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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_332/2021  
 
 
Urteil vom 28. April 2021  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterinnen Aubry Girardin, Hänni, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Dr. Edelsbacher & Partner SteuerberatungsgmbH, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Dienst für Informationsaustausch in Steuersachen SEI, 
Eigerstrasse 65, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Informationsamtshilfe DBA (CH-AT), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, 
vom 6. April 2021 (A-846/2021). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. In einem Verfahren der internationalen Informationsamtshilfe gemäss dem Abkommen vom 30. Januar 1974 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA CH-AT; SR 0.672.916.31) erliess die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) am 14. Januar 2021 gegenüber A.________ (nachfolgend: die amtshilfebetroffene Person), wohnhaft in U.________ (AT), eine Schlussverfügung. Der Versand erfolgte im Verfahren A-Post Plus und ging bei der inländischen Zustelladresse der amtshilfebetroffenen Person am Freitag, 15. Januar 2021, ein.  
 
1.2. Die amtshilfebetroffene Person, handelnd durch ihre Rechtsvertretung in V.________ (AT), liess Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben. Dies geschah mit Postaufgabe (in Österreich) vom Mittwoch, 17. Februar 2021.  
 
1.3.  
 
1.3.1. Das Bundesverwaltungsgericht eröffnete das Verfahren A-846/2021 und gewährte der amtshilfebetroffenen Person das rechtliche Gehör zur Frage, ob die Beschwerdeeinreichung rechtzeitig erfolgt sei. Das Bundesverwaltungsgericht war davon ausgegangen, dass die 30-tägige Beschwerdefrist am Montag, 15. Februar 2021, verstrichen sei. Die amtshilfebetroffene Person liess im Wesentlichen (nur) vorbringen, aufgrund der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, welche diese auf die "notwendigen Arbeitsabläufe" entfalte, sei sie, die amtshilfebetroffene Person, ohne eigenes Verschulden davon abgehalten worden, fristgerecht zu handeln.  
 
1.3.2. Mit einzelrichterlichem Entscheid A-846/2021 vom 6. April 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht das Gesuch vom 15. März 2021 um Wiederherstellung der Frist ab und trat es auf die Beschwerde nicht ein. Die Begründung ging dahin, dass die amtshilfebetroffene Person zwar vorbringe, ihre Rechtsvertretung sei pandemiebedingt und unverschuldet vom rechtzeitigen Handeln abgehalten worden, dass sie dies aber lediglich in pauschaler Weise geltend mache und in keiner Weise durch stichhaltige Beweise aufzeige. Im Wesentlichen lege sie einzig einen Beleg vor, demzufolge die Weiterleitung der Schlussverfügung an den österreichischen Rechtsvertreter vom 15. bis zum 19. Januar 2021 gedauert habe. Bei der nur teilweise gewährleisteten Besetzung des Sekretariats handle es sich, ergänzte das Bundesverwaltungsgericht, um eine organisatorische Unzulänglichkeit, die letztlich die amtshilfebetroffene Person zu vertreten habe. Bei einwandfreier Organisation wäre es der amtshilfebetroffenen Person durchaus möglich gewesen, die Eingabe vom 15. März 2021 rechtzeitig zur Beförderung aufzugeben. Der Entscheid A-846/2021 vom 6. April 2021 ging bei der inländischen Zustelladresse der amtshilfebetroffenen Person am 8. April 2021 ein.  
 
1.4. Die amtshilfebetroffene Person erhebt mit Schreiben vom 16. April 2021 (Poststempel gemäss österreichischer Post) beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt sinngemäss, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei ihr im vorinstanzlichen Verfahren gestelltes Fristwiederherstellungsgesuch gutzuheissen und die Sache materiell zu beurteilen. In prozessualer Hinsicht beantragt sie, ihrer Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Beschwerdeschrift gelangte am 19. April 2021 in den Machtbereich der Post CH AG.  
 
1.5. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR 173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen, namentlich von einem Schriftenwechsel (Art. 102 Abs. 1 BGG), abgesehen, die amtshilfebetroffene Person aber eingeladen, ein inländisches Zustelldomizil zu bezeichnen.  
 
2.  
 
2.1. Das angefochtene Urteil wurde vom Bundesverwaltungsgericht gefällt und unterliegt als Endentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts grundsätzlich der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a, Art. 90 BGG).  
 
2.2.  
 
2.2.1. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist die Beschwerde gemäss Art. 84a BGG nur zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt (BGE 139 II 404 E. 1.3 S. 410).  
 
2.2.2. Die amtshilfebetroffene Person hat in ihrer Beschwerdeschrift detailliert aufzuzeigen, dass und weshalb diese besondere Sachurteilsvoraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 Satz 2 BGG), es sei denn, dies treffe ganz offensichtlich zu (BGE 139 II 340 E. 4 S. 342; 139 II 404 E. 1.3 S. 410; Urteil 2C_780/2018 vom 1. Februar 2021 E. 1.2). Dabei muss es sich um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen handeln (vgl. BGE 143 II 120 E. 2.2.2 S. 123; 143 II 425 E. 1.3 S. 427; 137 II 313 E. 1.1.1 S. 316). Dies ist der Fall, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage das materielle (hier: DBA CH-AT) und/oder das formelle Amtshilferecht (Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die internationale Amtshilfe in Steuersachen [StAhiG; SR 51.1]) beschlägt (Urteil 2C_995/2018 vom 14. November 2018 E. 2.2.3).  
 
2.2.3. Art. 84a BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Amtshilfe in Steuerangelegenheiten (BGE 139 II 340 E. 4 S. 342). Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist regelmässig zu bejahen, wenn deren Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann, namentlich, wenn von unteren Instanzen viele gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden. Damit Fälle als gleichartig angesehen werden können, genügt es nicht, dass sich dieselbe Rechtsfrage in weiteren Verfahren stellen wird. Die zu beurteilende Streitsache muss überdies geeignet sein, die Frage auch mit Bezug auf die anderen Fälle zu klären. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn entscheidrelevante Eigenheiten bestehen, die bei den anderen Fällen in der Regel nicht gegeben sind (Urteil 2C_28/2017 vom 16. April 2018 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 144 II 206; BGE 139 II 404 E. 1.3 S. 410; 139 II 340 E. 4 S. 342 mit Hinweisen). Die zu beurteilenden Rechtsfragen müssen schliesslich entscheidrelevant sein. Das Bundesgericht prüft keine Fragen rein theoretischer Natur, die ohne konkrete Auswirkung für die Parteien bleiben (BGE 142 II 161 E. 3 S. 173; zum Ganzen: Urteil 2C_537/2019 vom 13. Juli 2020 E. 1.2, zur Publikation vorgesehen).  
 
2.2.4. In Verfahren auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen entfaltet die Beschwerde von Amtes wegen aufschiebende Wirkung (Art. 103 Abs. 2 lit. d BGG). Das Gesuch, der vorliegenden Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ist damit gegenstandslos (Urteil 2C_780/2020 vom 10. März 2021 E. 1.5).  
 
2.3.  
 
2.3.1. Die amtshilfebetroffene Person wendet sich gegen das vorinstanzliche Nichteintreten auf die Sache und damit mittelbar gegen die vorinstanzliche Abweisung des Fristwiederherstellungsgesuchs. Sie vertritt die Ansicht, dass die "besonderen Umstände der staatlich verordneten Covid-Massnahmen und Restriktionen im Generellen ausreichen sollten", um eine Frist wiederherzustellen. Sie hält eine Beurteilung durch das Bundesgericht auch daher für gerechtfertigt, dass dieses "bisher nicht zu Zeiten und zu Sachverhalten, welche durch die Covid-Pandemie so einschneidend betroffen sind", über die Fristwiederherstellung entschieden habe. Die amtshilfebetroffene Person verweist auf Hilfspersonen, die im Home-Office arbeiteten und daher nicht zeitgerecht hätten tätig werden können (bzw. nicht zeitgerecht tätig geworden seien). Zudem habe die "involvierte Bank grundsätzlich versagt" und die amtshilfebetroffene Person hingehalten. Zusammenfassend sei festzustellen, dass die vorinstanzliche Beweiswürdigung, wonach eine rechtzeitige Postaufgabe möglich gewesen sei, als "schlicht unzutreffend" bezeichnet werden müsse.  
 
2.3.2. Dazu ist folgendes zu sagen: Gemäss Art. 1 der Verordnung vom 20. März 2020 über den Stillstand der Fristen in Zivil- und Verwaltungsverfahren zur Aufrechterhaltung der Justiz im Zusammenhang mit dem Coronavirus (COVID-19; SR 173.110.4) standen die Fristen im bundesgerichtlichen Verfahren lediglich vom 21. März 2020 bis und mit dem 19. April 2020 still. Seither herrscht die übliche Fristenordnung. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die vorgebrachten Rügen keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen und von vornherein nicht ausdrücklich den Rechtsbereich der internationalen Informationsamtshilfe gemäss DBA CH-AT oder StAhiG beschlagen. Angesprochen ist vielmehr die sich in allen Gebieten gleichermassen stellende Frage, inwiefern eine beschwerdeführende Person sich das Verhalten der von ihr beigezogenen Hilfspersonen anzurechnen habe (zur Zustellung an im Ausland ansässige Personen, die eine inländische Hilfsperson beiziehen, u.a. Urteil 2C_103/2021 vom 9. März 2021 E. 3.2 und 3.3).  
 
2.3.3. Beim Erfordernis der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung oder des besonders bedeutenden Falls handelt es sich um eine Sachurteilsvoraussetzung. Daran fehlt es hier offensichtlich, nachdem keinerlei sachspezifische Rüge vorliegt. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten.  
 
3.  
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der amtshilfebetroffenen Person aufzuerlegen. Der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. April 2021 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher