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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1B_505/2020  
 
 
Urteil vom 27. Oktober 2020  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Jametti, Bundesrichter Müller, 
Gerichtsschreiberin Sauthier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, 
Binningerstrasse 21, Postfach 1348, 4001 Basel. 
 
Gegenstand 
Anordnung von Sicherheitshaft, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des 
Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, 
Einzelgericht, vom 21. September 2020 (HB.2020.29). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt führt gegen A.________ ein Strafverfahren unter anderem wegen Drohung, mehrfacher versuchter Nötigung, mehrfachen Hausfriedensbruchs, Missbrauchs einer Fernmeldeanlage sowie mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz. A.________ wird unter anderem vorgeworfen, er habe B.________ wiederkehrend gegen ihren Willen an ihrem Wohnort aufgesucht und ihr via Instagram, SMS, E-Mail und iMessage diverse Nachrichten zukommen lassen. Dies obschon sie ihm mehrfach gesagt habe, er solle sie in Ruhe lassen. Durch dieses Verhalten habe er B.________ in Angst und Schrecken versetzt. A.________ wurde am 7. Juli 2020 vorläufig festgenommen und mit Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Basel-Stadt vom 9. Juli 2020 bis zum 3. September 2020 in Untersuchungshaft versetzt. Am 27. August 2020 überwies die Staatsanwaltschaft ihre Anklageschrift an das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt und beantragte gleichentags die Anordnung von Sicherheitshaft. 
Mit Verfügung vom 3. September 2020 ordnete das Zwangsmassnahmengericht Sicherheitshaft bis zum 26. November 2020 an. Dagegen erhob A.________ Beschwerde an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, welches die Beschwerde am 21. September 2020 abwies. 
 
B.   
Mit Eingabe vom 28. September 2020 führt A.________ eigenständig Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt sinngemäss, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und er sei aus der Sicherheitshaft zu entlassen. 
Das Appellationsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung und beantragt die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer nimmt erneut Stellung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Zwischenentscheid, der geeignet ist, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zu bewirken. Gegen ihn steht grundsätzlich die Beschwerde in Strafsachen offen (vgl. Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Der Beschwerdeführer ist durch die Anordnung der Sicherheitshaft in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen und damit zur Beschwerde befugt (Art. 81 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, die von den Beschwerdeführern geltend gemacht und begründet werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Bei der vorliegenden Beschwerde handelt es sich um eine Laienbeschwerde, in welcher zumindest sinngemäss erkennbar ist, welche Rügen der Beschwerdeführer erheben will, weshalb auf die Beschwerde eingetreten werden kann.  
 
2.  
Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn ein dringender Tatverdacht für ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen vorliegt (Art. 221 Abs. 1 Ingress StPO) sowie ein besonderer Haftgrund besteht. Strafprozessuale Zwangsmassnahmen müssen überdies verhältnismässig sein (vgl. Art. 5 Abs. 2, Art. 36 Abs. 3 BV und Art. 197 StPO). 
 
2.1. Wie die Vorinstanz zu Recht festhielt, ist in der Regel davon auszugehen, dass die allgemeine Haftvoraussetzung des dringenden Tatverdachts vorliegt, wenn gegen eine in Haft befindliche Person Anklage erhoben wurde (vgl. Urteil 1B_283/2016 vom 26. August 2016 E. 3 mit Hinweisen). Dass vorliegend die Annahme des dringenden Tatverdachts unhaltbar ist, weshalb ausnahmsweise von dieser Regel abzuweichen wäre, vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun. Vielmehr gibt er zu, diverse Nachrichten an B.________ gesendet zu haben. Diese seien aber weder drohend noch einschüchternd gewesen. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft habe er B.________ nicht aus Bosheit bzw. Mutwillen kontaktiert, um sie in Angst und Schrecken zu versetzen, sondern habe "alles versucht, um ihr Leid durch Liebe und Hoffnung zu ersetzen". Niemals würde er eine Frau bedrohen, belästigen oder nötigen. Damit bringt er aber nichts vor, was den dringenden Tatverdacht hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Tathandlungen der angeblichen Drohung, mehrfachen versuchten Nötigung etc. dahinfallen lassen würde, sondern er zieht lediglich einen anderen Schluss aus seinen Handlungen. Soweit er überdies geltend macht, er sei auch in der "Marihuana-Angelegenheit" unschuldig zu sprechen, da die Polizei gar nicht gesehen habe, wie er einem Freund Marihuana verkauft haben soll und zudem auf den in seiner Wohnung festgestellten 70 Minigrips nur auf zwei ein Fingerabdruck von ihm gewesen sei, vermag er den dringenden Tatverdacht ebenfalls nicht zu entkräften. Diese Vorbringen werden im Übrigen, sofern sie denn zutreffen, im Rahmen der Hauptverhandlung vor dem Sachgericht zu würdigen sein. Zur Begründung des dringenden Tatverdachts reicht es im vorliegenden Verfahren aus, dass überhaupt Minigrips bei ihm gefunden wurden und diese teilweise sogar seinen Fingerabdruck aufwiesen. Denn das Bundesgericht hat zur Frage des dringenden Tatverdachts bzw. zur Schuldfrage weder ein eigentliches Beweisverfahren durchzuführen, noch dem erkennenden Strafrichter vorzugreifen (vgl. BGE 143 IV 316 E. 3.1 S. 318; Urteil 1B_329/2020 vom 15. Juli 2020 E. 2.1; je mit Hinweisen). Es verletzt folglich kein Bundesrecht, dass die Vorinstanz das Bestehen eines dringenden Tatverdachts bejahte.  
 
2.2. Zu prüfen bleibt, ob ein besonderer Haftgrund vorliegt, insbesondere der von den kantonalen Vorinstanzen bejahte Haftgrund der Fluchtgefahr.  
Beim Haftgrund der Fluchtgefahr gemäss Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO geht es um die Sicherung der Anwesenheit der beschuldigten Person im Verfahren. Fluchtgefahr darf nicht schon angenommen werden, wenn die Möglichkeit der Flucht in abstrakter Weise besteht. Vielmehr müssen konkrete Gründe dargetan werden, die eine Flucht nicht nur als möglich, sondern als wahrscheinlich erscheinen lassen. Es braucht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich die beschuldigte Person, wenn sie in Freiheit wäre, dem Vollzug der Strafe durch Flucht entziehen würde. Im Vordergrund steht dabei eine mögliche Flucht ins Ausland, denkbar ist jedoch auch ein Untertauchen im Inland. Bei der Bewertung, ob Fluchtgefahr besteht, sind die gesamten konkreten Verhältnisse zu berücksichtigen. Die Schwere der drohenden Strafe darf als Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden, genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen (vgl. BGE 143 IV 160 E. 4.3 S. 167; 125 I 60 E. 3a S. 62; je mit Hinweisen). Mit einzubeziehen sind die familiären und sozialen Bindungen, die berufliche und finanzielle Situation und die Kontakte zum Ausland. Die Wahrscheinlichkeit einer Flucht nimmt in der Regel mit zunehmender Verfahrens- bzw. Haftdauer ab, da sich auch die Länge des allenfalls noch zu absolvierenden Strafvollzugs mit der bereits geleisteten prozessualen Haft, die auf die mutmassliche Freiheitsstrafe anzurechnen wäre (vgl. Art. 51 StGB), kontinuierlich verringert (BGE 143 IV 160 E. 4.3 S. 167 mit Hinweis). 
 
2.3. Der Beschwerdeführer ist deutscher Staatsangehöriger. Er ist, obschon er gemäss eigenen Angaben bereits über ein Jahr in der Schweiz lebt, hier nicht gemeldet und verfügt über keine Aufenthaltsbewilligung. Zudem hat er noch im April 2020 gegenüber der Polizei angegeben, er lebe nach wie vor in Deutschland. Wenn die Vorinstanz folgerte, dadurch habe sich die Fluchtgefahr insbesondere in Form des Untertauchens manifestiert, ist dies nicht zu beanstanden. Den Akten lässt sich sodann nichts entnehmen, wonach der Beschwerdeführer in der Schweiz stark sozial verwurzelt wäre. Daran ändert auch die unsubstanziierte Behauptung seiner Verteidiger vom 31. August 2020 nichts, wonach sich der Beschwerdeführer in der Schweiz einen Freundeskreis aufgebaut habe, aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehme und seinen Lebensmittelpunkt von Deutschland in die Schweiz verlagert habe. Selbst wenn dem so wäre, ist nicht ersichtlich, weshalb sich der Beschwerdeführer dann in der Schweiz nicht angemeldet hat. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass er vor seiner Verhaftung arbeitslos war und es auch insofern an einer Verpflichtung mangelt, welche den Beschwerdeführer allenfalls dazu bewegen könnte, nicht zu fliehen bzw. unterzutauchen. Insgesamt besteht somit für den Beschwerdeführer objektiv ein starker Anreiz, sich der weiteren Strafverfolgung in der Schweiz durch Flucht in sein Heimatland Deutschland zu entziehen bzw. im Inland unterzutauchen. Dadurch könnte er die Fortführung des Verfahrens zumindest erschweren, und auch für den Vollzug einer allfälligen Freiheitsstrafe wäre ein erheblicher Zusatzaufwand zu erwarten, da sie wohl auf dem Wege der Strafübernahme in Deutschland, das seine Bürger nicht ausliefert, vollzogen werden müsste. Die blosse Versicherung des Beschwerdeführers, er sei "jederzeit postalisch oder persönlich unter seiner Adresse zu erreichen", ist jedenfalls nicht geeignet, die von der Vorinstanz bejahte Fluchtgefahr abzuwenden.  
 
2.4. Nachdem der besondere Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO vorliegend gegeben ist, braucht nicht geklärt zu werden, ob auch eine Wiederholungsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO vorliegt.  
 
2.5. Die angeordnete Sicherheitshaft ist sodann bisher noch nicht unverhältnismässig. Angesichts der Straftaten, deren der Beschwerdeführer dringend verdächtig ist und der von der Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift vom 27. August 2020 beantragten bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten, droht zudem noch keine Überhaft. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern sich die Fluchtgefahr durch Ersatzmassnahmen nach Art. 237 StPO reduzieren liesse.  
 
3.   
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen. 
Bei diesem Verfahrensausgang würde der unterliegende Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig. Aufgrund der konkreten Umstände rechtfertigt es sich indessen, ausnahmsweise auf die Erhebung von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, Rechtsanwältin Marie-Caroline Messerli, der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 27. Oktober 2020 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Sauthier