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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_27/2022  
 
 
Urteil vom 28. Juli 2022  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Traub. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Ilona Zürcher, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 17. November 2021 (IV 2020/96, IV 2020/261). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 1991) ist gelernter Maurer und Strassenbauer. Am 30. Juni 2014 meldete er sich mit Hinweis auf Rückenbeschwerden zum Leistungsbezug an. Nach Abklärung der medizinischen und erwerblichen Verhältnisse unter anderem anhand von zwei bidisziplinären (orthopädisch-psychiatrischen) Gutachten stellte die IV-Stelle A.________ die Ablehnung eines Rentenanspruches in Aussicht (Vorbescheid vom 13. November 2019). Der Versicherte erhob Einwand und legte verschiedene ärztliche Berichte vor, wonach die psychophysische Belastbarkeit eingeschränkt und keine Arbeitsfähigkeit gegeben sei. Ausserdem beantragte er die unentgeltliche Rechtsverbeiständung im Vorbescheidverfahren. Die IV-Stelle liess den Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) Stellung nehmen. Am 30. März 2020 erliess sie eine dem Vorbescheid entsprechende Verfügung. Mit Verfügung vom 27. November 2020 lehnte die IV-Stelle das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Vorbescheidverfahren ab. 
 
B.  
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies die in der Sache erhobene Beschwerde ab. Es bewilligte die unentgeltliche Rechtspflege für den kantonalen Prozess. In einem separaten, mit der Hauptsache vereinigten Verfahren hiess es die Beschwerde betreffend der verweigerten unentgeltlichen Rechtsverbeiständung im Verwaltungsverfahren gut, dies mit Wirkung ab 16. Dezember 2019 (Entscheid vom 17. November 2021). 
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt die Zusprechung einer ganzen Invalidenrente mit Wirkung ab dem 1. Juli 2014. Eventuell sei ein neutrales polydisziplinäres Gutachten anzuordnen. Soweit der angefochtene Entscheid die unentgeltliche Rechtsverbeiständung im Verwaltungsverfahren betreffe, sei er zu bestätigen. Der Beschwerdeführer ersucht um unentgeltliche Rechtspflege (Prozessführung und Rechtsverbeiständung) im bundesgerichtlichen Verfahren. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer beantragt, der angefochtene Entscheid sei zu bestätigen, soweit ihm die unentgeltliche Rechtspflege im Vorbescheidverfahren zugesprochen werde. Gegenstand des allein vom Versicherten angehobenen letztinstanzlichen Verfahrens können jedoch nur vorinstanzliche Festlegungen sein, die ihn belasten (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG). Der Antrag ist gegenstandslos. 
 
2.  
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs 1 BGG). Es kann die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung auf entsprechende Rüge hin oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4). 
 
3.  
Strittig ist, ob die Vorinstanz zu Recht angenommen hat, die Schlussfolgerungen des Administrativgutachtens der MEDAS Bern vom 9. September 2019 taugten zum Beweis. Die Sachverständigen nahmen an, der Beschwerdeführer sei (nur) aufgrund der Folgen eines Drogenkonsums zu 20 Prozent arbeitsunfähig, im Übrigen beruhe die eingeschränkte Leistung auf Aggravation. 
 
3.1. Für die Beurteilung der Streitfrage geht die Vorinstanz von folgendem Sachverhalt aus:  
 
Nachdem der Beschwerdeführer im September 1998, im Alter von sieben Jahren, wegen des Verdachts auf ein Psychoorganisches Syndrom (POS; nach heutiger Terminologie: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung [ADHS]) bei der Invalidenversicherung angemeldet worden war, sprach ihm die IV-Stelle medizinische Massnahmen zu (insbesondere Psychomotorik-Therapie und Psychotherapie). Am 30. Juni 2014 meldete sich A.________ aufgrund verschiedener Rückenleiden erneut zum Bezug von IV-Leistungen an. Im Dezember 2015 musste eine auf drei Monate angelegte berufliche Abklärung im Kompetenzzentrum für berufliche Integration B.________ vorzeitig abgebrochen werden, weil sich die Rückenschmerzen verschlimmerten. Im Rahmen eines stationären Rehabilitationsaufenthalts in der Klinik C.________ diagnostizierten die Ärzte im Februar 2016 unter anderem ein lumbovertebrales Syndrom, eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung (impulsiver Typus) in Verbindung mit einer hyperkinetischen Störung und einer Störung des Sozialverhaltens sowie Probleme bei der Lebensführung und einen anhaltenden Gebrauch psychotroper Substanzen (Cannabis und eventuell auch Alkohol). Zur Behandlung des trotz konventioneller Therapie verbliebenen Schmerzzustandes und aufgrund des (auch privaten) Konsums verschiedener Schmerz- und psychotroper Substanzen wurde eine Methadontherapie begonnen. Die behandelnde Psychiaterin med. pract. D.________, berichtete im Januar 2017, eine traumatherapeutische Behandlung habe eine Stabilisierung bewirkt. Der Versicherte habe eine erstaunliche Willenskraft; die emotionalen Durchbrüche hätten sich reduziert. Er erscheine fähig, auf eine leidensangepasste Tätigkeit (Unterhaltspraktiker) umgeschult zu werden. Die IV-Stelle übernahm die Kosten für eine zweijährige Umschulung zum Fachmann Betriebsunterhalt EFZ. Im Frühjahr 2017 wurde die Umschulung abgebrochen, weil der Versicherte eine Verschlimmerung des Rückenleidens erlitt und der Gesundheitszustand zu instabil war. Nachdem eine stationäre rehabilitative Behandlung der Lumbalgie keinen Erfolg gebracht hatte, berichtete die behandelnde Psychiaterin, nach der beim Arbeitseinstieg rasch eingetretenen Verschlechterung des Zustands sei von einer längerfristig bestehenden vollständigen Arbeitsunfähigkeit auszugehen; die unbewussten Ängste des Versicherten seien zu stark, als dass er sich im Arbeitsalltag behaupten und den inneren Ansprüchen und Insuffizienzempfindungen stellen könnte. Es folgten weitere schmerzmedizinische und psychosomatische Abklärungen. 
 
Die IV-Stelle holte bei den Dres. E.________ und F.________ ein bisdisziplinäres (orthopädisch-psychiatrisches) Gutachten ein. Der orthopädische Teilgutachter diagnostizierte u.a. ein chronisches Panvertebralsyndrom bei leichtgradigen degenerativen Veränderungen vorwiegend diskogener Art; er stellte fest, die geklagten gesundheitlichen Beschwerden seien nicht ganz nachvollziehbar und attestierte für die bisherige Tätigkeit als Strassenbauer eine Arbeitsfähigkeit von 80 Prozent (Notwendigkeit vermehrter Pausen, vermindertes Arbeitstempo). In einer dem Leiden angepassten Tätigkeit sei er vollständig arbeitsfähig. Die psychiatrische Teilgutachterin diagnostizierte eine schwere kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen, dissozialen und paranoiden Anteilen, ein ADHS im Erwachsenenalter, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, einen Zustand nach schädlichem Gebrauch von Cannabis und Alkohol sowie Probleme in Bezug auf negative Kindheitserlebnisse. Die beiden letzteren Störungen wirkten sich nicht auf die Arbeitsfähigkeit aus. Die "Somatisierungsschmerzen" seien, im Rahmen des "niedrigen Strukturniveaus der Grundpersönlichkeit", als körperliches Korrelat von Angst, Wut und Aggression zu verstehen. Der Versicherte sei seit 2013 in der freien Wirtschaft generell zu 100 Prozent arbeitsunfähig. Das Gutachten liess nach Auffassung des Regionalen Ärztlichen Dienstes der Invalidenversicherung (RAD) Fragen bezüglich der Auswirkungen der gesundheitlichen Einschränkungen in verschiedenen Lebensbereichen und der objektiven Schwere des Leidens offen. Die IV-Stelle lehnte berufliche Massnahmen ab und liess den Versicherten erneut bidisziplinär begutachten. In ihrer Expertise vom 9. September 2019 diagnostizierten die Sachverständigen der MEDAS Bern Störungen durch multiplen Substanzgebrauch, ein Abhängigkeitssyndrom und ein chronisches vertebragenes Schmerzsyndrom mit einer Bandscheibenproblematik und einer minimalen Spondylarthrose; ausserdem u.a. eine vorwiegend histrionische, narzisstische Persönlichkeit, ein ADHS bei Erwachsenen und eine Fehlhaltung der Wirbelsäule mit deutlicher muskulärer Dysbalance, die sich nicht auf die Arbeitsfähigkeit auswirkten. Es sei von einer Aggravation auszugehen. Aus orthopädischer Sicht sei für die angestammte Tätigkeit eine leichte Minderung der Leistungsfähigkeit um maximal 20 Prozent begründbar, in einer besser adaptierten Tätigkeit dürfe eine vollständige Arbeitsfähigkeit erwartet werden. Der psychiatrische Gutachter schätzte die Arbeitsunfähigkeit mit Blick auf die Folgen (schwankende Leistungsfähigkeit) eines fortgesetzten Drogenkonsums auf (generell) 20 Prozent. 
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz würdigt zunächst das Administrativgutachten der MEDAS Bern vom 9. September 2019 und die dort gezogenen Schlussfolgerungen betreffend Art und Schwere der Diagnosen und deren Folgen für das zumutbare Leistungsvermögen. Anschliessend stellt sie diese Beurteilung den in psychiatrischer Hinsicht abweichenden Einschätzungen von behandelnden Ärzten und der Vorgutachter (Administrativexpertise vom 11. November 2017) gegenüber. Die Vorinstanz kommt zum Schluss, gesamthaft betrachtet seien weder die vom Beschwerdeführer geschilderten somatischen noch die psychischen Beschwerden in sich stimmig. Die Beurteilung der behandelnden Ärzte beruhe massgeblich auf Angaben des Beschwerdeführers, die bei näherer Prüfung nicht ausreichend konsistent erschienen. Die geklagten Schmerzen und eine Beinschwäche seien orthopädisch nicht objektivierbar. Emotionale Ausbrüche seien im Erwachsenenalter nur vereinzelt aktenkundig geworden, was gegen eine dauerhaft einschränkende Persönlichkeitsstörung spreche. Zu berücksichtigen sei auch, dass behandelnde Ärzte die von ihrem Patienten vorgetragenen Beschwerden - angesichts ihres therapeutischen Auftrages - grundsätzlich nicht anzweifelten und im Zweifelsfall eher zu dessen Gunsten aussagten (vgl. BGE 135 V 465 E. 4.5). Es sei nicht ersichtlich, dass die behandelnden Ärzte Sachverhalte erkannt hätten, die den Gutachtern entgangen seien.  
 
Hinsichtlich eines allfälligen Substanzkonsums des Beschwerdeführers erwägt die Vorinstanz, es könne offenbleiben, ob die Arbeitsfähigkeit - gestützt auf die Rechtsprechung zur IV-rechtlichen Relevanz von Abhängigkeitssyndromen (BGE 145 V 215) - 80 oder 100 Prozent betrage. Ein rentenbegründender Invaliditätsgrad werde so oder so nicht erreicht. 
 
4.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Gutachter der MEDAS Bern gingen von einem fortgesetzten Drogenkonsum aus; die Störung durch multiplen Substanzgebrauch und das Abhängigkeitssyndrom schränkten die Arbeitsfähigkeit aus gutachterlicher Sicht um 20 Prozent ein. Dagegen halte die Vorinstanz nach Würdigung der Akten fest, der Substanzkonsum habe keine massgebliche Bedeutung. Der Beschwerdeführer fährt fort, er sei tatsächlich nicht drogenabhängig. Dies sei auch zum Zeitpunkt der Begutachtung in der MEDAS so gewesen. Bestehe also auf der einen Seite keine Abhängigkeit und attestierten die Gutachter auf der anderen Seite allein deswegen eine Einschränkung um 20 Prozent, so sei die Expertise per se nicht nachvollziehbar. Unter diesen Umständen wären weitere Abklärungen angezeigt gewesen. Weil die Vorinstanz keine solchen veranlasst habe, verletze sie die Untersuchungsmaxime (Art. 61 lit. c ATSG).  
 
Die Vorinstanz erwägt, eine durch eine Abhängigkeitsproblematik verursachte massgebliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit stehe nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fest. Dass die Gutachter dennoch eine Arbeitsunfähigkeit von 20 Prozent attestiert hätten, sei von untergeordneter Bedeutung (angefochtener Entscheid S. 24 E. 4.3.4). Dazu ist einmal festzuhalten, dass die Gutachter offenbar selbst an einer Substanzabhängigkeit zweifelten und sie deswegen eine Haarprobe empfahlen ("[...], um festzustellen, ob der Substanzgebrauch bei vorliegender Aggravation in dem beschriebenen und demonstrierten Umfang tatsächlich besteht"; Gutachten S. 16). Die Frage der Arbeitsunfähigkeit hängt aber vor allem davon ab, ob - wie die psychiatrische Erstgutachterin angenommen hatte - ein invalidisierendes Leiden in Gestalt einer schweren kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen, dissozialen und paranoiden Anteilen gegeben ist, oder ob - wovon die Zweitgutachter ausgingen - die (vorgebliche) Einschränkung im Wesentlichen auf einer nicht anspruchsrelevanten Aggravation beruht. Es ist nicht ersichtlich, dass eine allfällige Fehlannahme der Gutachter über den Substanzkonsum diese Frage tangieren würde. Insoweit durfte die Vorinstanz trotz der allfälligen Unstimmigkeit (Ableitung einer Teilarbeitsunfähigkeit aus einer von den Gutachtern selbst angezweifelten gesundheitlichen Beeinträchtigung) ohne Verletzung von Bundesrecht auf das Administrativgutachten der MEDAS Bern vom 9. September 2019 abstellen. 
 
4.3. Im Weiteren bestreitet der Beschwerdeführer die Beweistauglichkeit des Gutachtens der MEDAS Bern unter dem Aspekt der Aggravation. Die Vorinstanz habe einen Wutanfall während der orthopädischen Begutachtung als (möglicherweise) bewusstes Verhalten im Rahmen des Aggravationsverhaltens gedeutet und betrachte den Vorfall einzig im Kontext mit aktenkundigen früheren Wutausbrüchen (angefochtener Entscheid S. 23 f. E. 4.3.4). Damit verkenne sie, dass nur ein sehr kleiner Teil der tatsächlichen Wutanfälle aktenkundig geworden sei. Der Sachverhalt sei insofern willkürlich festgestellt. Zudem verletze die Vorinstanz erneut Art. 61 lit. c ATSG, indem sie aus dem Umstand, dass er früher erwerbstätig sein konnte, das Vorliegen einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung als Ursache dieser Ausbrüche ausschliesse. Eine solche Beurteilung obliege dem Facharzt, aber nicht einem Gericht.  
 
Der sinngemäss erhobene Vorwurf, die Vorinstanz habe sich eine fachfremde (medizinische) Beurteilung angemasst, ist unbegründet. In E. 4.3.3 und 4.3.4 nennt das kantonale Gericht die allgemeinen Voraussetzungen, unter denen gewöhnlich eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert werden kann, und würdigt die vorliegenden medizinischen Stellungnahmen (angefochtener Entscheid E. 4.3.1 und 4.3.2). Es folgt der im psychiatrischen Teilgutachten der MEDAS Bern vom 9. September 2019 vertretenen Einschätzung, die Angaben des Beschwerdeführers zu Aggressivität und Affektlabilität seien "aktuell nicht im geschilderten Umfang nachvollziehbar und glaubhaft" (a.a.O. E. 4.3.3). Die Diskrepanz zur im früheren Gutachten vom 11. November 2017 sowie in Berichten behandelnder Ärzte getroffenen psychiatrischen Feststellung einer emotional instabilen oder gar einer schweren kombinierten Persönlichkeitsstörung löst die Vorinstanz auf dem Weg der Beweiswürdigung auf (a.a.O. E. 4.3.4). Anzeichen, dass diese willkürlich sein könnte, fehlen. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, welche weiteren Beweiserhebungen nötig gewesen wären. Weiterer Abklärungsbedarf ist nicht ersichtlich, weshalb der angefochtene Entscheid das Untersuchungsprinzip nicht verletzt. 
 
4.4. Weiter rügt der Beschwerdeführer, die vorinstanzliche Feststellung, die geklagten Schmerzen seien nicht objektivierbar, sei nicht vereinbar mit dem Umstand, dass er diverse Hilfsmittel (Krücken etc.) benötige. Diesem Vorbringen liegen unzutreffende Prämissen über die objektive Notwendigkeit solcher Hilfsmittel zugrunde. Wenn der orthopädische Gutachter festhielt, der Beschwerdeführer habe das Untersuchungszimmer "mit einem sehr flotten Gangbild betreten", so offenbart sich darin, anders als der Beschwerdeführer meint, keine Widersprüchlichkeit; die Beobachtung trägt vielmehr zur gutachterlichen Erkenntnis bei, dass es sich um einen Fall von Aggravation handelt. Dies gilt sinngemäss auch für andere vermeintliche Diskrepanzen im Verhalten des Beschwerdeführers, wie sie im Verlauf der Begutachtung beobachtet wurden. Die betreffenden Ausführungen der Gutachter sind Teil der Herleitung einer zentralen Schlussfolgerung. Sie beschreiben widersprüchliches Verhalten des Exploranden. Die Diskrepanzen sind also in erster Linie Gegenstand des Beweises; sie stellen den Beweiswert der Expertise erst dann infrage, wenn die gutachterliche Argumentation insgesamt nicht zu überzeugen vermag. Dafür bestehen hier aber keine Anhaltspunkte.  
 
4.5. Als Zeichen für eine Aggravation sehen die Sachverständigen der MEDAS Bern u.a. auch den Umstand, dass der Beschwerdeführer "seine früheren Angaben zum Elternhaus und zum Verhalten des Vaters" später wieder zurückgenommen habe, "da die Auskunft bei seiner Psychiaterin nicht wahrheitsgemäss gemacht wurde, offensichtlich um sich Vorteile bei der Bewertung durch die IV zu verschaffen" (Gutachten vom 9. September 2019 S. 15). Die Vorinstanz hingegen erkennt, aus dem fraglichen Bericht einer behandelnden Ärztin ergebe sich nicht, dass er dieser gegenüber die explizite Aussage, er sei als Minderjähriger psychisch und körperlich misshandelt worden, gemacht und sie später wieder zurückgenommen habe. Entgegen dem Gutachten bestehe diesbezüglich also kein Indiz für eine Aggravation (angefochtener Entscheid E. 4.3.5). Der Beschwerdeführer moniert, die entsprechende Fehleinschätzung der Gutachter beeinflusse die gesamte Beurteilung. So sei die Expertise als Ganze nicht nachvollziehbar. Die Vorinstanz hätte daher eine neue Begutachtung veranlassen müssen.  
 
Es stellt sich auch hier die Frage, ob das kantonale Gericht den Sachverhalt offensichtlich unrichtig feststellt und das Untersuchungsprinzip verletzt, indem es trotz des Kritikpunktes auf das Gutachten vom 9. September 2019 abstellt. Zwar wird die gutachterliche Einschätzung - das geklagte Beschwerdebild beruhe weitgehend auf Aggravation - im erwähnten Punkt nicht gestützt. Dieser Umstand kompromittiert die Schlussfolgerungen der Sachverständigen aber nicht: Zum einen leitet sich der Befund der Aggravation aus einer Vielzahl selbständiger Feststellungen ab, die sowohl auf der gutachterlichen Untersuchung wie auch auf der dokumentierten Vorgeschichte beruhen (vgl. Gutachten der MEDAS Bern S. 15 ff.). Der Bestand dieser weiteren Anhaltspunkte für eine Aggravation hängt nicht von dem einen Indiz ab, das sich als unhaltbar erwiesen hat. Zum andern ändert dessen Wegfall nichts an der gutachterlichen Schlussfolgerung, weil ihm im Gefüge der gesamten Indizien keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. 
 
4.6. Insgesamt verletzt die Vorinstanz kein Bundesrecht, wenn sie das Gutachten der MEDAS Bern für beweistauglich einstuft und massgeblich darauf abstellt.  
 
5.  
 
5.1. Hinsichtlich der Bemessung des Invalideneinkommens rügt der Beschwerdeführer die vorinstanzliche Erwägung, nur ein Tabellenlohnabzug (vgl. BGE 135 V 297 E. 5.2; 126 V 75) von 20 Prozent führte zur Zusprechung einer Viertelsrente. Eine Herabsetzung in diesem Umfang lasse sich jedoch nicht begründen (E. 4.5 des angefochtenen Entscheids). Dies, so der Beschwerdeführer, werde nicht weiter begründet, was sein rechtliches Gehör verletze.  
 
5.2. Nach Feststellung der Vorinstanz käme eine Viertelsrente erst bei einer Herabsetzung des tabellarisch ermittelten Lohns um 20 Prozent infrage. Erforderlich wäre also ein Abzug nahe beim Maximum von 25 Prozent. Die Festlegung der Höhe des Tabellenlohnabzuges ist eine typische Ermessensfrage. Das Bundesgericht kann die vorinstanzliche Festlegung nur korrigieren, wenn das kantonale Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt, d.h. sein Ermessen überschritten, missbraucht oder unterschritten hat (BGE 137 V 71 E. 5.1; 132 V 393 E. 3.3). Die Vorinstanz legt zwar nicht dar, ob eine Herabsetzung des Tabellenlohns angebracht ist, und wenn ja, in welcher Höhe. Hätte sie beispielsweise einen Abzug von 15 Prozent für angebracht gehalten, so würde dies selbst in Anbetracht der vom Beschwerdeführer aufgezählten erschwerenden Faktoren (erforderliche Rücksichtnahme bei der Ausübung einer leidensangepassten Tätigkeit; narzisstische, histrionische und hypochondrische Tendenzen; therapiebedingte Fehlzeiten) jedoch kein Eingreifen des Bundesgerichts rechtfertigen; ein Rechtsfehler wäre nicht ersichtlich. Ob sich die Vorinstanz angesichts ihrer Begründungspflicht (Art. 61 lit. h ATSG und Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG) mit der blossen Feststellung begnügen durfte, ein Tabellenlohnabzug sei vorliegend nicht gerechtfertigt, kann daher offen bleiben.  
 
5.3. Darüber hinaus bestreitet der Beschwerdeführer, angesichts seiner Persönlichkeitsmerkmale und der zu erwartenden Ausraster einem Arbeitgeber überhaupt noch zumutbar zu sein. Soweit er damit eine grundsätzliche arbeitsmarktliche Unverwertbarkeit seiner Arbeitsleistung geltend macht, übersieht er, dass die betreffenden Erschwernisse - gemäss den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (vgl. oben E. 2) - nicht auf eine versicherte Gesundheitsschädigung zurückzuführen sind.  
 
6.  
Aufgrund des Verfahrensausgangs trägt der Beschwerdeführer an sich die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (Art. 64 BGG) kann jedoch entsprochen werden. Sollte er später dazu in der Lage sein, wird er der Bundesgerichtskasse entsprechend Ersatz zu leisten haben (Art. 64 Abs. 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. Rechtsanwältin Ilona Zürcher wird als unentgeltliche Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers bestellt. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indessen vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
4.  
Der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2800.- ausgerichtet. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 28. Juli 2022 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Traub