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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_941/2022  
 
 
Urteil vom 25. November 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichter Hartmann, 
Gerichtsschreiber Zollinger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Dr. Michael Mráz und Loris Baumgartner, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, 
Dienst für Informationsaustausch in 
Steuersachen SEI, 
Eigerstrasse 65, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Amtshilfe (DBA CH-NL), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des 
Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, 
vom 8. November 2022 (A-3798/2022). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 13. April 2022 richtete der Belastingdienst der Niederlande (nachfolgend: ersuchende Behörde) gestützt auf Art. 26 des Abkommens vom 26. Februar 2010 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (SR 0.672.963.6; nachfolgend: DBA CH-NL) betreffend A.________ ein Amtshilfeersuchen an die Eidgenössische Steuerverwaltung (nachfolgend: ESTV). 
 
B.  
Mit Schlussverfügung vom 29. Juli 2022 ordnete die ESTV die Leistung der Amtshilfe betreffend A.________ an. Mit elektronischer Eingabe datierend vom 1. September 2022 erhoben die Rechtsvertreter von A.________ gegen die Schlussverfügung vom 29. Juli 2022 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. 
 
B.a. Unter Bezugnahme auf die Einträge in der Sendungsverfolgungsnummer betreffend die A-Post Plus Sendung, unter welcher die Schlussverfügung vom 29. Juli 2022 versendet wurde, forderte das Bundesverwaltungsgericht die ESTV mit Zwischenverfügung vom 7. September 2022 auf, sich zum (massgeblichen) Zustellzeitpunkt der Schlussverfügung vom 29. Juli 2022 zu äussern. Mit Eingabe vom 8. September 2022 beantragte A.________ die Gewährung des rechtlichen Gehörs zur Frage der Einhaltung der Beschwerdefrist.  
 
B.b. Mit Eingabe vom 16. September 2022 erläuterte die ESTV, weshalb sie im vorliegenden Fall den Samstag, 30. Juli 2022 als massgeblichen Zustellzeitpunkt der Schlussverfügung vom 29. Juli 2022 erachte. Mit Zwischenverfügung vom 21. September 2022 stellte das Bundesverwaltungsgericht A.________ die Eingabe der ESTV vom 16. September 2022 zu und forderte ihn zur Stellungnahme auf. Mit Eingabe vom 30. September 2022 erklärte A.________, dass vorliegend der Dienstag, 2. August 2022 als Zustellzeitpunkt der angefochtenen Schlussverfügung vom 29. Juli 2022 massgeblich sei. Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde vom 1. September 2022 sei folglich einzutreten.  
 
B.c. Mit Urteil vom 8. November 2022 trat das Bundesverwaltungsgericht auf die Beschwerde vom 1. September 2022 nicht ein.  
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 21. November 2022 gelangt A.________ an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des Urteils vom 8. November 2022. Das Bundesverwaltungsgericht sei anzuweisen, auf seine Beschwerde vom 1. September 2022 einzutreten. In prozessualer Hinsicht sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu gewähren, soweit die vorliegende Angelegenheit nicht als eine der internationalen Steueramtshilfe qualifiziert werde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (vgl. BGE 147 I 89 E. 1; 146 II 276 E. 1). 
 
1.1. Nach dem Grundsatz der Einheit des Prozesses gilt der in Art. 83 BGG für bestimmte Sachgebiete statuierte Ausschluss der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auch für prozessuale Entscheide. Damit ist gegen einen Nichteintretensentscheid die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn auch ein Entscheid in der Sache mit diesem Rechtsmittel anfechtbar wäre (vgl. BGE 137 I 371 E. 1.1; Urteil 2C_64/2007 vom 29. März 2007 E. 2.1).  
Art. 83 lit. h BGG sieht vor, dass die Beschwerde an das Bundesgericht gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen unzulässig ist. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist die Beschwerde gemäss Art. 84a BGG zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt. Die beschwerdeführende Partei hat in der Begründung darzulegen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist, es sei denn, dies treffe ganz offensichtlich zu (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 146 II 276 E. 1.2.1; 139 II 340 E. 4). 
Gemäss Art. 84 Abs. 2 BGG liegt ein besonders bedeutender Fall insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist. Das Gesetz enthält nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 84 Abs. 2 BGG eine nicht abschliessende Aufzählung von möglichen besonders bedeutenden Fällen. Art. 84a BGG bezweckt wie Art. 84 BGG die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Amtshilfe in Steuerangelegenheiten. Ein besonders bedeutender Fall ist daher mit Zurückhaltung anzunehmen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 139 II 340 E. 4; Urteil 2C_653/2018 vom 26. Juli 2019 E. 1.2.1, nicht publ. in: BGE 146 II 150). 
 
1.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, vorliegend sei umstritten, wann eine von der ESTV am Freitag mit A-Post Plus versandte Verfügung im Sinne von Art. 20 Abs. 1 VwVG als eröffnet gelte, wenn der Empfänger mit der Post eine Spezialvereinbarung habe, die ausdrücklich vorsehe, dass an Samstagen keine Zustellungen ins Postfach stattfinden sollten.  
Es handle sich, so der Beschwerdeführer weiter, zwar nicht um eine der internationalen Amtshilfe in Steuersachen spezifische Grundsatzfrage. Jedoch liege ein besonders bedeutender Fall im Sinne von Art. 84a BGG in Verbindung mit Art. 84 Abs. 2 BGG vor. Die Vorinstanz habe elementare Verfahrensgrundsätze betreffend die Eröffnung von Verfügungen und den darauf basierenden Beginn der Rechtsmittelfrist verletzt. 
 
1.3. Die Vorinstanz gibt im angefochtenen Urteil zunächst die Rechtsprechung des Bundesgerichts wieder: Vereinbare der Empfänger mit der Post CH AG eine Spezialzustellung, welche in den üblichen Zustellungsvorgang eingreife - beispielsweise einen Nachsendeauftrag, einen Rückbehaltungsauftrag oder eine ähnliche Anweisung -, so vermöge eine solche Vereinbarung die Frist weder zu hemmen noch zu verlängern (vgl. E. 2.4.2 des angefochtenen Urteils mit Hinweis auf BGE 141 II 429 E. 3.1; Urteil 2C_463/2019 vom 8. Juni 2020 E. 3.4.4; vgl. auch Urteil 2C_272/2020 vom 23. April 2020 E. 3.1).  
Alsdann würdigt die Vorinstanz die "Spezialzustellungsvereinbarung" der Anwaltskanzlei der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers und der Post CH AG. Sie kommt zum Schluss, dass diese Vereinbarung an einen (wöchentlich wiederkehrenden, auf Samstag beschränkten) Rückbehaltungsauftrag erinnere. Ein solcher Rückbehaltungsauftrag sei zwar zulässig, er vermöge den Fristenlauf durch das Hinauszögern des Zustellzeitpunkts jedoch weder zu hemmen noch zu verlängern. Auch wenn die bestehende Vereinbarung zwischen der Post CH AG und der Anwaltskanzlei faktisch eine Zustellung am Samstag verhindert habe, verbleibe die angefochtene Schlussverfügung dennoch einzig deshalb bei der Abhol-/Zustellstelle der Post CH AG, weil die Anwaltskanzlei der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers auf eine samstägliche Zustellung verzichte. Damit werde der rechtlich relevante Zustellungs- und folglich der Eröffnungszeitpunkt der Schlussverfügung vom 29. Juli 2022 nicht zugunsten des Beschwerdeführers vom Samstag, 30. Juli 2022 auf den Dienstag, 2. August 2022 verlegt (vgl. E. 3.4 des angefochtenen Urteils). 
 
1.4. Der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid vom 8. November 2022 gibt keinen Anlass für die Annahme, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sein sollten. Der Beschwerdeführer kritisiert im Wesentlichen, wie die Vorinstanz im konkreten Fall die Regeln für die Zustellung und Eröffnung von Verfügungen mittels A-Post Plus angewendet habe. Darin erkennt das Bundesgericht im Grundsatz keinen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG (vgl. Urteil 2C_591/2021 vom 5. August 2021 E. 5.3.2).  
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ergibt sich im Übrigen auch kein besonders bedeutender Fall aus dem Umstand, dass ihm aufgrund des Nichteintretensentscheids der Vorinstanz eine gerichtliche Beurteilung der Angelegenheit verwehrt bleibt. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang als verletzt gerügten Verfahrensgrundrechte stehen ohne Weiteres unter Vorbehalt der üblichen Sachurteilsvoraussetzungen (vgl. Urteil 2C_95/2021 vom 27. August 2021 E. 4.2). Bei der vorliegenden Angelegenheit handelt es sich folglich um keinen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84a BGG in Verbindung mit Art. 84 Abs. 2 BGG
 
2.  
In Verfahren auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen entfaltet die Beschwerde von Amtes wegen aufschiebende Wirkung (Art. 103 Abs. 2 lit. d BGG). Das Gesuch, der vorliegenden Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, soweit die vorliegende Angelegenheit nicht als eine der internationalen Steueramtshilfe qualifiziert werde, ist damit gegenstandslos (vgl. auch Urteil 2C_332/2021 vom 28. April 2021 E. 2.2.4). 
 
3.  
Im Ergebnis ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. November 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: M. Zollinger