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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_143/2021  
 
 
Urteil vom 25. Juni 2021  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, nebenamtlicher Bundesrichter Kradolfer, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Mark A. Glavas, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
AXA Stiftung Berufliche Vorsorge, Winterthur, 
c/o AXA Leben AG, General-Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur, 
Beschwerdegegnerin, 
 
comPlan, Stadtbachstrasse 36, 3012 Bern, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Isabelle Vetter-Schreiber, 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 13. Januar 2021 (200 20 282 BV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1982 geborene A.________ bezieht aufgrund einer im Jahre 2002 erstmals diagnostizierten paranoiden Schizophrenie eine Berufsunfähigkeitspension der Pensionsversicherungsanstalt Landesstelle Wien. Trotz seines Leidens war er vom 1. September 2011 bis zum 30. Juni 2014 bei der C.________ GmbH als System Engineer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38.5 Stunden angestellt. Nach seinem Umzug in die Schweiz übte er vom 1. Juli 2014 bis zum 28. Februar 2015 eine Tätigkeit bei der D.________ AG aus und war damit bei der comPlan berufsvorsorgeversichert. Anschliessend war er vom 1. März bis 30. Juni 2015 bei der E.________ AG (zuständige Berufsvorsorgeeinrichtung: Helvetia Sammelstiftung für Personalvorsorge) und danach vom 1. Juli bis 31. Dezember 2015 bei der F.________ AG (zuständige Berufsvorsorgeeinrichtung: AXA Stiftung Berufliche Vorsorge, Winterthur) angestellt. Am 3. November 2015 meldete sich A.________ unter Hinweis auf eine zur paranoiden Schizophrenie hinzugetretene Depression und Angst bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an; die IV-Stelle Zug sprach ihm mit Verfügung vom 24. Januar 2019 rückwirkend ab dem 1. September 2016 bei einem Invaliditätsgrad von 100 % eine ganze Rente zu. Die AXA erklärte sich mit Schreiben vom 11. Juli 2019 bereit, in Zusammenhang mit seiner Invalidität Vorleistungen zu erbringen, verneinte jedoch ihre (definitive) Leistungspflicht, da ein zeitlicher (und sachlicher) Konnex zwischen der Arbeitsunfähigkeit ab 5. Oktober 2014 und der eingetretenen Invalidität gegeben und damit die comPlan leistungspflichtig sei; diese lehnte ihrerseits mit Schreiben vom 15. August 2019 eine Leistungspflicht ab, da vor dem 18. September 2015 keine länger dauernde Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. 
 
B.  
Am 15. April 2020 erhob die AXA gegen die comPlan Klage vor dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit den Begehren, die Beklagte sei zu verpflichten, dem Versicherten A.________ eine Invalidenrente gemäss ihren reglementarischen Bestimmungen zu bezahlen und sie sei zu verpflichten, der Klägerin die im Zeitraum vom 1. August 2017 bis 31. März 2020 erbrachten Vorleistungen im Betrag von Fr. 50'592.- zuzüglich der bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils anfallenden Vorleistungen zurückzuerstatten. Nach Beiladung des A.________ wies das angerufene Gericht mit Urteil vom 13. Januar 2021 die Klage betreffend Invalidenleistungen mangels Aktivlegitimation der AXA ab, hiess sie jedoch betreffend der Vorleistungen gut und verpflichtete die comPlan, unter Vorbehalt allfälliger Kürzungen gemäss Art. 3 Abs. 3 FZG und Art. 34a BVG die die von der AXA erbrachten Vorleistungen im eingeklagten Betrag zurückzuerstatten. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, es sei unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides die Klage der AXA vollumfänglich abzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Vorinstanzliche Feststellungen zur Art des Gesundheitsschadens und zur Arbeitsfähigkeit, die Ergebnis einer Beweiswürdigung sind, sind für das Bundesgericht grundsätzlich bindend (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.2). Tatfrage ist auch jene nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat (Urteil 9C_182/2007 vom 7. Dezember 2007 E. 4.1.1, in: SVR 2008 BVG Nr. 31 S. 126). Gleiches gilt für die aufgrund einer konkreten Beweiswürdigung getroffene Feststellung des zeitlichen Konnexes. Frei überprüfbare Rechtsfrage ist dagegen, nach welchen Gesichtspunkten die Entscheidung über den Zeitpunkt des Eintritts einer massgebenden Arbeitsunfähigkeit zu erfolgen hat, und hinsichtlich des zeitlichen Zusammenhangs, ob die Beweiswürdigung unter Beachtung der rechtsprechungsgemäss relevanten Kriterien erfolgte (Urteile 9C_915/2013 vom 3. April 2014 E. 5.1 und 9C_73/2009 vom 4. Februar 2010 E. 2.4).  
 
1.3. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1). Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung weist damit die Tragweite von Willkür auf (BGE 135 II 145 E. 8.1). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint (BGE 142 II 369 E. 4.3; 129 I 8 E. 2.1). Eine Sachverhaltsfeststellung ist etwa dann offensichtlich unrichtig, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (BGE 129 I 8 E. 2.1; Urteil 9C_805/2016 vom 21. Juni 2017 E. 1.3 mit Hinweisen).  
 
2.  
Es steht fest und ist unbestritten, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seines psychischen Leidens eine Invalidenrente aus beruflicher Vorsorge zusteht. Streitig ist demgegenüber die zur Ausrichtung dieser Rente zuständige Vorsorgeeinrichtung. Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, als es einen engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen der in der Zeit, als der Beschwerdeführer noch bei der comPlan berufsvorsorgeversichert war, eingetretenen Arbeitsunfähigkeit und seiner später eingetretenen Invalidität bejahte. 
 
3.  
 
3.1. Invalidenleistungen der (obligatorischen) beruflichen Vorsorge werden von derjenigen Vorsorgeeinrichtung geschuldet, bei welcher die ansprechende Person bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, versichert war (Art. 23 lit. a BVG). Der Anspruch setzt einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der während des Vorsorgeverhältnisses (einschliesslich Nachdeckungsfrist nach Art. 10 Abs. 3 BVG) bestandenen Arbeitsunfähigkeit und der allenfalls erst später eingetretenen Invalidität voraus (BGE 138 V 409 E. 6.2; 134 V 20 E. 3.2). Der sachliche Konnex ist gegeben, wenn der Gesundheitsschaden, welcher zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat, im Wesentlichen derselbe ist, wie er der Erwerbsunfähigkeit zugrunde liegt (BGE 138 V 409 E. 6.2)  
 
3.2. Die Annahme eines engen zeitlichen Zusammenhangs setzt voraus, dass die versicherte Person nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, nicht während längerer Zeit wieder arbeitsfähig war, was sich nach der Arbeits (un) fähigkeit in einer der gesundheitlichen Beeinträchtigung angepassten zumutbaren Tätigkeit beurteilt (BGE 134 V 20 E. 5.3; Urteil 9C_278/2015 vom 2. Februar 2016 E. 2.3.2). Bei der Prüfung dieser Frage sind die gesamten Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen, namentlich die Art des Gesundheitsschadens, dessen prognostische medizinische Beurteilung sowie die Beweggründe, welche die versicherte Person zur Wiederaufnahme oder Nichtwiederaufnahme der Arbeit veranlasst haben (vgl. Urteil 9C_877/2018 vom 22. August 2019 E. 3.3).  
 
3.3. Eine Unterbrechung des zeitlichen Konnexes ist dann anzunehmen, wenn während mehr als dreier Monate eine Arbeitsfähigkeit - von über 80 % gemäss BGE 144 V 58 E. 4.5 - gegeben ist, sofern sich eine dauerhafte Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit als objektiv wahrscheinlich darstellt. Der zeitliche Zusammenhang kann daher auch bei einer länger als drei Monate dauernden Tätigkeit gewahrt sein, wenn eine dauerhafte berufliche Wiedereingliederung unwahrscheinlich war, etwa weil die Tätigkeit (allenfalls auch erst im Rückblick) als Eingliederungsversuch zu werten ist oder massgeblich auf sozialen Erwägungen des Arbeitgebers beruhte (BGE 134 V 20 E. 3.2.1; Urteil 9C_340/2015 vom 21. November 2016 E. 4.1.2).  
 
4.  
 
4.1. Es seht fest und ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer an einer im Jahre 2002 erstmals diagnostizierten paranoiden Schizophrenie leidet und aufgrund dieser seit dem 18. September 2015 vollständig erwerbsunfähig ist. Gemäss den vorinstanzlichen Erwägungen waren jedoch bereits die in der Zeit, in der er noch bei der comPlan berufsvorsorgeversichert war, eingetretenen Arbeitsunfähigkeiten auf dieses Leiden zurückzuführen, wobei sowohl der sachliche als auch der zeitliche Konnex zu bejahen sei.  
 
4.2. Was den Eintritt einer sachlich konnexen Arbeitsunfähigkeit angeht, hat das kantonale Gericht grundsätzlich verbindlich festgestellt, dass dass der Beschwerdeführer seine Tätigkeit bei der Axept Webcall AG am 1. Juli 2014 aufgenommen hat, und ihm hernach vom 5. bis 7. Oktober 2014, am 6. und 7. Januar 2015, vom 12. Januar bis 27. Februar 2015 krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeiten attestiert wurden. Das Arbeitsverhältnis wurde auf den 28. Februar 2015 aufgelöst. Was der Beschwerdeführer gegen die gestützt auf diese Feststellung getroffene vorinstanzliche Würdigung, es sei bereits während diesem Arbeitsverhältnis eine sachlich konnexe Arbeitsunfähigkeit eingetreten, vorbringt, vermag sie nicht als bundesrechtswidrig (vgl. E. 1.3 hievor) erscheinen zu lassen. Selbst wenn man gemäss seinen Ausführungen davon ausgehen würde, die Arbeitsunfähigkeiten vom 5. bis 7. Oktober 2014 und vom 6. und 7. Januar 2015 seien sozialversicherungsrechtlich bedeutungslos, da lediglich auf einer kurzfristigen, aufgrund einer psychosozialen Überlastung verursachten, Unpässlichkeit beruhend, so gilt solches jedenfalls nicht für die Arbeitsunfähigkeit vom 12. Januar bis 27. Februar 2015. Auch während dieser Arbeitsunfähigkeit war der Beschwerdeführer noch bei der comPlan berufsvorsorgeversichert. Entgegen seinen Vorbringen handelte es sich zudem nicht um eine bloss medizinisch-theoretische Arbeitsunfähigkeit ohne Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis, war er doch während ihrer Dauer grossmehrheitlich (vom 13. bis 16. Januar 2015 und vom 28. Januar bis 27. Februar 2015) nicht am Arbeitsplatz anwesend.  
 
4.3. Zum zeitlichen Konnex hat das kantonale Gericht festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 28. Februar bis 17. September 2015 weiterhin Symptome der Schizophrenie zeigte, er in deren Folge krankheitsbedingte Abwesenheiten von seinem (jeweiligen) Arbeitsplatz aufwies und er im Mai/Juni 2015 während mehreren Wochen stationär-psychiatrisch hospitalisiert werden musste. Auch während der Zeit bei seiner letzten Arbeitgeberin, der F.________ AG, wies er krankheitsbedingte Absenzen auf. Der Beschwerdeführer hat nach dem 27. Februar 2015 bis zum Eintritt der definitiven Erwerbsunfähigkeit am 17. September 2015 seine Arbeitsfähigkeit nicht dauerhaft - d.h. für länger als drei Monate (vgl. E. 3.2 hievor) - wiedererlangt. Somit kann offenbleiben, ob seine Tätigkeit für die E.________ AG in der Zeit vom 1. März bis 30. Juni 2015 als Eingliederungsversuch im Sinne der erwähnten Rechtsprechung zu werten ist. So oder anders erscheint der vorinstanzliche Schluss, der zeitliche Konnex sei nicht unterbrochen worden, nicht als bundesrechtswidrig.  
 
4.4. Hat das kantonale Gericht demnach kein Bundesrecht verletzt, als es einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der in der Zeit, in der der Versicherte noch bei der comPlan berufsvorsorgeversichert war, eingetretenen Arbeitsunfähigkeit und der später eingetretenen Invalidität bejahte, so ist diese Vorsorgeeinrichtung für die Invalidität leistungspflichtig. Damit entfällt eine berufsvorsorgerechtliche Leistungspflicht der AXA. Die Beschwerde des Versicherten ist somit abzuweisen.  
 
5.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der comPlan, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 25. Juni 2021 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold