Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_1120/2020  
 
 
Urteil vom 26. August 2021  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Denys, 
Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiber Held. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Bernard, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich, 
2. B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marco Lanter, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Revision (mehrfache versuchte schwere Körperverletzung), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 10. September 2020 (SR200010-O/U/cwo). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte A.________ am 18. Juni 2019 wegen mehrfach versuchter schwerer Körperverletzung und Vergehens gegen das Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung (AVIG) zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 50.-. Sie hielt, soweit für das vorliegende Verfahren von Relevanz, zusammengefasst für erstellt, dass A.________ im Rahmen einer körperlichen Auseinandersetzung in einer Disco am 3. Oktober 2014 einen kräftigen Schlag ausgeführt und hierbei eine unbeteiligte Person (nachfolgend "Geschädigter") mit einem defekten, massiven Trinkglas in Höhe des Kopfes traf und dieser eine perforierende schwere Augenverletzung links zugefügt habe. 
 
Die dagegen erhobene Beschwerde in Strafsachen wies das Bundesgericht mit Urteil vom 27. Februar 2020 ab, soweit es darauf eintrat (6B_996/2019). 
 
B.  
Mit Beschluss vom 10. September 2020 wies das Obergericht Zürich ein von A.________ gestelltes Revisonsbegehren kostenpflichtig ab. 
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt zusammengefasst, der Beschluss des Obergerichtes sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Bezirksgericht Zürich zurückzuweisen. Er sei in teilweiser Aufhebung des Urteils vom 18. Juni 2019 wegen versuchter (einfacher) schwerer Körperverletzung und Vergehens gegen das AVIG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 21 Monaten und einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 50.- zu verurteilen und im Übrigen freizusprechen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer bringe in Bezug auf den Lebenssachverhalt, dessen Neubeurteilung er verlange, vor, der ebenfalls in die Auseinandersetzung involvierte C.________ habe, nachdem er im damaligen Strafverfahren zuvor stets eine Gedächtnislücke geltend gemacht habe, nun eingeräumt, ohne nachzudenken ein Glas nach vorne in die Menge auf der Tanzfläche geworfen zu haben. Die neue Aussage von C.________, die zudem von drei weiteren Personen bestätigt werde, sei dem damaligen Sachgericht nicht bekannt gewesen und stelle demnach ein neues Beweismittel dar. Die Aussage sei jedoch nicht erheblich im Sinne von Art. 410 StPO, da sie nicht geeignet sei, sich für den Beschwerdeführer günstig auf das Urteil vom 18. Juni 2019 auszuwirken. Dass die Verletzungen des Geschädigten durch einen Glaswurf von C.________ verursacht worden seien, habe der Beschwerdeführer bereits im damaligen Berufungsverfahren vorgebracht. Das Berufungsgericht habe jedoch nach gründlicher Prüfung der Beweismittel, namentlich der eingeholten Gutachten, ausgeschlossen, dass ein geworfenes Glas die Verletzungen des Geschädigten hätte hervorrufen können. Insofern sei irrelevant, dass C.________ nachträglich eingeräumt habe, im Rahmen der Auseinandersetzung ein Glas geworfen zu haben und dass der Wurf von weiteren Personen bestätigt werde. Darüber hinaus habe C.________ in seinem "Geständnis" nicht eingeräumt, die Verletzungen des Geschädigten verursacht zu haben, sondern ausgeführt, nicht zu wissen, wen oder was er getroffen habe. Mithin könnten die neuen Aussagen die Erwägungen des Berufungsurteils nicht erschüttern, weshalb das Revisionsgesuch gemäss Art. 413 Abs. 1 StPO abzuweisen sei.  
 
1.2. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz anerkenne zwar zutreffend, dass das von ihm eingereichte Geständnis und die drei Zeugenaussagen neue Tatsachen bzw. Beweismittel darstellten, spreche diesen aber zu Unrecht die Beweiserheblichkeit ab. Nicht zutreffend sei, dass im Berufungsurteil eine gründliche Auseinandersetzung mit der Tatvariante "Glaswurf durch C.________" stattgefunden habe. Wenn überhaupt, sei diese Tatvariante lediglich summarisch geprüft worden. Die eingeholten Gutachten äusserten sich einzig zu der Wahrscheinlichkeit eines Schlags oder Wurfs mit einem intakten Glas sowie der Möglichkeit eines Schlags mit einem zuvor bereits defekten Glas, hingegen sei nicht behandelt worden, ob auch ein Wurf mit einem defekten Glas zum Verletzungsbild des Geschädigten hätte geführt haben können. In jedem Fall sei nicht schlüssig, dass die Beweiswürdigung durch die Gerichte gleich ausgefallen wäre, wenn eine einlässliche Einvernahme von C.________ bereits im Urteilszeitpunkt ergeben hätte, dass er ein Glas nach einer Drittperson geworfen hätte. Vielmehr wäre in diesem Fall zu erwarten gewesen, dass die Möglichkeit eines "Wurfs mit einem defekten Glas" mit derselben gutachterlichen Sorgfalt geprüft worden wäre wie die Tatvariante des ebenso (un) wahrscheinlichen "Schlags mit einem defekten Glas".  
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO kann, wer durch ein rechtskräftiges Strafurteil beschwert ist, die Revision verlangen, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch oder eine wesentlich mildere Bestrafung der verurteilten Person herbeizuführen. Tatsachen sind Umstände, die im Rahmen des dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts von Bedeutung sind. Es handelt sich um objektiv feststehende, sinnlich wahrnehmbare Vorgänge oder Zustände aus der Vergangenheit oder Gegenwart, die im Rahmen des dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts von Bedeutung sind (BGE 141 IV 93 E. 2.3; 137 IV 59 E. 5.1.1).  
 
2.2. Revisionsrechtlich sind Tatsachen und Beweismittel neu, wenn das Gericht im Zeitpunkt der Urteilsfällung keine Kenntnis von ihnen hatte, sie ihm mithin nicht in irgendeiner Form zur Beurteilung vorlagen (BGE 137 IV 59 E. 5.1.2; Urteil 6B_438/2020 vom 9. Februar 2021 E. 1.2; je mit Hinweisen). Nicht als neu gelten Beweismittel, wenn sie in ihrer Tragweite falsch gewürdigt worden sind. Die neuen Tatsachen und Beweismittel müssen zudem erheblich sein. Dies ist der Fall, wenn sie geeignet sind, die tatsächlichen Grundlagen des zu revidierenden Urteils so zu erschüttern, dass aufgrund des veränderten Sachverhalts ein wesentlich milderes Urteil möglich ist (137 IV 59 E. 5.1.4 S. 68; 130 IV 72 E. 1). Dass eine Änderung des früheren Urteils nicht geradezu als unmöglich oder als ausgeschlossen erscheint, genügt nicht. Die Änderung muss vielmehr sicher, höchstwahrscheinlich oder jedenfalls wahrscheinlich sein (BGE 120 IV 246 E. 2b; Urteile 6B_1353/2020 vom 22. Dezember 2020 E. 2.3.1; 6B_14/2020 vom 20. April 2020 E. 3.3.1).  
 
2.3. Ob eine Tatsache oder ein Beweismittel neu und gegebenenfalls geeignet ist, die tatsächlichen Grundlagen des zu revidierenden Urteils zu erschüttern, stellt eine Tatfrage dar, welche das Bundesgericht nur auf Willkür überprüft. Rechtsfrage ist demgegenüber, ob die allfällige Veränderung der tatsächlichen Grundlagen rechtlich relevant ist, das heisst zu einem im Schuld- oder Strafpunkt für die verurteilte Person günstigeren Urteil führen kann (BGE 130 IV 72 E. 1; Urteil 6B_438/2020 vom 9. Februar 2021 E. 1.2; je mit Hinweisen).  
 
3.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, wenn sie das Vorliegen eines Revisionsgrundes verneint. Der Beschwerdeführer führt in Übereinstimmung mit den vorinstanzlichen Erwägungen zutreffend aus, dass das Berufungsgericht die Frage/Hypohtese, ob die Verletzungen des Geschädigten auch durch einen Treffer mit einem geworfenen Glas hätten verursacht werden können, verneint hat. Dass C.________ einen Wurf mit einem Glas, mithin eine nach den Erwägungen des Berufungsurteils für die Verletzungen des Geschädigten als konkreten Taterfolg nicht in Betracht kommende Handlung eingesteht, ist demnach für den Ausgang des Berufungsverfahrens unerheblich. Die bestätigte Aussage von C.________, in der Disco ein Glas in die Menge auf der Tanzfläche geworfen zu haben, hätte allenfalls dann einen Revisiongrund darstellen können, wenn das Berufungsgericht einen Glaswurf als Tathandlung im konkreten Fall nicht ausgeschlossen oder gar nicht in Betracht gezogen hätte. Dies ist jedoch, wie der Beschwerdeführer selber zutreffend darlegt, gerade nicht der Fall. 
 
Soweit der Beschwerdeführer moniert, weder die Vorinstanz noch die Gutachten hätten die Frage eines Glaswurfs ausreichend gewürdigt, ist er nicht zu hören. Ob die vorinstanzliche Beweiswürdigung aufgrund der damaligen Beweismittel ausführlich (so die Vorinstanz) oder bloss summarisch (so der Beschwerdeführer) und im Ergebnis überzeugend war, bildet nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Dieses dient nicht dazu, eine nochmalige Überprüfung eines bereits beurteilten Lebenssachverhalts bei unveränderter Beweislage zu ermöglichen. Allfällige Kritikpunkte an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung und den eingeholten Gutachten hätte der Beschwerdeführer grundsätzlich im ursprünglichen Strafverfahren vorbringen müssen. Insofern brauchte sich die Vorinstanz entgegen der Rügen des Beschwerdeführers auch nicht nochmals mit dem von ihm eingereichten Videomaterial, auf dem der Glaswurf von C.________ zu sehen sein soll, sowie den in den Akten befindlichen Zeugenaussagen, mit denen sich die Tatvariante "Glaswurf" vereinbaren lasse, zu äussern. Dass die eingeholten Gutachten in den Punkten, zu denen sie Stellung nehmen, mangelhaft sind oder durch ein neues Gutachten aufgrund besserer Erkenntnismethoden allenfalls widerlegt werden, behauptet der Beschwerdeführer nicht. 
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. August 2021 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Held