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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2D_42/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 28. November 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.C.________, 
2. B.C.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Kantonales Steueramt Aargau, 
2. Gemeinderat U.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Erlass der Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Aargau, Steuerperiode 2013, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Spezialverwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 20. September 2017 (3-RB.2017.13). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Eheleute A.C.________ und B.C.________ geb. D.________ (nachfolgend: die Steuerpflichtigen) haben steuerrechtlichen Wohnsitz in U.________/AG. Zur Steuerperiode 2013 reichten sie keine Steuererklärung ein. Mit Verfügung vom 21. April 2015 veranlagte die örtliche Steuerkommission die Steuerpflichtigen für die Steuerperiode 2013 nach pflichtgemässem Ermessen, woraus für die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Aargau ein Steuerbetreffnis von Fr. 77'373.80 resultierte. Die Veranlagungsverfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Am 5. September 2017 bestand eine Restanz von noch Fr. 51'488.30.  
 
1.2. Die Steuerpflichtigen ersuchten seit Herbst 2014 um Stundung der ausstehenden Staats- und Gemeindesteuern der Steuerperiode 2013. Die Gemeinde entsprach dem Gesuch und schob die Steuern zuletzt bis Ende März 2016 auf. Die Steuerpflichtigen liessen die Stundungsfrist indes ungenutzt verstreichen. Mit Brief vom 28. April 2016 ersuchte die Gemeinde um Stellungnahme und stellte für den Fall, dass eine solche ausbleibe, die Betreibung in Aussicht. Die Steuerpflichtigen reagierten nicht. Auf Antrag der Gemeinde erliess das Betreibungsamt der Region V.________/AG am 17. Juni 2016 einen Zahlungsbefehl (Fr. 77'373.80 nebst Verzugszins bis zum 14. Juni 2016). Die Steuerpflichtigen erhoben am 27. Juni 2016 Rechtsvorschlag. Das Bezirksgericht W.________/AG erteilte am 4. November 2016 die definitive Rechtsöffnung.  
 
1.3. Die Steuerpflichtigen ersuchten die Gemeinde mit Gesuch vom 19. April 2017 um Erlass aus der Steuerperiode 2013 noch offenen Steuern. Die Gemeinde teilte den Steuerpflichtigen tags darauf mit, sie könnten ein Erlassgesuch stellen. Gleichzeitig machte sie die Steuerpflichtigen darauf aufmerksam, dass nur auf Erlassgesuche eingetreten werde, die vor Zustellung des Zahlungsbefehls eingereicht worden seien. Mit Eingaben vom 9. Mai und 12. Juni 2017 reichten die Steuerpflichtigen das Formular und weitere Unterlagen nach, worauf der Gemeinderat am 19. Juni 2017 erkannte, das Gesuch werde, "soweit überhaupt darauf eingetreten werden konnte, abgelehnt".  
 
1.4. Die Steuerpflichtigen gelangten mit Rekurs an das Spezialverwaltungsgericht des Kantons Aargau, Abteilung Steuern, das diesen mit einzelrichterlichem Entscheid 3-RB.2017.13 vom 20. September 2017 abwies. Das Spezialverwaltungsgericht erwog im Wesentlichen, das kantonale Recht (§ 230 Abs. 4 des Steuergesetzes [des Kantons Aargau] vom 15. Dezember 1998 [StG/AG; SAR 651.100]) lasse ein Eintreten auf Gesuche, die nach Zustellung des Zahlungsbefehls eingereicht wurden, nicht zu.  
 
1.5. Mit Eingabe vom 20. Oktober 2017 erheben die Steuerpflichtigen beim Bundesgericht ein als "staatsrechtliche Beschwerde" bezeichnetes Rechtsmittel. Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Da mit der Gemeinde bisher "keine Gesamtlösung gefunden werden konnte", erfolge die Beschwerde "als vorsorgliche Massnahme".  
 
1.6. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR 173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen. Die Beschwerde enthält offensichtlich keine hinreichende Begründung, weshalb über sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG durch Entscheid des Abteilungspräsidenten zu entscheiden ist.  
 
2.  
 
2.1. Die Steuerpflichtigen behaupten nicht, es stelle sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung oder es liege aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vor; solcherlei ist auch nicht ersichtlich. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten steht mithin nicht zur Verfügung (Art. 83 lit. m BGG).  
 
2.2. Es bleibt zu prüfen, ob die Eingabe als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen ist (Art. 113 ff. BGG). Mit diesem Rechtsmittel kann ausschliesslich die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte gerügt werden (Art. 116 BGG), wobei die qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit herrscht (Art. 117 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 142 II 369 E. 2.1 S. 372; Urteil 2D_34/2017 vom 7. September 2017 E. 2.2). Auf bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am vorinstanzlichen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 141 IV 369 E. 6.3 S. 375).  
 
2.3. Nach den für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 118 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 142 I 155 E. 4.4.3 S. 156 zu Art. 105 Abs. 1 BGG), die hier in keiner Weise bestritten werden, die den Anforderungen von Art. 117 BGG genügt, erging zur streitbetroffenen Steuerperiode am 17. Juni 2016 ein Zahlungsbefehl. Davon hatten die Steuerpflichtigen Kenntnis, erhoben sie doch am 27. Juni 2016 Rechtsvorschlag (vorne E. 1.2). Der Zahlungsbefehl war die Folge dessen, dass sie die Stundungsfrist ungenutzt verstreichen und das Schreiben der Gemeinde 28. April 2016 unbeantwortet gelassen hatten. Die nachfolgenden Besprechungen mit der Gemeinde erfolgten im Frühling 2017. Das Erlassgesuch datiert vom 19. April 2017.  
 
2.4. Die Steuerpflichtigen beschränken sich darauf, die Hintergründe der Veranlagungen nach pflichtgemässem Ermessen darzulegen (Pensionierung des Treuhänders im Jahr 2011, Erkrankung und Hinschied der für die Administration zuständigen Gesellschafterin E.________ im Januar 2013, Konkurs der Kollektivgesellschaft F.________ im Oktober 2014, Mandatierung eines neuen Treuhänders im Oktober 2015, erfolgloses Wiedererwägungsgesuch usw.). Diese Ausführungen greifen aber zu kurz. Wie dargelegt, kann das Bundesgericht im Verfahren der subsidiären Verfassungsbeschwerde einzig prüfen, ob die Vorinstanz bei Anwendung und Auslegung des massgebenden Rechts in verfassungsmässige Individualrechte eingegriffen hat. Massgebend ist hier § 230 Abs. 4 StG/AG. Danach tritt die Erlassbehörde nur auf Erlassgesuche ein, die vor Zustellung des Zahlungsbefehls eingereicht werden. Dass und inwiefern die Vorinstanz diese Norm verfassungswidrig ausgelegt und/oder angewendet haben sollte, zeigen die Steuerpflichtigen nicht auf. Liegt eine Laienbeschwerde vor, setzt das Bundesgericht die formellen Hürden zwar praxisgemäss niedriger an (Urteile 2C_704/2017 vom 6. September 2017 E. 2.1; 2D_24/2016 vom 21. Dezember 2016 E. 1.2.2). Ein Mindestmass an gesetzeskonformer Begründung ist aber auch in einem solchen Fall unerlässlich. Daran fehlt es hier, nachdem die alles entscheidende Frage auch nicht im Ansatz angesprochen wird.  
 
2.5. Zu keinem anderen Schluss führt ein jüngster bundesgerichtlicher Entscheid zur Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen (Urteil 2C_679/2016 vom 11. Juli 2017, in: ASA 86 S. 56, StE 2017 B 93.5 Nr. 33), welchen die Steuerpflichtigen hilfsweise anrufen. Darin bestätigte das Bundesgericht, dass eine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen nur, aber immerhin zu erfolgen hat, wenn der Sachverhalt trotz durchgeführter Untersuchung noch nicht ausreichend erstellt ist und eine Unsicherheit verbleibt, die nicht hingenommen werden kann. Reicht eine  unselbständigerwerbende Person ihre Steuererklärung nicht ein, ist die Veranlagungsbehörde auch weiterhin solange davon entbunden, den bisherigen Aktenstand zu ergänzen, als sie das steuerbare Einkommen anhand der Vorperiode festlegt und davon - wenn überhaupt - nur in geringfügigem Ausmass abweicht. In Ergänzung zu dieser feststehenden Praxis erwog das Bundesgericht, von Nichtigkeit der Veranlagungsverfügung könne nicht bereits gesprochen werden, wenn die Veranlagungsbehörde den Lohnausweis nicht einholt und die Ermessensveranlagung deutlich zu hoch ausfällt. Die Nichtigkeit ergab sich im konkreten Fall einzig aus dem Umstand, dass die Veranlagungsbehörde offene Steuern in Betreibung gesetzt hatte, das steuerbare Einkommen - in Missachtung der Betreibungsakten - aber dennoch von Jahr zu Jahr systematisch und massiv erhöhte. Der Entscheid kann mithin nur in Fällen angerufen werden, in welchen ein ins Auge springender,  materiell- und verfahrensrechtlich aussergewöhnlich schwerwiegender Mangel vorliegt, durch dessen Ahndung die Rechtssicherheit nicht gefährdet wird (zit. Urteil 2C_679/2016 E. 5.3.3).  
 
2.6. Die Steuerpflichtigen übersehen mithin, dass das Bundesgericht keinen Grundsatzentscheid fällte, sondern vielmehr die höchst aussergewöhnlichen Umstände des konkreten Einzelfalls berücksichtigte, die in verschiedenerlei Hinsicht mit der vorliegenden Angelegenheit nicht vergleichbar sind. So war der Ehemann im streitbetroffenen Fall selbständig erwerbend und vernachlässigte er die handelsrechtliche Buchführungs- bzw. die steuerrechtliche Mitwirkungspflicht über Jahre. Eine Kontrolle anhand eines Lohnausweises und der Betreibungsakten entfällt bzw. erweist sich zumindest als deutlich weniger ergiebig, als dies im Fall vom 11. Juli 2017 möglich war. Der Umstand, dass die Ermessensveranlagungen im damaligen Fall gegen Ende deutlich zu hoch ausgefallen war, löste für sich alleine keine Nichtigkeit aus (zit. Urteil 2C_679/2016 E. 5.2.3 und 5.2.4). Dem Urteil kommt damit keine weitergehende grundsätzliche Bedeutung zu, sodass die Steuerpflichtigen daraus zu ihren Gunsten nichts ableiten können. Darüber hinaus ist ohnehin offen, ob und inwieweit die Veranlagungen in betraglicher Hinsicht überhaupt zu hoch ausgefallen sein könnten.  
 
2.7. Mangels rechtsgenüglicher Begründung ist auf die Sache nicht einzutreten, was durch einzelrichterlichen Entscheid des Abteilungspräsidenten im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG getan werden kann.  
 
3.  
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens grundsätzlich den Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Mit Blick auf die Sachlage erscheint es als gerechtfertigt, von der Verlegung von Kosten abzusehen (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Der Wohnsitzgemeinde, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine Entschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt der Präsident:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Spezialverwaltungsgericht des Kantons Aargau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. November 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher