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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6G_2/2021  
 
 
Urteil vom 26. August 2021  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiber Boog. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Obergericht des Kantons Nidwalden, 
Marktgasse 4, 6371 Stans, 
Gesuchstellerin, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Nidwalden, Kreuzstrasse 2, Postfach 1242, 6371 Stans, 
2. A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Häfliger, 
3. B.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Marianne Erni, 
 
Gegenstand 
Erläuterungsgesuch der Urteile des Bundesgerichts 6B_511/2020 und 6B_460/2020 vom 10. März 2021. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Obergericht Nidwalden erklärte mit Urteil vom 9. Juli 2019 B.________ und A.________ in verschiedenen Sachverhaltskomplexen der Urkundenfälschung, der Erschleichung einer falschen Beurkundung, der ungetreuen Geschäftsbesorgung, der Misswirtschaft, der Veruntreuung, der Unterlassung der Buchführung sowie der falschen Anschuldigung schuldig und verurteilte sie zu unbedingten Freiheitsstrafen, je unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft. In verschiedenen Anklagepunkten sprach es sie u.a. von der Anschuldigung des Betruges, der ungetreuen Geschäftsbesorgung und der Urkundenfälschung frei. Ferner entschied es über die Ersatzforderungen, die Aufhebung der Kanzleisperren sowie die Zivilforderungen.  
 
1.2. Gegen diesen Entscheid führten B.________, A.________ sowie die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Nidwalden Beschwerde in Strafsachen. Das Bundesgericht hiess mit Urteil vom 10. März 2021 (Verfahren 6B_511/2020) die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft Nidwalden gut, hob das Urteil des Obergerichts des Kantons Nidwalden vom 9. Juli 2019 auf und wies die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Mit Urteil vom selben Datum hiess es die Beschwerde von A.________ (Verfahren 6B_460/2020) im Kostenpunkt teilweise gut, hob das angefochtene Urteil auf und wies die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück; im Übrigen wies es die Beschwerde von A.________ ab, soweit darauf es darauf eintrat. Die Beschwerde von B.________ wies das Bundesgericht am 10. März 2021 ab, soweit es darauf eintrat (Verfahren 6B_520/2020).  
 
2.  
Das Obergericht Nidwalden stellt in Bezug auf die Urteile des Bundesgerichts vom 10. März 2021 in den Verfahren 6B_511/2020 und 6B_460/2020 ein Erläuterungsgesuch. 
 
3.  
 
3.1. Ist das Dispositiv eines bundesgerichtlichen Entscheids unklar, unvollständig oder zweideutig, stehen seine Bestimmungen untereinander oder mit der Begründung im Widerspruch oder enthält es Redaktions- oder Rechnungsfehler, so nimmt das Bundesgericht auf schriftliches Gesuch einer Partei oder von Amtes wegen die Erläuterung oder Berichtigung vor (Art. 129 Abs. 1 BGG).  
 
Die Erläuterung oder Berichtigung dient dazu, möglichst formlos Abhilfe zu schaffen, wenn die Entscheidformel (Dispositiv) unklar, unvollständig, zweideutig oder in sich widersprüchlich ist. Sie erlaubt insbesondere die Korrektur von Fehlern oder Auslassungen bei der Ausformulierung des Dispositivs. Ein unvollständiges Dispositiv kann nach Art. 129 Abs. 1 BGG berichtigt oder ergänzt werden, wenn dessen Mangel oder Unvollständigkeit die Folge eines Versehens ist und die Korrektur des Dispositivs ohne Weiteres aus den Erwägungen bzw. aus dem bereits getroffenen Entscheid abgeleitet werden kann. Unzulässig sind dagegen Erläuterungsgesuche, die auf eine inhaltliche Abänderung der Entscheidung oder eine allgemeine Diskussion über den rechtskräftigen Entscheid abzielen (BGE 143 III 420 E. 2.2; Urteile 2G_2/2021 vom 22. Juni 2021 E. 2.2; 6G_1/2021 vom 12. Mai 2021 E. 2; 2G_1/2021 vom 9. April 2021 E. 1). 
 
3.2. Die Erläuterung oder Berichtigung erfolgt auf schriftliches Gesuch einer Partei oder von Amtes wegen. Zur Stellung eines Gesuchs legitimiert ist nach Art. 129 Abs. 1 BGG, wem im früheren Verfahren, das zum bundesgerichtlichen Entscheid geführt hat, Parteistellung zugekommen ist oder wer als Rechtsnachfolger auftritt (ELISABETH ESCHER, in: Prozessieren vor Bundesgericht, 4. Aufl. 2014, Rz. 8.7). Massgebend sind vorliegend die Regeln über die Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde in Strafsachen (Art. 81 BGG) (ELISABETH ESCHER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N 6 zu Art. 129). Erforderlich ist darüber hinaus ein Rechtsschutzinteresse.  
 
Der Vorinstanz, an welche die Sache vom Bundesgericht zur neuen Entscheidung zurückgewiesen worden ist, kommt keine Parteistellung zu. Sie ist daher zur Stellung eines Gesuchs um Erläuterung nicht berechtigt und ihr Gesuch kann lediglich als Anzeige entgegengenommen werden, welche das Bundesgericht von Amtes wegen behandeln kann (Urteil 4G_1/2013 vom 17. Juli 2013 E. 1; 4G_1/2009 vom 5. Mai 2009 E. 1.1; vgl. auch E SCHER, Basler Kommentar, a.a.O.; NIKLAUS OBERHOLZER, in: Seiler et al. [Hrsg.], SHK Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2. Aufl. 2015, N 11 zu Art. 129; vgl. auch PIERRE FERRARI, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N 7 zu Art. 129). 
 
4.  
 
4.1. Die Gesuchstellerin bringt vor, das Bundesgericht habe in seinem Urteil vom 10. März 2021 den ersten Satzteil des Antrags der Staatsanwaltschaft in Ziff. 1./1.1/1) nicht gutgeheissen. Dennoch habe es die Beschwerde der Staatsanwaltschaft vollumfänglich gutgeheissen. Ausserdem habe das Bundesgericht die Legitimation der Staatsanwaltschaft in Bezug auf die Verweisung der Zivilforderung verneint, sei aber dennoch auf die Beschwerde in vollem Umfang eingetreten (Gesuch S. 1 f.).  
 
4.2. Gegenstand eines Erläuterungsgesuchs ist das Dispositiv. Das Dispositiv des bundesgerichtlichen Urteils vom 10. März 2021 im Verfahren 6B_511/2020 lautet in Ziff. 1:  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Nidwalden vom 9. Juli 2019 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
 
4.3. Es ist nicht ersichtlich und wird von der Gesuchstellerin auch nicht dargelegt, inwiefern das Dispositiv des bundesgerichtlichen Entscheids im Verfahren 6B_511/2020 klärungsbedürftig sein sollte. Der erste beanstandete Punkt betrifft die rechtliche Würdigung eines Sachverhalts unter dem Gesichtspunkt der Veruntreuung oder der ungetreuen Geschäftsbesorgung. Die Vorinstanz hat die angeklagte Person in diesem Punkt unter beiden Gesichtspunkten freigesprochen (Urteil 6B_511/2020 E. 2.1.2). Das Bundesgericht ist zum Schluss gelangt, der Sachverhalt sei als ungetreue Geschäftsbesorgung im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 Abs. 3 StGB, nicht aber als Veruntreuung zu würdigen. Es hat daher erkannt, es verletze kein Bundesrecht, dass die Vorinstanz den Tatbestand der Veruntreuung nicht als erfüllt erachtet habe (Urteil 6B_511/2020 E. 2.4). Die Gesuchstellerin weist mit ihrem Gesuch in diesem Punkt letztlich lediglich auf eine aus ihrer Sicht vorhandene inhaltliche Unrichtigkeit des gefällten Entscheids hin, für deren Beseitigung das Rechtsmittel der Erläuterung nicht zur Verfügung steht. Es besteht mithin kein Anlass für eine Erläuterung von Amtes wegen.  
 
5.  
 
5.1. Die Gesuchstellerin macht in Bezug auf das Urteil des Bundesgerichts vom 10. März 2021 im Verfahren 6B_460/2020 geltend, das Bundesgericht habe im Rahmen der Zusprechung einer angemessenen Entschädigung an die Privatklägerschaft erwogen, aufgrund der Gutheissung der Beschwerde der Staatsanwaltschaft im Verfahren 6B_511/2020 werde sich an der Zusprechung der vollen Entschädigung nichts ändern. Dies stehe im Widerspruch mit den Erwägungen im Verfahren 6B_511/2020, wonach eine abschliessende Beurteilung, ob der Tatbestand des Betruges erfüllt sei, ohne Mitberücksichtigung der täuschenden Machenschaften der beiden angeklagten Personen nicht möglich sei (E. 3.5). Vor diesem Hintergrund frage sich, ob ein freisprechendes Urteil in diesem Punkt überhaupt noch möglich erscheine oder ob sich das Bundesgericht bereits auf einen Schuldspruch festgelegt habe (Gesuch S. 2).  
 
5.2. Das Dispositiv des bundesgerichtlichen Urteils vom 10. März 2021 im Verfahren 6B_460/2020 lautet in Ziff. 1:  
Die Beschwerde wird im Kostenpunkt teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergericht des Kantons Nidwalden vom 9. Juli 2019 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen; im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
 
5.3. Das Bundesgericht erwägt in seinem Urteil 6B_460/2020 vom 10. März 2021, mangels hinreichender Begründung des angefochtenen Urteils (Art. 112 Abs. 1 lit. a BGG) könne nicht beurteilt werden, ob die Auferlegung der erstinstanzlichen Kosten in vollem Umfang im sachgerechten Ermessen des Gerichts liege. In Bezug auf die Verlegung der Verfahrenskosten des Rechtsmittelverfahrens, erweise sich die Rüge des Beschwerdeführers indes als begründet. Die Vorinstanz werde allerdings aufgrund der Gutheissung der von der Staatsanwaltschaft gegen das angefochtene Urteil geführten Beschwerde (Verfahren 6B_511/2020) ohnehin neu über die Kosten zu entscheiden haben (E. 10.4.1). In Bezug auf die Entschädigung an die Erben des Privatklägers für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte erwägt das Bundesgericht, es könne offenbleiben, ob das angefochtene Urteil in diesem Punkt vor Bundesrecht standhalte. Der Privatkläger sei mit seinen Anträgen vor erster Instanz zwar vollumfänglich durchgedrungen, so dass die Parteientschädigung für seinen Rechtsvertreter im vollen Umfang zugesprochen worden sei. Im Berufungsverfahren seien die beiden angeklagten Personen im betreffenden Sachverhaltskomplex allerdings von der Anklage des Betruges zum Nachteil des Privatklägers freigesprochen worden. Da die gegen diesen Freispruch gerichtete Beschwerde der Staatsanwaltschaft im Verfahren 6B_511/2020 gutgeheissen werde, werde sich an der Zusprechung der vollen Entschädigung indes nichts ändern (E. 10.4.2).  
 
5.4. Das Dispositiv des bundesgerichtlichen Urteils vom 10. März 2021 im Verfahren 6B_460/2020 äussert sich nicht zum Freispruch der Angeklagten von der Anklage des Betruges. Aus dem Urteil vom selben Datum im Verfahren 6B_511/2020 ergibt sich in klarer Weise, dass das Bundesgericht aufgrund der insofern unvollständigen Begründung des angefochtenen Urteils nicht abschliessend beurteilen konnte, ob die Vorinstanz die angeklagten Personen zu Recht von der Anklage des Betruges freigesprochen hat (E. 3.5 a.E.). Dementsprechend lassen sich dem Urteil auch keine Erwägungen darüber entnehmen, ob das Bundesgericht den Tatbestand des Betruges als erfüllt erachtet oder nicht. Ein Bedarf für eine Erläuterung von Amtes wegen in Bezug auf das Dispositiv im Verfahren 6B_460/2020 ist nicht ersichtlich.  
 
6.  
Auf das Erläuterungsgesuch ist nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden keine Kosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf das Erläuterungsgesuch wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird der Gesuchstellerin, der Staatsanwaltschaft des Kantons Nidwalden, A.________ und B.________ schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. August 2021 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Boog