im Oktober 2005 erfolgten Suizidversuch nicht berücksichtigt hätte. Nachdem die Vorinstanz dem ZMB-Gutachten im ersten Rechtsgang die Beweiskraft abgesprochen und die Sache deshalb zu weiteren Abklärungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen hatte, war es nicht Aufgabe des Dr. med. I.________, die von ihm erhobenen psychiatrischen Befunde mit denjenigen gemäss ZMB-Gutachten zu vergleichen. Insgesamt legt der Beschwerdeführer nicht dar und ist nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hätte, indem sie auf die Beweiskraft des psychiatrischen Gutachtens abstellte und in antizipierter Beweiswürdigung auf weitere Abklärungen verzichtete.  
 
5.3.  
 
5.3.1. Gemäss angefochtenem Entscheid ist gestützt auf das psychiatrische Gutachten mit Sicherheit davon auszugehen, dass eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ (ICD-10: F60.31) aufgrund von traumatischen Erfahrungen zwischen dem siebten und sechzehnten Lebensjahr bereits vordienstlich vorbestehend war. Insoweit führten die übereinstimmenden anamnestischen Angaben des Beschwerdeführers zu seinen traumatischen Erfahrungen im Kindes- und Jugendalter bereits anlässlich der stationären Behandlung in der Psychiatrischen Klinik F.________ (Bericht vom 12. Dezember 2005) und der psychiatrischen Exploration des Dr. med. J.________ im ersten Halbjahr 2005 zur identischen Diagnose. Laut psychiatrischem Gutachten sind diese konsistent geschilderten traumatischen Erfahrungen die Grundvoraussetzung der PTBS des Beschwerdeführers. Es fänden sich Intrusionen als ungewollte Gebundenheit an schreckliche Erlebnisse aus der Kindheit sowie von kriegerischen Ereignissen in Form von Bildern, die beim Beschwerdeführer in der Regel Ekel und Brechreiz auszulösen vermöchten. Gedächtnisstörungen im Sinne von erfundenen Ereignissen oder fehlerhaften Gedächtnisinhalten seien - wissenschaftlich belegt - zentrale, neurokognitive Merkmale der PTBS. Während des zweiten Aufenthalts in U.________ (Verlängerung des Swisscoy-Einsatzes vom April bis Oktober 2002) müsse es beim Beschwerdeführer zu dissoziativen Zuständen gekommen sein, die zu Erinnerungslücken geführt hätten. Als Auslöser dieser Dissoziationen während des Einsatzes in U.________ komme am ehesten der Empfang der Nachricht von der Schwangerschaft seiner damaligen Freundin in Frage. Nach Angaben des Beschwerdeführers habe die Geburt seiner Tochter seine eigenen traumatischen Kindheitserinnerungen reaktiviert respektive neu auftreten lassen. Klinisch werde nicht selten beobachtet, dass posttraumatische Belastungsstörungen anlässlich von Rollenveränderungen reaktiviert würden oder in der Ausprägung zunähmen. Diese ab 2002 - während der Dienstzeit - eingetretene Verschlimmerung des vordienstlichen Vorzustandes habe die Persönlichkeitsstörung schrittweise in den Hintergrund treten lassen, so dass diese aktuell nur noch als durchmischter Symptomenkomplex der KPTBS (ICD-10: F43.1) wahrnehmbar sei. Dementsprechend bejahte Dr. med. I.________ zwischen dem heutigen Beschwerdebild und der Dienstzeit des Beschwerdeführers - bei vordienstlich vorbestehendem psychischem Vorzustand - einen Teilzusammenhang. Der Anteil der dienstlichen Verschlechterung des Vorzustandes im Rahmen der KPTBS betrage aus fachärztlicher Sicht 25%.  
 
5.3.2. Das kantonale Gericht prüfte sodann zutreffend die Voraussetzungen der Verschlimmerungshaftung nach Art. 5 Abs. 3 MVG (JÜRG MAESCHI, a.a.O., N. 39 ff. zu Art. 5 MVG). Mit nachvollziehbarer Begründung führte es dazu aus, ein Kausalzusammenhang sei praxisgemäss nur dann als adäquat zu beurteilen, wenn die Einwirkungen während des Dienstes bei einer Durchschnittsperson geeignet seien, die geltend gemachte Gesundheitsschädigung zu bewirken, die Gesundheitsschädigung nicht auf einen vordienstlichen Zustand zurückzuführen sei und die dienstlichen Einwirkungen nicht nur der auslösende Faktor gewesen seien. Im Rahmen der Adäquanzbeurteilung sei zu fragen, ob die dienstlichen Einwirkungen überhaupt generell geeignet gewesen seien, die festgestellte Gesundheitsschädigung zu bewirken. Gegebenenfalls sei die adäquate Verursachung trotz eines nicht sicher ausschliessbaren natürlichen Kausalzusammenhanges zu verneinen. Eine "Gelegenheitsursache", die ein Leiden auslöse, das früher oder später ohnehin ausgebrochen wäre, oder eine dienstliche Einwirkung, die bei einer Gesamtbetrachtung eine stark untergeordnete Rolle spiele, oder eine abnorme Entwicklung vermöchten keinen adäquaten Kausalzusammenhang zu begründen (vgl. CHRISTOF STEGER-BRUHIN, Die Haftungsgrundsätze der Militärversicherung, Diss. St. Gallen 1996, S. 98 f. mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Basierend auf diesen praxisgemässen Prinzipien, die hier mangels sachbezüglicher Einwände nicht im Einzelnen zu diskutieren sind, erkannte die Vorinstanz zutreffend, dass der Empfang der Nachricht von der Schwangerschaft der eigenen Freundin und der damit bevorstehende soziale Rollenwechsel nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung nicht geeignet waren, bei einer Durchschnittsperson die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verschlimmerung der vordienstlichen Gesundheitsschädigung (vgl. dazu E. 5.3.1 hievor) hervorzurufen. Angesichts der Vielzahl möglicher Schadensursachen kann nicht jede einzelne, auch noch so unbedeutende Teilursache haftungsbegründend sein (JÜRG MAESCHI, a.a.O., N. 28 Vorbemerkungen zu Art. 5-7 MVG). Soweit das kantonale Gericht die Teilhaftung für die dienstliche Verschlimmerung (KPTBS) der vordienstlichen Gesundheitsschädigung gemäss psychiatrischem Gutachten (E. 5.3.1) im Rahmen einer rechtlichen Würdigung mangels Adäquanz des Kausalzusammenhanges verneint hat, ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden.  
 
5.4. Hinsichtlich der Abhängigkeitserkrankungen von Alkohol und Cannabinoiden bejahte und verlängerte die Vorinstanz die volle Haftung der Militärversicherung in Anwendung von Art. 7 MVG ein Jahr über das Dienstende hinaus bis zum 30. April 2007. Der Beschwerdeführer erhebt hiegegen zu Recht keine Einwände.  
 
5.5. Soweit aktenkundig, erlitt der Beschwerdeführer am 19. August 2005 - also während der Dienstzeit - nach Cannabis- und Alkoholkonsum erstmals einen epileptischen Anfall. Mit vorinstanzlich bestätigtem Einspracheentscheid vom 27. Juni 2019 anerkannte die Suva-MV für die bis am 30. April 2006 aufgetretenen epileptischen Anfälle die Haftung. In Bezug auf die nach Dienstende ab 1. Mai 2006 aufgetretenen Anfälle prüfte und verneinte die Beschwerdegegnerin gestützt auf das neurologische Gutachten die Haftung in Anwendung von Art. 6 MVG. Der neurologische Gutachter vermochte mit Blick auf die klar diagnostizierte Epilepsie weder mit Sicherheit einen vordienstlichen Vorzustand noch eine während der Dienstzeit sicher eingetretene Verschlimmerung oder Beschleunigung des Verlaufes im Sinne von Art. 5 Abs. 2 lit. a MVG zu begründen. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend und es ist nicht ersichtlich, weshalb auf das neurologische Gutachten nicht abzustellen wäre. Die Vorinstanz begründete bundesrechtskonform, dass bei gegebener Aktenlage von weiteren Abklärungen in zulässiger antizipierter Beweiswürdigung keine entscheidwesentlichen neuen Erkenntnisse zu erwarten waren.  
 
5.6. Was der Beschwerdeführer im Übrigen gegen den angefochtenen Entscheid vorbringt, ist unbegründet.  
 
6.  
 
6.1. Zum Swisscoy-Einsatz und zur entsprechenden sanitarischen Eintrittsmusterung liegen keine echtzeitlich erstellten Akten vor. Spätestens bei Übernahme der Versicherungsdeckung anlässlich der sanitarischen Aufnahmeuntersuchung im Rahmen des Einsatzes für die "Militärische Sicherheit" erhielt die Suva-MV Kenntnis vom regelmässigen Alkohol- und Cannabis-Konsum des Beschwerdeführers. Trotzdem bescheinigte der Militärärztliche Dienst im März 2003 die Tauglicherklärung für die Berufsversicherung durch die Militärversicherung. Es steht fest, dass die Beschwerdegegnerin während des Dienstverhältnisses im Einsatz für die "Militärische Sicherheit" in Bezug auf die erforderlichen Heilbehandlungsmassnahmen - insbesondere auch hinsichtlich mehrmonatiger stationärer Aufenthalte zwecks Behandlung verschiedener psychischer Beschwerden - wiederholt schriftliche Kostengutsprachen erteilte und ihre Leistungspflicht mehrfach anerkannte.  
 
6.2. Gemäss Verfügung vom 30. Januar 2019 hat die Suva-MV die bis zum 31. August 2009 entstandenen Behandlungskosten für die hier strittigen Gesundheitsschädigungen bezahlt und bisher auf eine Rückforderung verzichtet. Für den Streitfall behielt sich die Suva-MV Verrechnungsansprüche vor. Dementsprechend war im Einspracheentscheid vom 27. Juni 2019 und im angefochtenen Entscheid keine Rede mehr vom Verzicht auf allfällige Rückforderungsansprüche. Die gegebenen Umstände rechtfertigen den Hinweis darauf, dass bei einer allfälligen Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen nicht nur der Vorbehalt des Vertrauensschutzes (vgl. BGE 130 V 380 E. 2.3.1 S. 384 mit Hinweisen), sondern auch die Grenzen gemäss Art. 25 ATSG (BGE 146 V 217 E. 2 S. 219 f. mit Hinweisen) zu beachten blieben (vgl. auch Urteil 8C_185/2019 vom 11. Oktober 2019 E. 2.3 i.f. mit Hinweis).  
 
7.   
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 25. März 2021 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli